Sunflower22

Hallo zusammen,

Meine Mama (67 Jahre) hatte vor genau 2 Jahren aufgrund eines Sturzes ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, das sie glücklicherweise gut verkraftet hatte (ohne jegliche OPs). Jetzt - fast genau 2 Jahre später - hatte sie plötzlich den Verdacht auf Demenz. Sie hat außerhalb der Wohnung kaum noch Orientierung, findet den Supermarkt plötzlich nicht mehr, ist wahnsinnig vergesslich geworden (Kurzzeitgedächtnis), ist super müde und verspürt ab und zu Übelkeit und ein Druck im Kopf.

Das MRT zeigte keine Demenz, sondern einen Tumor (der für mich nicht aussah wie ein Ball, sondern wie viele kleine Hubbel aneinander). Der Radiologe meinte noch, dass er wohl teilweise etwas Kontrastmittel aufgenommen hatte. Das sagte mir zu den Zeitpunkt noch nichts, jetzt weiß ich, dass es typisch ist für bösartige Tumore. Dass er den Verdacht auf Glioblastom stellte wurde dann auch erst beim Hausarzt Termin einen Tag später kommuniziert. Der Radiologe meinte auf unsere Frage wie groß es denn sei ca. 6cm. Das hat mich doch sehr erschrocken, weil beim letzten MRT vor 2 Jahren (nach dem SHT) noch nichts festzustellen war.

Nun ist meine Mama in der Klinik und es hieß wohl in der Notaufnahme, dass es operiert werden müsse, aber keine einfache Stelle ist und sie wohl nicht alles rausbekommen würden, weil sonst auch das Risiko für Langzeitfolgen zu groß wäre. Heute wurde nun eine Biopsie gemacht und ich frage mich als Laie, wieso nicht gleich operiert wird und wieso man erst eine Biopsie macht. Sie hat aktuell ja starke neurologische Ausfälle.

Da ich mit Kleinkind 400km entfernt wohne kann ich leider nicht immer vor Ort bei ihr sein. Ich fühle mich einfach total uninformiert weil ich immer nur die Informationen meiner Mama bekomme (die wahrscheinlich einen Großteil vergisst). Ich habe einfach unfassbar Angst, dass sie womöglich gar nicht operiert wird und die neurologischen Ausfälle einfach bleiben und alles nur noch schlimmer wird. Ich habe natürlich noch einen Funken Hoffnung, dass sich der Verdacht auf glioblastom doch nicht bewahrheitet, aber wahrscheinlich erkennt man sowas ja doch schon ganz gut im MRT oder aufgrund des schnellen Wachstums :(

Ich würde mich über eure Erfahrungen und Einschätzungen freuen.

Alles Liebe
Kathi

KaSy

Liebe Kathi,
Die Biopsie dient dazu, herauszufinden, um welche Tumorart es sich handelt.
Im MRT kann man das nur vermuten, es könnte auch ein anderer Hirntumor sein. Von diesem Befund hängt das weitere Vorgehen ab. Wäre der Tumor vollständig entfernbar, hätte man es versucht, das ist er aber nicht.

Warte bitte ab, was der Befund ergibt.

Hat Deine Mutter Dich in der Klinik als Kontaktperson angegeben, damit Du Auskunft von den Ärzten erhalten kannst?

Wende Dich auch per E-Mail an die Deutsche Hirntumorhilfe e.V., sie helfen telefonisch und mit kostenlosem Infomaterial. (blauer senkrechter Balken rechts)

Du wirst hier viel Hilfe bekommen.

KaSy

Prof. Mursch

Gerade bei Tumoren, die infiltrativ, d.h., in das Hirngewebe hinein und dieses durch dringend wachsen, ist eine komplette Entfernung so gut wie nicht möglich. Eine Heilung durch Entfernung gibt es also bei Gliomen letztendlich nicht. Neurologische Ausfälle werden eigentlich durch Entfernung des Tumors nur dann besser, wenn dieser Druck ausübt und der Druck durch die Operation genommen wird. Eine „Reparatur“ durch die Operation ist bei hirneigenen Tumoren eigentlich nicht möglich. Man nimmt einen Tumor so weit wie möglich heraus, damit sich die Überlebenschancen durch eine weitere Therapie verbessern.

