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Thema: Chemotherapie mit Temozolomid abbrechen?

Chemotherapie mit Temozolomid abbrechen?
SMelba
21.09.2016 11:33:25
Hallo zusammen,

bei meiner Mutter, 71, wurde im April 16 ein Gliobastom entdeckt und zu 90% operativ entfernt. Anschließend folgten 6 Wochen stationäre Bestrahlung, die für sie der reinste Horror waren. Meine Mutter ist sehr verwirrt und Ortswechsel, besonders Krankenhausaufenthalte sind für sie sehr schlimm. Nach 4 Wöchiger Pause zuhause ging es mit der Chemo Temodal, 5 Tage nehmen, 3 Wochen Pause, los. Den ersten Zyklus, reduzierte Menge, hat sie ohne große Nebenwirkungen überstanden. Anschließend war aufgrund sehr starker Kopfschmerzen, unsicherem Gang und Inkontinenz eine Shunt OP nötig. Es hat gedauert bis sie sich zuhause wieder eingewöhnt hatte, aber die 2 Wochen nach der Shunt-OP waren bislang ihre besten. Sie hatte endlich wieder Hunger und es ging ihr soweit gut. Dann ging der zweite Chemo-Zyklus, mit erhöhter Dosis, los. Diesen hat sie leider überhaupt nicht vertragen. 1 1/2 Tage konnte sie keinerlei Flüssigkeit bei sich behalten und erlitt zu dem auch noch 2 epileptische Anfälle. Sie kam mit dem Notarzt ins Krankenhaus, wo der Chemozyklus dann auch bis zum Ende durchgeführt wurde. Die ersten Tage im Krankenhaus ging es ihr sehr schlecht. Als die Chemo zu Ende war und sie langsam wieder Kraft sammelte, ging es täglich Berg auf.

Wir, ihre Familie, sind nun sehr unsicher wie wir weiter vorgehen soll. Mit der Chemo weitermachen? Mit der erhöhten Dosis und ihr alle 3 Wochen einen Krankenhausaufenthalt zumuten? Krankenhausaufenthalte sind für sie kaum ertragbar, ihre Verwirrung wird dort auch immer am schlimmsten. Mit der Chemo weitermachen, aber mit der geringeren Dosis und zuhause? Wird ihr, da sie nun so geschwächt ist, davon genauso übel? Mit der Chemo aufhören?

Ihr Tumor hat einen positiven Marker, sodass ihr Neurochirurg zur Chemo rät. Wir sehen unsere Mutter allerdings auch als Mensch und möchten ihr solch eine Tortur wie beim zweiten Zyklus nicht noch einmal zumuten, sie soll nicht so leiden. Ihre Lebensqualität ist so wichtig, die ist aber nicht gegeben, wenn es ihr so schlecht geht oder sie im Krankenhaus ist.

Hat von euch jemand Erfahrungen mit Problemen mit Temodal? Hat jemand die Chemo abgebrochen?

Es ist so schwierig die richtigen Entscheidungen zu finden.

Ab wann können die Ärzte sagen, ob Bestrahlung und Chemo überhaupt etwas bringen? Wir tappen noch ziemlich im Dunkeln, ob die Therapien überhaupt anschlagen.

Ich danke euch für euren Erfahrungsaustausch!

SMelba
SMelba
Smarty66
21.09.2016 11:44:25
Hallo SMelba,

natürlich seid ihr verunsichert,was ihr nun machen sollt.Ist ja auch unheimlich schwer, die richtige Entscheidung zu treffen.
Mein erster Impuls war, daß ihr dem NC vertrauen solltet, da er ja Erfahrungen darin hat. Vor allem, weil sie die positiven Marker hat.
Und nach 1 Zyklus kann man ja noch gar nicht sagen, ob die Chemo anschlägt. Wurde deine Mama denn auch bestrahlt ?

