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DHH e.V.

GNC 2020: Vorhersage des Rezidivrisikos beim Meningeom

Wiederum praxisrelevanter waren zwei Arbeiten zur Vorhersage des weiteren Erkrankungsgeschehens bei Meningeomen. Die eine Untersuchung betrachtete retrospektiv bei 939 Meningeomen der WHO-Grade I bis III das Rezidivrisiko und verglich die Vohersagekraft zum einen des postoperativen Tumorvolumens, zum anderen der Klassifikation nach Simpson. Als Ergebnis konnte nach einem medianen Follow-up von 40 Monaten festgehalten werden, dass das postoperative Tumorvolumen bei der Vorhersage eines Tumorrezidivs im Vergleich zur Simpson-Klassifikation überlegen ist. Dabei stieg das Risiko eines Meningeomrezidivs mit jedem verbleibenden Restgewebe. Die zweite Arbeit untersuchte den Nutzen des präoperativen MRTs zur Abschätzung des Risikos für eine Grad II/III-Histologie und die Rezidiventwicklung bei Meningeompatienten. Insgesamt wurden die präoperativen MRT-Bilder von 565 Patienten in die Untersuchung einbezogen und hinsichtlich bestimmter Charakteristika, wie Tumor- und Ödemvolumina, Kontrastmittelaufnahme oder Lokalisation analysiert. Als potentielle Risikofaktoren für ein höheres Grading der Meningeome konnten das peritumorale Ödemvolumen, eine heterogene Kontrastmittelaufnahme und eine irreguläre Tumorform ausgemacht werden.

© 25.06.2020 mst, Deutsche Hirntumorhilfe e.V. | www.hirntumorhilfe.de

KaSy

Danke für diese Information von der 71. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie, die vom 21.-24. Juni 2020 als virtuelle Konferenz mit 1500 Teilnehmern stattfand.

Ich fasse die beiden Arbeiten mal kurz zusammen:

Wenn in einem MRT ein Meningeom vermutet wird, dann kann man aus seiner ungleichmäßigen Form, der ungleichmäßigen Kontrastmittelaufnahme und dem etwas größeren Ödem um den Tumor darauf schließen, dass es eventuell den WHO-Grad II oder III hat, während seine Lage und seine Größe für diese Vorhersage keine Bedeutung haben.

Wenn man nach der OP feststellt, dass mehr vom Tumor verblieben ist, dann wird es mit höherer Wahrscheinlichkeit wieder wachsen.

Dafür, dass diese beiden vorgestellten Arbeiten "für die Vorhersage des weiteren Erkrankungsgeschehens bei Meningeomen praxisrelevant" sind, fehlen mir die Schlussfolgerungen.

Was macht der NC anders, wenn er vor der Therapie ahnt, dass das Meningeom einen höheren WHO-Grad hat bzw. wenn er nach der OP weiß, dass der Resttumor größer ist?

Ich frage auch mal ganz vorsichtig, ob diese "neuen" Erkenntnisse es Wert sind, darüber 1500 praxis- und forschungserfahrene Neurochirurgen zu informieren, für die es berufliches Alltagswissen sein sollte.

Ich bin etwas enttäuscht, weil ich mehr Hilfen für die Neurochirurgen erwartet hatte, die für uns Betroffene mit rezidivierenden Meningeomen so viel leisten.

Aber immerhin waren Meningeome Themen dieser Tagung!

Dafür und für den Bericht hier vielen Dank!

KaSy

fasulia

"Die zweite Arbeit untersuchte den Nutzen des präoperativen MRTs zur Abschätzung des Risikos für eine Grad II/III-Histologie und die Rezidiventwicklung bei Meningeompatienten."

ich verstehe den Satz so, dass NACHTRÄGLICH die MRTs der Patienten mit WHO II /III Meningeom-Histologie ausgewertet wurden,
und man dann aufgrund, der auf den Bildern sichtbaren Charakteristika
RÜCKWIRKEND bestimmte Aussagen treffen konnte...

KaSy

Ja, liebe fasulia,
... um den Neurochirurgen als Ergebnis aus diesen statistischen Untersuchungen die Möglichkeit zu geben, bereits aus dem ersten MRT zu erfahren, ob das Meningeom einen höheren Grad hat. (Ich habe das alles zuerst auch nicht kapiert.)
KaSy

der Meister

Hallo zusammen,
Danke erstmal für die Informationen.
Der Text ist für mich leider schwer zu verstehen.