Insofern macht eine sofortige Operation dann Sinn, wenn man mit relativ wenig Risiko sehr viel vom Tumor entfernen kann. Sieht man auf der Bildgebung bereits, dass der Eingriff riskant für die neurologische Funktion ist, macht eine Biopsie sehr viel Sinn.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

Sunflower22

Danke für die Antworten!
Ich weiß nicht, ob der Tumor in das hirngewebe hinein gewachsen ist.
Wäre es denn aber nicht normal, dass der Tumor Druck ausübt und sie dadurch neurologische Ausfälle hat, die durch eine mögliche Teilentfernung zumindest besser werden?

Aber verstehe ich Sie richtig, dass eine Biopsie insofern Sinn macht, wenn man Bedenken hat überhaupt zu reparieren? Eigentlich wurde uns nämlich gesagt, dass schon operiert werden würde. Würde man alternativ dann durch strahlentherapie versuchen den Tumor kleiner zu bekommen?

Ich habe tausend Fragen und so große Angst! Vor 6 Wochen war sie noch so eine fitte und aktive Oma :(

Jule1205

@Sunflower22
Tut mir leid, dass Du das jetzt mitmachen musst.

Ich bin mal ehrlich, auch wenn das nicht immer gut ankommt.
Du wirst nie eine 100% Sicherheit bekommen. Einen großen Teil Wissen erhältst Du aber, wenn Du vor Ort bist und mit den behandelnden Ärzten sprichst. Auch wenn 400km viel sind, sind sie dennoch nicht unmöglich. So bist Du ja auch nicht ruhig.

Ich musste damals (2017) auch zeitweise mein Geschäft schließen (keine Einnahmen mehr) und mit meiner Mutter mehrmals 620km Richtung Süden fahren (wir wohnen an der Nordsee), um mit den Ärzten zu besprechen, wie es weitergeht. Aber das war es mir Wert, denn so wusste ich dann, auf was ich mich einstellen musste. Sie war bis dahin immer bei mir im Geschäft und hat noch "mit geholfen", obwohl sie da bereits 77 Jahre alt war, aber nach dem Tod meines Vaters wollte ich sie in der Nähe haben. Im Vorfeld ihrer Bestrahlungen, OP war nicht möglich, war auch eine Biopsie nötig, von der ich sie dann zeitweise (für ca. 2 Monate) als Pflegefall nach Hause bekam...

Ich möchte damit ausdrücken, dass Du nur informiert wirst, wenn Du mit den Ärzten deiner Mutter sprichst und zwar vor Ort. Auch wenn es unbequem ist. Ich weiß nur aus eigener Erfahrung, dass man 1. keine Ruhe findet und 2. sich im nach herein selbst Vorwürfe macht. Man kann alles regeln!

Sunflower22

Du hast Recht, Jule.
Ich wollte auf alle Fälle Ende nächster Woche hinfahren, wenn hoffentlich das Biopsie Ergebnis vorliegt. Vorher werden die Ärzte wahrscheinlich eh nicht viel sagen oder was denkt ihr?

Mein Papa war sie bislang nachmittags besuchen (vormittags ist keine Besuchszeit), aber meinte, dass man dort nie einen Arzt erwischt. Muss man einfach die Schwestern nach einem Arzttermin bitten?

Sie hatte gestern Mittag die Biopsie und ich hab einfach noch nichts von ihr gehört. Laut Schwestern war alles ok und sie liegt wieder auf dem Zimmer. Aber hier war ich wohl so naiv zu denken, dass sie nach ein paar Stunden kurz per WhatsApp schreiben kann, dass alles in Ordnung ist.

Ich bin einfach irgendwie überfordert mit allem und kann meine Gedanken nicht sortieren.

Jule1205

@Sunflower22
Wenn dein Vater vor Ort ist, dann ist es das Beste, er macht einen Termin mit dem Oberarzt oder dem, der operiert hat. Die haben immer so viel zu tun und vergessen manchmal, das es da auch "einfache" Menschen gibt, die nicht den vollen Durchblick haben. Da muss man auch schon mal etwas sitzen und warten...haben wir damals auch, aber dafür wussten wir anschließend mehr.

