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Thema: Diagnose seit 09.2020, fühle mich so alleine

Diagnose seit 09.2020, fühle mich so alleine
Dachs
07.01.2021 16:53:25
Hallo ich bin Lydia und kämpfe mit der Diagnose. Habe im Dezember Strahlentherapieblock hinter mich gebracht und in der 1. Woche parallel den 1. Chemozyklus. Ich bin 52 J. und ich mache die aggressive Variante mit Lomustin. Jetzt sind meine Blutwerte schlecht. Leucocyten unter 2000 und ich muss jede Woche mein Blutbild kontrollieren lassen. Ich bin echt frustriert - mein Leben ist aus den Fugen. Gibt es jemand mit ähnlichen Erfahrungen? Seit 3 Monaten zu Hause und jetzt praktisch in Warteschleife. Und immer die Frage - wie sieht es im Kopf aus? Eigentlich bin ich ein positiver Mensch, aber ich kann mich mit niemandem austauschen über diese seltene Erkrankung. Deshalb mein Versuch hier.

Alle 2 Wochen habe ich einen Termin in der Krebsberatungsstelle in Baden-Baden. Das tut schon gut, aber reicht irgendwie bei weitem nicht.
Dachs
Toffifee
07.01.2021 17:58:21
Hallo Lydia,
Sei willkommen und Alles Gute im Neuen Jahr!
Frustriert sind wir wohl alle. Mehr oder minder. Da hatte ich Levetiracetam Tagesmaximum und dann kommt in Tübingen raus, das ist ja für mich das unpassende Medikament (Pharmakoresistenz). Nun habe ich Lacosamid und kann das andere langsam ausschleichen.
Von Deiner Diagnose habe ich bisher noch nie gehört.
Meine Eltern lebten in Rastatt und ich studierte zum Schluss in KA.
Ich würde sagen positive Menschen lassen sich nicht unterkriegen: gelegentlich schimpft man oder ist genervt, aber was soll es, wir haben es ja nicht bestellt. Ja wie es im Kopf aussieht sagt der NC nach den regelmässigen MRTs.
Ich mache wöchentlich Gedächtnistraining und das tut auch richtig gut. Wohl auch weil ich mit der Ergotherapeutin richtig Glück hatte.

Dir Alles Gute
Willi
Toffifee
Efeu
08.01.2021 07:04:12
Guten Morgen Lydia,

wie geht es dir heute?

Ja, diese Diagnose zerbricht die vertraute Welt, sie verunsichert, erschüttert, gleich einem Erdbeben scheint nichts mehr zu sein wie bisher. Das Vertraute, man selbst, alles ist verunsichernd anders, fremd.
Mehr oder weniger geht es uns allen so, speziell bei langwierigen Behandlungen, die auch noch so an die Substanz gehen und bei ungewisser Prognose.

Nach anfänglicher Schockstarre flutet das Entsetzen, die Unsicherheit und man scheint in einem Trümmerfeld von offenen Fragen, viel Schmerz und .... Einsamkeit umgeben.
Die meisten Menschen bekommen ob so einer Diagnose im Bekannten-Freundeskreis Angst, es ist ja auch beängstigend so fremd. Und was machen wir reflexartig bei Angst: Wir versuchen uns zu schützen, meistens durch Rückzug.
So wirst du einsam, dabei sind die anderen wahrscheinlich "nur" hilflos, unsicher.

Die Warteschleife im Kopf, wie du schreibst. Sie ist da, auch das braucht gewöhnen. Überleg dir, wie du, für dich, damit umgehen kannst, dass sie dich nicht dominiert, in der Hand hat. Gib ihr einen imaginären Ort, wo sie sein kann. Visualisiere sie, die Angst. Und dann nimm sie mit, sie ist ein Teil von dir. Sie darf da sein, aber du bestimmst.
Und dann blick dich um. Was gibt es sonst noch, was möchtest und kannst du, jetzt, heute? Worauf hast du Lust, und was ist da. Kleinigkeiten die erfreuen.

