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Warpzone

Hallo an Alle!

Seit ein paar Tagen bin ich stille Mitleserin und eigentlich wollte ich meinen ersten Beitrag erst erstellen, wenn ich überhaupt weiß was los ist. Aber aufgrund meiner aktuellen Verfassung habe ich mich entschlossen doch schon den Austausch zu suchen.

Kurz zu meiner Person, ich bin Mitte 40, alleinerziehende Mutter von zwei Kindern und habe im April eine neue Stelle angetreten, nachdem ich mich nach über 25 Jahren von meinen alten Arbeitgeber trennen „musste“ (aufgrund von Corona vorgezogene Standortschließung Ende 2020).
In der Zeit beginnend mit der 100% KUG durch Corona, der Verkündung der Standortschließung, der Entscheidungsfindung bis zur Freistellung, habe ich wieder vermehrt unter Kopfschmerzen/Migräne gelitten. Zudem hatte ich das Gefühl, dass ich durch Licht und weiße Wände „getriggert“ wurde und schnell Kofschmerzen bekam. Bei einer Augenarztkontrolle sprach ich das Problem an und bekam für Ende Mai einen Termin, wo die Ärztin noch genauer untersuchen wollte.
Am Tag der Untersuchung bin ich bereits gegen 4.00 Uhr morgens mit Kopfschmerzen wach geworden, habe zwei Aspirin genommen und mich noch einmal bis 6.30 Uhr hingelegt. Als ich aufstand waren die Kopfschmerzen noch latent da. Ich ging zum Augenarzt und es wurde eine Gesichtsfelduntersuchung gemacht wo ich bereits merkte, dass die Kopfschmerzen wieder stärker wurden. Als ich bei der Augenärztin zur Auswertung und weiteren Untersuchungen war, teilte sie mir mit, dass ich auf beiden Augen einen identischen Gesichtsfeldausfall habe und sie mich vorsorglich ins Krankenhaus einweisen möchte um einen eventuellen Schlaganfall auszuschließen.
Ich wurde also ins nächste Krankenhaus mit Stroke Unit gefahren und hatte nach einigen Stunden in der Notaufnahme irgendwann ein CT, die Kopfschmerzen waren zwischenzeitlich so heftig, dass nicht einmal die Medikamente halfen, die ich bekam. Migräne! Nachdem das CT unauffällig war kam ich nicht wie ursprünglich geplant auf die Stroke sondern auf Normalstation, Neurologie. Nachdem man mir noch einmal Schmerzmittel gegeben hatte, bin ich irgendwann komplett erschöpft eingeschlafen.