Wenn ich richtig verstanden habe,
ist für mich
(mit einem großen und komplett ausgeräumten Konvexitäts Meningeom WHO I) der Satz
"Dabei stieg das Risiko eines Meningeomrezidivs mit jedem verbleibenden Restgewebe."
von Bedeutung ...
Meine OP war 2/2018.
Ich hoffe auf viele Jahre ohne Rezidiv.


Gruß Klaus

fasulia

@KaSy
Nein-es geht nicht darum den Grad vorher zu sagen,
sondern andere Faktoren( unabhängig vom WHO Grad) zu erkennen, die ein Rezidiv wahrscheinlicher machen könnten.

Der WHO Grad wird aufgrund der Histologie festgestellt,
ist aber bei Meningeomen prognostisch nicht sehr hilfreich.

fasulia

es sollte vorherzusagen heißen-die Änderungsfunktion funktioniert nicht

KaSy

Liebe fasulia,
entschuldige bitte, dass ich etwas weiter aushole.
Ich habe sehr lange überlegt, ob ich das überhaupt tun soll, weil es nicht unsere Sache als Laien ist, Berichte von Konferenzen mit 1500 Neurochirurgen zu diskutieren. Und als Besserwisser möchte ich auch ungern dastehen, weil sich hier manchmal Leute finden, die das gar nicht mögen.
Ich schreibe es trotzdem.

Es ist bisher gar nicht möglich, aus dem allerersten MRT, wo ein Meningeom einigermaßen sicher vermutet wird, festzustellen, welchen WHO-Grad dieses Meningeom hat. Dazu ist der Neurochirurg auf die Untersuchung des von ihm in einer Operation entnommenen Tumormaterials angewiesen. (Biopsien werden bei Meningeomen meist (?) nicht entnommen.
Das Ergebnis dieser histologischen Untersuchung steht nach frühestens einer Woche zur Verfügung. Erst dann kann man sagen, ob ein WHO-Grad II (atypisch) oder WHO-Grad III (anaplastisch) vorliegt. In diesen beiden Fällen wird über eine weitere Therapie entschieden, da WHO-Grad-II/III-Meningeome eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit haben, Rezidive zu bilden.
Diese Rezidive entstehen dadurch, dass sich bei höhergradigen Tumoren Tumorzellen bereits im umliegenden Gewebe befinden. Diese Zellen konnte der Neurochirurg aber nicht sehen und auch nicht erahnen, also hat er zur Schonung des Gehirns dieses Hirngewebe nicht entfernt.
Also muss über eine Strahlentherapie nachgedacht werden, die das Tumorgebiet und den Bereich um den Tumor mit bestrahlt, um diese Tumorzellen an ihrer weiteren Teilung zu hindern und damit die Rezidivgefahr zu verringern.

Mit der "Prognose", womit vermutlich die Überlebenszeit mit einer sehr guten Lebensqualität gemeint ist, hat die Feststellung des WHO-Grades tatsächlich wenig zu tun. Viele Patienten mit WHO-I-Meningeomen erleiden durch die Operation derartige Schäden, dass sie sogar nicht mehr arbeiten können, dauerhafte Nachbehandlungen benötigen usw.
Ich selbst dagegen konnte nach 3 WHO-II/III-Meningeom-OPs (1995; 1999; 2007) bis 2011 noch 16 Jahre lang arbeiten, bevor ich wegen der weiteren (2011, 2016) aus dem Beruf ausscheiden musste.

In den letzten Jahren haben sich die Therapiemöglichkeiten für Meningeome verändert.
Bisher hieß es immer, dass die Operation als erstes durchzuführen ist. Dann hatte man natürlich ziemlich rechtzeitig den histologischen Befund, um entscheiden zu können, ob eine weitere Therapie erforderlich ist.
Mittlerweile sind aber die beiden Methoden der Radiochirurgie hinzugekommen, die auch als erste Therapie bei kleinen Meningeomen durchgeführt werden können. Wenn nur die Radiochirurgie erfolgt, gibt es keine Chance, den WHO-Grad des Meningeoms und damit die Wahrscheinlichkeit für Rezidive bzw. ein erneutes Wachstum des bestrahlten Tumors vorherzusagen. Diese Unsicherheit für die behandelnden Ärzte und für die besorgten Patienten zu verringern, war vermutlich das Ziel der Untersuchung.

