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Thema: Diagnose: Schmetterlingsgliom

Diagnose: Schmetterlingsgliom
bolli
06.08.2013 08:06:17
Hallo ihr Lieben,

seit einigen Tagen lese ich still im Forum mit und bin sehr beeindruckt, wie viele tolle und starke Menschen es gibt, die sich hier auf so offene, ehrliche und hilfsbereite Weise austauschen. Es tut gut zu wissen, dass man nicht allein ist mit diesen Problemen und es sich lohnt zu kämpfen. Ich habe mich entschieden einen Beitrag zu schreiben, da ich im Moment mit der Situation schlecht klar komme und Kontakt zu Menschen suche, welche selbst -als Betroffene oder Angehörige- das durchmachen, was meine Familie gerade erlebt.

Ich selbst bin die Tochter (30), Einzelkind, verheiratet und stolze Hundemutti einer französischen Bulldogge. Wir wohnen 400km von meiner Mama entfernt in München.
Das Schicksal meint es in letzter Zeit nicht so gut mit uns: meine Mama hat sich gerade erst wieder von ihrer Brustkrebs-Erkrankung (inkl. OP, Bestrahlung, Chemo) erholt gehabt, mein Schwiegerpapa ist vor einem Jahr an einem Gallengangskarzinom gestorben. Wir hatten alle noch gar nicht wieder die Energie schon wieder zu kämpfen - diesmal gegen einen unbesiegbaren Gegner.

Meine Mama (52) bekam vor 3 Wochen die Diagnose Glioblastom multiforme (Schmetterlingsgliom) - nach Aussage der Ärzte in Chemnitz inoperabel; es wurde lediglich die Standardtherapie (Bestrahlung & Chemo) empfohlen. Mein Ehemann und ich waren die letzten Wochen bei meinen Eltern um den ersten Schock zu verdauen (wir haben die Diagnose Freitag mittag von einem Assistenzarzt bekommen und "durften" dann nach Hause gehen!!!) und zu helfen so gut es geht. Nach dem ersten Schock wurden wir aktiv, suchten im Internet nach Kontakten und Möglichkeiten, schrieben verschiedene Uni-Kliniken an ...
Eine Operation würde nur Prof. Vogel in Berlin durchführen - allerdings müssen wir hier noch die Kostenübernahme mit der KK klären. Falls das nichts wird bleibt uns nur die Standardbehandlung. Meine Mama nimmt nach Empfehlung LAIF 612.
Im Moment sind wir wieder in München und mein Papa ist mit Mama allein. Ich habe ein schlechtes Gewissen, dass wir so weit weg sind und die beiden dort allein lassen, aber wir können ja leider nicht dauerhaft dort sein. Wir fahren meine Eltern fast jedes Wochenende besuchen. Meine Eltern sind in psycho(onkologischer) Behandlung und haben auch Freunde, die für sie da sind. Mich macht diese ganze Ohnmacht, Ungewissheit und dazu noch die Entfernung fast verrückt, aber ich weiß einfach nicht was ich machen soll. Bin ich egoistisch, weil ich mein Leben hier nicht aufgeben will, um die letzten Monate immer bei meiner Mama zu sein? Außerdem habe ich Angst davor, was noch alles auf uns zukommen wird. Meine Mama tut mir so leid, ich möchte ihr gerne helfen und will einfach nicht dass sie leidet. Das hat sie alles nicht verdient (aber wer hat das schon?!?) ... die beste Mama der Welt!

Danke schon mal für's Zuhören - es tut gut einfach mal die ganzen Gedanken mitteilen zu können.
Liebe Grüße, Olivia
bolli
gramyo
06.08.2013 13:36:21
Liebe Olivia,

zuerst einmal herzlich willkommen hier im Forum. Wie du ja schon als stiller Leser gemerkt hast, wirst du zumindest hier seelisch gestärkt und kannst dir viele Therapieempfehlungen holen. Es ist sehr gut, dass du auch nicht nur über deine Mutter schreibst, sondern was sich ausserdem noch an Schicksalsschlägen in der letzten Zeit ereignet hat. Da hast du sehr viel zu verkraften.

