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Speranza

Liebe Mitglieder des Forums,

da ich eine medizinische Frage habe, mich aber noch nicht vorgestellt habe, möchte ich dies jetzt ganz kurz nachholen:

In unserer Familie wurden tragischer Weise binnen weniger
Jahre 3 Fälle von Hirntumor diagnostiziert:

Bei 2 mir sehr nahe stehenden Angehörigen:

1) Glioblastom (GBM, WHO Grad IV) bzw.

2) metastasierendes Melanom mit einer kürzlich aufgetretenen
Hirnmetastase, die aber glücklicherweise erfolgreich bestrahlt werden konnte

3) bei mir wurde ein gutartiger Tumor im weitesten Sinne (eingeblutete Gefäßmissbildung (CCM)) diagnostiziert, der epileptische Anfälle verursacht, jedoch bislang nur 1 schweren Grand Mal. Ansonsten geht es mir gut und ich versuche irgendwie, auch meinen Angehörigen zu helfen.

Daher bin ich als "Angehörige" und nicht als "Betroffene" im Forum, denn
unser derzeit dringlichstes Familienanliegen, ist die Suche nach einer geeigneten Zweitlinientherapie für unseren o.g. jungen Glioblastom-Patienten und Familienvater 3er Kinder.

Die OP war erfolgreich; Erstlinientherapie Radiatio & Temodal (Temozolomid) nach Stupp-Schema wird relativ gut vertragen.
(ergänzend: Ernährungsumstellung (ketogen nach Dr. J. Coy) & Vit. D3)

Da jedoch die bisher bei ihm getesteten Biomarker eher niederschmetternde Ergebnisse brachten (unmethylierte MGMT-Promoterregion, IDH1 Mutation nicht vorhanden, kein EGFRvIII positives GBM etc.) ist u.a. die Teilnahme an der ACT IV Studie mit Rindopepimut (Celldex) nicht möglich, da hier die Voraussetzung der entsprechende "Epidermal Growth Factor Receptor"
(EGFRvIII positives Glioblastom) gewesen wäre.

Auch das mögliche Ansprechen auf die Erstlinientherapie mit Temodal ist bei ungünstigem MGMT-Status wohl laut einiger Fachartikel, die ich dazu gelesen habe, weniger wahrscheinlich.

In einigen us-amerikanischen Artikeln u.a. von Timothy Cloughesy (UCLA)
bin ich auf den Biomarker "(graded) functional Diffusion Maps (fDMs)" gestoßen, die wohl anhand des Vergleichs der MRT-Bilder festgestellt werden können.

Diese fDMs sollen u.a. laut T. Cloughesy PhD ein guter Indikator für
das mögliche Ansprechen auf Bevacizumab/ Avastin sein, s.
neurooncology.ucla.edu/pub/08182011.pdf

In der deutschsprachigen Literatur habe ich dazu wenig gefunden (außer
vielleicht in folgendem Artikel, wo zumindest auf einen eventuell
günstigen Zeitpunkt der Behandlung mit Bevacizumab in Zusammenhang mit der Angiogenesehemmung hingewiesen wird):
www.medscapemedizin.de/artikel/4901152

Weiß jemand von Euch / von Ihnen, wo man diese "functional Diffusion
Maps" im MRT oder den VEGF-A (Vascular Endothelial Growth Factor) und noch weitere Biomarker, die Auskunft über die mögliche Wirksamkeit von Bevacizumab/ Avastin und andere Zytostatika geben könnten, abklären lassen kann?

Macht es z.B. Sinn, den Tumorsuppressorgen-P53-Status oder
den NF1 Gen-Status überprüfen zu lassen und wenn ja,
für welche Therapie könnte dies ein erfolgversprechender Indikator sein?
(Auf das NF1 (Neurofibromatose Typ 1 Gen) weist einer der führenden
us-amerikan. Genetiker Francis Collins (Direktor der NIH) in Zusammenhang mit malignen Hirntumoren in seinem Buch "Meine Gene, meine Zukunft" hin.)