Leider wachte ich am nächsten Morgen noch immer mit Kopfschmerzen auf, begleitet von einer extremen Übelkeit. Ich bekam Vomex und die Übelkeit verschwand nach einiger Zeit, die Kopfschmerzen blieben. Irgendwann kam eine Neurologin zu mir, die mir mitteilte, dass man jetzt die Migräne mit Schmerzmitteln durchbrechen will und ich dann entlassen werden kann. Das CT wäre ja unauffällig gewesen und das geplante MRT könne ich ja auch ambulant machen lassen. Da eine Freundin von mir vor einige Jahren einen leichten Schlaganfall hatte, der auf dem CT nicht, auf dem MRT aber sichtbar war, äußerte ich meine Bedenken. Die Ärztin fand aber dennoch, dass das nicht notwendig wäre und gab mir zu verstehen, dass man das Bett für jemanden bräuchte, der es dringender nötig hätte als ich (vielleicht nicht wortwörtlich, aber sinngemäß). Komischerweise stand aber dennoch 10 Minuten später ein Pfleger vor mir, der mich zum MRT abholte, Schmerzmittel hatte ich bis dahin noch immer keine. Das MRT habe ich irgendwie ertragen, war froh als ich endlich wieder auf Station war und meinen Tropf mit den Schmerzmitteln bekam. Eine Stunde später kam wieder die Ärztin, zog sich den Stuhl heran und teilte mir mit, dass ich leider doch im Krankenhaus bleiben müsste.
Der Gesichtsfeldausfall erklärt sich zwar durch die Migräne, aber man hat an anderer Stelle eine Veränderung festgestellt und man müsse unbedingt noch ein weiteres MRT mit anderen Schichtaufnahmen machen, aktuell ist entweder ein entzündliches Geschehen oder ein Tumor denkbar, sagte sie und verschwand. Von meiner Migräneattacke noch völlig fertig, habe ich gar nicht richtig verstanden was mir da eigentlich gesagt wurde, erst nach einiger Zeit realisierte ich, was mir überhaupt gesagt wurde.
Leider war da dann bereits Wochenende, zudem war der Montag Feiertag, so lag ich da, wusste gar nicht wie mir geschah und tausend Fragen beschäftigten mich. Als ich merkte, dass mich die Situation überforderte, fragte ich nach einem Arzt, da ich mir alles noch einmal in Ruhe erklären lassen wollte, leider war keiner auf Station, 1,5 Tage später konnte ich mit jemandem aus der Notaufnahme telefonieren, aber richtig Zeit hatte er nicht, ich konnte nicht alle Fragen stellen, dafür erhielt ich aber Infos wie 13 mm lang, motorischer Kortex, rechte Seite, Astrozytom Grad 2. Und dann musste er auflegen. Hätte ich dieses Telefonat nur nie geführt, denn nun hatte ich zwar noch immer das Gefühl nicht ausreichend informiert zu sein, aber ich hatte einen Namen. Und Dr. Google wurde mein bester Freund. Zweiter Fehler, denn dadurch ging es mir immer schlechter und meine Angst vor dem zweiten MRT und der Diagnose am Dienstag stieg auf Anschlag, sodass ich mir einen Seelsorger kommen ließ, da ich nur noch am weinen war.
Die Dame war wirklich gut und nach 1,5 Stunden hatte sie mich wieder soweit geerdet. Die Nacht schlief ich sogar sehr gut, das MRT wurde recht früh angesetzt, da ich aber wahnsinnig nervös war, habe ich mir zuvor etwas zur Beruhigung spritzen lassen.
Nach dem MRT kam die Neurologin und entnahm Nervenwasser und noch einmal But. Zwei Stunden später kam sie um mir mitzuteilen, aß auch das zweite MRT keine Klarheit ergeben hat, man könne immer noch nicht genau sagen um was für eine Veränderung es sich handelt, der Radiologe hätte aber seine Meinung revidiert, es sieht nicht wirklich nach einem Tumor aus, man müsse jetzt die Ergebnisse des Liquors und Blutes abwarten, ich könne aber am nächsten Tag entlassen werden. Ich war natürlich überglücklich, das Wort revidiert hat sich in meinem Kopf eingebrannt und ich war unendlich erleichtert.
Trugschluss, zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass man einen Tumor erst durch eine Gewebeprobe ausschließen kann :(
Am folgenden Tag sollte ich mir dann meine CD aus der Nuklearmedizin abholen, man wollte mir noch Blut abnehmen und fragte mich, wann ich abgeholt werden würde und bis wann der vorläufige Bericht fertig sein soll. Da meine Tochter erst um 16.15 Uhr da sein konnte, sagte ich der Ärztin, sie kann den Bericht ganz in Ruhe fertig stellen. Nachdem ich dann mehrere Stunden darauf wartete, dass mir endlich die Zugänge entfernt und das Blut abgenommen wurde, wurde ich schon aus meinem Bett „geschmissen“, einige Zeit später wurden mir dann nach mehrmaliger Nachfrage die Zugänge entfernt und der Arztbrief übergeben. Gut, dass ich diesen durchgelesen habe, stand nämlich außer meiner Migräne nichts weiter drin, keine Info zum CT, den MRTs, Diagnose o.ä., als die Ärztin dann zur Blutabnahme kam und ich sie ansprach, war es ihr sichtlich unangenehm.
Ich erhielt kurz vor meiner Abholung den neuen vorläufigen Bericht, welcher mich dann schockierte als ich las „ein niedriggradiges Gliom kann nicht ausgeschlossen werden“
Ich sprach die Ärztin an, wie es sein kann, dass sie mir einen Tag zuvor sagte, der Radiologe hat seine Meinung revidiert und jetzt steht wieder was von Gliom im Bericht, darauf hörte ich dann nur den Satz, dass ein Tumor nur durch eine histologische Untersuchung bestätigt oder ausgeschlossen werden kann. Und das war es dann von ihrer Seite, ich nahm meinen Koffer und bin nur noch aus dem Krankenhaus geflüchtet. Ich fühlte mich wie im falschen Film und die Art, wie diese Ärztin die ganze Zeit mit mir umgegangen ist und wie sie mit mir gesprochen hat, hat mich mich unglaublich unwichtig vorkommen lassen. So wenig Empathie, kein Vernünftiges Arztgespräch, keine richtigen Erklärungen, nicht einmal die Aufnahmen wurden mir gezeigt und meine Angst wurde dadurch definitiv nicht weniger.

