Hallo Ihr alle,
Lange ist es her, dass ich einen eigenen Beitrag geschrieben habe...
Und viel ist passiert.
Wer mich/uns kennt und meine Antworten in den letzten Tagen und Wochen gelesen hat, der ahnt oder weiß schon, dass es nicht so gut aussieht.
Kurze Vorstellung..
mein Mann lebt seit dem ersten epileptischen Anfall im Dezember 2012 mit einem Glioblastom.
Erste OP im Dezember (alles sichtbare entfernt) Standard Therapie mit Temosal und Bestrahlung) , im Mai 2013 bereits Rezidiv ( ungefähr Hühnerei) und die Zweite OP (wieder alles sichtbare entfernt). Umstellung Chemo (Dentritische Zelltherapie in Leuven passte nicht)
Bereits im August 2013 kam die Nachricht, dass es zwei Rezidive gibt, diesmal beide inoperabel (Hirnstammnähe, Schlaganfallrisiko unter OP)
Wechsel zu Bevazicumab, dann in Kombination mit Irinotecan.
Es gab dann erst eine diffuse nicht kompakte Kontrastmittelanreicherung und nach weiteren 3 Monaten einen neuen Tumor in einer komplett anderen Hirnregion, während die alten Bekannten unter der Therapie relativ stabil erschienen.
Erneut Bestrahlung, Chemo in der Zeit etwas verzögert.
Am 28.5. wäre der nächste MRT-Termin gewesen.
Da es meinem Mann aber erheblich schlechter geht, haben wir darum gebeten, die Chemo mit den immer heftigeren Nebenwirkungen auszusetzen und zu klären, ob es noch eine Wirkung gibt.
Gestern war nun wieder "Stunde der Wahrheit"...
Wie befürchtet, sind die Tumore alle gewachsen und haben sich alle in ungünstige Regionen entwickelt.
Es bestehen deutliche Einschränkungen (Sehvermögen, kognitive Fähigkeiten, Konzentrationsfähigkeit, eingeschränkte Motorik und drohende halbseitenlähmung), auch im Verhalten ist einiges anders als früher.
Am Traurigsten macht mich immer, das mein Mann nicht mehr lachen kann - aber wer sollte ihm das verübeln?
Wir haben immer versucht das Beste aus der Situation zu machen, haben versucht mit unseren 3 Kindern das gute Leben weiter zu leben und zu genießen. Haben noch tolle Dinge gemeinsam erlebt.
Immer gelingt das nicht, denn die Leichtigkeit, mit der man im "normalen" Leben mit Anfang Vierzig unterwegs ist, die ist lange vorbei.
Gleichzeitig plagen uns ( ehrlicherweise mich) inzwischen deutlich finanzielle Sorgen. Viel zu spät haben wir erkannt, welche Auswirkungen schon die erste OP auf die besonderen Fähigkeiten meines Mannes in beruflicher Hinsicht hatte. Viel zu lange haben wir versucht die Fassade und den Schein aufrecht zu erhalten. Und viel zu lange wollten wir daran glauben, dass alles gut wird oder schon wieder ist.
Ohne diesen Glauben hätten wir es aber möglicherweise nicht so lange ausgehalten. Wir haben immer noch kurze Momente, in denen die Wesenszüge und Eigenschaften hervorblicken, die meinen Mann zu dem gemacht haben, was er - ja- früher einmal war.
Es ist wie ein Abschied auf Raten. Ein Teil von ihm ist schon gegangen.
Jetzt stehen wir also vor der Frage, ob wir den nächsten wenig erfolgsversprechenden Therapieversuch (Gliavec Litaril? - hier im Forum habe ich dazu Beiträge aus 2007 gefunden) oder ob wir (natürlich hauptsächlich mein Mann) zu dem Entschluss kommt, dass auch ein Verzicht auf Therapie ein Maß an Lebensqualität hat, dass es wert ist. Lebensqualität ist eben nicht in Zeit zu messen und zuwenig kann abgeschätzt werden, welchen Preis man Wofür bezahlen soll.
Wenn das Leben zu schwer wird, kommt ein Engel und holt Dich ab ...
Leider weiß ich nicht von wem dieses Zitat stammt.
Wir schauen uns im Moment Hospize an und die Vorstellung irgendwann dort unterstützt zu werden, tröstet uns und gibt ein Gefühl von Sicherheit.
Dass wir dies gemeinsam machen könne, in Harmonie und als Paar, empfinden wir als ein Geschenk unserer andauernden Liebe.
Manchmal brauche ich meinen Fluchten, muss raus aus der Situation, kann die Veränderungen nicht immer gut ertragen.
Mit der lieben Familie ist es so eine Sache, es gibt eine zaghafte Annäherung, aber mit unserer Situation auseinander setzen, dass fällt der Familie meines Mannes weiter sehr schwer. immerhin reden wir wieder miteinander. Solange sie aber nicht wissen und verstehen (den Film am Montag "Halt aus halber Strecke" wollten sie sich nicht zumuten) was bei uns los ist, ist es schwierig für sie adäquate Hilfe zu geben und die recht hilflosen manchmal nicht wirklich durchdachten Hilfsangebote sind sicher gut gemeint.
Dahinter steht ein dickes Aber...
Wir wussten, dass irgendwann diese veränderte Situation in der Erkrankung kommen wird. Aber wie ein Segler, der schlechtes Wetter erwartet, weiß man nicht welches Ausmaß das Unwetter dann annimmt.
Und so kann man sich nicht darauf einstellen, was es mit einem macht, wenn es soweit ist.
Etwas positives zum Schluss? Wenn alles klappt, leihe ich morgen einen Rollstuhl und wir fahren am Samstag mit den Kids an die geliebten Ostsee, lassen uns die Sonne auf die Füße scheinen und die Weite auf uns wirken, werden ein dickes dänisches Softeis essen und die Kinder werden platsch nasse Hosen haben, obwohl sie gerade nur bis zu den Fußspitzen im Wasser waren... Fast so wie immer...
Dirlis