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Herzlich willkommen im Forum der Deutschen Hirntumorhilfe!

Thema: Danach ist alles anders.

Danach ist alles anders.
yram
31.03.2014 13:31:31
Hallo,
seit einiger Zeit bin auch ich stiller Leser in diesem Forum. Ich finde es wirklich toll, wie Ihr als Betroffene aber natürlich auch als Angehörige so offen mit diesem Thema umgeht... Deshalb hier meine "Geschichte": Mein Ehemann, gerade 73 geworden, fiel in seinem Arbeitsszimmer ohne irgendwelche Vorzeichen bei vollem Bewußtsein einfach um. Als ich von der Arbeit nach Hause kam, sah ich schon, daß etwas nicht stimmte, rief den Notarzt. Die tippten auf einen kleinen Schlaganfall und nahmen ihn mit. Nach einiger Zeit der Anruf von der Neurologie, man bringt meinen Mann auf die Neurochirurgische Station... Nachdem ich dann im Kinikum ankam und ein Arzt mit mir sprach, sorry, änderte sich ALLES: Glioblastom 8cm x 5cm rechte Seite temporal! Das war am 25.02.2014. Liebe Angehörige, Ihr wißt wie es sich anfühlt in ein Faß ohne Boden zu fallen ... Tausend Gedanken nicht zu Ende denken... Man ist einfach hilflos... Der Hirndruck mußte vor der OP verringert werden, Dexamethason. Am 03.03.2014 OP, incl. Chemo und Bestrahlung, eine Nacht Intensivstation, nach MRT wieder auf die Neurochirurgie. Am 10.03.14 Entlassung. Am 24.03.2014 erste Bestrahlung sowie Einnahme von Temomedac... Vertragen tut er alles recht gut. Sein Kurzzeitgedächtnis hat zwar extrem nachgelassen (ist mir aber vollkommen klar), kann ich auch mit umgehen ABER sein Wesen hat sich grundlegend geändert. Und das macht mich so unendlich traurig. Die Sanftmütigkeit, die Ruhe, das Sensible, das Lächeln auf seinem Gesicht ... alles weg. Alles. Und keiner ist da mit dem man darüber reden kann. Deshalb heul ich mich jetzt bei Euch aus, hilft ein wenig. Denn zu Haus muß ich ja die Starke sein, kann mich nicht gehen lassen... Bin nun auch schon seit Ende Februar 2014 krankgeschrieben und weiß nicht wie es weitergehen soll. Wie habt Ihr Eueren Alltag wieder in den Griff bekommen?
Freue mich von Euch zu hören. Bis bald. Seid herzlichst gegrüßt von
yraM
yram
Irmhelm
31.03.2014 13:47:55
Liebe yram,
Deine Geschichte ließt sich so wie unsere. Auch bei meinem Mann wurde im Alter von 73 J ein Glioblastom festgestellt. Auch rechte Seite "rechts temporoinsulär, rechts temporo-frontal". Es folgte OP mit verbleibendem Resttumor, Bestrahlung, Chemo, plus anschließend 6 Zyklen Temodal. Während der Bestrahlung/Chemo hat er sich auch sehr verändert und zeitweise ging es ihm sehr schlecht. Nach Beendigung wurde das Cortison langsam ausgeschlichen und es ging ihm von Tag zu Tag besser. Auch die Wesensveränderung ist ganz verschwunden. Ich möchte Dir hier also Hoffnung machen, daß es sich wieder bessern kann. Ich sage kann, denn jeder Mensch ist anders. Nach der Standardtherapie ist er dann ein ganzes Jahr ohne Medikamente gewesen, alle 2 Monate MRT. Wir haben ein gutes Jahr erlebt. Im Oktober letzten Jahres zeigte sich dann ein Rezidiv, welches zur Zeit noch behandelt wird, wieder mit Temodal. Zur Zeit ist Stillstand des Tumores. Vor zwei Wochen feierte mein Mann seinen 75. Geburtstag. Wir sind zuversichtlich, daß es auch noch eine Zeit so weiter geht. Die Hoffnung nie aufgeben. Ich wünsche Dir für die kommende Zeit viel Kraft und hoffe, daß Du diese auch aus meinen Zeilen schöpfen kannst.