ich habe mich an meinen Hausarzt gewandt, dieser hat noch einmal mit mir den vorläufigen Bericht besprochen, mir eine Überweisung für das Vergleichs-MRT in 6 Wochen ausgestellt und mir geraten mich an das MVZ Neurochirurgie zu wenden um die Aufnahmen zu vergleichen und das weitere Vorgehen zu besprechen.
Die Woche drauf bin ich dann wieder arbeiten gegangen, immerhin befand ich mich gerade in der Einarbeitung und Probezeit. Mit meinem Arbeitgeber habe ich offen über die Situation gesprochen, aber die Einarbeitung gestaltete sich schwierig. Verschiedene Gründe, sicherlich auch aufgrund meiner persönlichen Anspannung, wartete ich doch noch auf die Ergebnisse des Labores und den abschließenden Berichtes. Ich musste bis zum 16.07 warten, obwohl meine Augenärztin den Bericht bereits im Juni angefragt hatte und habe die Unterlagen wohl nur bekommen, weil ich mich irgendwann schriftliche beschwert habe. Letztendlich stand nicht wirklich was anderes drin, nur, dass die Ergebnisse eine Entzündung ausschließen.
Am 26.07. hatte ich dann die Besprechung in der Neurochirurgie. Zu meinem Entsetzen musste ich feststellen, dass das MVZ auf der gleichen Ebene wie die Neurologie liegt, wo ich im Mai gelegen habe und als ich in den Aufzug stieg liefen mir unwillkürlich die Tränen und das war der Moment, in dem ich realisierte, wie mich das Erlebte noch nachhaltig belastet. In der ganzen Stunde im Wartezimmer musste ich mit den Tränen kämpfen bis ich endlich zur Neurochirurgin durfte. Sie sagte mir, dass sich in den 8 Wochen nichts verändert hat, sie aber auch keine eindeutige Aussage treffen kann, ob es sich um einen Tumor oder Narbengewebe handelt und empfahl mit regelmäßige Kontrollen alle 12 Wochen. Eine OP oder Biopsie würde sie aufgrund der Lage nicht empfehlen, da man eine linksseitige Lähmung als Risiko benennen muss. Sie wollte die Aufnahmen aber noch einmal besprechen und sich ggf. Melden, sollte die „große Runde“ es anders sehen.
Meine Nachfrage, ob es nicht noch andere Untersuchungen gibt um herauszufinden ob es sich um Tumorgewebe der Narbengewebe handelt verneinte sie. Einen Tag später rief sie mich an und teilte mit mit, dass der Professor wohl doch operieren würde, denn wenn es ein Tumor wäre, wäre das die beste Entscheidung und man hätte diese und jene Möglichkeiten das Risiko zu verringern, dass es zu einer Hemiparese kommt, Wäre es aber nur eine Narbe ist man ein großes Risiko eingegangen. Ich fühlte mich als ob ich mich zwischen Pest und Cholera entscheiden muss. Sie sagte aber auch, dass ich mir auf jeden Fall Zeit lassen kann und die Entscheidung nicht überstürzen muss, sogar das nächste Vergleichs-MRT könne ich noch abwarten.
Ich wollte mich aber damit nicht einfach abfinden und fragte abends in einer anderen Klinik eine zweite Meinung an. Der erste Arzt antwortete bereits nachts um 03.20 Uhr und forderte noch weitere Infos an, ein weiterer Arzt schrieb mir kurze Zeit später und rief mich dann sogar schon abends an. Er erklärte mir, dass man noch die Möglichkeit eines FET PET hat und er mir diese Untersuchung anbieten möchte, er sprach von Biopsie und Op und er erklärte mir, dass er de Lage als nicht so ungünstig betrachtet wie seine Kollegin zuvor.
Ich sollte und wollte mir zur FET PET Gedanken machen und mich melden, wenn ich mich dafür entscheiden sollte. Ich fragte bei der Ärztin aus dem MVZ nach ihrer Erfahrung/Meinung hierzu, bekam aber erst nach 6 Tage die Antwort, dass sie hierzu eine Stellungnahme auf der Nuklearmedizin angefordert hat und einen Tag später, dass die Nuklearmediziner sie an die UKM verwiesen hat.
Insgesamt hatte ich ein deutlich besseres Gefühl bei der zweiten Klinik und habe mich dann für die Untersuchung dort entschieden, diese findet jetzt am 16.08 statt und ich hoffe, wir kommen dem Ganzen etwas näher. Ich möchte einfach nur endlich wissen, ob es iein Tumor st. Ich brauche Klarheit, vor allem auch, wenn ich entscheiden soll, ob ich mich operieren lasse.
Sorgen mache ich mir allerdings auch um meine berufliche Zukunft, die Einarbeitung lief wie gesagt nicht gut, ich bin unsicher, ob die Firma das richtige ist und mein Arbeitgeber möchte mit mir gerne besprechen wie es weitergeht, weil die Probezeit Ende September ausläuft, da ich jetzt oft und länger krankgeschrieben war/bin, zudem natürlich auch wie es bei mir persönlich weitergeht.
Aktuell bin ich aufgrund einer akuten Belastungsreaktion krankgeschrieben, ich wäre auch nicht in der Lage zu arbeiten.
Gestern hatte ich ein Erstgespräch bei einer Therapeutin, die hat mir aber leider gesagt, dass sie nicht die richtige Anlaufstelle für mich ist, ich sollte mir eine Beratungsstelle oder Selbsthilfegruppe suchen. Ich habe mir gestern Abend noch eine andere Therapeutin rausgesucht und angeschrieben, die ll. Homepage auch in akuten Krisen hilft.

