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Thema: 7 Monate nach Bestrahlung

7 Monate nach Bestrahlung
lizbeth
27.07.2015 18:06:43
Hallo Zusammen

Gerne möchte ich meine Erfahrung nach der Strahlentherapie des Meningeoms (Felsenbeinspitzenmeningeom mit Verdrängung des Nervus vestibulocochlearis) mitteilen, nachdem ich im Dezember nur 10 Stunden vor der geplanten OP entlassen wurde. Ein Schädel CT zur OP Vorbereitung hatte ergeben, dass eine OP zu risikoreich sein würde. Genaueres hatte ich hier im Forum berichtet. Heute möchte ich mich auf das konzentrieren, wie es danach weiterging.

Zuerst: Ich kann allen Schutzengel dankbar sein dass ich nicht operiert wurde! Ich muss auch den Tübinger Neurochirugen hoch anrechnen, dass diese sich nach dem Schädel CT nur 10 Std. vor der OP gegen diese entschieden haben. (Das Meningeom in meinem Kopf ist weiträumig verkalkt und umschließt zudem den Nervus vestibulocochlearis).

In Dr. Boström von der Jankerklinik in Bonn hatte ich eine überaus differenzierte und kompetente Beratung und eine aufrichtige und warmherzige Begleitung! Die Diagnostik zur erforderlichen Bestrahlung ergab, dass sogar eine Ein-Zeitbestrahlung (1x13 Gy) statt 30 einzelner Bestrahlungen ausreichen würde. Diese Ein-Zeit-Bestrahlung bekam ich im Januar. Nach 3 Tagen wurde ich aus der Klinik entlassen.

Diese ersten Tage und Wochen waren geprägt von einer großen Müdigkeit, hohes Fieber, eine ausgesprochene Sensibilität meiner Kopf- und Gesichtsnerven auf Kälte, Zug usw. und ich konnte buchstäblich spüren, wie es in meinem Kopf und entlang der Wirbelsäule bis zum Kreuzbein „arbeitete“. Seit März geht es mir täglich besser und ich werde zunehmend konzentrierter in meinem Denken und Tun. Großen Respekt habe ich vor den Menschen, die deutlich höhere Dosen und längere Bestrahlungen bekommen müssen!!

Bereits bei der Nachuntersuchung am 15.März war der Tumor um 1mm geschrumpft.
Das klingt nicht viel, hat aber eine direkte Auswirkung auf meine Hirnerven. Der Trigeminus Nerv ist deutlich entspannter, und die Taubheit in meiner linken Gesichtshälfte inzwischen heute – 7 Monate nach Therapie – nur noch punktuell und bei Anspannungen.
Haare habe ich übrigens nicht verloren  .
Vor der Bestrahlung hatte ich 18 wirklich heftige Monate hinter mir; als beruflich Selbstständige musste ich funktionieren trotz aller Symptome; heute fühle ich mich wieder auf gut 35% meines Energielevels. Bin sicher, es geht weiterhin Aufwärts .

Dankbar bin ich über die differenzierte Aufklärung über die potentiellen (Neben-) Wirkungen der Bestrahlungen. Auch wenn ich darauf vorbereitet wurde diesen Eingriff nicht zu unterschätzen, hat mich die Wirkung der Bestrahlung doch überrascht. Über die Aufklärungsbögen und auch über viele Strahlentherapeuten wird vermittelt, als ob nach kürzester Zeit alles gut ist, Nebenwirkungen kaum auftreten und man eigentlich direkt wieder arbeitsfähig ist. Dank Dr. Boström und dem Heft „Brainstorm“ (Ausgabe August 1/2014), welches die Strahlentherapie als Schwerpunkt hat, wurde ich nicht so sehr von den Nebenwirkungen überrascht. Entsprechend gelassener konnte ich – als Selbstständige ist das ungemein wichtig - geplanter mit vielen Dingen umgehen.

Insgesamt bin ich derzeit sehr sehr froh über den Verlauf und hoffe, dass die Symptomatik, welcher der Tumor bisher auslöste, sich weiterhin bessert. Inzwischen habe ich kaum noch Gleichgewichtsstörungen, nur noch punktuell Taubheitsgefühle in der linken Gesichtshälfte und sogar mein Hörvermögen ist mir bisher geblieben!

Ich glaube, ich kann allen Schutzengel dankbar sein dass ich nicht operiert wurde. Und ich bin sicher, es gibt noch zu wenig Wissen über die Vorteile einer Bestrahlungstherapie! Zunächst einmal wirkt es wie die 2. Wahl im Sinne: „Oh Gott, eine OP hilft nicht und so bleibt „nur“ noch Strahlentherapie“.
Ich für mich habe inzwischen verstanden, dass die Strahlentherapie (ja auch Radio Chirugie genannt) gleichberechtig neben der chirugischen OP steht und eine Entscheidung Individuum und Kontextbezogen gesehen werden muss.
Tatsache ist, meine Lebensqualität hat sich seither stetig gebessert und ich bin um eine Riesen OP herumgekommen, deren Auswirkungen nicht absehbar und sicherlich einschneidend gewesen wären.