Die Ärzte haben einen fest durchterminierten Tag und da planen die dann Gespräche mit den Angehörigen ein. Dein Vater sollte auch ruhig sagen, wenn er etwas nicht versteht. Ärzte sind ja keine Halbgötter und warten nur auf Fragen und erklären dann auch gern. Aber eben nicht zwischen Tür und Angel.

Das Biopsie-Ergebnis ist sicher wichtig und sollte auch noch mal besprochen werden, aber wenn jetzt Fragen aktuell sind, dann sollten sie angesprochen werden.

Sunflower22

Danke dir Jule!

Ich konnte heute Mittag mit meiner Mama telefonieren. Sie klang gut, auch wenn ihr ihre Desorientierung vermehrt zu schaffen macht und sie. vergisst wo sie all ihre Habseligkeiten im Krankenhaus-Zimmer hat. Ansonsten klingt sie wie meine 'normale' Mama. Es hat mich erleichtert sie so zu hören, aber die Angst wie es weitergeht ist natürlich trotzdem da. Der Tumor geht ja nicht von alleine weg und ich habe einfach Angst, dass es schlimmer wird, je mehr Zeit verstreicht und wir kostbare Zeit verlieren.

Ja, ich sollte mir mal alle Fragen aufschreiben, die ich habe, um sie dann dem Arzt zu stellen: Wieso erst eine Biopsie; ist es sehr sicher ein Glioblastom oder besteht noch Hoffnung auf etwas anderes; wird man auf alle Fälle operieren; was steht nach der OP an; was sind die Aussichten. Wobei letzteres wahrscheinlich keine gute Frage ist, weil ich die Statistik kenne.

Ich danke euch allen für eure Unterstützung. Es tut gut und es macht mich gleichzeitig traurig zu sehen, wie viele doch betroffen sind.

TumorP

Hallo Sunflower,
es gibt auch andere Tumorarten, bei denen eine Biopsie gemacht wird. Fragen aufschreiben ist sehr gut. Kurz und knackige Fragen. Du musst "zur Ruhe" kommen. (Ich weiß natürlich das dies nicht funktioniert). Auf jeden Fall werden Dich Beide Eltern brauchen. Sie wird eine AHB bekommen. Die stößt der Sozialdienst im Krankenhaus an. Sonst nachfragen. Es besteht die Möglichkeit, dass Dein Papa sie begleitet und in ihrem Zimmer schlafen kann. Das muss jedoch sofort mit angemeldet werden. Habe ich mehrfach durchgeführt. Das würde je nach Klinik ca. 60 - 90 € je Tag für Deinen Papa kosten., einschl. Verpflegung.
Ich habe das mehrfach mit gemacht.
Viele Grüße

Zauberin23

Hallo Sunflower, bei meinem Mann ging es mit einem Krampfanfall los, dass die Diagnose Glioblastom gestellt wurde. Vorher hat man nichts bemerkt, dass da was im Argen liegt. Lt Mrt Verdacht auf Glioblastom. Erste Reaktion der Ärztin damals: Das muss man auf alle Fälle operieren. Es wurde jedoch dann ein paar Tage später entschieden, dass man eine Biopsie macht. Nachdem Corona damals alle Wege für mich ins Krankenhaus versperrte und telefonisch ganz schwierig war ein Gespräch zu bekommen, bekam ich nur immer so bruchstückhaft mit, was geplant war. Die Biopsie wurde gemacht, weil die Ärzte entschieden hatten, dass eine OP nicht zielführend ist bzw. mehr Schaden anrichten würde - zu nahe am Sprachzentrum. Die Biopsie dient war wohl daher wichtig, dass man feststellen konnte, welche Chemo besser wirkt. Es wurde dann entschieden, dass er nur die Bestrahlung und die Chemo bekommen sollte. Jedoch war uns Angehörigen nicht wohl dabei, da wir irgendwo recherchiert hatten, dass die maximale Überlebensdauer abhängig ist von der maximalen Therapie - OP, Bestrahlung und Chemo. Wir haben dann auf eigene Faust eine Klinik gesucht, die ihn dennoch operierten. Die Op ist zwar insoweit gelungen, dass ein Großteil des Tumors (4 cm) entfernt werden konnte. Leider hatte er dennoch einen ungünstigen Verlauf. Eine Chemo und Bestrahlung hatte er überhaupt nicht mehr bekommen, da er ständig mit neuen gesundheitlichen Problemen konfroniert wurde. Euch alles Gute und hoffenlich einen besseren Verlauf, als bei uns.