So wie dein Körper sich ganz ganz langsam erholen muss, siehe Blutwerte, so braucht auch deine Psyche Zeit, und viele kleine Schritte.
Gib dir Zeit, viel Zeit, und sei gütig zu dir selber.

Es ist ein Weg....

LG
Efeu
Efeu
Miss Cupcake
11.01.2021 17:42:42
Hallo Lydia.

Herzlich willkommen und ein gutes neues Jahr!

Ich kann dich sehr gut verstehen, denn auch fühle mich sehr alleine. Ich bin fast das ganze letzte Jahr zu Hause gewesen, 3 OP´s in 2 Monaten, mehrere Chemo, usw. Mein Mann ist zwar an meiner Seite, aber ich fühle mich dennoch ziemlich alleine, zumal er tagsüber arbeiten ist. Corona macht die Sache auch nicht besser.
Ich frage mich auch die ganze Zeit, ob es Sinn macht usw. Letztlich führen solche Fragen aber zu nichts, sondern vergeuden nur wertvolle Zeit.

Was dir helfen kann, mag ich persönlich natürlich nicht zu sagen. Ich kann dir aber sagen, wie ich es halte.
Ich versuche möglichst viel angenehmes zu machen. Dinge, die mir Spaß machen. Und meine persönliche "Ergotherapie", nämlich rätseln. Auch male ich spezielle Ausmalbilder aus (mit meinem persönlichen Lieblingsthema, damit es auch Spaß macht). Ich schöpfe Kraft aus der Liebe meines Mannes und der bedingungslosen Liebe meiner Tiere. Da sie sehr leiden, wenn es mir schlecht geht, versuche ich mich jeden Tag hoch zu reißen. Für sie. Für meinen Mann. Und natürlich für mich.
Finde heraus, was dir gut tut, woraus du Kraft schöpfen kannst.
Wenn du jemand zum reden brauchst, lass es mich wissen.

Alles Liebe.
Miss Cupcake
Dachs
11.01.2021 18:08:56
Hello Miss Cupcake,

Danke für deine Zeilen. Ich liebe Cupcakes schon mal vorweg. Bei uns gibt es ein kleines Cupcake-Lädchen ganz in meiner Nähe- ganz schnuckelig.

Ich hänge viel am Telefon zur Zeit. Mit der Krankenkasse, versuche Ärzte in Heidelberg zu erreichen, und natürlich auch Familie und Freunde. Ich versuche es mir gut gehen zu lassen und immer was schönes zu machen. Mein Mann arbeitet aber recht lange und hat jetzt endlich auch mal einen Psychologentermin. Die Stimmung bei uns zuhause ist schon düster. Meine Kinder merken das auch. Was hast du denn für Tiere??
Optimistisch bleiben, dass ist gar nicht so leicht...manchmal. Die Diagnose ist schon präsent beim Aufwachen. Ich stehe jetzt auch vor der Entscheidung Tumortherapiefelder ja oder doch nicht... aber eigentlich will ich schon alles machen was günstig ist bzw. lebensverlängernd. Da denke ich nur selten dran, aber es hängt wie ein Schwert über mir.
Jeden Tag zu leben in Coronazeiten ist halt auch niederdrückend. Und Mittwoch wieder Blutabnahme und Kontrolle und dann vielleicht Chemostart.

Geduldig sein ist auch nicht so meine Stärke.
Hier im Forum hat man immerhin ein bisschen Kontakt zu Betroffenen. Liebe Grüße

Lydia
Dachs
Fabi
12.01.2021 10:52:18
Hallo Lydia,

Hier in dem Forum wirst du mit weit offenen Armen aufgenommen :).
Hier hast du Menschen, die dich genau verstehen. Viele machen / machten das gleiche durch wie du und können daher genau deine Ängste, Gedankengänge und körperliches Unwohlsein nachvollziehen. Jeder geht mit dieser Situation anders um. Der eine steckt den Kopf in den Sand, der andere schöpft aus dieser Diagnose Kraft und versucht jetzt erst recht das Leben zu genießen auf seine eigene Art und Weise.

Stell hier gerne deine Fragen oder geh in den Chat, da sind auch ab und zu ein paar die gerne Schreiben wollen.

lg Fabi
Fabi
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