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Norbert[a]

Hallo,

ich hatte am 08.02.2002 schon einmal nachgefragt. In der Zwischenzeit hat sich besonders meine seelische Lage zugespitzt. Zu dem täglich möglichen Verlust meines Arbeitsplatzes komme ich mit meiner Frau immer weniger zurecht. Sie verhält sich bald wie ihre 88jährige Oma. Ich muss ihr teilweise einfachste Dinge zigmal erklären. Ein 10minütiges Gespräch ist sie nur schwer in der Lage in wenigen Sätzen zu wiederholen. Auch machen mich die Unklarheiten in ihren Beschreibungen und Aussagen aggressiv, weil ich in der Regel mehrfach nachfassen muss bis ich den Sachverhalt verstanden habe. Ich habe auch aufgegeben ihren falschen Sätze zu korrigieren, ich versuche sie zu überhören oder schnell zu vergessen. Die Folge ist bei mir eine gereitzte Stimmung, die ich zur zeit natürlich jeden Tag mit an den Arbeitsplatz nehme. Ich komme mit ihr einfach nicht mehr klar und sehe mich zunehmend hilflos dem ausgesetzt.

Sie macht aus alltäglichen Dingen immer sofort eine Mücke, um sich zu beweisen was sie noch zu leisten fähig ist. Dabei sorgt sie mit häufigen chaotischen Anrufen in meiner Firma noch für zusätzlichen Druck, weil sich die Kollegen teilweise schon belästigt fühlen und sich bei mir beschweren. Ich weiss auch nicht mehr wie ich wirklich wichtige Anrufe und erkennen soll, für den Fall das meine sofortige Anwesenheit notwendig ist. Wenn ich bei Kunden war, haben sich auch diese schon teilweise beschwert.

Leider wurde sie in ihrer Auffassung von anhaltender Gesundheit noch bestärkt, weil ihr in der vergangenen Woche ein Arzt noch eine Lebenserwartung von noch mindestens 40 Jahren, was die Auswirkungen des Tumors betrifft, bestätigt hat. Seine Zusammenfassung, ´Es geht ihnen doch gut´.

Eigentlich ist jeder Abend nur noch eine Belastung und ich habe den Eindruck, dass ich es mit zwei Kindern zu tun habe, mit meiner Tochter und meiner Frau. Ichversuche mich immer in anderen Räumen aufzuhalten und gehe teilweise schon gegen 21.00 Uhr ins Bett. Ich habe einfach Angst, dass ich mich in meiner Frustation vergesse und alle meine Agressionen an meiner Frau oder Tochter auslasse, auch in Form von körperlicher Gewalt. Ich habe schon in einigen Situationen bemerkt, dass sich meine Hand in der Hosentasche zur Faust geballt hat. Ich habe einfach nicht die Geduld für eine solche Aufgabe und sehe gleichzeitig die Entwicklung mit zunehmender Traurigkeit und Frustration. Nach 5 1/2 Jahren kann ich mich kaum noch an bessere Zeiten erinnern und habe schon oft mit dem Gedanken gespielt mich aus dem Leben und damit aus der Verantwortung für diese Scheißsituation zu stehlen und bedauere meine Tochter, der wir unter Umständen das genetische Erbe hinterlassen.

Ich habe mich schon oft gefragt, ob ich meine Frau geheiratet hätte, wenn ich um diesen Tumor gewusst hätte. Ich beantworte mir die Frage immer häufiger mit ´NEIN´, nicht wegen meiner Frau aber wegen der für mich immer unerträglich werdenden Last dieser Situation. Ich kann kaum noch entspannen, ich habe in den letzten 5 Jahren 25 KG zugenommen. Ich habe auch nicht mehr die Kraft zu kämpfen und werde wohl das Handtuch werfen. Sonst sich ich auch für mich kum noch eine Überlebenschance.

ICH KANN NICHT MEHR UND WEISS NICHT MEHR WEITER!!!!!

