www.hirntumorhilfe.de
Herzlich willkommen im Forum der Deutschen Hirntumorhilfe!

Thema: Anhaltender Erschöpfungszustand nach Strahlen-und Chemotherapie

Anhaltender Erschöpfungszustand nach Strahlen-und Chemotherapie
Teona
16.07.2016 20:01:15
Liebe Forummitglieder,

seit März 2016 wurde bei meinem Mann (61) Glioblastoma multiforme links temoral diagnostiziert. In der Uniklinik Köln wurde gesagt der Tumor sei nicht operabel.Er hat sich bereits 6 Wochen einer Strahlentherapie mit gleichzeitiger Chemotherapie und einem weiteren Zyklus Chemotherapie unterzogen.

Seit Abschluss der Strahlentherapie geht es meinem Mann jeden Tag schlechter. Er hat starke Kopfschmerzen und eine totale körperliche Erschöpfung. Seine Energie reicht morgens gerade mal für die tägliche Hygiene und zum Frühstücken. In der letzen Zeit schläft er nur noch. Ich wecke ihn zur Medikamenteneinnahme und zum Essen und danach ist er unendlich erschöpft, kann kaum noch stehen und gehen.

Dieser Zustand bereitet mir große Sorgen. Wegen starken Kopfschmerzen und einem epileptischen Anfall waren wir bereits 2 mal in der Notaufnahme. Die CT Aufnahme zeigen keine Einblutungen, die Blutwerte sind in Ordnung.Der Neurologe empfahl IBUprofen gegen Kopfschmerzen und die Erschöpfung würde irgendwann aufhören, er müsse Geduld haben.

Anfang August hat er das MRT nach 10 Wochen Strahlen/Chemotherapie und dann wird auch das Ergebnis der PET-Untersuchung besprochen

Ich kann es jedoch kaum noch ertragen wie sehr er unter diesem Erschöpfungszustand leidet und er hat jede Hoffnung verloren.

Kann uns jemand weiterhelfen? Gibt es irgend etwas was man dagegen tun kann? Von den Ärzten hören wir nur: Das ist normal. Er soll versuchen sich zu bewegen.Er kann jedoch kaum stehen. Ist es tatsächlich normal so lange diese Erschöpfung zu haben. Wie lange hält dieser Zustand an?

Wäre unendlich dankbar für Hilfe/Hinweise.

Mit sorgenvollen Grüßen
Teona
Teona
alma
16.07.2016 20:23:01
Das nennt sich Fatigue. Tritt bei einem Teil der Krebskranken auf und dauert einige Zeit, wie lange, weiß man nicht. Ist unterschiedlich. Kann ein Jahr sein.
Die Gründe sind unbekannt. Um dieses Syndrom kümmert sich die Forschung nur allmählich, deshalb hört man von Ärzten die Aussage "ist normal". Ist normal heißt aber nur, dass es nichts mit Tumorwachstum zu tun hat. Inzwischen wird immerhin schon anerkannt, dass es sich um eine sehr quälende Erscheinung für den Patienten handelt, die die Lebensqualität in hohem Maße einschränkt.
Macht euch mal schlau. Die Deutsche Krebsgesellschaft ist an dem Thema dran - bei euch in NRW. Je besser man informiert ist, desto besser kann man damit umgehen.
Eine weitere Möglichkeit: ihn internistisch untersuchen zu lassen, ob es vielleicht einen Grund gibt. Großes Blutbild, Eisen, Vit. B12, Virustiter,
Schilddrüse, Herz ...) Vielleicht hat er etwas (vielleicht harmloses), das die Erschöpfung noch verschlimmert. Erschöpfung ist ja ein Symptom bei vielen Erkrankungen.
Sag ihm, er kann hoffen, das haben viele und bei den meisten geht es irgendwann wieder weg.

