Was der Volker am 09.10.2003 23:36:05 ( V.Ramm Dipl.-Psych./Neuropsychologe) hier reingeschrieben hat, fand ich hochinteressant, deshalb erlaube ich es mir, hier reinzukopieren. Mir hat es sehr geholfen, denn damit habe ich auch Probleme. Meiner lag auch links temporal.
"Was die Wesensveränderung bei hirnorganischen Erkrankungen (Tumore, Schlaganfälle, Blutungen u.a.) betrifft, so herrscht (wie oft) keine völlige Einigkeit unter den Fachvertretern. Zum Einen spielt sicher die Lage des Tumors eine Rolle. Veränderungen der Persönlichkeit des Menschen werden häufig mit Schädigungen im Frontallappen (vordere indengebiete) verknüpft, da dort die Funktionen der Planung und Steuerung des Verhaltens angesiedelt sind. Aber entsprechende Veränderungen
können durchaus auch bei Schädigungen anderer Gebiete auftreten - z.B. im Bereich der Schläfenlappen oder tiefer gelegener Strukturen (Thalamus, sog. limbisches System) und ihrer
Verbindungen zum Frontalhirn. Zum Anderen sind die Nervenzellen des Gehirns sehr druckempfindlich und es kann auch schon durch
die Größe eines Tumors (an anderer Stelle im Gehirn), bzw. die damit verbundene Verdrängung gesunden Gewebes zu Störungen der Hirnfunktionen kommen.
Weshalb die Wesensänderung häufiger negativ, als positiv auffällt hat seine Ursache wahrscheinlich in dem Umstand, daß die Rindenbezirke in denen die Impulskontrolle abläuft, vorwiegend hemmende Reize aussenden. Man kann es sich vereinfacht etwa so vorstellen: Es gibt ein Zentrum für aktives, offensives auch aggressives Verhalten, das gewissermaßen ständig aktiv ist. Die Rindenbezirke der bewußten
Verhaltenskontrolle üben ständig eine wohldosierte hemmende Wirkung auf dieses Zentrum aus. So wird unser Verhalten gezügelt und erscheint normalerweise sozial angemessen. Wenn durch eine Schädigung dieser steuernden Strukturen die Kontrolle vermindert ist, brechen die
ungehemmten (negativen) Verhaltensimpulse durch. Leider gibt es kein besonderes Zentrum für liebes oder nettes Verhalten, das ist immer ein bewußter Vorgang der psychische Anstrengung erfordert.
Neben erhöhter Reizbarkeit, Ungeduld u.ä. werden aber auch häufig Veränderungen im Sinne von zunehmender Abstumpfung und Passivität, also Antriebsverlust berichtet.
In wieweit ein Betroffener bei einer Hirnerkrankung die Kontrolle über sein Verhalten behält, ist pauschal schwer einzuschätzen. Auf jeden Fall gibt es kein entweder-oder, also ein gewisses Maß an Kontrolle bleibt sicher bestehen, aber die Schwelle zum Verlust dieser Kontrolle wird niedriger.
In aller Regel wird er also nicht genau so voll verantwortlich für seine negativen Impulse sein, wie ein hirngesunder Mensch.
Die seelischen Konflikte des Betroffenen, der ja eine lebensbedrohende Veränderung erlebt, werden selbstverständlich ebenfalls eine Wirkung auf das Verhalten haben."