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Fran z Hans

Hallo alle miteinander!

Ich bin neu in diesem Forum. Eine kurze Version meiner Geschichte (meine laienhafte Ausdrucksweise bitte ich zu entschuldigen):

Vor 8 Jahren (ich war 22 Jahre alt) im Herbst 2006 wurde bei mir ein Astrozytom entdeckt, nachdem eine aufmerksame und erfahrene Augenärztin eine Stauungspapille entdeckt hatte und ich ihr auch von weiteren akuten Symptomen erzählt habe, im Wesentlichen: ein schwerer, Epilepsie-artiger Schwindelanfall in den Wochen zuvor, plötzliche starke Einschränkung meines Sichtfelds, ständige Kopfschmerzen... (Zuvor war ich übrigens bei mehreren, leider inkompetenten Augenärzten, die offenbar noch nie etwas von dem Phänomen Stauungspapille gehört hatten, obwohl das laut Aussage eines Augenmedizin-Professors zum absoluten Basiswissen der Augenheilkunde zählt).

Die kompetente Augenärztin hatte gerade einige Wochen zuvor eine Patientin mit ähnlichen Symptomen und letztendlich ähnlicher Diagnose in Behandlung und verwies mich deshalb gleich an das St. Gertrauden Krankenhaus, wo nach weiteren augenärztlichen Untersuchungen ein CT und dann ein MRT angefertigt wurden: Tennisball-großes pilozytrisches Astrozytom links frontal, welches umgehend entfernt werden musste, weil der Sehnerv bedrückt wurde und drohte unwiderruflich zerstört zu werden = Blindheit.

Die Operation verlief auf jeden Fall erfolgreich, insofern dass das Astrozytom entfernt wurde. Was mich seitdem zunehmend beschäftigt, sind aber die neuropsychologischen Folgen a) des Astrozytoms selbst und b) der Einwirkungen auf den Frontallappen in Zusammenhang mit der Entfernung. Schließlich musste ja der Schädel "gewaltsam" geöffnet werden und das Astrozytom entfernt werden, was bestimmt auch einige neuronale Verbindungen in diesem sehr sensiblen Bereich in Mitleidenschaft gezogen hat.

Auf jeden Fall ist es so, dass ich immer wieder merke, dass es mir verhältnismäßig (im Verhältnis zu anderen Gleichaltrigen) schwer fällt, mich für Dinge zu motivieren, mir Ziele zu stecken und diese konsequent bis zum Ende zu verfolgen, mich auf eine Tätigkeit/Aufgabe zu konzentrieren und allgemein Aufgaben strukturiert anzugehen. Ich habe auch das Gefühl, dass ich verhältnismäßig lange brauche, um Aufgaben von begrenztem Umfang zu erledigen, z.B. Hausarbeiten (ich studiere noch).

Ich verbringe auch viel Zeit vorm Computer alleine (meist sinnloses browsen durch das www zur Ablenkung) und schaffe es oft nicht, damit aufzuhören und mich meinen eigentlichen Aufgaben zu widmen - worunter auch mein Studium und meine eigentlichen Hobbies (Musik machen und produzieren) total leiden. Eigentlich verbringe ich den Großteil meiner Zeit alleine und schaffe es auch nur sehr schwer neue soziale Kontakte, geschweige denn eine Beziehung zu einer Frau, zu knüpfen. Fast jeden Tag sehe ich die Zeit quasi an mit vorbeiziehen, ohne dass ich sie großartig sinnvoll nutzen konnte.

Ich kann mich zwar im Alltag orientieren und schaffe es auch im Rahmen von Studium etcetera mit Anderen zu kommunizieren (auch wenn ich eher zurückhaltend und passiv bin und daher oft auf die Offenheit und "den ersten Schritt" der Anderen angewiesen bin), aber ich kriege einfach kaum was auf die Reihe und laufe irgendwie auf der Stelle,

Meine Vermutung ist, dass das Astrozytom zumindest teilweise eine Rolle dabei spielen könnte und frage daher:

Kennt ihr Spezialisten (Neuropsychologen etcetera), die in der Lage sind solche Phänomene zu diagnostizieren und wenn möglich zu therapieren, indem zum Beispiel gezielt die Aufgabenbereiche/Areale des Hirns trainiert werden, bei denen nun Defizite bestehen und indem Strategien zum Umgang mit diesen Defiziten aufgezeigt werden?