Alles Liebe und Gute Dir und Deinem Mann
wünscht
Irmhelm
Irmhelm
mtimm73
31.03.2014 13:55:51
Hallo liebe yram,
ja alles ist anders von einer Sekunde auf die andere!
Aus deinem Text erahnt man wie stark du bist! Ich wünsche dir viel Kraft für euern gemeinsamen Weg durch die Therapie.
Ich habe am Anfang viel auf der Fahrt vom KH nach Hause geweint, wenn ich dann wieder zu Hause bei meinem Mann und den anderen Kindern (unser jüngster ist bei uns der Erkrankte) war, hatte ich mich wieder gefangen. Aber auch das Weinen war wichtig, einen Augenblick schwach sein und traurig. Und dies auch zulassen. Danach konnte der Kampf wieder weitergehen.
Schwierig empfinde ich immer noch den Umgang mit anderen Leuten, die sich nicht in die Situation einfühlen können. Die Behandlung ist vorbei, ist doch alles gut!? Nichts ist gut! Oder doch vieles ist natürlich gut und toll! Unser Sohn lebt und hat gute Chancen, aber seine Handicaps werden wohl teilweise bleiben. Er ist sehr in sich zurückgezogen. Und die Angst bleibt, auch wenn man sie meist verdrängt. Und alle erwarten(sogar in der Familie), dass man weitermacht wie zuvor.
Ein Alltag spielt sich auch in der schlimmsten Zeit irgendwann ein. Es muss ja weitergehen. Schön wenn es Menschen in eurer Umgebung gibt, die euch zur Seite stehen können. Nehmt diese Hilfe an, ihr braucht für euch Kraft und für die Behandlung.
Herzliche Grüße
Michaela
mtimm73
sabine01
31.03.2014 14:59:48
Liebe Yram,
ja ,da hast du recht , nichts ist mehr so wie es einmal war,. Mein Mann 53 ist seit dem 23.01 an einem Gliobastom links erkrankt ,es folgten 2 OP , nun die Bestrahlung und Chemo.Wir waren selbsständig und seit dem steht alles still ,unser Leben hat komplett eine andere Wende. Es geht ihm soweit gut ,außer Übelkeit und Müdigkeit ,am 8.04 hat er sein erstes MRT seit der OP und hoffen das alles noch ruhig ist.
Es ist nicht immer einfach für uns und für unsere 2 Kinder 9 / 22 ,wir versuchen jeden Tag das beste raus zu machen .. Ich wünsche dir weiterhin viel viel Kraft ,auch wenn das nicht immer sehr leicht ist.
Liebe Grüße
Sabine
sabine01
Lara
31.03.2014 15:15:25
LiebeYram,
Ja unser leben steht ganz oft still. Man glaubt drum herum läuft alles weiter. Das Gefühl kenne ich. Es holt mich und Familie ab und zu ein.
Aber ich habe gelernt damit zu leben. Mein Mann ist im Jan 2009 erkrankt und operiert worden. Es folgten Bestrahlung und Chemo und eine sehr gut lange Zeit bis 03/2013 ein Rezidiv OP Bestrahlung und Chemo folgten. Ein Rezidiv im Dezember 2013 war leider nicht operabel.
Aber wir kämpfen weiter. Mein Mann ist jetzt 42 Jahre alt und wir haben 3 Kinder 19/12/13 Jahre alt.
Ich wünsche dir oder euch genau so viel Glück. Evtl. hilft auch psychologische Hilfe mit der Situation klar zu kommen.

