www.hirntumorhilfe.de
Herzlich willkommen im Forum der Deutschen Hirntumorhilfe!

Thema: Biopsie verweigert - was tun?

Biopsie verweigert - was tun?
Kira2013
24.04.2013 20:47:26
Liebe Forenmitglieder,
ich benötige sehr euren/Ihren Rat. Bei meiner Oma (74 Jahre) wurde vor 1 1/2 Wochen ein bösartiger Hirntumor (MRT) diagnostiziert. Sie leidet unter bisweilen starken Psychosen und ich erkenne sie seit den vergangenen Tagen überhaupt nicht wieder. Es wurde über das Amtsgericht ein Eilbetreuungsverfahren angestrebt und mein Opa zum Betreuer bestellt. Nun verweigert meine Oma jedoch jegliche Eingriffe. Verzeiht mir, wenn ich euch/Ihnen dies alles recht laienhaft beschreibe, aber ich versuche mich grad erst im ganzen medizinischen Wirrwarr und den Fachbegriffen zurecht zu finden. Eine Operation ist laut Oberarzt nicht möglich, da der Tumor (links, frontal) sehr tief sitzt. Nun wurde für gestern eine Biospie angesetzt, um den Tumortyp zu bestimmen. Freitag konnten wir unsere Oma übers Wochenende nach Hause holen, jedoch hat sie sich Montag geweigert, wieder ins Krankenhaus zurück zu kehren (aufgrund ihrer Verwirrung und Psychose, denn als ihr Bruder vor 2 Jahren an Krebs erkrankt ist, hat sie ihm zu jeglicher Form der Therapie überredet), nimmt keine Medikamente mehr und will auch keine Therapie machen. Sie nimmt ihre wirkliche Situation nicht wahr, schiebt alles auf ihre Augenkrankheit, die sie seit 20-30 Jahren hat und die angeboren und inoperabel ist. Auch ein Gespräch mit beiden Oberärzten der Klinik hatte leider keinen Erfolg. Der Oberarzt, mit dem wir das Aufklärungsgespräch für die Biospie hatten und der Oma schon von Anfang an betreut, hat ihr direkt ins Gesicht gesagt, dass sie zu Hause sterben wird, ihr aber im Krankenhaus geholfen werden kann. Oma meinte dazu nur "Woher wollen Sie denn das wissen?!".
Ich weiß, einen wirklichen Rat kann man in solch einem Fall nicht geben, aber ich bin zu tiefst verzweifelt. Keine rationalen Fakten kommen an meine Oma heran und ich habe Angst, dass wir sie verlieren. Ich weiß mir einfach keinen Rat mehr.
Daher meine Frage: Sind bei euch/Ihnen ähnliche Problematiken bei Angehörigen aufgetreten? Wie gehe ich damit am Besten um und gibt es eine Chance für uns, unsere Oma zur Biospie zu bewegen? Wer war in einer gleichartigen Situation?
Vielen Dank für euer/Ihr Verständnis.
Kira
Kira2013
gramyo
24.04.2013 21:31:07
Liebe Kira,

ja, das ist eine ganz schwierige Situation für ALLE, deiner Oma absolut mit eingeschlossen.

Meines Wissens, kann man laut MRT nur ein Verdacht ausprechen, war bei meinem Partner genauso, Ja, eine Biopsie wäre schon nötig, aber selbst wenn jetzt dein Opa, Betreuer ist, war ich bei meinem Lebensgefährten auch, muss man doch den Willen und die Würde dieses Menschen respektieren.

Vielleicht ist jetzt keiner von der Familie der geeignete Ratgeber für deine Oma. Hat sie eine gute Freundin oder Freund, oder Seelsorger, Hausarzt fällt mir auch noch ein, oder jemand von einem Hospiz, der besser an sie "herankommt"?

Meinen Partner konnte ich immer zu kurzen Krankenhausaufenthalten bewegen, weil es ABSOLUT klar war, dass er zu Hause sterben würde.

Ich bringe das hier bewußt ins Spiel. Vielleicht meint deine Oma, mit 74 Jahren hätte sie alles erlebt, was sie möchte. Schwerkranke wissen tief innerlich, ob sie leben wollen oder nicht mehr.

Das klingt jetzt nicht sehr aufbauend für dich, aber deine Oma ist eben sehr konsequent in ihrer Verweigerung. Vielleicht, vielleicht muss man diese im Moment akzeptieren und erst mal abwarten.

Ja, die Zeit drängt. Vielleicht sollte man das Gespräch mit ihr, mal so anfangen, dass man sie fragt:
"Was möchtest du denn", und "Willst du noch leben", und die Trauer zeigen, die man empfindet.

Liebe Kira, ich bin ausgesprochen traurig, das mein Mann nicht mehr lebt, aber ich bin nicht verzweifelt. Wir hatten in seiner Erkrankung, 2 inoperable Glioblastome, durchaus wunderbare Zeiten.

Das kannst du deiner Oma ruhig vorlesen. Vielleicht hilft es euch.

Wir, Gramyo und ihr Mann in anderem "Sein", schicken euch viel Kraft, Ruhe, aber auch Energie um die Situation zu meistern.
gramyo
Prof. Mursch
24.04.2013 21:31:25
Sie werden Ihre Oma nicht zwingen können. Rein rechtlich wird auch der eingesetzte Betreuer nicht einwilligen dürfen, wenn sie sich absolut weigert. Die Biopsie ist nicht per se ein lebensrettender Eingriff. Die Frage ist ja auch die, welche Konsequenzen man aus einer Biopsie ziehen würde. Was passiert, wenn man eine 74-jährige bestrahlt? Wie verträgt sie das?
Eine Besserung eines Psychosyndroms ist auch bei Therapie nicht sicher.

Ein Tip: Manchmal wird ein Patient unter Dexamethason kurzfristig so klar, dass er entscheiden kann.



Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
Dr. Orchidee
24.04.2013 21:48:30
Liebe Kira,
bin Hausärztin und kenne vergleichbare Situationen.
Leider gibt es Grenzen der Behandlung bei völliger Verweigerung der Mitarbeit durch den Patienten (auch bei Betreuung), und man muss als Angehöriger (und Behandler) relativ hilflos zusehen, wie die Natur ihren Lauf nimmt.
Man kann sich nur damit trösten, das es ihr Wille ist, wenn man schweren Herzens und gegen jedes bessere Wissen ihren Weg begleitet.

Manchmal hat der langjährige Hausarzt in der bekannten Umgebung bessere Karten an einen Patienten heranzukommen, als ein fremder Arzt in einer fremden, Angst einflößenden Krankenhausumgebung .
Wenn es zumindest gelingt, die psychotischen Zustände medikamentös zu lindern, ist dies potentiell einer gebesserten Einsichtsfähigkeit zuträglich.

Im Internet lässt sie dies nicht nicht wirklich beurteilen, - soll nur als mögliche Option gedacht sein.
Grüße und alles gute für Deine Oma, Orchidee




Dr. Orchidee
NACH OBEN