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Mandarine80

Hallo Ihr Lieben,
meine Frage in die Runde: Wie geht es euch psychisch?

Momentan sind wir in der 5ten Runde der Tabletten-Chemo. Die Endbesprechung der Strahlentherapie ist nächste Woche, der Onkologe hat schon angedeutet, dass der Tumor augenscheinlich wenigstens nicht gewachsen sei und etwas mittig "eingefallen" ist (Vergleichsbefund lag nicht vor und er sei ja kein Radiologie, usw...die Kompetenz unserer behandelnden Ärzte ist aber ein anderes Thema...).
Meiner Ansicht nach erst einmal gut.
Dennoch ist mein Angehöriger sehr "weinerlich". Und dies extrem! Jeden Tag beschwert er sich über diesselben Symptome (sogar das Wetter zieht ihn runter - egal ob es regnet, warm und schön ist - es ist immer Mist) und erwartet eine rundum Genesung, anscheinend von einem Tag auf den anderen. Egal wie die Ärzte erklären, oder auch ich versuche an ihn ranzukommen und klarzumachen, dass er mitten in der Therapie steckt und die nunmal schwer ist und diese Symptome leider dazugehören - es kommt nicht an.
Bitte versteht mich nicht falsch - ich wiederhole täglich diesselben Erklärungen inkl. Motivation. Aber ich werde bald verrückt, da ich nicht mehr weiß, wie ich helfen kann!
Psychotherapeut ist leider überhaupt keine Option - da sträubt er sich. Er hat Angst noch mehr Medikamente nehmen zu müssen.

Kann dies am "Keppra" liegen? Ev. am Ödem? Der Tumor sitzt im Motorikzentrum, deswegen habe ich mit einer solchen Wesensveränderung nicht gerechnet...

Es wäre schön, wenn sich hierzu auch ein Arzt äußern könnte - denn die Ärzte die wir haben sind alle nicht zuständig. Der eine macht nur Onkologie, der andere wertet nur MRT aus. Hausarzt hat sowieso keine Ahnung was Sache ist. Und wenn ich jetzt einen Neurologen hinzuziehen will, dann ist das für meinen Angehörigen ein Weltuntergang, weil der Aufwand mit Termin machen, hinfahren, warten, Befunde anscheinend momentan zuviel ist...

alma

Eine Krebsdiagnose ist ein Einschnitt ins Leben. Man wird nicht mehr, wie man vorher war. Die Erfahrung der Endlichkeit trennt einen von denen, die diese Erfahrung an sich selbst noch nicht gemacht haben.
Angehörige haben es schwer, aber wenn man spürt, dass sie um ihrer selbst willen den Status quo zurückhaben wollen, wird man störrisch. Oder auch, wenn zu großer Druck ausgeübt wird.
Jeder hat seinen Rhythmus im Umgang mit der Krankheit und möchte selbst bestimmen, welchen Schritt er als nächstes geht.
Es ist blöd, das zu sagen, aber in gewisser Hinsicht ist eine solche Reaktion normal. Und ist auch nicht gleich eine Wesensveränderung.
Wenn es an der Chemo liegt, kann man wenig tun, denn die muss ja sein. Liegt es am Keppra, hat man einen Ansatzpunkt. Ansonsten würde ich warten und den Dingen mal ihren Lauf lassen.
Und die Tumorbehandlung wird ja gemacht, da kann dann von der Seite nichts anbrennen.

TumorP

Hallo Mandarine80,
wenn kein Vergleichsbefund vorliegt, stellt sich für mich die Frage, wie da eine "verbindliche" Aussage getroffen werden soll.

Keppra kann je nach Dosierung zu der "Einstellung" beitragen.

Ein Ödem kann auch irgendwo drücken.