Ich fühle mich gerade so hilflos und überfordert mit allem, vor allem habe ich solche Angst, dass es was schlimmeres sein kann.
Das möchte ich weder für meine Kinder, noch für meine Eltern, die alle in den letzten Jahren selbst so viel durchstehen mussten.

Wer tatsächlich bis hierhin gelesen hat, dem danke ich herzlich und ich freue mich über jedes freundliche, aufmunternde Wort, jeden Tipp und Hinweis.

VG Warpzone

Bricewill

Hallo Warpzone,

ich habe selten einen solchen ausführlichen und emotionalen Bericht gelesen. Vielen Dank, dass du deine Erfahrung hier mit uns geteilt hast.

Es tut mir leid, dass du deine Diagnose von einer NC mit so wenig emotionale Kompetenzen erfahren dürfte. Leider kein Einzelfall, auch wenn es im Vergleich dazu auch viele NC, die im Rahmen deren eigenen Möglichkeiten viel Rücksicht auf die Patienten nehmen.

Da die Untersuchung vom Liquor und Blut kein Anzeichen für ein entzündliches Geschehen (Multiple Sklerose, Meningitis, usw.) gegeben hat, könntest sich tatsächlich bei der Auffälligkeit im MRT Bild um eine Raumforderung handeln. Da sich diese Veränderung binnen 2 Monaten nicht spürbar vergrößert hat, ist dies schon mal einen guten Hinweis über seine Malignität.

Die NC können Anhang der Lokalisierung der Raumforderung bereits Verdacht schöpfen, ob sich dabei um einen Tumor handelt und um welcher Art von Tumor es sich handelt. Aber die endgültige Aussage über Art und Malignität lässt sich nur nach Entnahme und Analyse des Gewebes sagen.

