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Thema: Durchbruch in der Krebsforschung?

Durchbruch in der Krebsforschung?
Bergkamerad
31.12.2020 15:11:16
Ich habe gelesen, dass das Durchfallmedikament Loperamid gegen Glioblastome helfen soll. So heißt es in einer Mitteilung der Goethe-Universität Frankfurt. In einer Studie unter Leitung von Dr. Sjoerd van Wijk wurde dies herausgefunden.
Da meine Frau seit einem Jahr mit einem Glioblastom lebt, habe ich großes Interesse an dieser Studie.
Welcher Arzt kann mir da weiterhelfen, oder Informativ Auskunft geben.
Ich bin allen sehr dankbar für einen Hinweis zum Stand der Forschung.
Grüße
Bergkamerad
Prof. Mursch
31.12.2020 15:13:09
Loperamid hat in der Zellkultur dazu beigetragen, dass Glioblastomzellen durch Abbau eigenen Eiweisses absterben.


Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
Bergkamerad
31.12.2020 15:24:20
Können Betroffene an einer Studie bereits teilnehmen?
Bergkamerad
Tommi.1
31.12.2020 16:46:41
Frankfurter Forscher : Hilft Durchfallmittel gegen Hirntumor?
Von Sascha Zoske
29.12.2020

Neue Behandlungsmöglichkeit: In Laborversuchen führt das Durchfallmittel zum Absterben von Glioblastomzellen. (Symbolbild)
Bildbeschreibung einblenden

Forscher der Universitätsmedizin Frankfurt haben ein mögliches Mittel zur Behandlung von Glioblastomen entdeckt. Das Durchfallmittel Loperamid führe in Laborversuchen zum Absterben der Krebszellen.

Ein seit langem bekanntes Medikament gegen Durchfall könnte bei der Behandlung einer der bösartigsten Krebsformen helfen, die es gibt. Wie Forscher der Frankfurter Universitätsmedizin herausgefunden haben, führt der Wirkstoff Loperamid in Laborversuchen zum Absterben von Glioblastomzellen. Glioblastome sind extrem aggressive Hirntumore, die meist rasch zum Tod führen. Auf eine Chemotherapie sprechen sie schlecht an, weshalb intensiv nach neuen Behandlungen gesucht wird.
Sascha Zoske

Die Arbeitsgruppe um Sjoerd van Wijk konnte zeigen, dass Loperamid in den Krebszellen zu Stress im Endoplasmatischen Retikulum (ER) führt. In diesem Zell-Organell laufen wesentliche Teile der Proteinsynthese ab. Durch die Stressreaktion beginnt es, sich selbst zu verdauen, was in Tumorzellen zu deren Absterben führt. Nach den Erkenntnissen der Forscher bewirkt Loperamid die vermehrte Bildung eines Signalstoffs, der den Abbau der ER-Membranen auslöst.

Nach van Wijks Worten könnte Loperamid die Therapie von Patienten mit Glioblastom unterstützen. Auch für die Behandlung anderer Tumore und Nervenleiden wie etwa Demenz sei die Substanz möglicherweise geeignet. Allerdings müsse zunächst geklärt werden, wie sie ins Gehirn gelangen könne. Hierfür könnten Nanopartikel als Träger zum Einsatz kommen. Die Frankfurter Forscher wollen nun untersuchen, wie sich der Effekt von Loperamid noch verstärken lässt.


Quelle: https://www.faz.net
Tommi.1
Eris
02.01.2021 13:33:33
Solche Meldungen sind mit Vorsicht zu genießen. Sei es wie es sei, es wird über Untersuchungen in der Zellkultur berichtet. Selbst, wenn wir annehmen, dass Loperamid eine Wirkung gegen das Wachstum von Glioblastomzellen haben könnte, so muss es erst einmal die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Ein Blick in Wiki verrät uns, dass die Größe von Loperamid in einem grenzwertigen Bereich liegt, der das Überwinden der intakten BBB nicht so einfach machen könnte.
Eris
Mayla
02.01.2021 13:54:54
Die Goethe Universität Frankfurt hat die Informationen seit wenigen Tagen offiziell auf ihrer Website veröffentlicht

Hoffnungsvolle Grüße Mayla
Mayla
Tommi.1
02.01.2021 18:45:01
Die Blut Hirn Schranke lässt sich durch fokussierten Ultraschall öffnen. Dazu gibt es ettiche erfolgreiche Versuche.
Tommi.1
Eris
02.01.2021 22:07:35
Welche Klinik setzt so etwas in Deutschland ein?
Eris
Prof. Mursch
02.01.2021 22:53:57
Dazu gibt es Versuche in Asien.
fusfoundation.org


Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
tomtom0674
03.01.2021 17:20:54
Loperamid kommt beim Erwachsenen nicht durch die Blut-Hirn-Schranke )war das nicht p-gp-bedingt?). Bei Kindern ist das ja eigentlich kontraindiziert da es bei den jüngsten diese Schrankenfuntkion noch nicht wirksam ist und damit zentrale Wirkungen entfaltet - die man ja beim eigentlichen Einsatz des Medikaments nicht möchte.

Wenn man den Wirkmechanismus versteht ergibt sich vielleicht die Möglichkeit ein "Vehikel" zu designen?
tomtom0674
Hoffnung21
06.01.2021 14:33:04
Vielen Dank Prof. Mursch dass sie sich hier immer wieder melden!

Das Thema ist viel zu schwierig um sich hier als medizinischer Laie dazu zu äußern.

