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Thema: Arbeitgeberwechsel?

Arbeitgeberwechsel?
Kaschi
25.04.2013 21:27:49
Ich habe folgendes Problem: Nach meiner zweite Meningeom OP habe ich mich ins Arbeitsleben zurück gekämpft. Mein Arbeitgeber wollte mir kündigen hat es aber nicht getan. Jetzt habe ich die Möglichkeit in eine Praxis zu wechseln. Das würde ich auch gerne tun aber muß ich meine Krankheit angeben? Darf ich das verschweigen? Wie ist die rechtliche Seite?

Vielleicht kann mir jemand helfen.

Gruß Kaschi
Kaschi
Prof. Mursch
25.04.2013 21:54:54
Soweit ich weiß, müssen Sie eine Erkrankung nicht angeben, es sei denn, Sie können einzelne Anforderungen deswegen nicht erfüllen (z.B. Sie müssen Auto fahren und haben eine Epilepsie).

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
Pomperipossa
26.04.2013 09:33:02
Guten Morgen Kaschi,

Vorerkrankungen haben einen Arbeitgeber nur zu interessieren, wenn sie die neue Arbeitsstelle betreffen (z.B. Mehlstauballergie beim Bäckerberuf). Sie gehören ansonsten zu den unerlaubten Fragen.
Anders sieht es aus bei Schwerbehinderungen (oder Gleichstellung also GdB 30 % und mehr). Wenn der GdB 50 % mehr beträgt, ist dieses anzuzeigen. Dann gilt ein anderes Arbeitsrecht. (siehe Forumsbeitrag Was habe ich von einem Schwerbehindertenausweis?).

Was hindert Dich daran offensiv in einem Bewerbungsgespräch mit Deiner Lebenserfahrung zu punkten? Natürlich bedeutet die Erkrankung i.d.R. Einschränkungen (oder Verlust) von körperlichen Fähigkeiten oder körperlichen Belastungen, aber Du hast dich erfolgreich zurück gekämpft, und hast andere Kräfte gewonnen.
Wenn Du Dich bewusst auf eine Stelle in einer onkologischen Praxis bewirbst, dann weißt Du, neben den fachlich-medizinischen Dingen auch wie es mit der sozial-psychohygienischen Seite aussieht. Bestimmt kann das für Deinen Arbeitgeber auch ein Plus sein.

Ich sage immer: Meine postoperative Version 2.0 ist körperlich kein Upgrade, aber an Lebenserfahrung Level 3.0.

Ich wünsche viel Erfolg!
Pomperipossa
Kaschi
26.04.2013 17:19:23
Ich danke für die Infos. Die Ärzte sind supernett und wollen eine Angestellte mit viel Empathie zur Therapiebegleitung. Ich werde offen mit meiner Erkrankung umgehen weil ich meine Erfahrung mit einbringen möchte. bevor ich die Arbeit annehme muß ich selbst zum MRT ob bei mir auch alles im Lot ist. Ich hoffe, denn ich freue mich auf meine neue Tätigkeit!

Liebe Grüße von

Kaschi,
Kaschi
Nicole1971
27.04.2013 12:28:17
Vor genau dem selben Problem stehe auch ich gerade.Habe ein Menigeom,Biopsie und Bestrahlung hinter mir.Der Tumor ist noch da,schränkt mich mittlerweile aber überhaupt nicht mehr ein und ist auch seit Diagnose nicht gewachsen.Nun habe ich einen neuen Arbeitgeber dem ich aber nichts davon gesagt habe,weil ich Angst hatte er nimmt mich dann nicht.Nun habe ich ein schlechtes Gewissen.Aber eigentlich gibt es ja gar keinen Grund alles zu sagen,Auf der anderen Seite habe ich gelesen,wenn man eine Krankheit verschweigt und wegen genau dieser Krankheit längere Zeit ausfällt,kann man eine fristlose Kündigung bekommen.Ich bin sowas von ratlos und bin mir nicht sicher,ob ich nun nächste Woche,am ersten Arbeitstag was sage oder nicht :-(
Nicole1971
Harry Bo
27.04.2013 13:29:23
Hallo Nicole,
wenn Du was sagst, wirst Du die Probezeit nicht überleben. Ehrlichkeit zahlt sich in solchen Dingen nicht aus.
Ob Du fristlos deswegen gekündigt werden könntest wage ich zu bezweifeln.
Harry Bo
alma
27.04.2013 15:52:47
Geh doch einfach auf Nummer sicher und erkundige dich bei einem Anwalt für Arbeitsrecht oder bei einer Gewerkschaft.
Ich würde es nicht sagen, wenn es nicht zwingend ist. Als chronisch Kranke/r (zumal Gehirn) wird man aus dieser Rolle von den meisten nicht mehr entlassen. Was immer man tut oder sagt, wird vor dem Hintergrund des Hirntumors beurteilt. Das macht es nur noch schwerer.

