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Indre

Liebe Forummitglieder,

ich bin nicht selber betroffen, aber leide sehr unter der Diagnose meines Vaters. Am Donnerstag vor Ostern rief ich den Notarzt mit Verdacht auf Schlaganfall und sie diagnostizierten ein Glioblastom. Im Krankenhaus wurde es als inoperabel diagnostiziert und da der Zustand meines Vaters sich extrem verschlimmerte mit Verwirrtheit und Sprachstörungen suchte ich nach Beiträgen zur Operation von Glioblastomen und habe einen Prof. aus dem Uniklinikum gefunden, der sofort geholfen hat und nach Ostern meinen Vater operierte.

Nach der OP sprach er zusammenhanglose Sätze und Wörter, aber er konnte sprechen und manchmal schaffte er auch einen ganz normalen Satz. Jetzt bei der Strahlen- und Chemotherapie scheint er gar nicht mehr zu sprechen und hat auch starke Schluckprobleme. Weiterhin hat er Halluzinationen wie Personen und Feuer.

Ich mache mir solche Sorgen und was mir fehlt, ist irgendwie eine ganzheitliche Betreuung. Man hat den Onkologen, den Chirurgen und den Radiologen, aber ich weiss nicht wie es weitergeht. Kann mein Vater das Sprechen wieder erlernen mit einem Logopäden oder Neuropsychologen. Wann fängt man damit an? Gestern ging es ihm durch Antibiotika und Chemotherapie sehr schlecht.

Weiterhin stört mich, dass alle Ärzte einem sofort den Mut nehmen und sagen er stirbt sowieso. Das gefällt mir nicht, ich weiss er ist ein Kämpfer und schließlich gibt es Ausnahmen wie ich gelesen habe.

Gerade bin ich sehr traurig und ich möchte das richtige für meinen Vater tun. Ich finde man muss kämpfen und hoffen. Für Tips oder auch Erfahrungen wäre ich sehr dankbar.

Herzliche Grüße

Indre M.

mothers son

Liebe Indre,

auch mich hat als Angehöriger in diesem Jahr die Schreckensnachricht Eines Glioblastoms bei meiner Mutter ereilt.

Wenngleich jeder Fall anders und individuell ist, möchte ich ein paar Erfahrungen mit dir teilen.

Unser neurochirurg hat uns damals empfohlen mit der Logopädie zu warten, bis die großen körperlichen „Baustellen“ abgearbeitet sind. Also OP, Strahlen und Chemo.

Wenn ich richtig verstanden habe, seid ihr an einem Uniklinikum in Behandlung. Hier bestehen grundsätzlich sogenannte Tumorboards bei denen sich alle Beteiligten Fachdisziplinen über die behandelten Hirntumorpatienten austauschen und bzgl der Behandlung abstimmen.

Dass sich jeweils immer eine Abteilung speziell um den Patienten kümmert darfst du nicht als Nachteil, sondern als Vorteil verstehen. Es ist lediglich der Ausdruck dafür, dass man sich bei der Komplexität der Medizin mit den einzelnen Fachdisziplinen speziell um den Patienten kümmern kann.

Bei dem Einsatz der Therapien wird dabei stets abgewägt, ob sie dem Patienten mehr nutzen, als Schaden.

Sprich deine Sorgen aber offen gegenüber reden Ärzten an. Die meisten erklären dann auch recht bereitwillig ihr Vorgehen.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Durchhaltevermögen.

Liebe Grüße

KaSy

Liebe Indre,
so wie es "mothers son" schreibt, ist es ein Vorteil, dass mehrere Fachärzte an der Behandlung Deines Vaters beteiligt sind, denn jeder von ihnen ist ein Spezialist in seinem Fachgebiet.

Es kann aber auch verwirrend sein, weil jeder Arzt nahezu nur über sein Fachgebiet redet, in dem er sich auskennt.

Ich halte es so, dass alle Berichte, Befunde usw. bei meiner Hausärztin zusammenkommen, die mich als "Gesamtperson" am besten kennt. Wenn ich mit irgendeinem Befund mal nicht klarkomme, ist sie diejenige, die mich, soweit es ihr möglich ist, beruhigt oder zu einem Facharzt schickt. Das ist eine sehr wichtige Hilfe. Hausärzte sind keine Spezialisten für einzelne Fachgebiete, aber sie kennen sich fachübergreifend aus. Das sollte man nicht unterschätzen.