Martina[a]

Hallo, Norbert,
mir, als Betroffene, machen Deine Zeilen viel Angst. Bitte nimm Dir eine Auszeit, um Dir Klarheit zu schaffen. Du brauchst Zeit für Dich. Du nutzt keinem etwas, wenn Du selbst so kaputt bist. Wenn Du schon innerlich Schluss gemacht hast, zieh es durch... denn dann bist Du schon weg, stehst nicht mehr hinter Deiner Frau. Ich selbst habe mich getrennt, weil ich meinen Mann damals hochhalten musste, es hat mich zuviel Kraft gekostet, ich hätte außer mir auch ihm helfen müssen.
Bitte nimm Dir Zeit, aber mach keinen Scheiss.
Lieben Gruss, Martina

Sylvia[a]

Lieber Norbert,
Deine Mail hat mich sehr berührt. Ich glaube, daß das, was Du schilderst, sehr oft tabuisiert wird.Ich bin selbst Angehörige (Glio IV bei meinem Ehemann seit 8/2000) und kann Deine Gefühle sehr gut nachvollziehen. Es ist schließlich so, daß wir doch andere Menschen geheiratet haben bzw. eine Beziehung mit Ihnen führen.Ich habe teilweise auch totale Agressionen gegen meinen Mann, obwohl der Vestand mir sagt, daß es alles die Krankheit ist und mein Mann nichts dafür kann.Aber es ich so schwer. Aber denk bitte auch an Deine Tochter und an Dich selbst! Ich wünsch Dir viel Kraft für den augenblicklichen Zustand ! Vielleicht treffen wir uns mal mit Chat .
Sylvia

Iris[a]

Hallo Norbert,
ich war schon sehr betroffen als ich deine Situationsschilderung gelesen habe. Ich bin selbst Angehöriger(Vater GB IV) und weiß wie schwer ist zu sehen wie ein geliebter Mensch leidet und sich auch verändert. Mein Vater kann sich inzwischen fast nicht mehr verständlich machen (nicht spreche, lesen und schreiben).
Ich denke für dich ist es wichtig Hilfe von außen zu suchen. Hast du nicht einen guten Freund oder eine Freundin mit der du reden kannst. Leider (und das ist nicht nur ein Vorurteil) sprechen Männer nicht so über ihre Probleme wie die meisten Frauen es tun. Solltest du niemanden finden in deinem Freundeskreis (denn dafür sind Freunde ja auch da), dann solltest du auch mal über psychologische Hilfe nachdenken, denn wenn du schon solche furchtbaren Gedanken hast, ist es schon 5 vor zwölf.
Ich wünsche dir alles Gute
Iris

Oliver L.

Hallo Norbert,
scheiß Situation und da kommst Du auch alleine nicht raus! Laß Dir und Euch helfen und das schnell.
So wie Du das erlebst ist das eine Notsituation die wo professionelle Hilfe angebracht ist: für Deine
Frau, deine Tochter und dich. Ich empfehle den Psychologen und die Familienberatung. Ihr müßt
erst lernen mit der Situation umzugehen. Das ist ein gewaltiger Streß!!!!! Klar ist das ein schöner Rat
doch er ist wichtig und erst gemeint. Ich selber habe ihn schon bitter nötig gehabt und es war gut.
Deine Tochter braucht dich noch und deine Frau wird dich in der nächsten Zeit noch bitter nötig haben.

Halt durch
oliver

Heike[a]

Hallo Norbert,
bist ja echt in eine Gefühlssackgasse geraten.Ich kann das aber gut verstehen.Ich habe jahrelang in der Pflege gearbeitet und mußte immer wieder feststellen,das es den Angehörigen oft mieser ging als den Betroffenen.Das ist doch ganz normal. Wenn du mal überlegst wieviel Druck die ganze Zeit auf dir gelastet hat,das bricht jedem irgendwann das Rückgrad.Seid 16 Monaten pflege ich meinen Sohn(Pflegestufe3)rund um die Uhr.Ohne meinen Partner,bei dem ich mich so richtig auskotzen kann,der mir alles Erdenkliche abnimmt,auch meine anderen Kinder.Wo ich keine Existenzangst haben muß,wo ich es mir leisten kann mich vom Beruf freistellen zu lassen,all das hast du ja nicht.Und glaube mir, trotz all dieser guten Vorraussetzungen,breche ich mehrmals in der Woche in Tränen aus,verliere den Mut,habe keine Kraft mehr oder möchte die Koffer packen und alles stehen und liegen lassen.Denke,wenn Eltern berichten, das ihre Kinder nach der Diagnose so schnell gestorben sind,freut euch, denn euch ist das endlos lange Sterben eures Kindes erspart geblieben.Ich schöpfe meine Kraft in meinem Glauben an Gott.Ich weiß nicht ob du gläubig bist,aber selbst wenn nicht.In www.jesus-online.de ist ein Seelsorge team.Dort kannst du per e-mail all das loswerden was dich bedrückt und man wird versuchen dir zu helfen.Ich wünsche dir viel Kraft!!