Danke im Vorhinein

alma

Hallo Franz,

sicherlich ist eine Kopf-OP ein Einschnitt. Aber ob die Symptome danach mit der Lage des Tumors übereinstimmen, ist nur schwer zu klären. Ich würde mal davon ausgehen, dass es sich bei dir nicht um eine hirnorganische Sache handelt. Welche Aufgabenbereiche da genau betrotten sind,, wird man dir gar nicht sagen können. So weit sind die Kenntnisse noch nicht gediehen und mit vagen Vermutungen ist dir auch nicht gedient.
Antriebslosigkeit und sozialer Rückzug kommen bei vielen Erkrankungen vor, zumal solchen, die einen gewissen Schrecken mit sich bringen.
Niedergelassene Neuropsychologen gibt es nicht. Die Neuropsychologie ist ein Forschungszweig, bei dem es v.a. um kognitive Defizite bei chronisch neurologischen Erkrankungen geht. Die hast du ja deiner Beschreibung nach nicht. (Aber du kannst es ja mal in der neuropsychologischen Abteilung der Charité Berlin probieren.)
Ich würde dir eher empfehlen, dir einen Psychotherapeuten zu suchen. Verhaltenstherapie z.B. ist auch eine Art Training.

LG, Alma.

september

Hallo HansFranz,

herzlich willkommen hier im Forum!

Zunächst möchte ich Dir 3 Wünsche von Thomas von Aquin auf Deinen Lebensweg geben:

Ich wünsche Dir die Gelassenheit, alles das hinzunehmen, was nicht zu ändern ist, die Kraft zu ändern, was nicht länger zu ertragen ist, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Auf Deine Frage, was wäre wenn dieser Tumor nicht an dieser Lokalisation gewesen wäre anders, kann Dir niemand eine Antwort geben. Bei meinem Mann ließ der Neurochirug sich zu der Aussage hinreißen: "Ihr Mann wird aufgrund der Tumorlokalisation misstrauisch werden/sein." Das ist nun 2 Jahre her und kann Dir versichern, dass dem nicht so ist, vom Wesen ist er gleich geblieben. Wie Alma schon sagte, das sind Vermutungen, Mutmaßungen, die uns Betroffene/Angehörige nicht weiterbringen. Wichtig ist für Dich, dass die Operation erfolgreich verlief, Dir jedoch einige Dinge in Deinem Leben aufgefallen sind, die Du gerne ändern würdest. Den ersten Schritt hast Du bereits getan, Du hast diese Dinge beim Namen genannt und Dich hier im Forum angemeldet. Ich kann mich dem Rat von Alma nur anschließen, suche Dir einen Psychotherapeuten zu dem Du Vertrauen hast, bei dem die "Chemie" stimmt. Eine Verhaltenstherapie ist auf jeden Fall eine Möglichkeit gewisse Angewohnheiten oder Lebenszustände zu ändern.

Alles Gute für Dich!

september

Andrea 1

Hallo lieber FranzHans,
das mit der Antriebslosigkeit kenne ich auch, aber daran muss(-te) ich größtenteils selber arbeiten, dass ich meinen inneren Schweinehund besser und vor allem energischer überwinden kann. Vielleicht liegt es an Medikamenten? Oder nimmst Du keine? Denn bei mir war der OP-Bereich rechts frontal und ich nehme außer dem Magenschutz nur noch Keppra, aber ziemlich geringe Dosis, weshalb ich es eigentlich ausschließe.
Hier in R-P bin ich in neuropsychologischer Behandlung und ein Neuropsychologe kann schon feststellen, ob die Reaktionsgeschwindigkein des Gehirnes gut bzw. normal oder verlangsamt reagiert. Auch kann er einem gute Programme empfehlen, womit man seine Hirnleistungsfähigkeit ein bisschen verbessern kann. Nur muss man sich schon dazu motivieren es zu tun. ^^

Ich bin ja ursprünglich aus Berlin und von daher weiß ich, dass es dort ein Zentrum für Neuropsychologie gibt. Wie gut oder wie schlecht die sind, das kann ich dir leider nicht sagen. Die haben ihren Sitz in der Schleiermacherstraße.
Gib einfach bei Google mal "Neuropsychologe in Berlin?" ein und da sollte es gleich an erster Stelle erscheinen.

