Liebe Efeu,
auch ich kenne das zur Genüge, meine OP war zwar schon Anfang 2011, abwr auch ich war nicht mehr in der Lage den normalen Tagesablauf zu bewältigen. Meine Konzentration war schlichtweg weg, ebenso reagierte mein Hirn stark verlangsamt, es beschäftigte sich mit sich selbst und ich musste versuchen, dass ich meine Belange in die gefühlten milliarden von Gedankenströme, meine Belange unterbringen konnte. Schwer zu beschreiben.
Früher hätte ich mir im Leben nicht vorstellen können, wie sich das anfühlt. Real bekommt man alles mit, aber ich konnte mich nicht schnell genug meiner Umgebung mitteilen, weswegen ich zum Teil komisch bis extrem mitleidig angeguckt wurde.
Akut meine ich, dass es ca. 4 Monate dauerte, ehe ich nicht mehr so extrem nachhing in Gesprächen. Meine Familie war schon beim Thema "Z", während ich noch die Antwort zum Thema "A" gab - grob ausgedrückt. Negatives ging gar nicht an mich ran, lediglich normale und sehr positive Dinge.
Schreiben konnte ich Anfangs gar nicht mehr, lediglich nur noch theoretisch . Wie man sieht, kann ich es inzwischen wieder halbwegs, aber es bedarf bei mir noch immer meiner großen Aufmerksamkeit, dass ich halbwegs fehlerfrei schreibe (früher schrieb ich perfekt und fehlerfrei). Handschriftlich ging gar nichts, weswegen ich es am PC machte, ich kann mich nicht mehr kurzfassen.
Die Küche mied ich mind. 1 Jahr lang, weil ich es wuste, dass ich mir nichts merken kann udn extrem schnell von meinen Vorhaben abgelenkt wurde.
Als ich mein erstes Gulasch wieder versuchte zu kochen, brauchte ich gefühlt den gesamten Tag. Jeden Schritt musste ich einzeln erledigen, alles bereitstellen und danach war ich total erschöpft. Das Kartoffenkochen übernahm mein Mann dann spät abends, als er von der Spätschicht kam.
Theoretisch konnte ich ja noch alles, aber praktisch fehlte mir jegliche Konzentration. Wurde mir was zu viel, rauschten Infos an mir vorbei.
Das wirkte sich auch in meinem Verhalten aus, Kritik in hübsche Worte kleiden? Fehlanzeige, alles musste direkt und unverblümt raus. Manchmal merkte ich, dasss ich zu direkt war, aber mir fhlte dazu das Taktgefühl, also ballerte ich es direkt raus.
Ebenso schaffte ich es eine ganze Weile auch nicht, den Wasserhahn abzustellen oder das Licht auszuschalten, geschweige denn unsere Terrassentür wieder zu schließen - mitten im frostigen Winter!
Oft saß ich stundenlang auf dem Fußboden bei voll geöffneter Terrassentür (hatten damals Fußbodenheizung - was für ein Glück) und starrte vor mich hin oder heulte bitterlich, aus dem Nichts und scheinbar ohne Grund, aber ich wollte heulen und es tat mir irgendwie gut.
Wäsche konnte ich damals nicht waschen, denn dazu hätte ich ein paar Treppen in den Keller gehen müssen und ich durfte mich damals nicht vornüber beugen, nicht anstrengen oder etwas schweres heben. Da es mir unangenehm (schnell Druck im Kopf und bisschen schwindlig dabei) und die Wendeltreppe nach unten ziemlich gefährlich war, ließ ich es ganz. Mein armer Mann musste also auch zu Hause nochmal alles geben, denn zu dieser Zeit arbeitete er noch in 3 Schichten.
Heute geht es mir recht gut und fürs normale Leben reichts prima, es darf nur kein Termindruck herrschen oder etwas Unverhofftes dazwischen kommen, dann wird mir wieder alles schnell zu viel und ich werde leider auch zickig - nie bösartig, wenn ich überfordert bin. ;-)
Meine Familie kann damit inzwischen gut umgehen, weil sie wissen, dass ich es nicht ernst meine, wenn ich mal ungehalten reagiere/genervt bin. Urlaube sind für mich nach, wie vor extrem anstrengend, denn ich muss mich dort dauerkonzentrieren. Mein Hirn schaltet dabei oft in den Ignoriermodus, dass ich häufg nur anhand der Bilder später weiß, dass wir das oder das tatsächlich unternommen haben.
Deswegen brauche ich immer Urlaub nach unserem Familienurlaub (am liebsten/besten in völliger Stille zu Hause)! Meine Erholungsphasen dauern immer noch ziemlich lange an, bis ich wieder halbwegs ausgeglichen bin. Aber, wer mich nicht kennt, der merkt das nicht, denn rein optisch habe ich nur paar Falten unter den Augen (allergische Reaktion nach der OP) bekommen. Meine Narbe liegt gut verdeckt unterm Haaransatz.
Ich hoffe liebe Efeu, dass dir mein Er- und Durchlebtes hilft und Mut gibt, dass es sich wieder bessert, bessern wird. 4 OP's in sokurzer Zeit, das ist extrem heftig. Bei mir war es nur 1 OP, vorn rechts frontal, aber die hat gereicht... ;-)
Alles Gute wünscht dir Andrea