LG
Lara
Lara
gramyo
31.03.2014 18:10:56
Liebe Yram und ihr Mann,

auch ich möchte dich sehr herzlich hier im Forum begrüssen und dich ermuntern, hier immer wieder zu schreiben was dich bedrückt, oder auch wenn du Fragen hast.

Gut und vielversprechend ist es , dass dein Mann operiert ist und ja auch scheinbar die Bestrahlung mit kombinierter Chemo gut verträgt. Die Wesensveränderung kann vielerlei Ursache haben. Häufig tritt sie auch auf, wenn ein Antiepileptikum gegeben wird. Ist dass bei deinem Mann der Fall?

Du kannst dich hier immer "ausheulen", aber es wäre wirklich für dich und deinen Mann sehr hilfreich, wenn ihr einen Psychoonkologen aufsuchen würdet. Sehr gut und vor allen Dingen einen schnellen Termin, bekommt man auch oft von kirchlicher Seite. Auch sie haben gute Beratungsmöglichkeiten und können seelisch gesehen , eine sehr gute "erste Hilfe" Anlaufstelle sein. Von der religiösen Einstellung wird da nicht gesprochen.

Dann empfehle ich dir auch noch hier das Sorgentelefon:
Jeden Dienstag von 10.00 bis 15.00 Uhr
Tel. Nr. 03437/ 999 68 67

Ab und zu mal in den chat gehen , kann auch sehr beruhigend und auch tröstend, ja manchmal sogar lustig sein..

Das Leben ändert sich wirklich absolut. Aber unsere Erfahrung war es, dass es auch ungemein viel bereichender und intensiver erlebt wurde. Wir haben das Leben weitestgehend sehr bewusst genossen.

Dies wünsche ich euch auch von ganzem Herzen
Gramyo/Claudia mit Burkard im Herzen und Leben ... für immer..
gramyo
Aniko
31.03.2014 21:23:20
Liebe Yram,
was du durchmachst, kennen wir hier im Forum sehr gut.
Mein Mann (62) wurde im August wegen eines Krampfanfalls auf der Arbeit in die Klinik gebracht. OP, Diagnose GBM, Resttumor inoperabel am Balken, Chemo + Bestrahlung.
Nach der OP war er geschwächt und verwirrt, dann ging es ihm langsam besser. Als er wieder selbstständig wurde, bin ich wieder arbeiten gegangen. Auf der Arbeit war ich hinterher für jeden Stress dankbar, das war für mich fast wie Urlaub. Voriges Jahr war er sehr oft gereizt und manchmal auch verbal aggressiv. Ausheulen konnte ich mich auf den Anfahrtswegen. Für unsere 13jährige muss ich auch noch stark sein.
Seit der 4. Chemo wird er leider immer schwächer. erst nach dem 2. Sturz auf der Straße im Januar hat er aufgehört, andauernd zu meckern. Vielleicht hat er erkannt, wie sehr er die Hilfe braucht.
So war es bei uns, aber jeder Fall ist verschieden.

Ich wünsche dir viel Kraft aus ganzem Herzen

Aniko
Aniko
Felsquell
01.04.2014 08:18:09
liebe yram
herzlich willkommen
eine gute Entscheidung deine Empfindungen
Wahrnehmung mit uns zu teilen
es ist alles geschrieben,
siehe oben

es barucht viel Zeit
schreibe weiter
wann immer dir danach ist
hier bist du nie allein