Vermutlich sind diese Zusammenhänge oft eher statistischer Natur und die Gründe und Ursachen sind wohl teils noch unbekannt und so kann Temodal auch bei nicht methylierter MGMT-Promoterregion anschlagen, aber es ist wohl statistisch deutlich unwahrscheinlicher, wie ich gelesen habe.

Aber bei so einer lebensbedrohlichen Diagnose wie GBM hat man
nicht so viel Zeit abzuwarten (wie es manche Fachleute vor einem Rezidiv
vorschlagen) oder alles Mögliche auszuprobieren (wie es manche anderen
Fachleute vorschlagen) und daher hoffe ich noch immer, dass man eine
individuell passgenauere Therapie finden kann, wenn man vorher die entsprechenden Biomarker abklärt.

Das Einsenden von Gewebeproben zwecks Untersuchung in einem Labor
tut ja nicht weh, aber wenn man zu lange eine Chemotherapie oder andere Therapie über sich ergehen lässt, von der vielleicht schon vorher absehbar gewesen wäre, dass sie vermutlich nicht hilft, dann tut das dem Betroffenen und seinen Angehörigen furchtbar weh.......aber wir geben die Hoffnung nicht auf!!

Herzliche Grüße
Speranza

alma

Hallo Speranza,

so weit, wie du dich in die Materie eingearbeitet hast, hat es hier von den Laien-Teilnehmern kaum einer, wenn nicht keiner.
Ich kann dir dazu nur sagen, dass nach Ansicht etlicher Ärzte der unmethylierte MGMT-Wert nicht zwangsläufig mit der schlechteren Prognose verbunden ist. So einfach scheint die Sache also nicht zu sein. Es ist über die Tumorbiologie auch noch nicht genug bekannt, um sich definitiv dazu zu äußern.
Das Thema der individuell passgenauen Therapie ist erst im Kommen, unter dem (etwas unglücklichen) Namen "personalisierte Therapie". So weit ich weiß, gab es auf dem Hirntumortag vom Mai 2014 Vorträge darüber. Frag doch mal das Beratungstelefon der Hirntumorhilfe.
Die aussagekräftigen Biomarker werden standardmäßig gemacht. Ob es sinnvoll, darüber hinaus weitere Untersuchungen zu veranlassen, können euch am besten die behandelnden Ärzte beantworten. Wenn nicht, dann bleibt euch noch die Zweitmeinung.

LG, Alma.

Speranza

Liebe Alma,

das ist ein Mut machender Hinweis von Dir, da die Temodal-Behandlung derzeit glücklicherweise recht gut von ihm vertragen wird!
Er ist ausgesprochen tapfer, scherzt viel, klagt ganz selten und hat eine sehr positive Lebenseinstellung und wandert in Begleitung täglich etwa eine Stunde trotz einer Sehfeldeinschränkung (Hemianopsie).

Bei der Hotline der Hirntumorhilfe hatte ich bereits angerufen und sehr viele hilfreiche Informationen und Tipps erhalten und auch eine Zweitmeinung wurde bereits eingeholt.

Über diese, von Dir genannte Bezeichnung "personalisierte Therapie" und einen ähnlich lautenden Artikel von Mischel & Cloughesy (UCLA) "Targeted Molecular Therapy of GBM": neurooncology.ucla.edu/pub/5261.pdf war ich auch vor ein paar Wochen gestoßen und fand diesen Ansatz sehr hoffnungsvoll und es hat uns Mut gemacht!

(Nur deshalb lese ich viel hier im Forum und in medizinischen Artikeln, einfach um den Mut nicht zu verlieren und um die Hoffnung nicht aufzugeben.....aber jetzt bin ich erst mal längere Zeit off-line......zu viel am PC sitzen tut mir nicht gut und es ist so schönes Wetter und da gehe ich mal mit meiner Familie wandern....)

Dir und allen anderen Forenmitgliedern einen schönen Pfingstsonntag!

