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mubbesje

Hallo Forumteilnehmer,
wer kann mir sagen, aus welchen Ärzten ein neuronkolg. Tumorboard
besteht. Sind die Ärzte aus verschiedenen Kliniken?
Was bedeutet "Palliative Re-Radiotherapie" und Rebestrahlung
Wie stark ist die Bestrahlung 5x4Gy bis 20 Gy?
Danke für eure Antworten.
Gruß
Mubbesje

Bricewill

Ein Tumorboard für Hirn-/Rückenmarktumore besteht mindestens aus Fachexperten aus folgender Disziplinen: Neurochirurgie, Neuroonkologie, Neurologie, Radioonkologie, Neuropathologie...
Die Konferenzen sind teilweise über Videokonferenzen, also können auch die Fachexperten an verschiedenen Standorte und bzw. unterschiedliche Kliniken stammen.

Gruß

William

KaSy

Hallo, mubbesje

Ein neuroonkologisches Tumorboard / Tumorkonferenz findet in Kliniken statt, die über mehrere Fachrichtungen verfügen, um Tumorpatienten in dieser Klinik zu behandeln.
Es besteht aus allen Fachärzten, die zu dem Patienten, über dessen weitere Therapie zu beraten ist, etwas zu sagen haben. Es sind:
- Neurochirurgen
- Radioonkologen (für die Bestrahlung zuständig)
- Onkologen (Chemotherapie)
- Pathologen
und bei Bedarf:
- Radiologen (MRT, CT, PET, usw.)
- Psychoonkologen (Psychologen mit einer Spezialisierung auf Tumorerkrankungen)
- weitere Fachärzte je nach den klinischen Befunden (Neurologen, Augenärzte, HNO-Ärzte, usw.)
Die ersten 3-4 sollten immer dabei sein.
Die anderen können mitwirken, aber wenn sie in der Klinik nicht zur Verfügung stehen, werden sie nicht am Tumorboard direkt teilnehmen können. Dann sind bei Bedarf vorher von ihnen Befunde und Empfehlungen einzuholen, damit diese in der Tumorkonferenz mit beachtet werden können, wenn es um die Therapie-Entscheidung geht.
Mit eingebracht werden sollte auch der Patientenwille. (siehe unten)

(Ich kenne es so, dass es in "meiner" Klinik einen regelmäßigen Termin für die Tumorkonferenzen gibt. Dort werden die akuten Fälle für die Weiterbehandlung besprochen, wenn sie von den Fachärzten nicht eindeutig selbstständig getroffen werden können.
Der Facharzt, der den Patienten vorstellt, hat alles an Vorbefunden und Befunden anderer Ärzte so vorzubereiten, dass alle mit einem Beamer an eine "Tafel" gebracht werden können. Jeder Anwesende Arzt kann es sehen und sagt seine Meinung, gibt seine Empfehlung.
Die Gesamtentscheidung wird auf eine Art Kurzprotokoll im Computer notiert und für die behandelnden Ärzte und den Patienten ausgedruckt.
Die Vorbereitung muss so gut sein, dass nicht erst Zettel zusammengesucht und gescannt werden, denn die Ärzte beraten gründlich, aber recht rasch zwischen ihren Therapien. Das ist ein fester Zeitplan, denn jeder Arzt muss ja wieder zu seinen Patienten. Insofern ist es kaum möglich, einen Arzt aus seiner Sprechstunde in einem anderen Ort in diese Tumorkonferenz zu holen.
In meinem Fall wäre ein Augenarzt erforderlich gewesen, der aber 50 km weiter seine Praxis hat, also mussten gute Befunde vorliegen. Es wäre auch nicht möglich gewesen, ihn per Video zuzuschalten.)

Palliative Re-Radiotherapie sollte eine Bestrahlung sein, die bei zu erahnendem Sterben des Patienten erfolgt.
(Das kommt mir aber seltsam vor, denn eine Bestrahlung lindert eigentlich keine Symptome. Ein Patient, der in absehbarer Zeit sterben wird, hat meist einen sehr geringen Karnofsky-Index (KI). Der KI wird in Prozent angegeben und sagt etwas über die noch vorhandene Lebensqualität aus. Diese wiederum wird mit hinzugezogen, wenn darüber entschieden wird, ob eine Therapie mehr Nutzen bringt oder das Risiko durch die Therapie zu groß ist. Bei einem KI unter z.B. 50 (??) könnte ich mir vorstellen, dass die Lebensqualität nicht mehr gut genug ist, um eine Bestrahlung risikoarm durchzustehen.)


Eine Rebestrahlung ist eine erneute Bestrahlung. Es hat bereits eine Bestrahlung stattgefunden.

- Es ist an anderer Stelle ein Tumor aufgetreten.
Dann kann mit der vollen Dosis von 54-60 Gy bestrahlt werden, wenn sich die Bestrahlungsfelder nicht überlappen. Die Schädigung des Gehirns in der Langzeitbeobachtung bleibt in einem meist geringen, meist vorhersehbaren Bereich.
(Bei mir gab es mehrere Meningeome zu verschiedenen Zeiten, es wurde dreimal mit 30x2 Gy bestrahlt, ohne dass sich die Felder überlappten.)

- Der bereits bestrahlte Tumor ist wieder gewachsen, er heißt jetzt Rezidiv.
Es gibt Empfehlungen und Erfahrungen, Rezidive erneut zu bestrahlen. Ein Abstand von mindestens 6 Monaten sollte eingehalten werden. Die Strahlendosis muss deutlich geringer sein, um das Gehirn nicht zu sehr zu schädigen. Denn eine völlig zielgenaue Bestrahlung, die nur den Tumor trifft und kein gesundes Gewebe durchquert, gibt es nicht. (Außer die während einer OP in den Tumor eingesetzten Strahlungsquellen.)
Die von Dir genannte Strahlendosis ist möglich, aber das muss der Radioonkologe mit seinen Physikern genau berechnen.
Rezidivtherapie ist immer individuell.
Das heißt, es mag zwar Orientierungen geben, aber für jeden Patienten wird die Therapie ganz konkret zusammengestellt.
Unbedingt gehört in die Rezidivtherapie auch der Wunsch des Patienten, ob er eine Therapie möchte und wie viel an Einschränkungen er auf sich nehmen würde. Das ist bei jedem anders.

Dieser in einem Arztgespräch herausgefundene Patientenwille kann auch im Tumorboard von Bedeutung sein, wenn nicht sowieso klar ist, dass der Patient alles will. Oft ist es aber für ihn eine Nutzen-Risiko-Abwägung.

(Bei mir entschieden zwei Ärzte - ohne Tumorkonferenz - unabhängig voneinander wegen meines Wunsches auf "Wait-and-see", da die mögliche Therapie mehr Risiko als Nutzen gebracht hätte.)


Entschuldige bitte die Sachlichkeit der Erklärung, mir ist bewusst, dass Dich schwerste Sorgen zu dieser Frage bewegten und wünsche eine gute Zeit.

KaSy

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