
Traudl[a]
Ewald hat sich am 19 März von uns verabschiedet, es ging alles sehr schnell. 9 Jahre hat er gekämpft und die Hoffnung nie aufgegeben.
Seit Oktober wusste ich, dass es keine Hilfe mehr für ihn geben wird. Er
hat das alles still ertragen, war immer noch voller Zuversicht.
Die letzten 5 bis 6 Wochen ist er in riesen Schritten verfallen.
Zuerst konnte er nicht mehr richtig gehen, er saß zwei Wochen im
Rollstuhl , leider hat er oft nicht daran gedacht dass das Laufen nicht
immer geht. Er ist ziemlich oft gefallen.Dann bekam er einen Anfall und
musste ins Krankenhaus.
Sowas hab ich noch nie erlebt. Eine solche schlechte Pflege. Wir waren von morgens bis abends bei ihm. Lange hab ich überlegt ob ich das KH verklagen soll. Essen vergessen falsche Medizin bekommen .......
Nach einer Woche hatten wir das Pflegebett und er durfte nach Hause. Es
ging ihm nicht gut aber auch nicht schlecht. Denn Badelift haben wir nie
benützen können auch die Rampe für den Rollstuhl nicht. Der Pflegedienst kam jeden Tag und vom Medizinischen Dienst hat er sofort die Pflegestufe 3 erhalten. Donnertags hab ich im ein Abführzäpfchen gegeben.
Das war der Anfang vom Ende. Er bekam fürchterlich Durchfall, wir mussten ihn alle zwei Stunden wickeln. Durch das drehen und wickeln ging es ihm sehr schlecht. Das Fenster hatte ich die halbe Nacht geöffnet. Freitags hatte er dann eine leichte Verschleimung und das Atmen fiel ihm schwer. Mittags kam dann der Arzt und meinte es sei soweit alles ok, aber er meine Ewald würde das Wochenende nicht überleben. Dies hat Ewald gehört und Steffi hat seinen Blick gesehen. Sie kann das dem Arzt nicht verzeihen und nagt sehr schwer daran.
Ich bin aus allen Wolken gefallen, und sagte ihm er spinnt wohl.
Nachmittags ging Jenny weg, sie wollte zu Freunden. Ich hab sie ohne
Bedenken gehen lassen. Aber, je später es wurde umso komischer wurde mir. Steffi und ich haben dann beschlossen sie zu holen. Anrufen hab ich mich nicht getraut. Nicht dass sie noch einen Unfall haben.
Ewald ging es dann immer schlechter das Atmen wurde ihm zur Qual und die Aussetzer immer länger. Ich hab ihn gebeten noch zu warten seine Mädel seien gleich da. Die Tür ging auf und es ging ein tiefer Seufzer durch
Ewald. Zwei Stunden hatte er noch dieses schreckliche Atmen, dann ist er
aufeinmal sehr still geworden. Er lag da wie versteinert, kein Atem zu
spüren das Gesicht eiskalt und schweisnass. Kein Wimperzucken gar nichts.
So saßen wir die ganze Nacht an seinem Bett und baten ihn zu gehen ,er
dürfe sterben, es sei für uns in Ordnung. Aber er konnte nicht.
Samstagmorgen hab ich alle angerufen und sie hergebeten. Jeder durfte
sich von ihm alleine verabschieden.
Ich hatte einen lieben Menschen kennengelernt, der mir versprochen hatte
Ewald zu helfen, egal welchen Weg er gehen würde, diesen Mann hab ich
angerufen, leider war er auf einem Seminar und konnte erst am Abend kommen.
Nachmittags haben wir die Fenster geöffnet, der Wind ist durch den
Bambus gerauscht, eine cd mit Meeresrauschen ist gelaufen und wir haben
von Italien geträumt. Es war eine friedliche schöne Stimmung im Haus.
Aber Ewald ist immer noch so seit Freitag abend dagelegen. Wir haben
immer wieder gelauscht, ob er denn noch lebe und ihm immer wieder gesagt, er darf gehen, aber er wollte nicht..............
Um 21 Uhr kam dann Uwe, er sagte Hallo und hat sich mit uns zu Ewald ans Bett gesetzt.
Auf einmal krippelte mein Bauch ich hatte ein unangenehmes Gefühl , ich
dachte jetzt bekomm ich Durchfall. Ich sah Uwe an und fragte ihn, ob er
denn was mache, er meinte ja, ob ich denn was merken würde.
Diese Gefühle des Loslassen von Ewald waren sehr unangenehm, ein großer seelischer Schmerz hat mich überfallen. Ich hab ihn gebeten, bitte höre auf, ich kann nicht mehr. Eine große Last hat sich auf meine Schulter
gelegt und mich nach unten gedrückt, ich konnte gar nichts dagegen tun.