Danke auch an dieser Stelle an die Mitglieder und Moderatoren hier im Forum sowie an die Beratungsstelle der Dt. Hirntumorhilfe!
Herzlichst, Lizbeth
lizbeth
Andrea 1
27.07.2015 19:33:42
Super Lizbeth,
dann sage ich einfach mal Dankeschön für deinen aufschlussreichen Erfahrungsbericht, der mit Sicherheit vielen Betroffenen (bei selbiger Diagnose) eine große Hilfe geben wird.
Alles Gute für dich weiterhin!!
LG Andrea
Andrea 1
Snatam
28.07.2015 09:42:40
Liebe lizbeth,
Vielen Dank für deinen Bericht. Ich stehe auch vor einer Strahlenbehandlung und freue mich sehr über positive Mitteilungen. Mir wurde gesagt, dass eine OP nicht in Frage kommt und zwei Neurochirurgen empfahlen die Bestrahlung. Ein bis zwei Jahre hätte ich noch die Möglichkeit dazu, bevor der Tumor zu groß ist. Ohne Bestrahlung würde ich meine Enkelkinder wohl nicht mehr erleben.
Mein Tumor ist cavernosal/petroclival gewachsen. Ich warte au einen Termin in Essen, Protonenbestrahlung. Ob die Krankenkasse das zahlt? Keine Ahnung.
Mir fällt es schwer, mich zu dieser Behandlung aufzuraffen, denn meine Tochter braucht mich JETZT und ich hab Angst, dass die Bestrahlung verhindert, dass ich sie groß ziehen kann, aber ohne die Bestrahlung hab ich auch Angst, dass ich sie auch nicht groß krieg.
Da zu lesen, dass deine Behandlung sogar den Tumor schrumpfen ließ, ist sehr hilfreich.
LG Snatam
Snatam
lizbeth
28.07.2015 10:41:35
Ich hatte auch große Sorge wie es mir damit geht bzw. wie es danach auch weitergeht. Wichtig ist auch zu erwähnen, dass mein o.g. Energielevel von gefühlten 35% auch daher rührt, dass ich in den letzten 3 Monate viele schwere Infekte hatte und auch hochdosiert über längere Zeit Antibiotika nehmen musste. Ohne dass würde es mir noch besser gehen. Da bin ich sicher!
Die gute Aufklärung aber auch die Erfahrung hat mir gezeigt, wie wichtig es ist sich a.) zu informieren und b.) den Ärzten, für die man sich entscheidet zu vertrauen.
Ich war früher Intensivfachschwester und glaube mir, ich bin sehr kritisch und hinterfrage schnell. Habe so viel gelesen zu Bestrahlungsarten und was ggf. für mich in Frage käme usw..
Tatsache ist, ich bin und werde Laie bleiben, kann mich gar nicht so tief in diese Materie einarbeiten dass ich mir ein Urteil erlauben kann und musste letztendlich..., ja abgeben, vertrauen und zutrauen. Dabei ist es für mich wirklich bisher günstig gelaufen. Übrigens ist - so habe ich das verstanden - Ziel einer Bestrahlung dass der Tumor mindestens im Wachstum gestoppt wird und häufig auch schrumpft. Die entsprechenden Zahlen haben mich damals überzeugt (auch wenn ich keine Wahl gehabt hätte). Die weitere Nachkontrolle steht im Januar 2016 an; dann sehe ich weiter.
Empfehlen kann ich Dir aus meiner Sicht:
Schreibe Dir Deine Fragen zur Bestrahlung auf bevor Du damit beginnst (Erfahrungen, Nebenwirkungen, Proceedere, wie Nachsorge, Ansprechpartner danach usw.).
Wenn Du dem/der StrahlentherapeutIn nicht wirklich vertraust bzw. die Antworten Dir nicht reichen empfehle ich auch hier eine Zweitmeinung.

