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Thema: Bitte um Erklärung der Begriffe

Bitte um Erklärung der Begriffe
Ajam
09.08.2020 21:37:32
Kann mir jemand, in einfachen Worten, die folgende Diagnose meines Mannes erklären.
Multifokale Raumforderung links fronto- temporal und parietal.
Molekularpathologie: IDH-1-Wildtyp, FGFR3-Fusion, MGMT nicht methyliert,
ATRX erhalten.
In Brain Tumor classifier am ehesten aufgrund des geringen Tumorzell-gehaltes nicht klassifizierbar, jedoch erhöhter Score für Glioblastom IDH-Wildtyp.
Gibt es in diesen Zeilen irgendeinen Hoffnungsschimmer? Die behandelten Ärzte drücken sich immer sehr verhalten aus und ich bin nie allein mit einem Arzt, um meine Fragen zu stellen. Hoffentlich könnt ihr mir helfen.
Ich danke euch.
Ajam
KaSy
10.08.2020 01:36:52
Liebe Ajam,
bei dieser Beschreibung handelt es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um zwei oder mehr ("multifokal") Glioblastome, die sich links vorn/seitlich ("links fronto-temporal" = im Frontallappen) und hinter dem Frontallappen im Scheitellappen ("parietal") befinden.
Die Begriffe "IDH-1-Wildtyp" und "MGMT nicht methyliert" sagen aus, das die Tumoren weniger gut auf eine Chemotherapie ansprechen.
Die "FGFR3-Fusion" ist eine Genveränderung bei den Tumorzellen, die für eine schnellere Teilung der Zellen und damit für ein rascheres Wachsen des Tumors zuständig ist.
Wenn eine "ATRX"-Mutation vorliegt, ist es eine Genveränderung, die mit einer Verlangsamung der geistigen Entwicklung zu tun hat, die ausschließlich bei Männern auftritt. Allerdings weiß ich nicht ob "ATRX erhalten" bedeutet, dass es diese Genveränderung gibt oder nicht gibt.
Insgesamt war sich der Untersuchende "aufgrund des geringen Tumorzellgehaltes" (Es sind in den Zellproben nur wenige Tumorzellen gefunden worden, die man untersuchen konnte, um zu einer eindeutigeren Einschätzung zu kommen. Das ist generell nicht ungewöhnlich.) über die genaue Klassifikation der Tumoren wohl nicht völlig sicher.
Ob "es in diesen Zeilen irgendeinen Hoffnungsschimmer" gibt, das weiß ich nicht, weil ich nicht weiß, woher diese "Diagnose" stammt.

Ich habe Deine anderen Beiträge gesucht, um zu verstehen, dass es gar nicht um Dich, sondern um Deinen Mann geht. Aber dadurch wird mir noch unklarer, wieso Du hier in einem Forum Antworten erwartest, die Du von dem Arzt, der sie Deinem Mann und Dir erklären würde, nur deswegen nicht erhältst, weil Du "nie allein mit einem Arzt" bist. Darf denn Dein Mann als der Betroffene das nicht erfahren?

Wussten Dein Mann und Du vor Beginn der Chemotherapie nicht, dass es sich um ein Glioblastom handelt? Das ist doch nicht neu für Euch. Oder?

Woher stammt diese Beschreibung jetzt erst?
Ein MRT-Befund scheint es nicht zu sein, da von einem "geringen Tumorzellgehalt" die Rede ist und eine Klassifizierung erfolgen sollte. Andererseits werden Lagebeschreibungen genannt, was für einen MRT-Befund spricht.
Oder ist das jetzt erst der histologische Befund der Tumorzellen, die bei der OP entnommen wurden? Aber der hätte doch bereits vor Beginn der Chemotherapie vorliegen sollen, die bereits seit einigen Wochen erfolgt..

Ich stelle Dir Fragen, die Dir möglicherweise eigenartig vorkommen, aber da ich selbst seit sehr vielen Jahren immer wieder WHO-III-Tumoren habe, kann ich es nur schwer nachvollziehen, dass Dein Mann als Betroffener die genaue Diagnose (scheinbar) nicht erfahren soll und demzufolge auch über die Therapiemöglichkeiten nicht mit den Ärzten gemeinsam entscheiden soll. Oder sind seine geistigen Fähigkeiten leider bereits so sehr eingeschränkt, dass die Ärzte und Du ihm diese Erklärungen und Entscheidungen nicht mehr zumuten können? Das würde mir sehr Leid tun - für Euch beide.

Alles Gute wünsche ich Euch!
KaSy
KaSy
Ajam
10.08.2020 07:02:02
Liebe KaSy,
Erstmal vielen Dank für deine schnelle und sehr gut verständliche Antwort.

