Hallo alle zusammen,
mein Name ist Timm und ich bin 25 Jahre alt. Bei mir wurde ein Astrozytom Grad 3 festgestellt und ich befinde mich kurz vor der Chemo- und Strahlentherapie.
Um erstmal einen Eindruck von mir zu bekommen, erzähle ich kurz meine Geschichte:
Im September 2013 wurde nach einem routinemäßigen MRT (Ich war wegen Schlafstörungen beim Neurologen/Radiologen) eine Raumforderung festgestellt. Die Lokalisation des Tumors war nahe der Broca-Region und dem motorischen Cortex, also links fronto-lateral. Die Ärzte gingen hierbei von einem niedriggradigen Gliom aus, so dass ich am 8. Dezember zur Resektion ins Knappschaftskrankenhaus Bochum kam.
Mir wurde eine 36-Kontakt Gitterelektrode eingesetzt und mit Sprach- und Motorikübungen ein "Mapping" der Tumorstelle gemacht. Dabei hatte ich zwei epileptische Anfälle (wahrscheinlich bedingt durch die Gitterelektroke). Einer sorgte dafür das man mit einer weiteren OP ein Hämatom an der Tumorstelle entlasten musste.
Die nachfolgende Resektion war erfolgreich und der Tumor wurde vollständig entfernt. Bei der pathologischen Untersuchung stellte sich jedoch heraus, dass es, entgegen der Meinung der Ärzte, ein Anaplastisches Astrozytom ist. Der Neurochirurg meinte es wäre ein Mittelding zwischen Grad 2 und Grad 3.
Das ganze ist jetzt 1 Monate her und mittlerweile geht es mir wieder gut. Das Keppra ist abgesetzt und auch sonst nehme ich keine weiteren Medikamente gegen Schmerzen oder sonst was. Ich hatte keine epileptischen Anfälle oder sonstige Ausfallerscheinungen. Nur eine Narbe erinnert an meine bislang erlebte Krankheitsgeschichte.
Am 29. Januar geht es dann einer kombinierten Chemo- und Strahlentherapie los. Ich werde 28 (Werk-)Tage lang bestrahlt und dazu nehme ich jeden Tag 165mg Termodal.
Aber jetzt zu meinem Anliegen:
Bei so einer Diagnose kommt man an Punkte wo man sich selbst und alles um einen herum hinterfragt.
Warum grade ich? Wieso mit 25 Jahren? Warum nicht wenigstens Grad 2? und und und...
Man ließt Statistiken, wo einem im Schnitt 4 Jahren gegeben werden. Wikipedia sagt einem, dass die Biester wahrscheinlich in 2 Jahren als Grad 4 wiederkommen und da kann man sich dann 17,1 Monate ausrechnen. Daneben ließt man von Leuten die damit 10 Jahre leben, mein Hausarzt hat sogar einen der das seit 16 Jahren hat und auch im Krankenhaus gehen Leute ein und aus die das seit 20 oder 30 Jahren haben.
Natürlich sind das alles Statistiken, jeder Verlauf ist individuell, aber trotzdem beunruhigt mich das. Soll man jetzt noch weiter studieren? Einen Job anfangen und dann nach 3 Jahren sagen: Sorry, der Tumor ist wieder da. Auf Weltreise gehen und sein Leben genießen und nach 20 Jahren sagen: Hmm, eigentlich sollte ich schon tot sein.
Mein Arzt meinte ich hätte beste Prognosen einer zu sein, der damit lange lebt:
1. Der Tumor wurde frühzeitig entdeckt, ohne das ich irgendwelche Symptome gezeigt habe
2. Er konnte komplett entfernt werden
3. Ich bin relativ jung. Ich vertrag alles womit man mich beschießt, mir verabreicht oder sonstwas besser als "ältere" Leute
4. Die Studien sind natürlich alles Vergangenheitswerte. Vor 10 oder 20 Jahren wär ich wahrscheinlich schon tot
5. Niemand weiß was in 5-10 Jahren für Fortschritte in der Medizin gemacht werden
Das größte Problem hab ich im Moment damit, dass es nicht heilbar ist. Nicht um des "Heilens" Willen, sondern man hat kein Ziel auf das man zuarbeiten kann. Im Moment macht man diese Therapie und weiß: Es kommt wieder. Man ist so gefangen von dieser Krankheit und weiß nicht wie lange man noch lebt.
Wie seid ihr damit umgegangen? Einfach weitergemacht wie bisher oder habt ihr euer Leben komplett geändert?
Ich würde mich über Erfahrungen freuen.
Viele Grüße
Timm