Auch ich bin durch diesen Tunnel der Ungewissheit gegangen. Ich habe viel im Internet recherchiert und bin viel mehr über Horrorgeschichte gestoßen. Leider ist es nun mal so, dass Patienten mit einem positiven Verlauf viel weniger schreiben als solcher mit einem schwierigen Verlauf. Man muss diesen Umstand bewusst sein beim recherchieren. Es ist auch ganz wichtig zu verinnerlichen, dass jeder Krankheitsverlauf ist individuell. Darum ist es entscheidend Informationen zu recherchieren aber diese sehr differenziert zu Verarbeiten.

Wichtig ist, dass du dich einen NC aussucht zu der man ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann. Dieser wird dir dann, die für dich besten Therapieoptionen anbieten. Hirntumoren lassen sich nämlich therapieren. In vielen Fällen ist eine komplette Heilung nicht möglich aber ein langes Progressionsfreies Überleben möglich vor allem bei niedriggradigen Gliomen.

Ich wünsche alles Gute im weiteren Verlauf deine Untersuchungen und vor allem einen "positiven" Ausgang.


VG William

KaSy

Liebe Warpzone,
Es ist natürlich nicht akzeptabel, dass Du während Deines stationären Aufenthaltes in der Neurologischen Station immer nur die eine wenig emotionale und vermutlich unsichere Ärztin zu sehen und zu sprechen bekamst.

Noch eigenartiger ist, dass sie bei einem Verdacht auf ein Astrozytom WHO° II (was es nicht sein muss, aber den Verdacht gab es ja) nicht auf den Gedanken gekommen ist, nach nebenan zu gehen und auf der benachbarten Neurochirurgischen Station DIE Fachleute für Hirntumoren zu befragen.

Ich kann mir gut vorstellen, wie schlimm diese Situation für Dich gewesen ist und wie sehr Dich diese damit verbundene Umgebung daran so sehr heftig erinnert.

Du hast es völlig richtig gemacht, den Hausarzt und dann weitere Neurochirurgen einzubeziehen.

Und es ist absolut richtig, dass Du Dir psychotherapeutische Hilfe suchst, wobei ich nicht so ganz verstehe, wieso Dich die erste Therapeutin nicht wenigstens so lange betreut hat, bis Du jemand anderen findest, denn Psyche ist Psyche, egal wodurch sie so sehr traumatisch belastet wird.
Du hast auch die Möglichkeit, Dich bei der DHH e.V. (Deutsche Hirntumorhilfe) beraten zu lassen, entweder direkt (Sorgentelefon 03437.9996867 Dienstags 10-15 Uhr) oder Dir eine Selbsthilfegruppe in Deiner Nähe nennen zu lassen. (Klick mal rechts auf den senkrechten blauen Button, da kommst Du zur recht umfangreichen Website der DHH.)

Sehr gut ist die Idee des einen Neurochirurgen, zunächst ein FET-PET-CT oder -MRT durchzuführen und es mit einem MRT zu vergleichen.
In einem MRT sah man bei Dir ja nicht sicher, worum es sich handelt. Vermutlich wurde das Kontrastmittel nicht aufgenommen?

Ich habe nur nicht verstanden, warum der Neurochirurg Narbengewebe vermutet hat. Ist denn bereits etwas innerhalb Deines Gehirns geschehen, das Narben verursacht haben könnte? Oder ist es die Migräne, die Narben erzeugen kann, da kenne ich mich nicht aus.

In Deinem MRT sieht der Radiologe und besser noch der Neurochirurg irgendwelche Stellen, die dort "nicht so richtig" hingehören. (Wenn ein Tumor sicher gedeutet werden kann, dann sind dort Stellen, die "ganz eindeutig" nicht dorthin gehören.) Um etwas mehr Klarheit zu schaffen, ob es sich um Narbengewebe (nach Operationen und Bestrahlungen auch um Ödeme = Wasseransammlungen, Nekrose = abgestorbenes Gewebe) oder tatsächlich um einen Tumor handelt, ist der Vergleich der Bilder der MRT mit denen der PET-MRT oder -CT gut, da ein PET-CT oder -MRT Stellen anzeigt, wo der Stoffwechsel im Gehirn erhöht ist.