Das vermag jedoch nur der Fachmann mit der entsprechenden vorherigen Untersuchung zu sagen. Ich würde den Neurochirurgen als Ansprechpartner aussuchen. Er sieht mehr MRT als der Neurologe.
So ein Tumor ist ja schon sehr "eingreifend" und belastend. Die Patienten wollen gerne auch anders reagieren, KÖNNEN jedoch aufgrund der Situation nicht.
Alles Gute
TumorP

alma

Ich habe mir deinen ersten Beitrag durchgelesen. Es kommt mir vor, als würdet ihr eine Art negativer Gegenseitigkeit entwickeln - die eine wird immer tätiger und fordernder, die andere immer passiver und weinerlicher. So ist es schwer, einen gemeinsamen Weg zu finden.
Es ist nur ein Eindruck, der vielleicht ein Anstoß sein könnte, denn eigentlich steht es mir nicht zu, eure Beziehungssituation zu deuten.
Wie du vielleicht weißt, gibt es Angehörigenberatungen bei der Krebsgesell-schaft. Wir hier in Schleswig-Holstein haben eine sehr gute. Möglich, dass es auch in Bayern so ist.

LG, Alma.

Mandarine80

Danke für eure Antworten!
Ich möchte gerne helfen, kann es aber nicht - das macht mich kaputt.

Ich bin auch in keinster Weise aggressiv fordernd, sondern bringe wirklich viel Verständnis auf. Ich kann gut beurteilen, wie es ihr geht, denn ich litt auch einmal unter Depressionen und ich weiß, dass Aussenstehende dabei nicht viel ausrichten können und das Druck genau das Gegenteil bewirkt. Ein "in Watte packen" ist aber auch total verkehrt. Auch da ich sehe, dass sie ihr Leben total an sich vorbeiziehen lässt und mittlerweile sogar mit einem Anruf bei einem Arzt wg. Termin überfordert ist.

Aber ich möchte ausschließen, dass es ev. an den Medikamenten liegen könnte. Und ob wir dann damit rechnen müssen, dass sie bis zum Ende ihres Lebens wg. Keppra andauern depressiv ist. Dann hat der Tumor jetzt schon gewonnen...

Wir haben mit Ärzten (und mit der Krebsberatung) eigentlich nur Pech. Der eine "vergisst" eine Vergleichsdiagnose zu erstellen und ist dann 2 Wochen im Urlaub. Der andere ist total unsensibel und behandelt sie, als wäre sie schon tot. Der nächste zuckt nur mit den Schultern und verweist an andere Fachärzte - es ist schon alles zum heulen.

Ich möchte natürlich sehr gerne den Status quo von vor einem Jahr wiederherstellen, aber ich habe mich mit der Erkrankung auseinandergesetzt und mir ist klar, dass es nie wieder so sein wird wie früher. Das (unser) Leben ist nun ein anderes. Das ist mir klar. Ich möchte nur, dass meine Mutter glücklich, wenigstens zufrieden ist. Aber sie möchte den Status quo wieder und das sofort. Dass dies nicht geht macht sie wütend und depressiv.

@ alma: Du würdest mir somit raten, erst einmal abzuwarten und die derzeitige "Stimmung" nicht überzubewerten? Du meinst das geht auch wieder vorbei? Derzeit hat sie ihren 5ten Chemozyklus ausgesetzt, da sie sich nicht dazu in der Lage fühlt - meinst du das macht was? Kann sie erst einmal abwarten und später mit dem Zyklus anfangen?

Das wir auch zu einem Neurochirurgen gehen können ist mir neu - denn es wurde nicht operiert und somit ist der ja erst einmal raus aus der Nummer, oder?

Danke euch nochmal!
LG

alma

Wenn es eine Nebenwirkung der Chemo ist, dann geht sie ja nach Ende der CT weg. Und wenn die psychotherapeutische Behandlung nicht in Frage kommt, was willst du tun? Jemanden, der keine Therapie will, lässt man damit besser in Ruhe. Für Psychotherapie muss man bereit sein, sonst lässt man es lieber bleiben und spart sich den Aufwand.
Mir fehlen bei euch die Fakten, um zu beurteilen, ob das Aussetzen der Chemo etwas bewirkt. Und bin auch die Falsche, die du fragst. Wende dich lieber an die behandelnden Ärzte. Allgemein: Chemos werden ausgesetzt, wenn die Blutzellen abstürzen. Das ist aber eine lebensgefährliche Situation, die dementsprechend anders beurteilt wird als eine Depression.
Antidepressivum - ginge das?
Ich würde mich an deiner Stelle psychoonkologisch beraten lassen. Und zusätzlich versuchen, auf dem Weg des Kontakts zu einer Beratungs-stelle an verständigere Ärzte heranzukommen, wenn dir die jetzigen nicht gut genug sind.

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