Jule1205

@Zauberin23
Zitat: "...Wir haben dann auf eigene Faust eine Klinik gesucht, die ihn dennoch operierten."
Leider muss man auch mal eingestehen, dass nicht immer die Angehörigen alles besser wissen als die Ärzte und wenn die Gedanken noch so gut gemeint sind. Alles Gute für euch!

Jule1205

@Sunflower22
So ein Eingriff ist ja auch keine Kleinigkeit und seelisch macht das auch etwas mit einem. Wenn Du erst einmal vor Ort bist, wird sich schon vieles für Dich besser anfühlen.

Ich weiß noch, als wir damals die Diagnose meiner Mutter mitgeteilt bekamen. Sie war auf der anderen Seite der Weser im Krankenhaus, an der Fähre eine Wartezeit von über 2 Std., der Tunnel dicht und ich hatte damals noch ein Geschäft, was ich nicht vor die Wand fahren wollte und konnte. Meine Mutter war nicht komplett auf sich allein gestellt, meine Nichte/ihre Enkelin wohnte in der Stadt...aber auf der komplett anderen Seite und sie war Risiko-Schwanger. Sie war es dann, die mit die Diagnose mitteilte und ich konnte nichts machen. Ich war eigentlich so nah dran aber kam trotzdem nicht hin. Es war schier zum verrückt werden.

Es folgte eine harte Zeit, obwohl wir wussten, dass es "nur" ein Meningeom war...aber was wussten wir damals schon darüber. Heute, nach meiner Meningeom Entfernung sieht das alles schon anders aus, aber damals war alles neu. So etwas bekamen nur andere...

Ich wünsche euch ganz viel Mut, Kraft und Zuversicht!
Liebe Grüße
Jule

fasulia

@Jule1205
leider muss man auch mal feststellen, dass DU von der Behandlung eines Glioblastom keine Ahnung hast und es unterlassen solltest, Zauberin23 oder anderen ein schlechtes Gewissen zu machen mit deinem Halbwissen oder deiner ungefilterten, rausposaunten "Meinung".
Die Suche nach einem NC !!! ( nicht irgendein Quacksalber) der operiert war nicht falsch und wie Zauberin schrieb, ist es sehr bedauerlich, weil schwerwiegende Nebenwirkungen eintraten.

Sunflower22

Bitte nicht streiten. Aber ja, bitte auch niemandem ein schlechtes Gewissen machen, das bringt auch niemanden weiter und wir alle versuchen ja nur unserer Familie bestmöglich zu helfen. Wir wollen alle nur das Beste für sie.

Meine Mama kommt jetzt morgen wohl aus dem Krankenhaus raus, obwohl sie heute auch extrem verwirrt und vergesslich war. Das macht mir etwas Angst und ich habe ohnehin Angst dass sie wertvolle Zeit bis zum Start der Behandlung oder Start der OP verlieren. Aber so ist das wahrscheinlich wenn man vorher eine Biopsie macht. Ich dachte ja, dass man da schon nach 1/2 Tagen ein Ergebnis hätte.

Es hieß dass sie jetzt wohl für 1-2 Wochen nach Hause käme, bis evtl zur OP.
Vielleicht tut ihr ihr gewohntes Umfeld gut … ich fühle mich nur so hilflos nichts machen zu können.
Ich habe heute auf der Station angerufen. Morgen früh soll ich nochmal anrufen, dann kann ich eventuell mit einem Arzt sprechen.

Drückt uns bitte alle ganz doll die Daumen!

lunetta

Daumen sind ganz fest gedrückt!
Alles Liebe und Gute!

