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Thema: Dexamethason ausschleichen

Dexamethason ausschleichen
Sonne277
07.02.2020 21:49:10
Hallo,

mein Mann nimmt seit Ende Dezember 3x4 mg Dexamethason. Dieses soll nun ausgeschlichen werden. Der Onkologe empfiehlt in der ersten Woche auf 3x 2 mg runter zu gehen. Mir erscheint das etwas zu viel oder ist es üblich ?
Sonne277
Toni63
08.02.2020 00:02:28
Hallo Sonne,

zum Ausschleichen von Dexamethason gibt es hier ja sehr viele Threads, in denen du jede Menge Informationen von Betroffenen findest.
Soweit ich das beurteilen kann, ist das Thema nicht allgemeingültig zu beantworten und auch unter Ärzten herrschen da wohl unterschiedliche Ansichten.
Je nach Situation befürwortet man relativ hohe Dosen im Sinne einer palliativen Therapiebegleitung oder eben ein sehr zügiges Ausschleichen innerhalb weniger Wochen, um eine Nierenrindeninsuffizienz abzuwenden.

Aus Erfahrung weiß ich, dass man bei der Multiplen Sklerose die Glucokortikoid-Stosstherapien meist sehr schnell absetzt. Das gilt sowohl für Dexa als auch für Prednisolon. Einige Ärzte betrachten das Ausschleichen von Dexa sogar als kontraproduktiv oder stellen zumindest das Verhältnis von Risiko zu Nutzen in Frage – natürlich immer vorausgesetzt, dass die Grunderkrankung sowie die Dauer der Kortisontherapie einen Verzicht auf Kortison erlauben.

Meine Frau wurde aus dem KH mit 4mg entlassen. Informationen zum Ausschleichen bekamen wir gar nicht. Mir wurde eher gesagt, dass bei der folgenden Strahlentherapie ggf. die Dosis wieder erhöht werden müsste, je nach Symptomen.
Leider befand sich meine Frau (Glioblastom) schon zu dieser Zeit in einer sehr schlechten körperlichen und kognitiven (komplette Amnesie, Aphasie, Apraxie) Verfassung, so dass es für mich im Zuge des Ausschleichens sehr schwer zu beurteilen war, ob ich vielleicht sogar mehr Schaden anrichten könnte, da ihre Gefühlswelt und auch ihr Empfinden für Schmerz eher dem eines Kleinkindes entsprach. Naja, nach einigen Rückschlägen während der 3 Monate dauernden Reduktion fühlt sie sich jetzt mit 0,5mg offensichtlich ganz wohl (das entspricht in etwa der Erhaltungsdosis und liegt unter der Cushingschwelle).
Ihre Nebennierenrinden bleiben allerdings stumm. Nun gut, vielleicht erholen sie sich ja doch noch. Immerhin sind einige der typischen Cushingsymptome gemildert und auch ihre Schilddrüsenhormone, die aufgrund des Dexamethasons nicht richtig gebildet wurden (keine freies T3), sind wieder im Normbereich.

Hier ist ein vielleicht hilfreicher Link zum Ausschleichen:
file:///C:/Users/rober/Downloads/smf_2014_01922%20(1).pdf

Und hier noch ein Artikel-leider auf Englisch- zur verzwickten Lage:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4059813/

Daraus zitiert:
• Dexamethasone should be tapered in a manner individualized to the patient. One of these taper schedules is recommended:

• Slow taper: Start with 4 mg twice daily for 7 days, then 2 mg twice daily for 7 days, then 1 mg twice daily for 7 days, then 1 mg once daily for 7 days.

• Fast taper: Dexamethasone can be discontinued within 3 days of surgery.

• Individualized taper: Use a taper schedule individualized for the specific patient as decided by the physician.

• Patients who have high-grade tumours, are symptomatic, or have poor life expectancy can be maintained on dexamethasone 0.5–1.0 mg daily.