CT = Computertomograph (mit Röntgenstrahlen, zeigt harte Strukturen)
MRT = Magnetresonanztomograph (ohne Röntgen, zeigt die Weichteile)
PET = Positronenemissionstomograph (zeigt mit FET den Stoffwechsel)
FET = F18-Fluorethyltyrosin = eine radioaktiv markierte Aminosäure
Diese Aminosäure würde sich in einem Tumor mehr anreichern und anzeigen, dass dort der Aminosäurestoffwechsel im Gehirn erhöht ist.

Wenn diese Untersuchungen durchgeführt werden, besteht eine etwas bessere Klarheit, worum es sich handelt oder worum nicht.

Tatsächlich würde erst die Entnahme eines Teils (Biopsie) oder bei Möglichkeit des gesamten "Etwas" (Operation) nach einer histologischen Untersuchung der entnommenen Zellen im Labor der Pathologie klarstellen, ob es sich um einen Tumor handelt und welcher Art der Tumor wäre.
Es ist mit den bisher schon recht guten genetischen Analysen möglich, die Tumorart detailliert festzustellen. Sie bestimmt, welche die optimale Nachbehandlung nach der Biopsie oder Operation sein wird (Bestrahlung, Chemotherapie). Diese länger dauernde Behandlungskombination kann einen langsam wachsenden, also niedriggradigen Tumor für viele Jahre erfolgreich behandeln. Aber einfach wäre das nicht und auch nicht schnell.

Ich denke, dass Du während der Auswertung des MRT und des PET-MRT oder -CT im Gespräch mit dem Neurochirurgen (NC) feststellen kannst, ob Du zu ihm Vertrauen haben kannst. Sollte der NC eine Biopsie oder eine OP empfehlen, dann solltest Du es machen lassen. Schreibe Dir für dieses Gespräch im Laufe der Zeit bis dahin alle Fragen auf, die Dich bewegen und stelle sie auch! Es werden mehr Fragen werden. Es wäre gut, wenn Du jemanden mitnehmen könntest, obwohl das in "Coronazeiten" immer noch meist nicht möglich ist.

Du hast es nun auch noch privat mit Deinen Kindern und beruflich durch die Probezeit nicht leicht.

Scheinbar besteht ein gutes Verhältnis zu Deinem momentanen Arbeitgeber. Du hast ihm Deine Situation geschildert. Ob das richtig war, weiß ich nicht. Denn wenn Du jetzt bereits länger arbeitunfähig warst und ihm die mögliche Erkrankung sogar genannt hast, wäre er nicht verpflichtet, Dich zu übernehmen. Aber Du hast es ihm gesagt und nun hoffe ich sehr für Dich, dass beruflich alles gut geht.

Wenn Deine Kinder noch ziemlich jung sind, hast Du die Möglichkeit, falls Du längere Zeit behandelt werden musst, Dich bei Deiner Krankenkasse oder im Ort um eine Betreuung für sie zu erkundigen. Bisher haben das wohl Deine Eltern getan.

Ich kann das sehr gut nachvollziehen, denn bei meiner Erstdiagnose (die sofort klar war), war ich mit drei Kindern im Schulalter allein und meine Eltern haben alles für sie und für mich getan. Aber leicht ist es für sie nicht.

Besprich mit ihnen, ob sie sich um Deine Kinder kümmern und wie sie es fänden, wenn sie durch eine andere Person dabei unterstützt werden würden. Vielleicht wird das gar nicht nötig sein, aber Du hast es in Deinem Beitrag angesprochen. Klärt vorher, welche Möglichkeiten es gibt und ob Ihr das wollt. Sicher gibt es auch Freundinnen mit Kindern gleichen Alters, die sich gut kennen und die auch ab und zu einspringen würden, falls es erforderlich wird. Denke darüber nach, aber vielleicht sagst Du es ihnen erst, wenn wirklich Klarheit besteht.