Zauberin23

oh weia, ich möchte hier doch noch was anfügen. Die Operation bei meinem Mann wurde in einer renommierten Klinik in Hannover durchgeführt. Der dortige Professor hat sein Möglichstes versucht, um meinem Mann noch etwas Zeit zu verschaffen. Und jede Sekunde, die mein Mann vielleicht durch die OP geschenkt bekommen hat, sind für mich heute wertvoller, als Gold. Denn ich kann es auch nicht beurteilen, ob mein Mann ohne OP nicht zuletzt noch früher gestorben wäre. Und es war die Entscheidung, die mein Mann letztlich traf und nicht wir Angehörigen. Ich bin da ganz bei Dir Jule, ich weiß es als Angehöriger nicht besser, als der Professor, der meinem Mann operiert hat. Vielen Dank Fausulia für Deine netten Worte.... ein schlechtes Gewissen bekomme ich aus den oben genannten Gründen nicht und werde ich mir auch nicht einreden lassen. Wir haben versucht die bestmögliche Behandlung anzustreben, die in dieser Situation schulmedizinisch vorgeschlagen wurde. 2 Kliniken, 2 Meinungen.

Sunflower22

Meine Mama wurde heute Abend erstmal aus dem Krankenhaus entlassen mit folgendem Arztbrief:

Diagnose:
V.a. höhergradiger hirneigener Tumor im Bereich des hinteren Balken links bds.

(...)

Bildgebung: C-MRT ex domo 10/2023: in der extern durchgeführten C-MRT Bildern zeigt sich eine randständig kontrastmittelaufnehmende Raumforderung insbesondere Bereich des hinteren Balkens bilateral.

Verlauf: Es erging die OA zur stereotaktischen Biopsie zur Probengewinnung. Der Eingriff konnte problemlos durchgeführt werden. Postoperativ traten keine sensomotorischen fokalneurologischen Defizite auf.

Klinischer Untersuchungsbefung bei Entlassung:
Patientin wach, GCS 14 zu Zeit unscharf orientiert, Pupillen isocor mittelweit und bis prompt lichtreagibel weiter Hirnnervenstatus orientierend ohne pathologischen Befund. Armvorhalteversuch und Finger-Nase-Versuch werden ausreichend sicher präsentiert. (...) Karnofsky-Index 70 %

Procedere: Wir entlassen die Patientin im stabilen Allgemeinzustand in das häusliche Umfeld. Die endgültigen Befunde der histopathologischenf und Versuchung sind weiterhin ausstehend (ich schätze das sollte Untersuchung heißen...) (...) Wir bitten die Medikation mit ASS für mind. 14 Tage postoperativ zu pausieren.


---------

Mit einem Arzt sprechen konnten wir heute wieder nicht, weil der wohl den ganzen Tag im OP war; ich weiß es auch nicht.

Was mir die meiste Sorge macht ist ihr jetziger Zustand: Heute Abend konnte sie sich auch in in ihrem Zuhause nicht mehr richtig bzw. nur schwer orientieren (obwohl recht klein und kurze Wege). Ihre Orientierung ist quasi nicht mehr vorhanden - das hat sich in der letzten Woche nochmal drastisch verschlechtert. Zudem ist sie sehr verwirrt und vergesslich; auch das wurde in der letzten Woche nochmal schlimmer. WhatsApp Nachrichten, die sie einem schreibt, sind inzwischen nur schwer zu verstehen, da zusammenhangslos geschrieben wird, keine Satzzeichen mehr, etc.

Das alles macht mir große Sorgen und nun hieß es auch plötzlich, dass der Biopsie-Befund nicht Ende der Woche kommt (also 1 Woche später), sondern 10-14 Tage dauert. Ich habe große Angst, dass die Verschlechterung ihrer neurologischen Defizite auf ein enorm schnelles Wachstum des Tumors zurückzuführen ist. Ich bin absoluter Laie, aber ich habe Angst, dass der Tumor in den 2-3 Wochen, in denen nun 'nichts' passiert ist plötzlich 1-3cm wächst. Kann man diesen Befund nicht irgendwie beschleunigen; ist das normal bei Patienten mit Verdacht auf bösartigem Tumor, dass das so lange dauert? Werden diese nicht als Notfall eingestuft, so dass das priorisiert, o.ä. werden? Fragen über Fragen, es tut mir leid, aber ich habe enorme Sorgen.