Mein Partner ist nicht mehr auf dieser Welt. Er hatte 2 inoperable Glioblastome , auch nach Zweitmeinung. Allerdings waren wir nicht in Berlin. Wenn die Möglichkeit einer Operation besteht und der genannte Professor ist sehr bekannt für gute Erfolge bei Operationen, dann würde ich alles in Bewegung setzen um sie durchzusetzen.

Ihr könnt aber auch versuchen, eine Klinik zu finden, die auch gute Operationserfolge aufweist und , die die Krankenkasse bezahlt. Mit Laif kenne ich mich nicht aus, aber es gibt hier Leute , die dir darauf antworten können.

Du brauchst dir kein schlechtes Gewissen zu machen, dass du nicht zu deiner Mutter gehst. Deine Zuneigung kannst du durch Telefonate, übernehmen von Aufgaben , die du erledigen kannst und eben halt Besuche , wo du mit Ruhe und Kraft hingehen kannst, ausdrücken und mit ihr erleben.

Ich würde euch, wenn deine Mutter es "WILL", neben der Schulmedizin auch zur Komplementärtherapie raten, die ihr durchaus Vitalität und Kraft geben kann.

Psychoonkologische Therapie ist ausgesprochen hilfreich. Ich finde es auch sehr schön, dass sich auch dein Vater daran mitbeteiligt. Prima!!

Es stimmt, bis auf wenige Ausnahmen, ist die Lebenszeit verkürzter ,
aber ....
und das sage ich mit völliger Überzeugung
sie ist vielfach intensiver und hat ausgesprochen
glücklich, erlebte Zeiten.

Das werden dir hier viele bestätigen.
Liebe Grüße und gedanklich schicken wir euch sehr viel Kraft und Energie
Gramyo und ihr Mann , der in ihrem Herzen und Leben
einen wunderschönen Platz einnimmt
gramyo
Juna
06.08.2013 14:09:05
Hallo Olivia,

ich kann gut verstehen wie Du Dich fühlst. Bei meinem Vater wurde Anfang Juni ein Glioblastom diagnostiziert. Der Tumor konnte zum Glück entfernt werden und momentan befindet er sich in der Behandlung mit Bestrahlung und Chemotherapie. Anfang September bekommt er ein MRT und wir hoffen auf gute Nachrichten.
Die letzten Monate waren und sind ein auf und ab der Gefühle. Ohnmacht und Ungewissheit beschreibt das gut.
Ich finde auch Du brauchst Dir kein schlechtes Gewissen zu machen. Du bist doch da für deine Eltern auch wenn Du nicht immer vor Ort sein kannst.
Aber ich kenne das Gefühl. Meine Eltern wohnen nur ein paar Kilometer weit weg und ich besuche sie oft aber ich habe immer das Gefühl es ist nicht genug. Hier im Forum bist Du gut aufgehoben. Mir hilft es auch sehr.
Ich wünsche Dir auch viel Kraft alles durchzustehen!
Juna
Pelzi 81
06.08.2013 21:13:18
HalloOlivia.
Höre auf Deinen Bauch und du wirst das richtige für dich entscheiden, ich begreife auch gerade erst , das ich auch ein Leben habe , neben der Krankheit meines Papa. Hat 3 Wochen gedauert um einen klaren Kopf zu bekommen, und diesen fiesen Tumor anzunehmen . Ich glaube unsere Eltern freuen sich mehr, wenn wir unser leben " versuchen" normal weiter zu leben.
So verstehe ich die Zeichen meines Papas , er möchte erst garnicht mit mir darüber reden. Er möchte das ich nicht traurig bin , in deiner Gegenwart versuche ich es auch.
Pelzi 81
Krissi
06.08.2013 22:06:12
Liebe Olivia,
herzlich willkommen im Forum - wie gut, dass du es gefunden hast. Zur Behandlung des Tumors kann ich nichts sagen, würde mich aber der Meinung von gramyo anschließen und mich für die OP bei Prof. Vogel entscheiden.
Ganz sicher bin ich mir aber, dass du kein schlechtes Gewissen haben musst, weil dein Leben in München stattfindet und du es weiterleben willst. Die beste Mama der Welt wird das verstehen und wird auch wissen, dass du jederzeit für sie und deinen Papa da sein wirst, wenn die beiden dich brauchen.
Lass sie darüber nicht im Zweifel.
Viel Kraft und Zuversicht für dich und deine Eltern schickt dir
krissi
Krissi
gramyo
06.08.2013 23:06:21
Liebe Olivia,