Mit Kontakteknüpfen habe ich keine Probleme, vermutlich, weil ich schon immer ein kontaktfreudiger Mensch war/bin und es auch mein bisheriges Leben, inklusive Berufe mit sich brachten.
Alleinesein und dabei nichts hören oder sehen finde ich auch schön/entspannend, aber das war früher schon so. Vielleicht ein bisschen weniger ausgeprägt, aber ich fand es schon immer sehr schön, mich mit meiner damaligen Hundemaus an einen Bach zu setzen und stundenlang dem Wasserplätschern zu lauschen, meinen Hund im Wasser zu beobachten und einfach nur der Natur zu lauschen. Das war meine Entspannung zum hektischen Berufsleben, wo ich immer im Dauerstress stand und viele Dinge auf einmal bewerkstelligen musste.
Eine Psycholgische Unterstützung ist - denke ich - nach solch schwerwiegenden Erkrakungen/Eingriffen auf jeden Fall ratsam.
Heute ist es bei mir ein bisschen so, dass solange alles in geraden Bahnen läuft, kann ich gut leben, aber kommt etwas unverhofft dazwischen oder dazu, stehe ich erst einmal wie geplättet da und muss mir eine neue Herangehensweise schaffen. Das dauert, je nach Situation entsprechend kürzer oder länger (gr. Unterschied ist auch noch, ob es etwas Positives oder Negatives ist) und ich muss bewusst darüber nachdenken, was ich früher nie brauchte. Da war ich Miss Spontan sozusagen.
Ich hoffe, dass dir meine Schilderungen ein bisschen helfen können, vielleicht erkennst Du dich sogar darin ein wenig wieder.

Als "Bärliner" sollteste den Spruch ja kennen: "Kopp hoch, och wenn der Hals dreckich is!" ;-)

LG Andrea

Fran z Hans

Danke schon mal an alle für eure Antworten und Perspektiven.

@alma

Natürlich ist es schwer zu sagen, welche der Probleme in direktem Zusammenhang mit dem Astrozytom bzw den Folgen der notwendigen operativer Entfernung stehen. Mein subjektives Gefühl ist aber schon, dass etwa Konzentrationsprobleme oder Schwierigkeiten Aufgaben gut strukturiert anzugehen auch damit im Zusammenhang stehen können. Bei mir war ja schließlich ein Areal des Gehirn betroffen, was nach Stand der Forschung gerade mit solchen komplexen, höheren kognitiven Prozesse wie Planung und strukturiertem Vorgehen in Zusammenhang stehen.

@Andrea 1

Danke für deinen Erfahrungsbericht und deine Hinweise. Nein, Medikamente nehme ich keine, habe ich auch im unmittelbar nach der OP nicht. Der rechte Bereich des Frontallappens ist auch wieder mit anderen Funktionen belegt - der linke Bereich wird mit Planung, Organisation und höheren kognitiven Prozessen assoziiert - wie gehe ich eine Aufgabe strukturiert an. Gerade das fällt mir halt schwer - an einer Aufgabe dran zu bleiben, sie strukturiert anzugehen, motiviert zu bleiben etcetera. Und da sehe ich schon Unterschiede zu Gleichaltrigen, die nicht zwangsläufig wissensdurstiger oder interessierter an der Welt sind als ich, aber die sich sich z.B. Dinge besser merken können und sich besser auf eine Aufgabe konzentrieren können.

Ich werde mich mal weiter informieren, was psychotherapeutische/neurologische Angebote angeht. Danke soweit.

alma

Dann gib mir doch mal die Quelle von diesen Erkenntnissen an. Meines Wissens liegen Planung und strukturiertes Vorgehen im rechten Stirnlappen. Aber ich lasse mich gern belehren.
Wichtiger ist mir, dass man hirnorganische Defizite, jedenfalls solche geringerer Art, schwer von traumatogenen Folgen einer Hirntumordiagnose unterscheiden kann. Im zweiten Fall sind auch die therapeutischen Möglichkeiten größer, ist also die bessere Alternative.

Alma.

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