Viele Grüße, Kathi

Zauberin23

Hallo Kathi, kann Dich soooo gut verstehen. Wenn das lese, wie Deine Mutter sich im Moment verhält, erinnert mich das sehr an meinem Mann. Orientierungslos, genauso warst bei uns auch. Und immer wieder dachte ich, es muss doch besser werden. Es war zum verrückt werden. Dann wurde er nochmals operiert, aber es ging trotzdem nicht so recht voran. Dabei haben die Ärzte hei der letzten OP schon gesehen, dass der Tumor wieder Fahrt aufgenommen hat. Und das nach 3 Wochen, nach der eigentlichen OP. Ich konnte es nicht fassen. Dann fiel er ins Wachkoma, ohne dass die Chemo und Bestrahlung bereits anlaufen konnten. Diese Nebenkriegsschauplätze waren furchtbar. Der Faktor Zeit spielt eine große Rolle. Keine Ahnung, ob man was beschleunigkann

Sunflower22

Das macht mir natürlich noch mehr Angst, das was du sagst, liebe Zauberin.

Ich weiß nicht, ob und wie ich dieses Biopsie Ergebnis beschleunigen könnte. Von dem hängt es ja scheinbar ab, ob sie operieren. Wobei ich es auch nicht so ganz verstehe, man geht ja von bösartig aus. D.h bei glioblastomen versucht man ja immer zu operieren, auch wenn nur teilweise? Außer natürlich es ist zu riskant. Aber das wissen sie doch aufgrund der Lage jetzt schon und dann hätte man doch jetzt wenigstens mit Strahlentherapie beginnen können? Ich verstehe es nicht.

@Prof Mursch: über Ihre Einschätzung würde ich mich auch sehr freuen!

Zauberin23

Liebe Kathi, ich glaube das Glioblastom reagiert sehr unterschiedlich. Wie Du hier siehst, gibt es doch etliche Menschen, die noch lang und gut damit leben können. Bei manchen gehts sogar soweit, dass sie keinen weiteren Tumor mehr bekommen. Um auf die Biopsie nochmals einzugehen. Ich denke die Bestrahlung kann noch nicht angefangen werden,weil die Ergebnisse der Biopsie noch nicht vorliegen. Es muss, wenn ich mich recht erinnere, gleichzeitig mit der Chemo plus Bestrahlung angefangen werden. Nachdem das Ergebnis der Biopsie eine entscheidende Rolle spielt, auf welche Chemo der Tumor besser anspricht, wartet man das Ergebnis ab. Dass das Ergebnis länger auf sich warten lässt, liegt glaube ich nicht an dem, dass die Labore es länger liegen lassen, sondern ich glaube - laienhaft - die Probe durchläuft mehreren Tests, die alle Zeit benötigen. Daher wird man hier gar nichts beschleunigen können. Und warum überhaupt Biopsie - soweit ich mich erinnern kann, wird diese auch schon allein deswegen gemacht, da die Ärzte zwar vom Bild her erkennen können, dass es sich um ein Glioblastom handelt, aber sie benötigen auch den wissenschaftlichen Beweis dafür und wie weiter oben erwähnt, auch mit welcher Chemo er vermutlich besser anspricht. Wenn operiert wird, dann kann man auf die Biopsie verzichten, denn dann hat man ja das Material, um zu untersuchen, weil ja trotzdem noch Chemo und Bestrahlung in der Regel erfolgen. Und ja, man versucht immer das Glioblastom zu operieren. Nur wenn es zu riskant ist, d.h. mehr Schaden als Nutzen bringt, wird nur bestrahlt und Chemo. Aber die Regelbehandlung ist wohl schon OP, und Radio/Chemo. Der Faktor Zeit spielt halt beim Glioblastom eine entscheidende Rolle. Ich habe auch nicht fassen können, dass der Tumor so rasant nach der Op nachwächst,dass bei meinem Mann die Radio/Chemo gar nicht mehr angefangen werden konnte. . Also habe ich auch gelernt, dass die Therapie OP und Radio/Chemo auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

LG

KaSy

Liebe Sunflower22,
Zauberin23 hat Dir mit ihren traurigen Erfahrungen sehr viel erklärt.