Der Hausarzt Deines Vaters kann vielleicht sogar besser einschätzen, welche zusätzlichen Therapien (Logopädie u.a.) ihm derzeit zuzumuten sind, weil er ihn kennt. Er weiß, ob ein Logopäde oder ein Ergotherapeut in der Nähe ist oder sogar nach Hause kommen kann. Er schreibt die entsprechenden Verordnungen oder rät davon ab.

Wichtig zu wissen ist auch, dass alle Hausärzte mit Krebserkrankungen umgehen können, nicht unbedingt speziell mit Glioblastomen, aber sie wissen, wie Operationen, Strahlen- und Chemotherapien auf einen Menschen wirken. Dieses fachübergreifende Wissen und die Erfahrungen machen die Hausärzte zu dem Ansprechpartner, der die ganze Person als Mensch vor und mit der Krankheit sieht.

Ich wünsche Euch alles Gute - und vertraut auch auf den Hausarzt.
KaSy

Mego13

Liebe Indre,

fühl Dich von mir fest gedrückt. Für mich bist Du Betroffene, auch wenn Du nicht Erkrankte bist. Wie schwer diese Erkrankung für die nächsten Angehörigen ist, kann ich an den Gesichtern meiner Eltern und meines Mannes ablesen.
Meinen Erfahrungen nach und die bezieht sich praktisch auf meine eigene Erkrankung sowie fachlich auf die Arbeit mit Menschen mit Demenz, ist es gut, wenn Du ein breites Spektrum der fachlichen Meinungen hast, die Koordination wirst wahrscheinlich Du übernehmen müssen. Außer Du suchst Dir weitere Hilfe beim Sozialdienst oder bei einer Psychoonkologin.

Logopädie wird häufig simpel mit Sprechtherapie gleichgesetzt, wenn sie nur das leistet, würde ich dies auch als verfrüht ansehen. Du schreibst, dass Dein Vater unter massiven Schluckstörungen (Dysphagie) leidet, das wäre ein Punkt wo eine gute Sprechtherapie mit stärkenden Übungen ansetzen könnte. Ein anderer Aspekt kann auch sein, die am Sprechakt beteiligten Muskeln zu stärken und zu aktivieren wie z.B. durch das Novafon. Auch das angemessen muskuläre Training der Hände kann wertvolle Hilfe leisten, wir nutzen nicht umsonst das Verb: begreifen. Ein wenig muss man nach einem Logopäden suchen, der die eigene Arbeit ganzheitlich begreift. Wenn dies aber so ist, kann dieser Schritt viel zum Wohlbefinden Deines Vaters beitragen.
Da Dein Vater unter Schluckstörungen leidet, kann es auch Bestrahlung und Chemo schnell zu Mundtrockenheit und dadurch auch zu Mukositis kommen.
Sehr simpel wird dann häufig Salbeitee empfohlen, der den Mund zwar desinfiziert, aber nicht feucht hält. Spitz- oder Breitwegereich- sowie Eibischtee sind wesentlich besser. Ausstreichen des Mundes mit Kokosöl ist auch wertvoll.

LG
Mego

gopa

Liebe Indre,

Du hast doch alles "Richtig" gemacht für Deinen Vater. Du sorgst Dich um ihn und hast eine sehr gute Klinik für die Behandlung gefunden. Das ist beides sehr sehr viel!

Ich bin selbst betroffen. Eine ähnliche Geschichte, erst mit Schlaganfallverdacht in´s Krankenhaus, dann im Uniklinikum in der Neurochirurgie im August 2019 Glioblastom operiert. Ab Ende September Beginn Behandlung nach Stupp -Protokoll, die seit April 2020 jetzt vorbei ist.

Konnte zuerst auch nicht sprechen und hatte nur eine erbärmliche Funktion der rechten Hand. Und das mit Stressfestigkeit sowie Kommunikation als ein für die Arbeit Hauptfaktor und Hobby-Gitarrist. Das Gehirn ist ein Wunderwerk an Funktionen und je nachdem wo der Tumor einschlägt gehen unweigerlich Fähigkeiten verloren.