Wichtig ist, daß sie sich nach der Shunt-OP erholt. Und daß sie jedes Mal ins Krankenhaus muß, kann eher der Doc beantworten.
Frage sie doch, ob sie mit der Chemotherapie weitermachen möchte bzw. was ihr wichtig ist. Und so alt ist man mit 71 Jahren nicht.

Ich wünsche euch alles Gute !
LG smarty

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Diagnose Glioblastom 7/14 links frontal - seit 11/14 durchgehend Chemo mit Temodal. MRT's sind stabil !
Smarty66
alma
21.09.2016 12:35:25
Ich würde eine Zweitmeinung einholen. Vielleicht kann man das Einnahmeschema ändern.
Und dann neu entscheiden. Auf der Grundlage der Frage, ob die Therapie jemandem mit Glioblastom noch eine gute Zeit verschaffen kann, oder ob die Zeit eine qualvolle wird.
Leider tappt man immer im Dunkeln, ob die Therapien anschlagen. Oft gehen sogar die Meinungen der Ärzte darüber auseinander. Als Angehöriger ist man damit überfordert. Man kann ein Therapieangebot annehmen oder ablehnen, aber die eigentlichen Kenntnisse erhält man oft nicht. Die muss man sich dann selbst zusammensuchen.
Deshalb: Zweit- und Drittmeinungen, verschiedene Fachgruppen, Beratungstelefone, Krebsgesellschaften, Internet, psychoonkologische (Angehörigen)Beratung.
alma
hitachiman
21.09.2016 12:50:45
Hallo SMelba,es ist sehr schwierig darüber zuentscheiden ja oder nein. Ich nehme seit 10 /14 in unterschiedlichen Dosen Temodal. erst wärend der Bestrahlungstage, von 01/15 bis08/15 immer 5 Tage im Monat. Seit 09/ 15 bis heute bin ich im / Tage On/Off Turnus, also 7 Tage Chemo, dann / Tage Pause wo dann Blutwerte genommen werden. Ich bin ab Donnerstag dann im 26 Turnus seid 2014. Habe bisher 255 Tage Temodal genommen.
Chemo absetzen ja oder nein,habe ich mit meiner Onkolokin und den Ärzten der Uni Jena, und der Klinik Bad Berka diskudiert, habe mich entschlossen weiter zu machen.Ich werde auch die T-TF Therapie anfangen , ein Strohhalm um weiter leben zu können.
Die Entscheidung traf ich mit meiner Familie zusammen.
hitachiman
hitachiman
21.09.2016 12:54:34
Ich leide an einem Glioblastom WHO 4, bösartig. Ich fühle mich fit, geh viel Walken im Schnitt 8 - 15 km. Hatte in der Zeit aber mehrere epileptische Anfälle, bin durch Antiepileptika gut eingestellt.
hitachiman
SMelba
21.09.2016 13:18:27
Hallo zusammen,

vielen Dank für all eure Rückmeldungen. Es ist hilfreich unterschiedliche Meinungen zu hören.

Seit 2014 Temodal, das ist eine lange Zeit. Wie vertragt ihr es? Habt ihr mit Übelkeit zu kämpfen bzw. was nehmt ihr dagegen? Sind euch die Haare geblieben oder ausgegangen? Hattet ihr andere Nebenwirkungen wie z.B. Blutungen?

Während der Bestrahlung hat meine Mutter bereits die erste Runde Chemo bekommen und auch ganz gut vertragen.

Ihre Reaktion auf den 2. und erhöhten Zyklus zuhause und ihr dadurch deutlich schlechterer Zustand haben uns ziemlich erschreckt.Sie hat 1 Woche im Krankenhaus gebraucht um sich davon zu erholen. D.h.1 schlechte Woche Chemo und 1 Woche im Krankenhaus um wieder einigermaßen fit zu werden sind weg. Diese Lebenszeit bekommt sie nicht wieder und konnte sie definitiv nicht genießen.

Wir werden uns in der Familie, mit ihr und der Onkologin beraten und gemeinsam hoffentlich die richtige Entscheidung finden.