Ich habe wenige Ergänzungen.

- Im MRT kann man zwar erkennen, ob ein Hirntumor das typische Aussehen eines Meningeoms oder das unklare Erscheinungsbild eines der sehr vielen Arten hirneigener Tumoren aufweist. Es ist laut Arztbrief immer noch ein Verdacht. (V.a. bedeutet "Verdacht auf")

- Die "nur Biopsie" statt der OP wurde durchgeführt, weil das Risiko der OP für Langzeitfolgen zu groß war. Selbst eine Biopsie kann Folgen haben, das kannst Du (leider) indirekt aus dem Arztbrief herauslesen. Das, was nicht passiert ist, ist das, was hätte geschehen können.

- Jeder histopathologische Befund benötigt Zeit, weil man nicht einfach so unter dem Mikroskop erkennen kann, welche Art der Tumorzellen es sind. Sie werden in geeignete "Nährlösungen" gelegt und man muss abwarten, wie schnell sie sich teilen und wie sie sich entwickeln. Noch länger dauertt die genetische Analyse, die für die Wahl der geeigneten Chemotherapie, aber auch für den Bestrahlungsbereich gebraucht wird. Zudem bestehen Hirntumoren aus verschiedenen Zellarten.

- Leider ist aus dem Arztbrief auch eine recht schlechte Situation zu erlesen. Der Begriff "beidseitig" macht die schlimme Dramatik deutlich.

- Und dazu passt auch die Symptomatik mit der bereits zuvor vorhandenen Verwirrtheit und Desorientierung, die derzeit eher schlimmer wird.

- Der Karnofsky-Index (KI) von 70 ist eine Art Prozentangabe.
Sehr gut heißt 100, etwas eingeschränkt 90 und 80.
Der KI 70 ist ein Grenzwert für die Zulassung zu einigen Studien, aber auch für belastende Therapien.
Die Ärzte müssen bei diesem KI gründlich zwischen Nutzen und Risiko von Therapien abwägen. Das geschieht in einer Tumorkonferenz, in der mehrere Ärzte verschiedener Fachrichtungen individuell für Deine Mutter beraten, was man tun oder auch lassen kann.
Bringt eine OP ein zu hohes Risiko? (ASS musste abgesetzt werden, das bedeutet die Gefahr von Hirnblutungen.)
Wie hoch darf die Strahlendosis insgesamt und pro Tag sein und wie weit um den sichtbaren Tumor herum soll bestrahlt werden?
Soll mit der Chemotherapie während der Strahlentherapie begonnen werden und wie gering müsste dann die Dosis sein? Oder beginnt man erst nur mit der Bestrahlung und schaut, wie sie es verträgt? Welches Schema soll für die Chemotherapie geplant werden.
Gibt es weitere Therapiemöglichkeiten?
Oder sollte man ihr eine therapiefreie unbelastete Zeit mit ihrer derzeitigen Lebensqualität gönnen?

Für diese letztgenannte Frage ist der Wunsch Eurer Mutti sehr bedeutend!

Wenn es dieser tödliche Tumor ist, der sich so schnell entwickelt und diese Einschränkungen erzeugt hat, dass Therapien ein zu hohes Risiko bringen würden, dann steht auch für Euch Angehörige die Frage, auf den Wunsch Eurer Mutti zu hören und ihr möglicherweise die Belastung anstrengender Behandlungen mit einer sich vielleicht schneller verschlechternder Lebensqualität zu ersparen.

Es muss nicht so kommen, aber es kann - vielleicht nicht schon jetzt, aber später. Jetzt kann Eure Mutti sagen, was sie in welcher Situation möchte, später kann es für sie schwerer werden.


Nimm mir diese harten Worte bitte nicht übel.
Es tut so weh, wenn dieser Arschloch-Tumor das Leben Betroffener viel zu früh und viel zu schnell beenden wird.

KaSy

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