Liebe Grüße, Alma.
alma
suace
16.07.2016 21:30:33
Hallo Teona,
Mein Mann (Diagnose und OP 7/14) hat sich unter der Bestrahlung dermaßen verschlechtert, daß ich mich zeitweise gefragt habe für wen die Therapie eigentlich sein soll....für ihn jedenfalls nicht.
Nach Ende der Bestrahlung wurde es nochmal schlechter..... aber nach etwa 3 Monaten (als auch die Haare wieder anfingen zu sprießen) grünte er wieder etwas durch. Ganz langsam hat er sich wieder erholt.
Nur Mut !
LG
Kathrin
suace
Muschelsucherin
16.07.2016 22:10:16
Hallo Teona,
auch mein Mann war nach sechswöchiger Bestrahlung völlig fertig.
Wir haben ihn zum Schluß mit zwei Mann ins Haus gebracht und er hat dann nur gelegen und geschlafen.
Ich habe von der Zeit Fotos gemacht, da ist er kaum zu erkennen, aufgedunsenes Gesicht durch das Cortison, triefende rote Augen.
Kopfschmerzen hatte er auch und ihm wurde ebenfalls Ibo und Paracetamol empfohlen.
Das hat natürlich nicht geholfen, dann bekam er vom Hausarzt Novaminsulfon Tropfen, die habe ich ihm bei Bedarf gegeben und das hat geholfen. Die bekommt er zur Zeit in Tablettenform in der Klinik, wo er gerade an einem Rezidiv operiert wurde.
Habe Geduld mit Deinem Mann, es ist eine elende Qual, was der Körper da durchmacht.
Dränge nicht auf irgendwelche Bewegung oder Anstrengung, das kommt alles wieder.
Ich wünsche euch alles Gute
Muschelsucherin
Muschelsucherin
OlgaS
16.07.2016 22:17:01
Liebe Teona,

meinem Mann ist auch während der Strahlen+Chemotherapie sehr schlecht gegangen. OP 10.2015. Strahlentherapie bis Mitte Januar 2016. Ich war auch sehr verzweifelt, weil ich ihn sonst als sehr aktiver Mann kenne. Er hat auch die ganze Nacht und den halben Tag geschlafen (öfters 14-16 Std.), war sehr müde, hatte keine Kraft, dafür aber Übelkeit und keinen Appetit. Ich habe ihn auch geweckt um Medikamente zu nehmen.

Die leichte Besserung ist erst in ca. 2 Monate nach Ende der Strahlentherapie gekommen. Und diese 2 Monate ohne Strahlentherapie habe ich mir schon sehr große Sorgen gemacht und habe gedacht, dass Tumor zurück wächst. Anders konnte ich sein Zustand nicht erklären.

Aber Gott sei Dank ist in kleinen Schritten alles wieder gut geworden. Mein Mann ist jetzt fit und aktiv, wie früher. MRT im April war sauber. Schlafen muss mein Mann am Tag schon fast nicht mehr. Ausnahme - die Tage, wann er Chemo einnimmt.

Seit der OP hat mein Mann die Ernährung umgestellt. Er isst jetzt fast kein Fleisch mehr (max. 2 Mal im Monat Bio-Huhn oder Kaninchen), trinkt viele frisch gepresste Säfte, ich versuche sein Menü so bunt wie möglich zu machen mit Lebensmittel, welche angeblich gegen Krebs helfen sollten. Er ernährt sich hauptsächlich Bio.

Während der Strahlentherapie haben wir versucht trotz Müdigkeit täglich spazieren zu gehen, auch wenn das nur 15 Min. war. Jetzt machen wie so weiter. Meinem Mann hat das sehr geholfen.

Zur Chemo nimmt mein Mann Methadon 2x 35 Tropfen.

Liebe Teona, die Zeit von Strahlentherapie war das schlimmste, was wir erlebt haben. Das habe ich auch von der anderen Patienten gehört. Später soll alles besser werden.