LG, Speranza

Dr.z

Ich weiß von unserem Onkologen, dass das Avastin als sog. 3. Linientherapie in Frage kommt. Wird von der Versicherung zur Zeit sonst nicht bezahlt, weil es laut Studien keinen signifikanten Unterschied gibt,im Gegenteil. es gibt Studien die belegen, dass die Angiogenese(Neubildung der Blutgefäße, die den Tumor versorgen) zwar gehemmt wird, aber das infiltrative Wachstum sogar rasanter fortschreitet.
Es ist Standard auf der ganzen Welt mit Temodal mit unterschiedlichen Schemen zu therapieren. Manche Kliniken empfehlen bei einem unmethylierten Patienten einen 21 tage Zyklus mit geringer Dosis zu dem üblichen 5 Tageszyklus mit hoher Dosis (bis 200mg/m2)
Dann kommen CCNU und andere ,als 3. dann Avatin so in Deutschland.
Die Chance auf andere Therapien verschiedenste Kombinationen oder Immuntherapien hat man nur an Unikliniken auf experimenteller Ebene. Ich weiss, es rennt einem die Zeit davon und es ist essentiell so früh als möglich mit der falschen unwirksamen Therapie aufzuhören, und die Therapie zu ändern. Es gehört viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung dazu.
Mir ging es so, dass jetzt erst weil ich so energisch bin, nach 3 Monaten eine molekulargenetische Gesamtunteruchung des Tumors gemacht wird. ich bin davon ausgegangen, dass dies sofort nach OP passiert, und das aufgrunddessen die Therapie erstellt wird. Das ist leider scheinbar nicht in jedem Krankenhaus so. Leider! Es wurde bei meinem Mann nur MGMT-IGH,MIB1 gemacht. Das war für eine Uniklinik zu wenig ,um eine andere Therapie einzuschlagen.
Gute Erfolge gibt es in Amerika aber mit Masernviren. ich las dass dies vielleicht in 5 Jahren in Deutschland aktuell wird.
Mich irritiert die Tatsache, dass es immer noch heißt jeder wird zuerst einmal gleich therapiert. OP, wenn möglich, Radio-Chemo mit Temodal, da frag ich mich, wo bleibt der wissenschaftliche Fortschritt, warum mach ich überhaupt eine molekularen. Untersuchung, um dem Patienten zu sagen, bei Ihnen ist alles schlecht. Es gibt klare Nachweise dafür, dass sehr viele Patienten mit unmethyliertem MGMT Status, auf das Temodal nicht anschlagen.
Die personalisierte Therapie wir soweit ich weiß in München bereits angewendet. Ich warte immer noch auf mehr Möglichkeiten in der Therapie, aber leider ist ja auch jetzt das Avastin als zugelassenes Medikament für Hirntumore vom Markt in Deutschland.
Ich wünsch mir, dass jeder Hirntumopatient die Therapie bekommt, die er braucht.

Speranza

Hallo Dr.z,

vor wenigen Wochen habe ich mit dem EORTC in Belgien, dem Studienleiter der EORTC 26101 Studie für den Rezidivfall telefoniert (CCNU (Lomustin) in Kombination mit Bevacizumab (Avastin)). Er sagte mir ganz Ähnliches wie Sie.

Dank der hilfreichen Feedbacks bin ich echt froh, dass ich mich doch getraut habe, etwas im Forum zu schreiben. (Jetzt muss mein PC aber mal ein paar Tage aus bleiben, da zu viel Bildschirmflimmern bei mir (kleinere) epileptische Anfälle mit auslösen kann, daher jetzt auch nur die relativ kurze Antwort.)