Wie sind eure Erfahrungen mit Temodal? Wird es in der Regel gut vertragen? War dieser schlechte Zyklus vielleicht nur ein Ausreißer?

Vielen Dank!

LG

SMelba
SMelba
hambuul
21.09.2016 13:46:48
Hallo Smelba,
die Herausforderung für jeden Betroffene/n und deren Angehörige ist, aus der Vielfalt der Informationen sich ein für die persönliche Situation zutreffendes Bild zu machen, um dann zu einer Entscheidung zu kommen. Aus meiner Sicht gibt es dabei leider kein "richitig" oder "falsch". Egal, welche Entscheidung getroffen wird: das Ergebnis ist nicht exakt vorhersehbar! Leider gibt es dann auch nicht die Möglichkeit, die Zeit zurückzudrehen, um dann die zuvor ausgeschlossene Alternative für ein vielleicht "besseres" Ergebnis zu testen. Und bei GBM IV heißt es vielfach: Teufel gegen Beelzebub zu tauschen oder "vom Regen in die Traufe" zu gehen...wenig tröstlich, aber unserer bisherigen Erfahrung nach realistisch
Alles Gute
Uli
hambuul
Smarty66
21.09.2016 14:20:38
Hallo,

mein Mann verträgt die Chemo recht gut; nur 2 Tage nach dem Zyklus kommt die Nachwirkung mit Übelkeit. Und gegen die Übelkeit verschreibt unser Doc Odensatron. Dies nimmt er ca. 1 Std. vor dem Temodal. Seine Blutwerte sind seit Anfang an o.k.
Und seit 1/15 nimmt er zusätzlich noch Methadon. Die Haare sind ihm "nur" während der Bestrahlung ausgefallen. Und das Temodal wird von jedem anders vertragen. Ich habe hier schon gelesen,daß es Betroffene gibt, die Temodal im metronomischen Schema nehmen (täglich eine geringe Menge). Würde das ggf. mit dem Onkologen abstimmen.

Aber ich würde - wie auch alma vorgeschlagen hat - auf jeden Fall eine Zweitmeinung in einer anderen Klinik einholen. Denn es beurteilen ja dann andere Ärzte.

LG smarty


@hitachiman: wie verträgst du denn die Chemo und wie hoch ist denn deine Dosis ? Mein Mann nimmt da tgl. 400 mg Temodal. Du hast ja schon 3-4 Zyklen mehr hinter dir als mein Mann.
Und wenn du das gut verträgst, wäre da nicht eine weitere Option, zur Chemo Methadon zu nehmen ?
Wir würden jetzt nicht mehr ohne Meth. Chemo machen. Bei uns ist der Glio stabil und würden deshalb nicht darauf verzichten wollen. Eben unser
Mittel der Wahl.


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Diagnose Glioblastom 7/14 links frontal - seit 11/14 durchgehend Chemo mit Temodal. MRT's sind stabil !
Smarty66
Lagy
21.09.2016 22:46:54
SMelba, ich finde es sehr schwierig.
Ich hatte die gleichen Probleme. Kann dir also nur meine Erfahrung mit Temodal berichten.....

Die geringere Dosis konnte ich, wie auch deine Mutter gut vertragen.
Beim zweiten Zyklus der Temodal erhöhung worde ich während der Tage der einnahme zum pflegefall. Ich konnte nichts essen und trinken. Selbst die Medikamente insbesondere die Tropfen kamen sofort wieder mit raus. Ich konnte mich nicht mehr selbst versorgen. Nicht einmal mehr alleine auf's WC. Es folgten auch Epileptische Anfälle. Kleine und große.

Ich habe auch den Zyklus trotz der fiesen Nebenwirkungen bis zum Ende gemacht. Es folgten noch viele ähnlich grausame Zykluse.
...aber irgendwann worden die Nebenwirkungen erträglicher und weniger.