• Side effects of dexamethasone are common, and they increase in frequency and severity with increased dose and duration of therapy. Patients should be carefully monitored for endocrine, muscular, skeletal, gastrointestinal, psychiatric, and hematologic complications, and also for infections and other general side effects.
Toni63
Mego13
08.02.2020 08:01:32
Liebe Sonne,

ich habe in dem Thread "Kortison" ganz viele Tipps zum Ausschleichen gesammelt. Dabei sind die Ausschleichschemata aus Amboss enthalten, das ist eine App für Mediziner, mit der sie selber im Studium die Werte für Medikamente auswendig lernen.
Daneben habe ich meinen eigenen Ausschleichweg und Nebenwirkungen beschrieben. Ich habe zwischen dem 2. Oktober - 13. November 2019 4 mg Dexamethason täglich eingenommen.
4 mg Dexamethason entsprechen 120 mg Hydrocortison. Ich bin jetzt bei 7,5 mg Hydrocortison, das wären in etwa 0,25 bis 0,3 mg Dexamethason.
Ab ca 1 mg Dexamethason macht die Umstellung auf Hydrocortison Sinn, weil ihr dann in noch kleineren Schritten reduzieren könnt. Zudem hat Hydrocortison eine viel kürzere Halbwertzeit, das unterstützt wohl eher die Regeneration der HHNR - Achse. Ab 1 mg Dexamethason täglich bzw. 30 mg Hydrocortison wurde das Ausschleichen für mich übrigens so richtig zäh. Aber ab dieser Dosis kratzt man auch so langsam an der Cushingdosisschwelle.
Die Dexamethasontabletten gibt es auch in der Größe 1,5 und 0,5 mg. Damit fällt das Ausschleichen leichter, weil man sonst nur noch mit Tablettenbröseln arbeitet.
Zum Thema "Ausschleichen" hatten meine betreuenden Ärzte auch unterschiedliche Meinungen. Wo sie sich mittlerweile einig sind: Je geringer die Dosis, desto kleiner auch der nächste Ausschleichschritt.
Ich schleiche auch immer in Abstimmung mit den betreuenden Ärzten aus. Zuerst war es die Strahlentherapeutin, weiter meine Hausärztin, dann die Neurochirurgin zusammen mit ihrem Chef, einem Neurologieprof., nun sind es die Onkologin und ein Onkologieprof. Dazu habe ich eine Liste erstellt, die ich den behandelnden Ärzten vorlege. Diese findest Du auch im Kortisonthread.
Seit dem 6. Januar bekomme ich die PC-Chemo. Darunter ist das Ausschleichen natürlich noch einmal schwerer.

Ich wünsche, euch viel Erfolg und schreib mir gerne, wenn Du Fragen hast.
LG

Mego
Mego13
Mego13
08.02.2020 08:34:08
Liebe Sonne,

ich habe jetzt noch einmal die Ausschleichempfehlungen von Amboss gefunden:
Ausgeschlichen wird alle 7 - 14 Tage.

1) Dosis größer als 4 mg Dexamethason, Ausschleichen von 1 - 2 mg
2) Dosis liegt bei 2 - 4 mg Dexamethason, Ausschleichen von 0,5 mg
3) 1 - 2 mg Dexamethason, Ausschleichen von 0,2 mg
4) Dosis unter 1 mg Dexamethason, Ausschleichen von 0,1 mg.

Aufgrund der Tablettengröße von Dexamethason entspricht Schritt 3 eher 0,25 mg und Schritt 4 etwa 0,125 mg Dexamethason.

Mir ist noch aufgefallen, dass bei Deinem Mann alle Einnahmen gleichermaßen reduziert werden. Der Neurologieprof. und der Onkologieprof hatten mir beide erklärt, dass man aufgrund des zirkadianen Rhythmus zunächst die Abend-, dann die Mittags- und zuletzt die Morgendosis abbaut.

Wenn ihr völlig verunsichert seid oder starke Probeme mit dem Ausschleichen habt, würde ich auf jeden Fall zum Endokrinologen gehen.

LG
Mego
Mego13
Sonne277
18.02.2020 20:52:44
Hallo Mego,

vielen Dank für deine zahlreichen Tips.Es hat mir definitiv weitergeholfen mit unserem behandelnden Arzt besser ins Gespräch gehen zu können.

LG
Sonne277
Sonne277
Mego13
19.02.2020 08:10:14
Liebe Sonne,

es freut mich sehr, wenn ich Dir ein wenig helfen kann. Das Thema ist mir einfach wichtig und man wird doch ganz schön alleingelassen.

LG
Mego
Mego13
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