Es ist etwas durch meinen Körper gegangen einmal hat der Kopf gezwickt
einmal die Beine dann der Bauch dann wieder hab ich Ewald Gesten
gemacht, Bewegungen die nur er machte und ich nie.
Steffi und Jenny haben zusammen auf dem Sofa gesessen, wie auf Komado
hat sich Jenny auf das andere Sofa gelegt und Steffi auch. Sie sind
dann eingeschlafen. Dabei haben sich beide verzweifelt gegen den Schlaf
gewehrt, weil sie beide bei Ewald bleiben wollten. Uwe sagte immer nur schlaft weiter, es ist ok.
Ich war auch sehr müde und Uwe meinte immer, ich könne mich ruhig
hinlegen und schlafen. Ich dachte bei mir wenn du nur gehen würdest dann
würde ich ja schlafen. Auf einmal ist meine Schwägerin im sitzen umgefallen und eingeschlafen, jetzt wurde mir klar wir müssen schlafen.
Ich hab mir eine Decke geholt und dann versucht zu schalfen. Endlich hat
das geklappt. Um 3.30 sind wir alle wieder aufgewacht, Uwe meinte Ewald
sei gegangen. Das konnten wir zuerst gar nicht glauben ,aber es war so.
Er hatte dieses glückselige Lächeln im Gesicht, so etwas hatte ich noch
nie gesehen. Solch ein Frieden lag in diesem Ausdruck unbeschreiblich.
Das unser Haus die ganze Nacht geknistert hat und viele Verstorbene
anwesend waren hab ich gespürt. Sonntagmorgen um 8 Uhr hab ich dann den Arzt geholt, um 10 die Verwandschaft und um 11.30 kam der Pfarrer. So hat jeder seinen Abschied bekommen denn er wollte.
Um 13 Uhr kam der Bestatter, wir haben uns nicht getraut Ewald zu
richten, da er ja seit Freittag steif war und wir angst hatten etwas zu
brechen. Bis Montag morgen sollte Ewald bei uns zu Hause bleiben.
Wir gingen zur Zeitung und machten dort alles klar. Als wir zu Hause
ankamen haben wir Ewald angesschaut und alle drei beschlossen dass wir
ihn nciht mehr da haben wollten dies war nicht mehr Ewald.
Der Bestatter hat uns dann erzählt, er hatte die ganze Zeit das Gefühl
Ewald sei noch anwessend und habe aufgepasst das er alles richtig
macht. Wir hätten die Haustüre aufgeschlossen und Ewald hätte sich bei
ihm bedankt und sei dann gegangen.
Es war und ist uns ein großer Trost zu wissen das Ewald seinen Weg und
seine letzten Wünsche erfüllt bekommen hat. Uwe hat mir erzählt er wußte nicht welchen Weg er nehmen sollte es gibt wohl mehrere.
Ich bin Uwe sehr dankbar, wir kannten uns vielleicht ein paar Wochen. Er
hat eine ganze Nacht bei uns verbracht und sich dann auch noch bei uns für dieses Erlebnis bedankt.
Ewald hat uns gezeigt, wie schlimm alles hätte sein können, es aber nicht
geworden ist. Er hat mich gelehrt keine Angst vor dem Tod zu haben. Die
Sterbenden gehen zu lassen sie nicht zu halten. Wir haben nichts in
seinen Sarg gelegt wir wollen ihn nicht hier festhalten. Jenny hatte
fünf Wochen Ferien.
In diesen fünf Wochen hat sich alles abgespielt, Sie hat drei Wochen
Ewald mitgepflegt und hatte noch 2 Wochen zum Luftholen. Ich hatte mir
große Sorgen gemacht wie sie mit allem fertig wird. Da sie ja nur am
Wochenende immer zu Hause war , sie ist ja erst 17.
Uwe begleitet uns immer wieder in Gedanken und ich spüre genau wann er
wieder Kraft und Energie an uns schickt.
Irgendwann werde ich diese Erlebnis genau aufschrieben, viele Details
hab ich wegelassen.
Auf Ewald Sterbebild steht: Fieg junger Adler hinaus in die Freiheit
Schau nur nach vorn nie zurück Hör auf dein Herz und folg nur den Gefühlen
wir wünschen Dir viel Glück.
In die Zeitung hatte ich geschrieben
Sterben ist umziehen in ein schöneres Haus,
das hat mich diese Nacht gelehrt,
mehr kann ich jetzt zu diesem Thema nicht mehr sagen,außer lasst sie
gehen wenn es Zeit ist und klammert euch nicht daran dabei zu sein umso
schwerer können sie dann gehen. Liebt sie und wünscht Ihnen viel Glück .
Denkt an das Märchen von der Traurigkeit.
alles Liebe und Gesunde
Traudl oder im Chat T1