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Heideline

Bei mir wurde 2007 ein Astrozytom entdeckt und operiert, ohne weitere Behandlung. Dann 2012, ein Glioblastom welches mit OP und mit Strahlen- und Chemotherapie berhandelt wurde. Nun habe ich bei der letzten Kontrolle erfahren, das man davon ausgeht das es kein Glioblastom war, wegen Langzeitüberleben. Im Fall das ich ein Rezidiv bekommen sollte, würde man mich nach OP mit Medikamenten behandeln. Der Tumor der nach der OP archiviert, reicht für einen weiteren Test/Diagnose aber nicht aus.
Hat von euch jemand auch diese Diagnose bekommen, und kann mir berichten welcher Turmor sich nach dem Glioblastom entwickelt hat?

Prof. Mursch

Ein Langzeitüberleben ist eigentlich kein Gegenargument gegen ein GBM.
Solche Patienten kenne ich auch.
Die Kriterien, nach denen ein Neuropathologe ein GBM diagnostiziert, sind recht eindeutig.
Der Tumor reicht nicht aus? Das sollte man hinterfragen.
Ggf. bitten, die Probe zu einer Zweitbegutachtung (Unikliniks-Neuropathologie) zu senden.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

Danielyum

Hallo Herr Professor Mursch,

welches sind denn diese Kriterien, schließen bspw.

1) fehlende Gewebsnekrosen und/oder fehlende Gefäßendothelproliferate ein GBM aus?

2) ein Ki67-Expressionswert von bis zu, aber unter 20 Prozent, schließt dieser ein GBM aus?

Oder sind dies lediglich Kriterien, die hinreichend für ein GBM sind, aber nicht notwendig.

Danke für eine kurze logisch-stochastische Einschätzung aus Ihrer Erfahrung.

Viele Grüße
Daniel

Heideline

Vielen Dank für Ihre Anwort Herr Professor Mursch.

Bezüglich des nicht ausreichendem Tumor, habe ich auch noch mal angesprochen, die Aussage bleibt aber das die Menge nicht ausreicht.

Da die Klinik dies mit Forschungsgelder finanziert hätte, gehe ich davon aus das die Probe für eine Zweitbegutachtung ich privat zahlen müsste. Mir wurde gesagt das dies ca. 1.000 Euro kostet, welches durch das Forschungsbüdget finanziert worden wäre.

Viele Grüße
Heideline

Prof. Mursch

@"Danielyum":

Was meinen Sie mit "logisch-stochastische Einschätzung"?

Ich bin kein Neuropathologe, aber nach meinen Lehrbüchern ist ein hoher Proliferationsindex, Pleomorphie der Zellen (Verschiedenartigkeit), Nekrosen UND/ODER Gefäßproliferationen ausschlaggebend. Ausserdem muß GFAP nachgewiesen werden.
Weder Nekrose noch Gefäßproliferationen: Grad III.

Diskutieren Sie bitte den Rest mit Neuropathologen.


Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

Danielyum

Vielen Dank für Ihre Antwort, Herr Professor Mursch.

Mit logisch-stochastischer Einschätzung meinte ich, dass wir mit meiner Frage oben Nekrose/Gefäßprofileration —> GBM versus GBM —> Nekrose/Gefäßprofileration prüfen. Nach dem Motto: „Es hat geregnet. Also ist die Straße nass.“ Wohingegen folgende Schlussfolgerung falsch ist: „Die Straße ist nass. Also hat es geregnet.“

Ihr vorletzter Satz ist hier eindeutig, danke sehr. Damit wird die Möglichkeit ausgeschlossen, dass es ein GBM ohne Nekrose oder Gefäßproliferation gibt. Ist ja alles bereits schlimm genug.

Bei meinem Vater wurde ein kleines (1cmx1cmx0,6cm) GBM ohne sichtbare Nekrose oder Gefäßproliferation, aber pleomorph und mit GFAP diagnostiziert, weshalb ich stutzig wurde. Nehme ich mit dem Neuropathologen auf.

Danke und Grüße

Prof. Mursch

Lassen Sie mich bitte wissen, was der sagt.
Wir haben regelmäßig persönliche Konferenzen mit einer Uni Neuropathologie.
Da frag ich mal weiter.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

Danielyum

Drei Aspekte wurden benannt:

1) Die Diagnose lautet offiziell „Diffuses Gliom mit molekularen Eigenschaften eines Glioblastoms“, da nicht alle histologischen Kriterien eines Glioblastoms erfüllt sind.

2) Allerdings zeigen neuere Erkenntnisse, dass der Nachweis der mutierten EGFR Variante, EGFRvIII, bereits ausreichend ist für die Diagnose eines Glioblastoms, auch wenn keine Nekrose oder Gefäßproliferate ersichtlich sind.

3) Die Abwesenheit von Nekrosen oder Gefäßproliferaten in der entnommenen Stichprobe bedeutet nicht, dass diese Merkmale im restlichen Tumorgewebe fehlen; es ist sogar wahrscheinlich, dass sie im restlichen Tumorgewebe anzutreffen sind.

Falls Sie Näheres aus den Konferenzen erfahren, würde ich gerne den Austausch fortführen. Mich interessiert als nächstes vor allem die Klassifizierung als primäres vs. sekundäres Glioblastom, insbesondere ob die bei meinem Vater vorliegende Verbindung des GBM zum nicht Kontrastmittel aufnehmenden Tumorgewebe (niedrigerer Malignisierungsgrad) höher wiegt für ein sekundäres GBM als die Tatsache, dass es sich bei meinem Vater um einen IDH-Wildtyp handelt und dieser laut Recherchen zu 90% bei primären/de novo Glioblastomen anzutreffen ist.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Rummelschubs

Gab es hier noch weitere Infos? :)

Danielyum

Seit dieser Fragestellung wurde ja die neue Gliom-Leitlinie publiziert, in der über die Biomarker eine Klassifizierung stattfindet, lehnt sich an 2) von meinem Beitrag an. EGFR-Nachweis führt zur Klassifikation GBM beim IDH-Wildtyp, Astrozytom Grad IV bei einer IDH-Mutation und EGFR.

Bei meinem Vater gab es fast genau 12 Monate später ein diagnostiziertes Rezidiv, wir führen eine IDH-Sequenzierung durch, um zwischen diesen beiden zu unterscheiden.

Ich meine Astrozytom IV hieß vorher GBM IDH-mutiert. Könnte evtl. bei Studienteilnahmen von Interesse sein, bin mir allerdings nicht sicher, wie es beim Rezidiv von IDH-mutierten Gliomen aussieht. Vielleicht hat jemand ja einen Tipp?

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