Liebe Grüße,
Olga
OlgaS
kilpisjärvi
16.07.2016 22:19:27
Hallo Teona,
auch mein Mann (68) war während der Bestrahlung sehr müde und hat bald 16 bis 18 Stunden geschlafen. Auch jetzt ist er sehr geschwächt und liegt viel, etwas Bewegung (wie die Ärzte sagen) strengt ihn sehr an.
Da der Tumor sich jetzt aber sehr vergrössert hat (trotz Bestrahlung), hat mein Mann sich aufgegeben und will nichts mehr, keine OP usw., er will nur noch sterben.
Liebe Grüsse kilpisjärvi
kilpisjärvi
alma
16.07.2016 23:41:54
Ganz allgemein:
Bewegung und Aktivität sind wichtig, denn die Fatigue wird vom Liegen nicht besser.
Wichtig ist aber auch, seine Grenzen zu spüren und sich dann auszuruhen. Überanstrengung führt zu tagelanger Erschöpfung, die noch über den üblichen Zustand von Schwäche hinausgeht.
Also: Akku ist schnell leer (und zwar richtig leer) und nicht so schnell wieder aufzufüllen. Man muss eine Balance finden. Tagebuch führen, in Form eines Stundenplans der Aktivität und Müdigkeit. Das gibt Klarheit darüber, was man sich zumuten kann. Und die Hoffnung auf Besserung ist wichtig.
Fatigue reißt einen auch psychisch runter. Das ist keine Depression, sondern eine Art Herabgestimmtheit, die mit der körperlichen Erschöpfung einhergeht. Ein komplettes Down.
Ich hatte wochenlang tägliche Abstürze, so drei bis vier. Jetzt nur noch einen am Tag. Das macht gelassener, wenn die Attacken kommen.
alma
totti
18.07.2016 11:41:47
Hallo Teona,
informiere Dich doch mal über das sog. "Kraftpaket" nach Geßwein. Meine geliebte Frau hat das die ersten 9 Monate - immer mit Pausen wegen der Chemo - genommen. Richtig fit wurde sie zwar trotzdem nicht, aber zumindest einzelne Aktivitäten - mal spazierengehen, mal essengehen, ja sogar eine 3- Tages- Kreuzfahrt von Kiel nach Oslo und zurück - waren noch drinnen. Und man hat ja keine Vergleichsparameter, also kann ich nicht sagen, ob es ihr ohne dieses "Kraftpaket" (besteht hauptsächlich aus Vitaminen, Selen und dem sog. "Eumetabol") schlechter gegangen wäre. Klar empfehlen kann ich es also nicht, will ja hier auch keine Werbung machen- informiere Dich einfach mal und überleg es Dir. Einen Versuch ist es vielleicht wert....
LG und viel, viel Kraft
Totti
totti
alma
19.07.2016 14:19:09
Eine "nachhaltige" Behandlung nach Geßwein kostet 1200 - 1300 €.
Wir hatten hier mal einen thread über Geldmacherei mit Angst von Krebs-patienten, reingestellt von Prof. Mursch. HP Geßwein gehört, wenn ich mir seine Webseite so ansehe, in die Kategorie dieser Beutelschneider.