ich wollte noch eimal etwas dazu schreiben, in Bezug auf "schlechtes Gewissen haben".

Auch ich habe 2 Kinder und 4 Enkel. Werde dieser Tage 65 Jahre alt und würde nie verlangen, dass meine Kinder "ihr Leben" aufgeben , um für mich täglich zu sorgen.

Du bist jung und hast ein Anrecht auf ein eigenes Leben ! Der Partner oder Ehemann ist für mich die "1. Bezugs- und auch Pflegeperson".

Mein Partner , war nicht der Vater meiner Kinder obwohl meine Tochter ihn als "Zweitvater" gesehen hat. Sie haben mir mehr geholfen, wenn sie manchmal kamen und dann ausgeruht waren und mich mit liebevollen Handreichungen unterstützt haben.
Es fanden auch schöne Gespäche mit "Händchenhalten" und durchaus auch lachen mit meinem Partner statt.

Eine gute Nacht wünsche ich dir
Gramyo und ihr Mann, der einfach innerlich bei ihr ist
gramyo
bolli
07.08.2013 07:19:39
Guten Morgen ihr Lieben,

Vielen Dank für eure Beiträge und dafür, dass ihr mir mein schlechtes Gewissen etwas nehmt. Meine Mama würde natürlich nie etwas von mir verlangen oder wollen, dass wir unser Leben aufgeben. Trotzdem habe ich immer - wie Juna auch geschrieben hat - das Gefühl, es ist nicht genug was wir für sie tun.
Wahrscheinlich mache ich mir das schlechte Gewissen am meisten selbst und die Eltern haben - wie Gramyo sagt - mehr davon, wenn man etwas ausgeruht und mit neuer Energie unterstützen kann. Meine Mama sagte am Wochenende - wir waren zu Besuch dort - dass sie der glücklichste Mensch ist, weil sie uns hat. Wir telefonieren jeden Tag und sagen ihnen, dass wir immer da sind wenn sie uns brauchen.

Danke nochmal für eure Unterstützung. Ich fühle mich hier wirklich sehr gut aufgehoben! Euch allen auch weiterhin viel Kraft!
Liebe Grüße und einen sonnigen Tag, Olivia
bolli
vlinder
08.08.2013 13:42:40
Liebe Bolli,
meine Partnerin ist vom Glio betroffen und sie hat eine Tochter, die mehr als 700 km weg wohnt. Sie kommt etwa alle zwei bis drei Wochen, und das ist für uns genau richtig. Ich erlebe es als tolle Entlastung, dann habe ich mal die Möglichkeit etwas zu entspannen und meine Partnerin freut sich und empfindet es auch als schön und frisch. Sie würde nicht wollen, dass ihre Tochter ihr Leben umkrempelt. Sie will lieber wissen, dass das Leben der Tochter läuft, totz der der Sorgen. Du bist ganz gewiss nicht egoistisch, wenn du dein Leben weiter führen möchtest. Es ist wichtig, dass du das tust. Und ich sehe auch den Partner an erster Stelle, und Freunde etc. Das konkrete Umfeld. Mach dich nicht kaputt!!!

Viel Kraft wünscht Vlinder
vlinder
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