Wenn man nämlich aus der histologischen Untersuchung entfernter Meningeome bereits weiß, welchen WHO-Grad sie haben, dann kann man rückwirkend für diese (565) operierten Patienten schauen, worin sich die ersten MRT-Bilder bezüglich der inzwischen bekannten WHO-Grade unterscheiden.
Laut dem Text wurden vier bzw. eigentlich fünf Merkmale verglichen:
- Tumorgröße (und Tumorform)
- Kontrastmittelaufnahme
- Lage des Tumors im Gehirn
- Größe des Ödems um den Tumor herum

Diese Untersuchungsmethode führte zu dem Ergebnis, dass die Größe des Tumors und seine Lage im Gehirn in Bezug auf die bereits bekannten WHO-Grade keine Rolle spielen. Wo der Tumor liegt und ob er klein oder riesig ist, hat mit dem WHO-Grad und demzufolge mit der Rezidivwahrscheinlichkeit nichts zu tun.

Aber für drei Merkmale hat man Unterschiede feststellen können:
- WHO-I-Meningeome nahmen das Kontrastmittel gleichmäßig auf, während die höhergradigen Tumoren es nicht ganz gleichmäßig aufgenommen haben.
- WHO-I-Meningeome hatten im ersten MRT meist eine recht gleichmäßige, runde Form, während die höhergradigen Tumoren sehr verschiedene Formen haben konnten.
- Ödeme fanden sich (meist?) nur um höhergradige Menigeome.

Diese Erkenntnis kann den Neurochirurgen und den mit verschiedenen Geräten arbeitenden Strahlenärzten dabei helfen, die ersten MRT-Bilder zu nutzen, um eine Vermutung über den WHO-Grad und damit auch über die Rezidiv- und Wachstumswahrscheinlichkeit des zu behandelnden Meningeoms zu äußern.
Möglicherweise kann diese Vermutung für die Ärzte, aber auch für die Patienten entscheidend dafür sein, für welche Therapie entschieden wird.
(Derartige Schlussfolgerungen wurden in dem Bericht leider nicht genannt.)


Gerade hier im Forum schreiben doch immer wieder Meningeompatienten, dass sie selbst entscheiden sollen, ob ihr (mitunter zufällig gefundenes) relativ kleines Meningeom operiert werden soll und zu welchem Neurochirurgen und in welche Klinik sie gehen sollen. Oder ob sie sich für die (einfach erscheindende) Radiochirurgie entscheiden sollen, aber welche Art der Radiochirurgie sollen sie wählen, in welchem Zentrum sollen sie sich vorstellen, mit welcher Wartezeit müssen sie rechnen. Zweit- und Drittmeinungen sind gefragt.
Und dabei spielt auch die Frage eine Rolle, wie hoch die Rezidiv- bzw. Wachstumswahrscheinlichkeit nach der erfolgten Behandlung ist.
Und dafür ist die Kenntnis des WHO-Grades sinnvoll, den man möglicherweise aus den ersten MRT-Bildern vermuten kann.


Für den bereits operierten Patienten und seine Ärzte ist nicht mehr von Bedeutung, ob sich der histologisch festgestellte WHO-Grad bereits im ersten MRT durch eine ungleichmäßige Form und Kontrastmittelaufnahme und ein Ödem bereits vermuten ließ oder nicht.


Ich hoffe, mich verständlich ausgedrückt zu haben, welcher Zweck mit der "Untersuchung" vermutlich verfolgt wurde. Wissen kann ich es nicht ...
KaSy

KaSy

Hallo, Meister,
Das Risiko für ein Rezidiv wird seit 1957 nach der im Bericht genannten Simpson-Klassifikation abgeschätzt. Diese Klassifikation (nach Donald Simpson) legt in fünf Graden fest, wie vollständig der Tumor entfernt wurde und wie hoch demzufolge das Rezidiv- bzw. Wachstumsrisiko ist.
Bei einer vollständigen Tumorentfernung wie bei Dir ist es der Grad 1 und Du hast Recht mit der guten Hoffnung, dass ein Rezidiv sehr unwahrscheinlich ist.
KaSy

der Meister

Danke KaSy,
schon bei meinem ersten MRT sagte der Radiologe, es wäre ein Meningeom Grad I, wohl sehr Groß Aber gut entfernbar. So war es dann auch, jedoch hatte ich in der Nacht nach der OP eine Einblutung (500mL Blut wurde entfernt) was wohl das schlimmere war.
Der Chefarzt meinte, das sind die Besten Vorraussetzungen ...
Was ja bis heut zutrifft und hoffentlich weiterhin auch so bleibt.

Gruß Klaus

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