Ich bin in eigener Sache seit einiger Zeit mit Fatigue befasst und weiß aus solider Quelle (Prof. Hämatologie, Onkologie Uniklinik und Deutsche Krebs-gesellschaft), dass Fatigue nicht gleich Fatigue ist und auch die Ursachen nicht identisch sind.
Damit ist klar, dass es kein "Kraftpaket" gibt.
alma
Nela01
19.07.2016 14:36:53
Hallo Ihr Lieben,
Alma, hast Du für mich einen Tipp? Mama wurde im Feber das Rezidiv (links frontal) entfernt. leider 2 Wochen danach Einblutung. Seitdem spricht sie fast gar nichts. War jedoch schon besser - jetzt wieder schlechter. Dabei bekommt sie das letzte Monat immer mehr Kraft und kann wieder besser gehen! Ihr wurde nun bewusst, wie es ihr geht - sie braucht eine 24 Stundenpflege. Das dürfte sie nun beschäftigen..?..denn sie bekommt nun alles mit - aber ja......kann das auch eine Form von Fatiuge sein - wenn sie das Sprechen fast einstellt. ? Sie kann lesen, schreiben, rechnen....alles.
Bin sehr dankbar für Tipps oder Erfahrungen von Euch!
Danke und alles Gute!
lg
Nela
Nela01
alma
19.07.2016 15:48:26
Eher nicht.
Symptome von Fatigue: extreme Erschöpfbarkeit, Belastungsgrenze schnell erreicht, bei Überschreiten der Belastungsgrenze langsame Erholungszeit,
kognitive und Konzentrationsstörungen, u.U. Schlafstörungen trotz starker Müdigkeit.
Wenn jemand das Sprechen einstellt, denke ich zunächst einmal daran, dass er stark mit sich beschäftigt ist und dass das, worum es geht, noch nicht in Worte zu fassen ist.
Ein Tipp? Nicht zum Sprechen nötigen. Sie fühlt sich vielleicht mit dem Schweigen am wohlsten.
Man kann auch gemeinsam schweigen. Sprache ist nicht unsere einzige Verbindung.

Gruß, Alma
alma
Nela01
19.07.2016 16:51:24
Ach Alma...ich weiß...ich bemühe mich auch sie nicht zu drängen....aber ich vermisse es mit meiner Mama zu reden...wir haben uns fast jeden Tag gesprochen....ich bin fast täglich bei Mama... Aber es ist so schwer.....aber danke für deine Antwort!
Alles Liebe!
Nela01
Antipanik
22.07.2016 10:53:14
hallo Teona ,

war selber mal betroffen (2xBrustkrebs ) und weiß wie es ist , wenn man
nicht mehr kann. Der Erschöpfungszustand ist kaum auszuhalten und immer wieder daran denken , ob man es schafft. Die Angehörigen zu sehen , wie sie mit leiden und nicht helfen können. Man versucht immer stark zu sein und irgendwann schafft man es nicht mehr. Mal aus der Sicht eines Patienten

Nun hat mein Mann den Glio und ich erlebe dasselbe wieder , nur aus der Sicht des Angehörigen. Es ist schwer auszuhalten , aber wir versuchen ein normales Leben zu führen mit vielen Erholungspausen und es funktioniert noch ganz gut. Freunde zum grillen , Eis essen usw.
Weil eines kann ich aus meiner Sicht genau sagen , man will soweit wie es geht sein normales Leben zurück als Betroffener. So erging es mir aus jeden Fall
Nun sieht es bei einem Glio nicht ganz so gut aus , wie vielleicht bei einem Brustkrebs, aber nutzt einfach die gemeinsame Zeit . Ob man
schweigt , weint oder redet
LG Andrea
Antipanik
Mariechen39
22.07.2016 15:03:00
Hallo Teona,
mein Vorschlag wäre, dass Ihr Euch an das SAPV Team in Köln wendet. Darauf habt Ihr auf jeden Fall Anspruch. Das sind sehr kompetente und liebe Menschen, die zu Euch nach Hause kommen und ganz sicher Rat geben können. Über das Internet findest Du die Kontaktdaten. Aus eigener Erfahrung als Angehörige kann ich Dir dies absolut empfehlen!
LG Mariechen
Mariechen39
kilpisjärvi
24.07.2016 00:07:06
Hallo Teona und Mariechen39,
auch ich kann das Palliativnetzwerk nur empfehlen. Es ist sehr beruhigend für uns, dass dort sehr kompetente und liebe Menschen sind, die sich sehr bemühen und uns sehr gut betreuen.
LG kilpisjärvi
kilpisjärvi
NACH OBEN