Liebe Alle,
vor genau einer Woche verstarb mein 83-jähriger Vater nach 13 Monaten friedlich zuhause im Beisein meiner Mutter und mir an den Folgen eines Glioblastoms. Eins, im vordernen Stirnlappen, konnte 2/21 operativ entfernt werden, das zweite im Thalamus rechts war inoperabel.
Zunächst möchte ich sagen, wie dankbar ich bin, meinen Vater so lange in meinem Leben gehabt zu haben, das ist nicht selbstverständlich. Ich habe das ganze letzte Jahr hier im Forum immer nur still mitgelesen und weiß, wieviele von euch Angehörige in einem viel jüngeren Alter haben, die an diesem schlimmen Tumor erkrankt oder verstorben sind! Und dennoch ist der Verlust natürlich trotzdem unendlich schmerzhaft für mich, und es war absolut erschütternd mitzuerleben, wie mein zuvor vollkommen gesunder und geistig und körperlich agiler und lebensfroher Vater all seine Fähigkeiten nach und nach verloren hat.
Nachdem er trotz seines hohen Alters, aber guten Allgemeinzustandes, sowohl die Hirn OP im Februar 2021 und anschließende Bestrahlung als auch Chemotherapie mit Temodol gut vertragen hat ohne irgendwelchen nennenswerten Nebenwirkungen, traten bei ihm Anfang Dezember dann massive Verschlechterungen ein. Es erfolgte dann nochmal eine Shunt OP um Hirnwasser besser zu regulieren. Die ganze Zeit über wurde er von meiner Mutter zuhause gepflegt und ab Herbst hatte sie eine 24-Stunden Betreuung aus Polen, mit der es wunderbar klappte.
Danach lag er zuhause nur noch im Pflegebett, konnte nur noch mit Hilfe aufstehen und saß, wenn, im Rollstuhl. Wir wurden von da an bis zu seinem Versterben von einem Palliativteam unterstützt.
Er verlor dann allmählich auch komplett seine Sprache, war linksseitig gelähmt und konnte am Ende auch nicht mehr schlucken. Verwirrt und durcheinander war er bereits kurz nach der ersten OP im Februar gewesen.
Diesen regelrechten geistigen und körperlichen "Zerfall" meines Vaters mitzuerleben war wirklich der reinste Albtraum.
Ich war froh, dass ich ihn in seinen letzten Lebensmomenten begleiten und er zuhause von uns gehen konnte. 4 Tage vor seinem Tod schlief er nur noch und atmete schwerer, wirklich zu Bewusstsein kam er nicht mehr. Aber wir denken und hoffen, das er unsere Anwesenheit bis zuletzt gespürt hat. Schmerzen hatte er keine, so wurde uns versichert. Ich habe ihm zweimal Morphin gespritzt um die Atmung zu erleichtern als auch Rubinol und Midozolam. Wir wissen, dass es am Ende eine Erlösung war für ihn, gehen zu dürfen und doch ist es unfassbar, dass er nun nicht mehr da ist.
Die Krankheit durchmachen und miterleben zu müssen ist auch für die Angehörigen unendlich schwer, und man braucht sehr sehr viel Kraft, und ich kann nur jedem raten, sich Hilfe zu holen. Mir haben Gespräche mit einer Psychoonkologin sehr geholen sowie das intensive Auseinandersetzen mit Sterben und Tod und auch das Lesen in diesem Forum. Ohne all das hätte ich es nicht geschafft, bis zuletzt an der Seite meines Vaters zu sein.
Joni71