Ich war in einer ähnlichen Situation. Der Onkologe im Krankenhaus, in dem ich auch operiert wurde, wollte ebenfalls nicht vom Stupp-Schema abweichen. Das hatte mich etwas verwundert, da nach der Bestrahlung und während den 6 adjuvanten Temodalzyklen der Tumorrest laut MRT-Aufnahmen ein regredientes Verhalten zeigte. Die Blutwerte waren auch immer in Ordnung, und die Nebenwirkungen minimal.
Die Begründung des Onkologen war, dass die Folgen einer länger als 6 Zyklen dauernden Temodaleinnahme noch nicht ausreichend erforscht sind.
Bin dann nach Rücksprache mit dem Neurochirurgen, und auf eigenen ausdrücklichen Wunsch, mit einer Empfehlung von Ihm für eine Fortsetzung der Temodaltherapie bei guter Verträglichkeit als individueller Behandlungsversuch bei einem niedergelassenen Onkologen untergekommen, bei dem auch schon andere seiner Patienten längerfristig in Behandlung waren/sind.
Ich habe jetzt insgesamt 17 Zyklen TMZ absolviert und noch verhält sich der Tumor ruhig. Kein neues Wachstum zu sehen, etwas weniger Kontrastmittelaufnahme, MRT-Verlaufskontrollen weiterhin alle 3 Monate.
Zur Datenlage, und die sieht in der Tat etwas mau aus, habe ich 4 Studien gefunden, deren Ergebnisse zwischen 2012 und 2015 veröffentlicht wurden.
Verglichen wurden Krankheitsverläufe von Patienten, die nach der Standardbehandlung (OP+Radiochemo) 6 Zyklen Temozolomid bzw. 12 oder mehr Zyklen (in einer der Studien sogar bis zu 101 Zyklen) absolvierten.
Die Kurzfassungen dazu gibt es hier:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22382781
(Alberta,Canada/2012)
http://meetinglibrary.asco.org/content/108657-132
(Neu Delhi, Indien/2013)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25434389
(Catania, Italien/2014)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4638461/
(Tokio,Japan/2015)
!!!***Alle folgenden Angaben ohne Gewähr und ohne Anspruch auf Richtigkeit. Bin weder Arzt noch Akademiker. Es handelt sich hier lediglich um Auflistungen bzw. meine Interpretation der gefundenen Daten.***!!!
Die 4 Publikationen kamen zu dem Ergebnis, dass mehr als 6 Zyklen bei guter Verträglichkeit und Ansprechen des Tumors sinnvoll erscheinen, und auch sehr lange Einnahmen keine deutlich erhöhte Toxizität zeigten.
In den 4 Studien waren die jeweiligen PFS/OS-Werte für die Patienten die mehr als 6 Zyklen bekamen auch höher als in den Vergleichsgruppen, welche lediglich die üblichen 6 Zyklen bekamen.
Die angegebenen PFS/OS Werte schwanken je nach Publikation jedoch stark.
Auch wiedersprüchliche Angaben sind zu finden. So kommt die Studie aus Japan zu dem Ergebniss, dass mehr als 12 Zyklen keinen zusätzlichen Nutzen für den Patienten zu bringen scheinen:"More than 12 cycles of chemotherapy showed no additional survival benefit."(Neuro Oncol. 2015 Nov; 17(Suppl 5): v26. PMCID: PMC4638461).
Die italienische Studie hingegen spricht eher für eine langfristige Einnahme: "median survival correlates with MGMT promoter methylation status as well as with the number of TMZ cycles administered. Long-term TMZ therapy appears feasible and safe." (Neurosurg Focus. 2014 Dec;37(6):E4. doi: 10.3171/2014.9.FOCUS14502.,PMID: 25434389)
Auf Grund der geringen Patientenzahlen der jeweiligen Studien lassen sich jedoch keine statistisch relevanten Ergebnisse ableiten, was auch die stark schwankenden PFS/OS-Werte erklärt. Lediglich Tendenzen sind erkennbar, wobei auch da bedacht werden muss, dass Korrelation nicht mit Kausalität gleichzusetzen ist.
Die, zum jetzigen Zeitpunkt der Forschung, wichtigen Faktoren bei der Behandlung mit Temozolomid sind scheinbar:
-MGMT-Status hypermethyliert
-guter Allgemeinzustand (Karnofsky-Wert > 80)
-größtmögliche Resektion
-Alter des Patienten
Um statistisch signifikante Ergebnisse zu erzielen und entsprechend fundierte Aussagen bezüglich der langfristigen Behandlung mit Temozolomid treffen zu können sind weitere randomisierte Studien mit möglichst hoher Patientenanzahl notwendig.