Bei mir waren es Meningeome, also keine hirneigenen Tumoren, aber Tumoren der WHO-Grade III und II, die höheren Grade also. Diese Tumoren verdrängen das Gehirn und müssen auch entfernt werden. Bei unvollständiger Entfernung und bei den atypischen (WHO II) und anaplastischen (WHO III) Meningeomen folgt fast immer eine Bestrahlung. Eine Chemotherapie gibt es nicht. Ich lebe seit 1995 mit immer mal wieder einem neuen Meningeom oder einem Rezidiv (trotz Therapie nachgewachsen), zuletzt wurde ein Rezidiv im Dezember 2020 entfernt.
Ich konnte nach den ersten drei Operationen und einer Bestrahlung bis 2011 immer wieder sehr gut arbeiten, danach nicht mehr. Aber meine Kinder sind damit groß geworden, haben ihre eigenen Familien. Heute (also gestern) haben wird die Einschulung meines 3. von 5 Enkeln gefeiert.

Ob und wie es bei Dir weitergehen wird, weiß ich nicht.
Lass Dich gut beraten.
Es werden sich Wege finden, auch wenn die Probleme unendlich groß werden.
Wenn Du denkst, Du bist ganz tief unten und es geht gar nichts mehr, dann geht doch noch was, denn nun kann es nur wieder bergauf gehen.
Lass die Tränen laufen, sie helfen Dir, sie machen die Gedanken ein wenig freier, um neue Wege zu sehen und sie zu gehen.

Ich wünsche Dir, dass Du in dieser gerade so ungewissen Zeit dennoch liebevoll für Deine Kinder da sein kannst, denn sie sind es die Dir Motivation und Ansporn sein werden, alles zu schaffen, was auf Dich zukommt.
Sucht gemeinsam viele schöne Dinge, Glückspünktchen nenne ich sie, die gibt es überall, man muss sie nur sehen können.
Und das kannst Du!

KaSy

Prof. Mursch

Sehr gut möglich ist, neben anderen Möglichkeiten, dass ein Zufallsbefund vorliegt, der sich lange nicht verändert. Die Unsicherheit wird Sie aber begleiten.
Ein FET PET ist eine gute Idee, wobei niedriggradige Gliome auch bei fehlender Stoffwechselsteigerung nicht 100 % ausgeschlossen sind.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

Diplomatbv8

Liebe Warpzone - s@$^#% Geschichte. Ich kann Dir nur raten: geh in eine Uniklinik, die sowas häufig macht: hh, MS, E, HD..etc. Dort sind die Leute, für die sowas tägliches Geschäft ist. Tritt bestimmt aber höflich auf und dann wird man Dir helfen, da bin ich zuversichtlich. Die Ärztin in Deinem ersten KH gehört jedenfalls mal abgemahnt.
Viel Erfolg. Wenn du Tipps brauchst: pm.
LG
Diplomatbv8

Warpzone

Einen schönen guten Abend und vielen Dank für Eure Antworten.

Ich gebe zu, ich war heute tatsächlich etwas erschrocken, als ich die Länge meines Beitrages gesehen habe. Aber ich muss sagen, es hat gut getan sich alles von der Seele zu schreiben, ich fühle mich heute tatsächlich etwas besser.

@Bricewill - Vielen Dank für deinen Hinweis im Bezug auf das Recherchieren im Internet. Da hast Du sicherlich Recht. Was mir beispielsweise geholfen hat, mag jetzt vielleicht etwas komisch klingen, als ich mir Videos zu Gehirn-Op´s auf YT angeschaut habe, dadurch wurde mir tatsächlich auch eine gewisse Art von Angst genommen, da ich es absolut faszinierend fand, was heutzutage alles gemacht wird und möglich ist.

@KaSy - Auch ein herzliches Dankeschön für deine ausführliche Antwort.
Du hast, wie ich lese, einen sehr stinigen Weg hinter Dir, mit vielen Rückschlägen, es scheint aber, dass Du einen Weg für dich gefunden hast und wirkst sehr stark. Das macht mir Mut.

Zu ein paar Passagen würde ich Dir gerne antworten.

* Es war nicht die eigenartige Neurologin auf der Station, die von einem Astrozytom II sprach. Das sagte mir am Wochenende der Arzt, mit dem ich telefonierte. Ich weiß nicht, ob es ein Neurologe oder Neurochirurg war, er hat mir quasi vorgelesen, was der Radiologe in den Bericht geschrieben hat.