herzlich Felsquell
Glioblastom Grad IV Dez 2010
Felsquell
Andrea 1
01.04.2014 09:23:32
Liebe Mary mit ihrem lieben Mann,
fühle dich auch von mir herzlich Willkommen.
Das war meiner Meinung nach genau der richtige Weg.
Schön, dass Du dich hier eingefunden hast.
Außerdem finde ich es sehr sehr mutig von dir, dass Du deine Sorgen mit uns teilst. Das ist ein sehr großer Schritt, weil Du dir Hilfe suchst und es nicht in dich hineinfrisst. Sehr gut!
Rechts frontal, fast so saß mein HT auch, aber kein Glioblastom. Aus meinen Erfahrungen heraus ist es ein ziemlich sensibler Bereich, welcher die Persönlichkeit schon beeinflussen kann, aber Hauptsächlich wohl das Kurzzeitgedächnis. Zumindest war es bei mir so. Ich hab bis heute damit Probleme, aber im Gegensatz zur Anfangszeit nach der OP, kann ich heute zufrieden sein. Nur meine Belastbarkeit lässt immer noch stark zu wünschen übrig.
Was "die Sache" nach außen hin deutlich erschwert, dass man es mir nicht ansieht. Also wird man von seinen Freunden, Kollegen und Verwandten sehr oft schnell überfordert, weil sie meinen, dass es ja wieder gut ist.
Sein Verhalten kann sich durch die Bestrahlungszeit und die allgemeinen Medikamente stark verändern.
Du könntest hier ja mal in die Suchmaske (auf der Startseite) den Begriff: "Persönlichkeit" eingeben und suchen lassen. Da gibt es schon ein paar vorhandene Themen, die dir evtl. sehr hilfreich sein können.
Ich wünsche euch von Herzen, dass es zu einer deutlichen Besserung kommen wird und Ihr hier sehr sehr viele gute Tipps bekommen werdet, die euch eure Situation etwas erleichtert.
Alles Gute wünscht euch Andrea...
Andrea 1
Welle2013
01.04.2014 10:30:55
Liebe yram, es ist gut, daß Du den schreibenden Weg ins Forum gefunden hast, weil die Menschen hier verstehen. Nicht lesen oder hören, sondern verstehen. Das ist es, was die Menschen um einen herum einfach nicht können. Hätte ich ja auch nicht gekonnt, wenn uns nicht der Tag X passiert wäre. Das stimmt zwar nur halb, weil sich mein Sonnenschein schon vor dem Tag X verändert hatte, aber dann kam die Diagnose. Alles ist anders. Ein Hamsterrad, ...
Und jetzt: Mein Mann war 37 Jahre. Unseren 10 Hochzeittag haben wir noch "erlebt". Für mich gibt es nun ein Leben vor dem Tag X, und ein Leben danach. Nach 10monatigem Kampf gegen das inoperable Astrozytom III, später Glioblastom am Balken ist mein Sonnenschein ins Licht gegangen. Und ich? Versuche zu leben.... und zu bleiben... für die Kleinen...

Schreibe und frage hier im Forum, denn kompetentere Antworten bekommst Du leider erst danach von den Ärzten. Weil Du ihre Antworten dann erst verstehst oder einordnen kannst... So jedenfalls meine bittere Erfahrung!
LG, Welle
Welle2013
yram
06.04.2014 15:58:08
Hallo,
habt Dank für die herzliche Aufnahme hier im Forum. Ich weiß nun, das es der richtige Schritt war, mich anzumelden. Uns wurde ja im KH psychoonkologische Hilfe angeboten. Puh, wir/ich schaffe/n das schon - dachte ich... Du möchtest Dich mitteilen... Wen? Den erwachsenen Kindern? Freunden? Kannst Du auch sie belasten? Fakt ist, dieser Tag X beendet das "normale" gemeinsame Leben zwischen einem Paar! Wichtige Entscheidungen, die den Alltag betreffen müssen jetzt allein getroffen werden. Dazu kommen viele viele sentimentale Momente... Viele Fragen... Weshalb? Warum? Aber man darf nicht den Kopf in den Sand stecken. Es muß weitergehen. Es wird weitergehen.
Und gemeinsam schaffen wir das!
yraM
yram
Andrea 1
07.04.2014 18:16:17
Bitte bitte, nehmt die psychoonkologische Hilfe an. Sie wird euch ein ganzes Stück weiter bringen. So habt ihr jemanden, bei dem ihr all eure Sorgen, Ängste und Frust abladen könnt - ohne schlechtes Gewissen. Freunde sind zwar gut, aber professionelle Hilfe bringt einen tatsächlich auf Dauer weiter, weil keiner sagen kann, wohin man noch, wie zu gehen hat.
Weiter alles Gute für euch!!!
LG Andrea
Andrea 1
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