Gruß, Alma.
alma
Dr. Orchidee
27.04.2013 17:14:43
kann mich den negativen Einschätzungen nicht unbedingt anschließen.
Aus Arbeitgebersicht ( 15 Angestellte, davon 4 mit chronischen Erkrankungen):
man wäre doch mit dem Klammerbeutel gepudert, eine wertgeschätzte, qualifizierte, engagierte und teamfähige Mitarbeiterin aus o.g. Grund zu entlassen. Neue Mitarbeiter zu finden kostet Zeit, Geld, Nerven und bringt immer Unruhe ins Team.
Wenn eine Kündigung deswegen erfolgt, dann war auch schon anderweitig "der Wurm drin" und der Arbeitgeber hätte früher oder später einen anderen Grund gefunden.
Grundsätzlich empfinde ich Offenheit im Bewerbungsgespräch als Pluspunkt; sonst erhält die nicht unwichtige Eigenschaft "Ehrlichkeit" gewaltige Kratzer.
In diesem Zusammenhang fand ich folgende Formulierung einer Mitarbeiterin am Ende des Bewerbungsgesprächs geschickt gewählt, die sie sehr freundlich und verbindlich vorbrachte:
" Ich muss Ihnen noch mitteilen, dass ich an der XY-Krankheit leide. Ist das ein Problem für Sie?"
Damit hatte sie : - Offenheit demonstriert
- sich wegen ihrer Erkrankung nicht in eine defensiv-entschuldigende Position gebracht
- mir die Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu beziehen.
Sie ist seit über zehn Jahren bei uns, auch wenn sie manchmal krankheitsbedingt nur mit "halber Kraft" arbeiten kann einfach eine super-Mitarbeiterin.


Dr. Orchidee
Kaschi
27.04.2013 23:06:00
Lieber Dr.Orchidee,

wäre schön wenn jeder so denken würde wie Sie. Meine jetzigen Chefs sind Ärzte und habe für mich null Verständnis obwohl ich meine Arbeit sehr gewissenhaft erledige. Aber arbeitsrechtlich wurde auch geprüft ob man mich entlassen kann. Aber sie haben gesagt das können wir ja nicht machen.Wir sind für kranke Menschen da und unsere eigene Mitarbeiterin entlassen wir. Das hat man mir wortwörtlich gesagt.Ich habe die letzten Monate unter so großen Druck gearbeitet weil man mich mit Argesaugen beobachtet. hat. Ob ich auch alles richtig mache. Mich hat das sehr belastet. Dasist sicher für den Krankheitsverlauf nicht förderlich.

Dir liebe Nicole wünsche ich viel Erfolg beim Neustart in einer Arbeitsstelle.
Grüße kaschi
Kaschi
Dr. Orchidee
28.04.2013 09:32:08
Liebe kaschi,
dann stimmt aber grundsätzlich was nicht mit dem Arbeitsklima. Was ausgespochen blöd ist, denn nur in einem Team, in dem man sich gut aufgehoben und wertgeschätzt fühlt, arbeitet man auch wirklich gut.
Da Du in ungekündigter Stellung bist, kannst Du unverbindlich die Fühler ausstrecken, ob Du nicht einen besseren Arbeitsplatz findest.
Emotionaler Dauerstress macht krank, ob mit oder ohne Hirntumor.
Alles Gute!
Dr. Orchidee
2more
28.04.2013 10:59:08

Hallo,

aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Verständnis gegenüber kranken oder behinderten Mitarbeitern eher nicht die Regel ist und das sogar bei kirchlichen Arbeitgebern. Wenn es nach mir ginge, sollten Quoteneinstellungen abgeschafft werden. Ich habe mich in meinen Bewerbungen oft nicht als anerkannte Schwerbehinderte zu erkennen gegeben und hatte so die Chance zu Vorstellungsgesprächen. Dass die Stimmungslage in manchen Fällen wechselte, wenn ich ordnungsgemäß die Frage nach einer Schwerbehinderung bejahte oder -wie von Dr. Orchidee beschrieben - diese geschickt einbrachte - hat dann schnell die Einstellung des Arbeitgebers gezeigt. Eine Schwerbehinderung oder Krankheit darf als Ablehnungsgrund nicht in der Absage auftauchen. Das würde gegen das Anti-Diskriminierungsgesetz verstoßen.
Letztendlich ist Offenheit die bessere Grundlage für ein zukünftiges Arbeitsverhältnis. Spätestens bei einer Einstellungsuntersuchung könnten Fragen auftauchen, deren Beantwortung schriftlich in der Personalakte dokumentiert werden.
Alles Gute und die richtigen Antennen bei der Arbeitssuche
2more
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