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Eris

Warum erhalten neu diagnostizierte Glioblastompatienten ohne MGMT-Promotor-Methylierung, also mehr als die Hälfte aller Glioblastompatienten, zusätzlich zur Strahlentherapie eine Chemotherapie mit Temozolomid, wenn wissenschaftlich belegt ist, dass die zusätzliche Gabe von Temozolomid bei Patienten ohne MGMT-Promotor-Methylierung keinen signifikanten Nutzen bringt, also wirkungslos in Bezug auf die Prognose ist?

Berberine

Wahrscheinlich weil man sich irgendwann einmal darauf geeinigt hat, dass dies die sog. "Standardtherapie" ist. Leider kommt es nicht selten vor, dass die Standardtherapie den Patienten nichts bringt. Deshalb empfiehlt es sich, sehr genau nachzufragen, was einem die Standardtherapie bringen kann und was nicht. Und wenn es nicht viel ist, dann sollte man sich schnell nach zusätzlichen bzw. anderen Therapien umsehen.

Logossos

Wenn man eine Diskussion über die Grenze zwischen Methylierung und Nicht-Methylierung einmal bei Seite lässt, so ist meine Antwort:

Weil für die meisten Mediziner (nicht alle) das alleinige Auswahlkriterium für eine Behandlung ist: Es existiert eine Phase III - Studie mit nicht negativem Ergebnis, ganz egal, wie stark die Behandlung dem Patienten wirklich hilft. Hauptsache Studie. Wenn man TMZ nicht einsetzen würde, stände man mit leeren Händen da, und das will man auch nicht.

Noch sind zur Zeit trotz der katastrophalen Therapiesituation beim nicht-methylierten GBM nur sehr wenige Ärzte bereit, einen individuellen Heilversuch mit einer neuen, nicht Phase-III-verifizierten Therapie zu unternehmen, obwohl das vollkommen legal und immer der erste Schritt bei einer Therapieentwicklung ist. Und vor allem würde das viel besser dem Bild entsprechen, das GBM-Patienten bei Therapiebeginn von ihrem Arzt haben, einem Arzt mit der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen mit dem Leitbild ist: „Die Gesundheit meines Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein".

Kopf hoch

Liebe Eris,
nach meinem Wissen ist die Wirksamkeit von TMZ höher bzw. besser, wenn eine Methylierung vorliegt. Was jedoch nicht bedeutet, dass die Gabe von TMZ bei Nichtvorliegen der Methylierung keinen Sinn macht!
Euch allen alles Gute und weiterhin
Kopf hoch

Eris

Hallo "Kopf hoch", meine Frage bezog sich auf die Therapie von Patienten, bei denen der Tumor "nicht methyliert" ist. Dazu gibt es zum Beispiel die Untersuchung von Hegi und Kollegen https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/nejmoa043331 , die belegt, dass eine zusätzliche Gabe der Chemotherapie während der Strahlentherapie keinen "signifikanten" Nutzen hat. Ob sich dies auf die Chemotherapie nach der Strahlentherapie übertragen lässt, ist mir noch nicht klar. Vielleicht hat dazu jemand eine aussagekräftige Quelle.

wishusluck22

Hallo Eris, ein nicht-methylierter MGMT Promotor spricht "minimal" auf TMZ an. Du kannst das in der bekannten Zürcher Studie von 2009 nachschauen: https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/23934/1/Molecular_predictors_V.pdf , dort auf der drittletzten Seite.
In unserem Fall (Glioblastom, WHO 4, nicht-methylierter MGMT) hieß es bei Erstdiagnose "wir empfehlen Ihnen keine Chemo mit TMZ, weil das bei nicht-methyliertem MGMT den Körper nur belastet, aber nichts bringt". Stattdessen kamen wir in eine experimentelle Studie mit neuem Medikament. Nachdem das überhaupt nichts gebracht hatte (=Rezidiv nach erwartbarer Zeit von weniger als 1 Jahr) hieß es dann "..wir können Ihnen aber eine Chemo mit TMZ anbieten, ist ja besser als nichts".
-Die Schlussfolgerung ist denke ich offensichtlich: Die klassischen Mediziner können nicht zugeben, dass sie in diesen Fällen nichts für Dich tun können.
(Wir sind jetzt deshalb auch bei COC)

wusel.dusel

Hey Zusammen, das hab ich zum Thema gefunden... (anscheinend 2012)

hier ein Auszug:
" Neuere Analysen des Deutschen Gliomnetzwerkes konnten hier zeigen, dass weder der MGMT-Status
noch irgendeine andere bekannte molekulare Veränderung prädiktiv das Ansprechen auf eine Temozolomid-Th erapie vorhersagen kann"


https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwiR0Pqt3tLsAhVHUhoKHQq_B-oQFjAAegQIAhAC&url=https%3A%2F%2Fwww.tellmed.ch%2Finclude_php%2Fpreviewdoc.php%3Ffile_id%3D8765&usg=AOvVaw0r5BEHpOAkENe8j8HQpOaK

Eris

Hallo wishusluck22,
Du verweist auf https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/23934/1/Molecular_predictors_V.pdf . Ich kann nicht erkennen, dass Patienten mit MGMT negativ auf TMZ minimal ansprechen. Laut Figure 1 auf Seite 35 ist in der Grafik C (PFS) und D (OS) zu erkennen, dass die zusätzliche Gabe von TMZ bei MGMT negativ (siehe blaue Kurve) das Leben verkürzt im Vergleich zur Nur-Strahlentherapie bei MGMT negativ (gelbe Kurve).


Hallo wusel.dusel,
es gibt aber auch Veröffentlichungen, in denen MGMT als prädiktiver Faktor beim Glioblastom benannt wird.

https://lp.thieme.de/emag/epaper-leseprobe-up2date-onkologie-2020/#46

Seite 45 ... MGMT ist ein gutes Beispiel für einen prädiktiven Biomarker im Bereich der Gliome...

Seite 41: Glioblastom ... Temozolomid verlängert das Gesamtüberleben in relevantem Ausmaß nur, wenn der Tumor einen methylierten MGMT-Promotor aufweist....

wusel.dusel

@Logossos

welche Studie oder Behandlung meinst du damit?

"Noch sind zur Zeit trotz der katastrophalen Therapiesituation beim nicht-methylierten GBM nur sehr wenige Ärzte bereit, einen individuellen Heilversuch mit einer neuen, nicht Phase-III-verifizierten Therapie zu unternehmen, obwohl das vollkommen legal und immer der erste Schritt bei einer Therapieentwicklung ist. "

Danke dir!

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