* die Therapeutin hat mir noch einen Termin angeboten, ich habe aber vorsorglich schon einmal eine weitere Therapeutin angeschrieben und werde mich notfalls noch einmal mit der KK in Verbindung setzen, sollte diese keine Kapazität haben. Dein Hinweis mit dem Sorgentelefon werde ich auf jeden Fall im Kopf behalten.

* Du hast Recht, das "Ding" hat kein Kontrastmittel aufgenommen. Im endültigen Bericht steht :
"Kleine kortikale Verdickung mit kortikaler/subkortikaler T2w/Flair Signalsteigerung rechts perisylvisch bzw. am frontalen Operculum. Im Seitenvergleich erscheint die rechte Sylvische Fissur allenfalls minimal verengt.Ansonsten keine relevanten Raumforderungszeichen.Die Spektroskopie ist aufgrund von Artefakten nur eingeschränkt beurteilbar. Cholin/NAA-Ratio in einer representativen ROI bei 0,8. In den kontrastmittelgesstützten Sequenzen keine Schrankenstörung.Keine Hyperfusion."

* Die Neurochirurgin sagte im Gespräch, es könne sich um Narbengewebe handeln, steht auch im Bericht " im Falle einer nciht relevanten histopathologischen Diagnose (z.B. nur gliae Narbe) stünden auf der anderen Seite ausschließlich die operativen Risiken (Hemipares links)" . Ich habe ehrlich gesagt in dem Moment gar nicht darüber nachgedacht zu fragen, wo diese herkommen könnte. Das habe anschließend meine Hausarzt und meinen Neurologen gefragt, da ich als Kind mal einen sehr unschönen Sturz von einem Pony hatte und mit der rechten Gesichtseite auf einen Randstein gefallen bin, natürlich ohne Helm :(. Beide sagten, dass das eine Möglichkeit sein könne.

* Der Neurochirurg aus der Klinik, wo ich die Zweitmeinung eingeholt habe, machte auf mich bislang einen sehr vertrauenswürdigen Eindruck. Fragen muss ich mir aufschreiben, da hast Du Recht. Hast Du einen Tipp, was ich auf gar keinen Fall vergessen darf zu fragen? Das Gespräch wird dann telefonisch erfolgen. Eigentlich hatte ich gehofft, dass ich mir die Aufnahmen angucken kann und er mir die Lage vielleicht auch noch einmal besser erklären kann anhand eines Modells, ich werde vielleicht mal fragen, ob auch ein persönliches Gespräch erfolgen kann.

*Meine Kindern sind zum Glück nicht mehr klein, stecken aber mitten in der Pubertät oder sind dieser gerade entwachsen.

@Prof. Mursch - Vielen Dank auch für Ihre Einschätzung, wie häufig passiert es denn, dass ein niedriggradiges Gliom keinen erhöhten Stoffwechsel anzeigt?

@Diplomatbv8 - Danke auch für deinen Rat. Die Klinik in der ich jetzt die Unterscuhung durchführen lasse ist eine Uniklinik (UKM) und ich habe bislang ein gutes Gefühl.

VG Warpzone

KaSy

Liebe Warpzone,
Dir werden im Laufe der Zeit mehr als genug Fragen einfallen. Schreib Dir alle auf, lass Platz für die Antworten und notiere während des Telefonats sofort die Fragen, die Dir währenddessen einfallen und stelle sie auch. Es ist schon ungünstig, das Erstgespräch per Telefon zu führen. Nimm Dir Zeit und bitte den NC, seine Worte zu wiederholen oder es anders zu erklären, falls Du nicht alles gleich verstanden hast.

Um Dir selbst die MRT-Bilder ansehen zu können, darfst Du die CDs, auf der sie drauf sind, von der Klinik anfordern. Mach das! Du kannst sie dann an Deinem Computer ansehen.

Dass ein NC die OP "an einem Modell" beschreibt, habe ich noch nie erlebt, ich habe aber auch nicht danach gefragt. Aufgemalt wurde es mir gerne.

Dass nur Du die Verdachtsdiagnose erfahren hast, kann eigentlich nicht sein. Die Neurologin muss es auch gewusst haben. Aber das ist jetzt nicht mehr wichtig.

Ich wünsche Dir alles Gute!
KaSy

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