Hallo DianaundOlli,
ich kann mir nicht vorstellen, dass die Onkologin viele Erfahrungen im Bereich der Neuroonkologie hat. Für die meisten Onkologen scheint die Behandlung einer entsprechenden Anzahl von Glioblastompatienten die Ausnahme zu sein. In der Praxis behandeln sie eben mehr Brustkrebs, Lungenkrebs etc. Es gibt Situationen, da ist die "Fachwerkstatt" doch von Vorteil, weil die freie "Kfz-Werkstatt" nicht so viel Routine hat oder überfordert ist, gerade wenn komplexe Probleme gelöst werden sollen.
Es wären nur die Ergebnisse einer Studie? Ergebnisse von Studien sind nun mal die Grundlage der Therapieleitlinien. Die NOA-09-Studie war eine Phase-III-Studie. Die Ergebnisse haben darum eine hohe Evidenz.
Es hätte mehr passiert sein müssen? Die Ergebnisse der NOA-09-Studie sind noch nicht publiziert. Was erwartet sie? Andererseits ist mit zwei bekannten Zytostatika wenig Profit zu erzielen und darum wird es wenig Marketing geben. Nach Veröffentlichung der NOA-09-Ergebnisse im Rahmen von Kongressen, ist zumindest der Preis für CCNU in den USA um ein Vielfaches gestiegen.
Aufgrund der von ihr genannten möglichen Nebenwirkungen hat sich Dein Mann dagegen entschieden? Wenn Dein Mann über die möglichen Nebenwirkungen von Temozolomid auf das Blutbild hört, wird er sich auch gegen Temozolomid entscheiden. Nebenwirkungen können, müssen aber nicht auftreten. Eine Erkenntnis aus der NOA-09-Studie ist, dass TMZ und CCNU kombiniert werden können, ohne das Nebenwirkungsrisiko extrem zu erhöhen. Lungentoxizität wurde während der Erstlinientherapie nicht beobachtet.
Die Ergebnisse der NOA-09-Studie sind einfach gut. Dein Mann hat alle Voraussetzungen für den Erfolg der Kombi-Behandlung. Es ist aus meiner Sicht schade, wenn er diese Chance nicht nutzt.
Welche NOA-09-Klinik machte das Tumorboard? Dies klingt sehr verdächtig. Manchmal haben Kliniken und Ärzte Eigeninteressen, wie klinische Studien. Ansonsten wird sich auch dort an die Empfehlung der aktuellen Therapieleitlinie gehalten. Leider sind die Erkenntnisse, die zu der Empfehlung führen, schon 14 Jahre alt; aus meiner Sicht etwas veraltet. Was würde dagegen sprechen, Optune zusätzlich zur Kombichemo einzusetzen, wenn es denn sein soll? Optune ist bis auf weiteres keine Empfehlung in der Leitlinie der DGN/DKG.
Wenn jetzt schon an das Rezidiv gedacht wird, ist dies lobenswert, aber die Aussage, dass CCNU für die Rezidivtherapie benötigt wird, geht an der Sache vorbei und hilft im Moment nicht. Wenn ich durch CCNU die Erstlinientherapie verbessern kann, dann würde ich dies einsetzen.
Im Thread https://forum.hirntumorhilfe.de/neuroonkologie/glioblastom-breaking-news-fortschritte-in-der-behandlung-12606.html
finde ich den nachfolgenden Beitrag sehr interessant, da er es auf den Punkt bringt.
"...die Situation im Einzelfall ist von Patient zu Patient immer anders und muss darum individuell vom behandelnden Facharzt beurteilt werden. Und nun zu allgemeinen Erkenntnissen, insbesondere der NOA-09-Studie:
1. Etwas weniger als 50% der Glioblastompatienten haben das Glück, dass sie einen methylierten MGMT-Promotorstatus haben.
2. Wer diesen Status hat, bei dem ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er von der Chemotherapie profitiert im Vergleich zu Patienten ohne methylierten MGMT-Promotor. ...
3. Die erste "revolutionäre" Erkenntnis der NOA-09-Studie bezieht sich nur auf GBM-Patienten, deren MGMT-Promotor methyliert ist, also MGMT positiv. Von diesen Patienten ist nun bekannt, dass diese noch besser auf Chemotherapie ansprechen können, wenn sie die Kombination aus CCNU und Temozolomid in der Ersttherapie verabreicht bekommen im Vergleich zur Monotherapie mit Temozolomid...
4. Die zweite "revolutionäre" Erkenntnis der CeTeG-Studie ist, dass sich die Nebenwirkungen der toxischen Chemotherapiekombination in Grenzen halten. Dieser Effekt ist so erstaunlich gewesen, dass der Neuroonkologe und Studienleiter Herrlinger kein Problem sieht, zukünftig eine dritte Substanz zu kombinieren.
5. Es gibt derzeit keine andere Therapieoption für MGMT-GBM-Patienten, bei der die Wahrscheinlichkeit annähernd so hoch ist, nach vier Jahren zu leben..."
Alles Gute.