Viele Grüße,
Speranza

Harry Bo

HalloSperanza,
ich möchte hier novh einmal nachaken,
da du dich schon sehr mit den Tumormarkern befasst hast,
SoIch hab das am Anfang auch versucht, aber frustriert wieder aufgegeben.
MGMT und IdH1, sagen etwas über die MÖGLICHE prognose, begründet mit der wahrscheinlichen WirksamkeitVON <<<<CHEMO UND <BETRAHLUNG; WOBEI MIR IMMER NOCH UNKLAR IST WIE GENAU tmz BEI NEGATIVEM mgmt WIRKEN EOLL.
EGFR soll Versagen von TMZ bewirken!

im Grunde geht es ja darum idie optimierte,idividuell zugeschnittene "Targeted therapie" zu finden
Nur sind wir hier noch weit von entfernt, denn es gibt seit vielen Jahren nur eine Stanardbehandlung, die Unabhängig von solchen möglichen Faktoren sturdurchgezogen wird. Oft werden diese Markergar nicht ermittelt,, weil es eben zu teuer ist und sowieso mangels Alternativen keine Therapieänderung bewirken würde.
Von wenn dies oder das zutrifft,dann Umstellung der Chemo auf einen snderen Irkstoff sind wir noch weit Entfernt.
Man müsste erstmal standardisierte genetischeTumoruntersuchungeen in allen Fällen Datenmäßig erfassen, wo man auch in der Zukunft respektive mit arbeiten könnte.
Bei Mir werden jetzt auxch noch einmal frische Proben genauer untersucht.
Deshalb wer auch immer überirgendwelcheMarker miteiner Therapierelevante Informtion bringen könnte, immer her damit.
Hat schonmal jemand was von ALK, MRAS, NRAS..gehört?
LG Harry

Speranza

Hallo Harry Bo,

Ja, es ist ein echtes Dilemma!
Temodal/ Temozolomid soll wohl gelegentlich auch bei unmethylierter MGMT-Promoterregion eine Wirkung zeigen, wobei "Methylierer" im Vorteil sind, wie es im folgenden Artikel heißt:
www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=29414

Was soll man tun?? Soll man einfach darauf hoffen, dass man zu diesen Wenigen zählt oder vielleicht doch besser eine andere Therapieform nach dieser Standard-Erstlinientherapie suchen??? Diese Frage kann wohl leider jeder nur für sich beantworten und gemeinsam mit den behandelnden Ärzten und vielleicht auch mit Angehörigen und Freunden und auch hier im Forum besprechen...

Vor dem Rezidivfall sind mir leider nur sehr wenige Alternativen bekannt.....wie z.B. die ACT IV Studie mit Rindopepimut (Celldex), aber die Voraussetzung ist ein EGFRvIII positives Glioblastom und das haben nur etwa 30%....und wenn dies nicht passt, muss man wohl weiter suchen....

Über diese von Dir oben genannten "targeting RAS signalling pathways" habe ich auch schon mal etwas gelesen, aber finde es sehr, sehr kompliziert und bislang ist mir noch nicht klar, welcher Nutzen hinsichtlich passender Therapien daraus gezogen werden kann.... Hier ein Link dazu und vielleicht kann uns da ein Fachmann weiterhelfen.....

www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15517309

Dir einen erholsamen Abend und viele Grüße,
Speranza

alma

MGMT hin und her - in beiden Fällen gibt man Temodal. Es ist für die Behandlung folgenlos, einen positiven oder negativen Wert zu haben, belastet dafür aber die Psyche.
So lange die Biomarker keine Konsequenzen im Sinne einer individuell angepassten Therapie haben, gerät man in ein Labyrinth, wenn man sich damit beschäftigt. Man hat mit diesem (Halb-)Wissen auch keinen Gesprächspartner mehr, einschließlich der behandelnden Ärzte, so meine Erfahrung.
Möglicherweise werden in naher Zukunft (sagen wir) drei oder vier neue Biomarker entdeckt, die zu neuen Erkenntnissen über die recht unterschiedlichen Verläufe bei Hirntumoren führen und eine neue Einteilung in Gruppen und Untergruppen notwendig machen. Dann fehlt aber immer noch das angepasste Therapeutikum.

Alma.

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