Hallo, Carlito,
ich kann gut verstehen, dass Ihr von den Ärzten klare Aussagen über das haben wollt, was im MRT zu sehen ist.
Aber nach einer Bestrahlung eines Resttumors bleibt dieser Tumor an derselben Stelle.
Die Strahlen haben bewirkt, dass die Zellen, die sich schneller teilen, während der Teilungsphase so gestört werden, dass sie sich nicht mehr teilen und aus einer Zelle zwei Tumorzellen werden können.
Auf dem MRT sieht man also den Resttumor, der (hoffentlich nur noch) aus nicht mehr teilungsfähigen Zellen besteht. Man bezeichnet diese Ansammlung als Nekrose.
Diese zerstörten, also toten Zellen werden vom Immunsystem als "Feinde" angesehen, die nicht in das Gehirn gehören. Es bildet sich eine Wasseransammlung (Ödem genannt) um diesen ehemalig aktiven, aber nun toten Tumor herum. (Frag mich aber nicht, ob das wirklich reines Wasser ist, ich bin kein Arzt.) Das sieht man auf dem MRT und es erscheint, als wäre der bestrahlte Tumor größer geworden.
Das macht Euch natürlich große Angst. Aber es ist eine sogenannte Pseudoprogression. (Zumindest hoffe ich das für Euch.)
Aus diesen Gründen, eben weil auf dem MRT nach nur wenigen Monaten nicht genau gedeutet werden kann, was dort zu sehen ist und wie es sich entwickelt, raten Strahlenärzte dazu, das erste MRT frühestens nach sechs Monaten zu machen. Das könnte dann einigermaßen aussagekräftig sein.
Andrerseits möchten weder Ärzte, der Betroffene noch die Angehörigen, dass innerhalb dieser langen Zeit etwas übersehen wird. Also werden doch MRTs gemacht, die aber schwer zu deuten sind.
In diesem Dilemma stecken die Ärzte jetzt und ich halte es für völlig richtig, dass sie sich (auch wegen der aufgetretenen Symptome) kurzfristig mit den anderen Ärzten im Tumorboard beraten. Dabei wird es darum gehen, was auf dem MRT als eventueller "Brudertumor" zu sehen ist und ob dieser behandelt werden muss. Ich denke kaum, dass in dieser Situation eine OP und erst recht keine Bestrahlung angeraten wird. (Es ist allerdings prinzipiell durchaus möglich, am Gehirn auch in kürzeren Abständen zu operieren, wenn es erforderlich wäre.)
Ich selbst wurde nach einer OP, bei der ein Resttumor verbleiben musste, in 10-11/2017 bestrahlt.
Da es nicht die erste OP und nicht die erste Bestrahlung war, gingen die Ärzte von einer Rezidivgefahr aus und das erste MRT nach der Bestrahlung fand zwei Monate danach statt.
Die Pseudoprogression wurde gesehen, aber auch eine gewisse Auflösung bei der Kontrastmittelaufnahme im inneren Bereich. Drei Monate später war die ursprüngliche Größe des Resttumors wieder erreicht, eventuell sogar eine minimale Verkleinerung. Auch die innere Auflösung hatte leicht zugenommen.
Das alles war nur im genauen Vergleich mit den Voraufnahmen (Auf dem Monitor wurden gleiche MRT-Sequenzen nebeneinandergelegt und hin und her verglichen) zu sehen und die Radiologin, die Strahlenärztin und dir Neurochirurgin hatten sich bei der Betrachtung und Auswertung mit mir gemeinsam sehr viel Mühe gegeben.
Es ist wirklich nicht einfach, innerhalb einer Zeit von einem halben Jahr einen Rückgang überhaupt zu erkennen und eine sichtbare Größenzunahme von den Bestrahlungsfolgen abzugrenzen.
Das ist im MRT schwer zu deuten und im Falle einer Operation durch den Neurochirurgen mit direktem Blick auch schwer zu unterscheiden.
Es ist also ganz bestimmt kein Übergehen von Euch, kein Vermeiden von klaren Aussagen durch die Ärzte. Sie tun, was sie können!
Nur für Euch wird das nicht leichter.
Ich hoffe, dass das Geschriebene etwas Rationalität in Eure Gefühle bringt, in denen völlig zu Recht Angst und Verwirrung überwiegen.
Es ist für Euch alle eine sehr schwere Zeit, aber Ihr dürft nie das Vertrauen in diese Ärzte verlieren, die gemeinsam alles erdenklich Mögliche tun werden!
Alles Gute!
KaSy
PS: Die von Fabi (habe ich erst nach meinem Beitrag gelesen) genannte Biopsie wäre eine weitere Möglichkeit, die im Tumorboard erwogen werden könnte, aber da kenne ich mich selbst nicht aus. Ich weiß nur, dass mitunter Biopsien bei Notwendigkeit und Lage des Tumors zu einer Operation erweitert werden, um nicht noch eine weitere Schädelöffnung durchführen zu müssen.