Ich kann inzwischen wieder Gitarre spielen (habe mir bereits in´s Krankenhaus eine Übungsgitarre geschmuggelt). Auch sprechen kann ich inzwischen wieder, wenn ich auch meine verbale Schlagfertigkeit eingebüßt habe. Das Hirn ist durch Tumor, Operation und Strahlen- wie Chemotherapie beschädigt. Es kann aber Fähigkeiten durch Umleiten und Verlagern von Funktionen wiedererlangen. Das erfordert aber Geduld und Übung. Man sollte dabei auch nicht zu viel zu schnell verlangen, aber stets am Ball bleiben. Manches bleibt auch, ich kann z.B. nicht mehr auf mehrere Stimmen auf einmal achten, dass stresst mich.

Ich war (und bin...) ein sehr ungeduldiger Mensch, besonders mit mir selbst. Durch die Krankheit habe ich Geduld und Dankbarkeit gelernt. Hat insofern auch etwas positives so´n Hirntumor.

Ich habe eine gute Praxis für die Folgebehandlung gefunden, mit im gleichen Haus gelegener Radiologie. Da habe ich bisher nur gute Erfahrungen auch in Bezug auf ganzheitliche Betrachtung gemacht. Lasse aber auch alle Berichte an meinen Hausarzt schicken und bespreche mich so alle 3 Monate mit ihm.

Verliere nicht den Mut, Indre. Ein Glioblastom trifft alle Betroffenen, Patient wie Angehörige, wie ein unverschuldeter schwerer Unfall. Schiebe den Zweifel beiseite und schau auf das Positive, dass es auch jetzt gibt. Die kleinen Erfolge, keine Schmerzen haben, das schöne Wetter, die kleinen Dinge im Leben, die Erinnerungen usw....

Ich habe mir im Oktober einen Hund gekauft, der mich jeden Tag zwingt mehr als 10.000 Schritte zu gehen, meine langjährige Freundin im Dezember geheiratet und ein viel besseres (weil geduldigeres!) Verhältnis zu meinem dritten, 14-jährigem Sohn. Und habe ein bisschen Schiss vor dem nächsten Kontroll -MRT Anfang Juni.

Ja, kämpfen und hoffen! Das emotionale Leben mit dem Glioblastom ist eine Balance zwischen der notwendigen Unbekümmertheit beim Verdrängen und der notwenigen Ernsthaftigkeit angesichts der Prognose. Nicht einfach, aber als Betroffener erlaube ich mir mal, das rauszuhauen.

Liebe Grüße, Gopa

Eris

Hallo Indre,
mir hat in einer ähnlichen Situation der Kontakt zum Hirntumor-Informationsdienst 03437/702702 sehr geholfen. Dort gibt es Mitarbeiter, die sich auf das Thema Glioblastom spezialisiert haben. Für deren Geduld und Hilfe bin ich wirklich sehr dankbar. Ohne sie wäre ich damals Amok gelaufen. Du bekommst Informationen über Leistungsdaten der Kliniken, über klinische Studien, neueste Entwicklungen und Fallstricke.

Lass Dir von der Hirntumorhilfe 0341/5909396 zusätzlich die Info-Hefte zum Glioblastom schicken. Geholfen haben mir ebenfalls verschiedene Ausgaben der Brainstorm-Zeitschrift.

Der Neuroonkologe oder ein Arzt, der die Funktion des Neuroonkologen übernimmt, fehlt Euch. Bei uns hat es auch einige Zeit gedauert, bis wir einen Experten fanden. Aber es gibt ihn! Vielleicht gibt es ihn nicht vor der Haustür, aber die Suche kann sich lohnen. Meist wird das Glioblastom nur nach Schema F (Therapieleitlinie: OP, Strahlenchemo und Chemo) behandelt, obwohl bekannt ist, dass der Nutzen von Schema F bei Tumoren ohne MGMT zu hinterfragen ist. Darum ist es wichtig, zu wissen, dass es zusätzliche Optionen, zusätzliche Therapieansätze gibt, mit denen die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung oder zumindest das einfrieren des Tumors erhöht werden könnten.

Bei uns gab es viele Therapiemöglichkeiten: BCNU-Wafern, Immuntherapie, Radioimmuntherapie, CUSP9, Nanotherm, verschiedene Chemotherapien ... Informieren, informieren, informieren und die Termine beim Psychoonkologen nutzen.

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