Wir wissen um die Diagnose seit Ende Februar. Allerdings, wie Du richtig erklärt hast, ist der Tumor nicht eindeutig bestimmbar. Das war immer ein kleiner Hoffnungsschimmer für meinen Mann, weil er gesagt hat, wenn es nicht eindeutig zu bestimmen ist, dann gibt es doch Hoffnung. Die gibt es ja tatsächlich immer, aber ich habe so unendlich viele Ängste.
Er hat die Ärzte nie viel gefragt, nur wie lange er damit noch zu leben hätte, aber da legt sich, verständlicher weise, keiner fest. Mein Mann setzt sich mit Sicherheit mit der Erkrankung auseinander, aber anders als vielleicht die meisten . Ihm geht es vor allem darum, das wir als Familie gut versorgt sind und das alles „ geregelt „ ist, wenn er mal nicht mehr sein sollte.
Er recherchierte seiner Krankheit bedingt auch nie etwas, All das, hat mir das Gefühl gegeben, dass ich nicht die Ärzte mit meinen Fragen vor meinen Mann Löchern wollte.
Eine Biopsie und MRT, CT ist natürlich gleich am Anfang gemacht worden. Eine OP kann wohl aufgrund von Lage und Größe nicht gemacht werden, auch nach einholen einer Zweitmeinung nicht.
TTF wurde ihm empfohlen, ich habe mich dann ausgiebig mit dem Thema befasst und ihm einen guten Beitrag hier aus dem Forum vom Welthirntumortag gezeigt. Er hat ihn gelesen und dann sich gegen diese Option entschieden.
Ich habe zuerst versucht die Begriffe allein zu recherchieren, aber habe sie nie wirklich verstanden, weil es sehr „medizinische“ Beiträge waren.
Ich bewundere meinen Mann wie er mit all dem umgeht, er möchte so lange wie möglich alles „ normal“ beibehalten, das ist sein Weg in dieser schwierigen Situation, die mir und unseren Kindern tatsächlich sehr hilft mit all dem zurecht zu kommen. Immerhin lässt er sich homöopathisch nebenher begleiten.
Danke liebe KaSy für dein Interesse, ich wünsche dir natürlich auch weiterhin viel Kraft für deine Situation, viele Grüße
Ajam
Nat
19.09.2020 09:05:49
Hallo zusammen,
Ich habe meinen Neurologe gewechselt und vor 3 Tagen den ersten Termin bei ihm gehabt.
Er hat sich aus meinem Befund Sammelsurium, die für ihn wichtigen Befunde herausgesucht . Als er den allerersten Mrt Befund in den Händen hielt, fragte er welche Untersuchungen bis jetzt aufgrund des auffälligen Befundes der Hypophyse gemacht wurden. Bilder, Hormonstatus u.s.w. Ich war ziemlich perplex, hatte ich doch damit überhaupt nicht gerechnet.
Ich hatte mir im Mai 2019 den Befund natürlich durchgelesen, aber er wurde nie mit mir besprochen.Bzw. es wurde immer nur auf die Läsion, welche sich als Oligodendrogliom 2 rausstellte, eingegangen. Nun habe ich nächste Woche wieder einen Termin bei meinem Neurologe . Dort werde ich natürlich meine Fragen stellen. ( Er möchte beim nächsten Kontrollmrt des Tumors auch Bilder der Hypophyse haben) Aber evtl. könnte mir jemand von euch schon einmal die nachfolgenden Begriffe erklären, bzw. anhand des Befundes erklären, was das konkret bedeutet?
Vielen Dank dafür!
.....
Ferner auffällige asymmetrische Hypophyse mit heterogener Signalgebung und nach links verzogenem Hypophysenstiel. Die maximale Höhe der Hypophyse ( gemessen im rechtsseitigen Anteil) beträgt 7 mm. ( Norm bis 9mm) die maximale Breite der gesamten Hypophyse ist ca. 2 cm. Kleinere plexus choroidzysten beidseits. Ansonsten altersentsprechende unauffällige Abbilding des Neurocraniums.
Nat
myszka123
22.09.2020 22:53:27
Hallo Nat,

Die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) erschien auffällig aufgrund heterogener Signalgebung (unterschiedliche Dichten im MRT?, wenn ich das richtig verstanden habe) und nach links verzogenem Hypophysenstiel. Der Hypophysenstiel verbindet die Hypophyse nach oben hin mit dem Zwischenhirn und ist verlagert (läuft sonst mittig nach oben).

Unterschiedliche Dichten bedeuten, dass verschiedene Gewebe aufgrund ihrer Eigenschaften unterschiedlich gut magnetisch angeregt werden - es ergeben sich verschiedene Signalstärken: hyperintens = starkes Signal, erscheint hell, hypointens = schwaches Signal, erscheint dunkel. Einheitliches Gewebe erscheint also einheitlich dunkel (Bsp. Knochen) oder einheitlich hell (Bsp. Fett, KM), während bei einer heterogenen Signalgebung unterschiedliche Dichten, also auch unterschiedliche Gewebe vorhanden sind.

Die Größe der Hypophyse beträgt etwa 13 mm x 9 mm x 6 mm, also ist sie mit etwa 2 cm verbreitert. Die Zysten des Plexus choroideus (Plexus choroideus bildet das Nervenwasser = Liquor) haben an sich keinen Krankheitswert, können in sehr seltenen Fällen den Abfluss des Liquors verhindern (Bsp. Wasserkopf beim Kind). Vom Neurocranium spricht man, wenn man den Gehirnschädel meint.


Ich hoffe, das hilft dir ein wenig weiter.

Liebe Grüße myszka
myszka123
Nat
23.09.2020 04:10:07
Oh, liebe Myszka,
Ich danke dir für diese detailierte Antwort!
Das hat mir in der Tat schon weiter geholfen.
Lg Nat
Nat
myszka123
23.09.2020 17:51:11
Liebe Nat,

sehr gerne! Schließlich sollte doch jeder genau Bescheid wissen, worum es genau geht - nicht nur die Ärzte.

LG myszka
myszka123
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