Wichtig finde ich auch, diesem Meningeom nicht so viel Energie zu geben, konkret: lass es nicht zu dass es Dein Leben ALLZEIT bestimmt. Habe hierzu einen guten Spruch gelesen: Du bist dort wo Deine Gedanken sind. Sieh zu, dass Deine Gedanken da sind, wo Du sein möchtest!
Herzlichst, Lizbeth
lizbeth
Kaschi
31.07.2015 08:58:27
Liebe Lizbeth,
auch von mir ein herzliches "Danke schön" für den Bericht. Auch ich werde mich einer Strahlentherapie unterziehen da ich bereits zweimal an atyp. Meningeom operiert wurde und es zur Zeit wieder wächst.
Ich habe bereits berichtet das meine Kasse die Kosten nicht trägt und ich deshalb einen Krankenkassenwechsel vollziehe.
Ich bin davon überzeugt das in den nächsten Jahren viel mehr Hirntumore und andere Krebserkrankungen erst bestrahlt werden und dann eine Op erfolgt. Die Strahlentherapie wird in allen Tumorbereichen mehr Gewicht bekommen. Die Krankenkassen werden das auch noch erkennen. Es ist doch immer so das neue Therapieformen erstmal abgelehnt werden. Hinzu kommt noch das jeder seine eigenen Interesse vertritt. Der Neurochirurg möchte operieren, der Radiologe bestrahlen.
Ich versuche meiner bevorstehenden Strahlentherapie möglichst mit Gelassenheit zu begegnen und du hast mir viel Hoffnung gegeben.
Danke.
Sei gegrüßt Kaschi
Kaschi
Muschelsucherin
01.08.2015 18:06:48
Hallo Lizbeth,
ich habe lange nicht mehr im Forum gelesen und erst recht nicht geschrieben, da mir einfach die Zeit fehlte.
Aber gerade das Thema Bestrahlung haben wir zur Zeit häufiger besprochen.
Mein Mann hat ebenfalls einen inoperablen Hirntumor, gutartig an der Hirnanhangdrüse. Und irgendwann ist eben im Kopf kein Platz mehr, das Gehirn wurde schon vom Hirnwasser zusammengedrückt, die Folgen spare ich mir hier jetzt, das weiß bestimmt jeder Betroffene, es war sehr schlimm und lebensgefährlich.
Auf der Intensivstation wurde das Nervenwasser abgeleitet und die große OP vorbereitet.
Zum Glück hat auch der Neurochirurg die Entfernung während der OP als zu gefährlich abgelehnt, der Kopf wurde wieder geschlossen.
Es folgten ca. 30 Bestrahlungen, die sehr sehr heftig waren,
Die Spätfolgen wurden uns zwar nicht genau genannt, aber es bestand keine andere Möglichkeit.
Hier im Forum fand ich aber doch viele Berichte, was alles passieren kann
Jetzt nach ca. 2,5 Jahren zeigen die MRT immer noch eine Schrumpfung des Tumors, mein Mann lebt mit den Einschränkungen, wie Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses, schnelle Erschöpfung, Kopfschmerzen und noch einiges mehr.
Aber er kann seine Enkel aufwachsen sehen und wir richten uns so ein, dass wir das Leben genießen können.
Wir sind immer wieder froh, dass es statt der OP die Bestrahlung gegeben hat und ich kann auch nur sagen, es ist bestimmt keine zweite Wahl.
Sicher ist jeder Fall anders.
Ich wünsche allen Betroffenen und Angehörigen viel Kraft und Optimismus.
Ein schönes Wochenende
Muschelsucherin
Muschelsucherin
lizbeth
26.08.2015 17:14:05
Hallo Zusammen
Anbei ein Nachtrag den ich gerne noch an meine oben geschilderten Erfahrungen anhängen möchte. Ich hatte diese Zeilen in einem anderen Beitrag als Antwort geschrieben, möchte aber es der Vollständigkeit halber - und weil es mir wirklich wichtig war und noch ist - meinem eigenen Beitrag anfügen.

Was mir als einziges in den letzten 2 Jahren immens geholfen hat, nicht nur geholfen sondern es hat mich buchstäblich am funktionieren gehalten und die Symptome für Tage bis 1-2 Wochen gelindert, war die Osteopathie. Ich habe das Glück, dass mich seit 1,5 Jahren ein Facharzt begleitet, der ausschließlich osteopathisch arbeitet.
Ich gehe nach wie vor regelmäßig dorthin und merke immer eine unmittelbare Veränderung nach der Behandlung. Gerade jetzt, wo sich mein gesamter Körper wieder umstellt, ich wieder lerne gerade zu gehen (der starke Schwindel hatte mein Gangbild sehr verändert) usw., ist es für mich wichtiger denn je.
Vor der Bestrahlung und nach dieser habe und hatte ich nach den osteopathischen Behandlungen deutliche Verbesserungen. Z.B. mein Gesichtsnerv entspannte, die Taubheit im Gesicht verbesserte sich, die Spannung im Kopf löste sich, ich gehe gerader und aufrechter (mit allen (Nach-)Wirkungen auf die Wirbelsäule und Gelenke) und der Schwindel ließ nach. Inzwischen habe ich keinen Schwindel mehr! Welch` Gewinn der Lebensqualität!

Bin noch immer nicht so belastbar wie früher, meine Konzentration ist nicht die beste aber ausreichend, damit ich gut arbeiten kann. Energetisch fühle ich mich auf knapp 40%; das ist so viel wie in den letzten beiden Jahren nicht mehr :-)

Grüße, Lizbeth
lizbeth
andymayer
26.09.2015 20:16:29
Ein "Hoch"auf Prof.Dr.Boström!!!!
Habe mit ihm und der JankerKlinik auch sehr gute Erfahrungen gemacht!
Vielleicht sind wir uns da schonmal über den Weg gelaufen!?
Alle Gute weiterhin!
Gute Beitrag!
Gruß AndyM
andymayer
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