Ich bin heute froh, dass ich irgendwie immer weiter gemacht habe.
Ich kann dir leider nicht sagen, was für deine Mutter gut ist.
Kann dir aber sagen wie gut ich euch verstehen kann- deine mutter verstehe.

Man wünscht sich doch nichts, als etwas normalität und Lebensqualität.
Ich hoffe ihr findet eine Entscheidung, die gut ist.
Vielleicht ist eine erstmalige verschlechterung auch "normal"? Bei mir war es genauso.....und heute geht es mir " okay", denn ich lebe seit gut zwei Jahren mit den Gespenstern im Kopf.

Ich wünsche Euch, dass ihr es auch eines Tages sagen könnt.
Schicke Euch meine rest Kraft!
Lagy
Susanne123
23.09.2016 18:35:17
Meine Mutter wurde im September 2015 operiert und lebt immer noch, obwohl wir die Chemo mit Temodal nach zwei Wochen abgebrochen haben.

Der Grund war, dass die Kopfwunde während der Behandlung mit Temodal und der Bestrahlung eiterte. Deshalb musste sie in Heidelberg notoperiert werden. Man entfernte ihr ein Stück des Schädelknochens. Danach bekam sie vier Wochen lang Tag und Nacht zwei verschiedene Antibiotika, da sie sich anscheinend bei der ersten OP mit einen klinikresistenten Keim infiziert hatte. Anschließend war sie so schwach, dass sie nur noch die Bestrahlung machte, die Chemo brach sie ab.

Trotz einseitige Lähmung ging es ihr auch lange Zeit sehr gut. Doch nun, nach einem Jahr merkt man, dass das Rezidiv (seit März) immer größer wird. Denn sie ist sehr vergesslich, hat Stimmungsschwankungen und epileptische Anfälle.

Jeder muss für sich entscheiden, was er tut. Dem einen hilft eine Behandlung mit Chemo, bei meiner Mutter war es besser, dass sie nicht dauernd zur Untersuchung in die Klink musste, sondern den Frühling und Sommer in ihrem Garten genießen konnte.
Susanne123
Prof. H. Strik
25.09.2016 13:20:43
Die Übelkeit durch Temozolomid ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Leider wird von uns Ärzten zu wenig dagegen getan. Am effektivsten ist nach meiner Erfahrung die Gabe von Aloxi 0,5mg als Weichkapsel zu Beginn der 5 Tage, das hält die gesamte Woche. Wenn das nicht reicht kann man Emend dazu geben - oder gleich das Akynzeo, das beide Wirkprinzipien in sich vereint. Wenn die Übelkeit schon da ist kann auch Sancuso Pflaster (Wirkstoff von Kevatril) geklebt werden, so kann es nicht wieder erbrochen werden. Mit einem solchen Regime sollte es eigentlich keine unbeherrschbare Übelkeit mehr geben.

Prof. Dr. med. Herwig Strik
Neurologie Uni Marburg
Prof. H. Strik
hitachiman
13.10.2016 12:22:47
Hallo Smarty, über Metathon hab ich mit den Ärzte nicht gesprochen, da ich es sehr gut vertrage. Durch die epileptischen Anfälle muss ich ja auch noch 2 verschiedene Antiepileptika und 1 Antidepressiva nehmen. Meine Onkologin ist immer in Kontakt mit Jena der behandelten Klinik und Bad Berka als Zweitmeinung. Von Avastin war mal die Rede, es wurde aber nicht gemacht.
Hab seit Mittwoch voriger Woche die T-TF Therapie angefangen, ein Strohhalm nach den man greift.

Mit Temodal hab ich mit 350 mg, dann 420 mg 5 Tage im Monat. jetzt seit 09/15 im 7 Tage ON/OFF Zyklus nehm ich 210 mg. Habe zum Glück weder Übelkeit noch Probleme mit dem Magen. Nur Kopfschmerzen hauptsächlich bei Wetterwechsel.
Viele Grüße ins Ländle, von Saale-Unstrut. Heiko
hitachiman
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