Norbert[a]

Meine Frau ist hier betroffen und nicht meine Tochter. Es ging bezüglich meiner Tochter nur um das möglich genetische Erbe. Sonst ist mit meiner Tochter alles ok, ausser den wahrscheinlich normalen Problemen mit Ü-Eiern, Comics, Fernsehen und Computer.

Abu

Hallo Norbert,
du musst dir auf schnellstem Wege einen Psychiater suchen,evtl.für die ganze
Familie.Wo ist deine Frau operiert worden? Warum ist sie geistig so langsam?
Wo sass der Tumor? Viele Fragen,aber ich bin selbst Betroffene,Astrozytom Grad 3,nach
1.OP war es noch Grad 2.Aber mir geht es z.Zt.richtig gut,die Angst vor einem
Rezidiv ist halt immer da!!!Warum hat deine Frau bleibende Schäden zurückbehalten?
Bitte antworte mir doch im Forum,vielleicht auch im Chat?
Niemals aufgeben,das Leben ist das kostbarste Geschenk!!!!
Ganz liben gruss von Abu.

Norbert[a]

Hallo Abu,

danke für deine Antwort. Meine Frau ist nicht operiert worden. Gerade da weigern sich die Ärzte. Der Tumor ist bei der Erkennung vor 5 Jahren schon sehr groß gewesen und hatte sich schon großflächig in der linken Hirnhälfte verteilt. Da er sich aber zwischen die Hirnlappen verteilt hatte, hatte sie für den Zeitraum von 10 bis 15 Jahren keine Probleme. Erst nach der Entnahme der Probe + 2,5 Jahre hat sich das Wachstum so entwickelt, dass der Tumor auch Gewebe verdrängt und sie Probleme hat. Aber wie gesagt, der letzte Arzt meinte, dass es ihr doch gut ginge und sie noch 40 Jahre leben könnte, aber leider mit dem Tumor. Es geht ihr für Tage auch manchmal wirklich gut, wie seit ca. einer Woche. Aber der nächste Absturz kommt bestimmt und er ist dann nur noch heftiger. Damit verbunden ist dann für uns auch immer der seelische Absturz. Die Zyklen werden immer kürzer und die Enttäuschung immer größer.

Christine[a]

Es tut mir sehr leid für Euch, für Deine ganze Familie. Ich selbst bin auch Angehörige, und auch ich kann sehr schwer mit dieser Situation umgehen. Es gibt Tage an denen ich richtige Scheiß Angst habe, weil ich nicht weiss was noch passiert, was noch auf meinem Partner zukommt. Es ist auch sehr schwer mit Freunden darüber zu reden. Es ist ein Tabu - Thema und man fühlt sich sehr, sehr alleine. So geht es mir auf jeden FAll. Niemand will über sooo ernste Themen sprechen. Aber um das alles im Altag auch zu bewältigen, hilft mir die Liebe, die Hoffnung auf ein schönes Leben, die Freude an den schönen Tagen. Auch wenn nach den schönen Tagen doch wieder die dunkelen kommen.

Ich wünsche Dir viel, viel Kraft.

Abu

Holt euch doch auf jeden Fall weitere ambulante Gutachten evtl.bei Prof.Samii
i.d. INI oder vielleicht in Berlin bei Prof.Vogel.Vielleicht kann jemand den
Tumor doch operieren!
Lieben Gruss von Abu.

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