Meine Frage wäre, ob es auch bei einem Astrozytom II evtl. Erfolgsaussichten bezüglich des Loperamid geben könnte?

Vielen Dank für ihre Mühe
Jutta
Hoffnung21
AMüller
03.02.2021 23:01:34
Loperamid bindet als Opioid an die Opioidrezeptoren der Tumorzellen. Allerdings kann, wie bereits oben beschrieben, Loperamid nicht die Bluthirnschranke überwinden. Zusätzlich ist die Bioverfügbarkeit von Loperamid mit 0,3% sehr gering, da es u. A. sehr zügig über die Leber abgebaut wird. Damit gelangt weniger als 1% in den Blutkreislauf – die dann zusätzlich die Bluthirnschranke überwinden müssen. Zusätzlich kann Loperamid schwere Nebenwirkungen mitbringen, wie bspw. Herzkomplikationen. – ich bin gespannt, wie das gelöst werden soll???

Interessanterweise bestätigt die Entdeckung zu Loperamid im Grunde genau die seit über 10 Jahren erforschte und international bestätigte Wirkweise von D,L-Methadon, das ebenfalls als Opioid über die Opioidrezeptoren wirkt. – Allerdings kann Methadon die Bluthirnschranke überwinden und hat eine wesentlich höhere Bioverfügbarkeit – was viele positive Erfahrungsberichte von Betroffenen von Krebserkrankungen inkl. Hirntumoren bestätigen.

Warum im Vergleich Loperamid so hochgejubelt wird, wo es bei all den Problemen überhaupt fraglich ist, ob Loperamid tatsächlich am Menschen wirksam ist, erschliesst sich mir nicht.
AMüller
rawa
04.02.2021 08:03:27
So oft wie ich diese Schlagzeile in den letzen 20 Jahren gelesen habe, dürfte es Krebs garnicht mehr geben
rawa
AMüller
04.02.2021 10:46:11
@rawa, absolute Zustimmung. Vor lauter Durchbrüchen und Revolutionen dürfte kein Mensch mehr wissen, wie man Krebs schreibt. Sowas ist reine PR für Pharma und vielen Menschen wird ohne Grundlage Hoffnung gemacht.

Ich erinnere mich an erste Sprüche und Kommentare aus dem Bekanntenumfeld zur Diagnose, dass heutzutage ja Krebs keine schlimme Sache mehr sei … zum Glück sei die Forschung heute so weit vorangeschritten. Als Betroffener merkt man jedoch schnell, dass die Realität anders aussieht – trotz aller wunderbaren Möglichkeiten.
AMüller
rawa
04.02.2021 11:28:51
Man muss leider auch sagen, einen Artikel mit so einer Schlagzeile liest man eher. Ich weiß von befreundeten Journalisten, dass die Schlagzeilen oft nicht von ihnen stammen, sondern der Redaktion- Oft ist der Text dann ernüchternd
rawa
AMüller
04.02.2021 12:23:01
Leider sind solche unseriösen Schlagzeilen sogar oft im Sinne der Pharmaindustrie, um sich und die unglaublichen Erfolge und Fortschritte feiern zu lassen.

Wäre es der Gesundheitsindustrie ernst, würde sie sich von solchen zweifelhaften Versprechungen lösen und distanzieren. Wahrscheinlich unterstützt sie sogar aktiv solche Bilder und Beiträge und arbeiten aktiv mit. Kein gutes Licht für die Pharmaindustrie und deren Unterstützer.
AMüller
Mirli
04.02.2021 13:15:04
Hallo,
bin derselben Meinung, wie AMüller und rawa.
Heute ist zum 21. Mal Weltkrebstag, so dass ich glaube, dass heute noch einige krebsbezogene Informationen im www auftauchen, wie:

"Jährlich sterben in der Europäischen Union (EU) über eine Millionen Menschen an Krebs. Karzinome sind damit bei jedem vierten Todesfall die Ursache. In Deutschland sind im Jahr 2019 rund 231.000 Menschen an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben – 125.000 Männer und 106.000 Frauen."

Wenn ich das in einer gestrigen Sendung im TV bzgl. Corona-Impfung richtig mitbekommen habe, ist die Pharmaindustrie Nutznießer von vielzählig durchgeführten Forschungen an Universitäten u.a. in DE.

Ich möchte, dass in demselben Tempo, wie es Forschungen zu Corona und deren Impfung gab/gibt auch endlich mal an das Thema Krebs gegangen wird. Mir kommt es so vor, als hätte sich hier schon sehr lange nichts Durchschlagendes mehr ergeben.

Gruß Mirli
Mirli
AMüller
04.02.2021 13:55:24
@Mirli, nach meiner Info kann die Onkologie wohl auf einige Erkenntnisse aus der Corona-Forschung zurückgreifen. Ob das tatsächlich den Durchbruch bringt, halte ich für fraglich. Zu oft haben wir in der Vergangenheit "Revolutionen in der Krebstherapie" verkauft bekommen, die sich dann leider als Luftnummer und medizinische Rohrkrepierer entpuppt haben.

Der Kampf gegen den Krebs ist bei Weitem nicht so weit, wie uns die Gesundheitsindustrie glauben machen will. Viele Ansätze sind spannend, bringen aber bisher keinen Durchbruch. Aus dem Grunde ärgert mich auch, dass beispielsweise ein Ansatz Methadon bis heute (!) nicht gefördert wird – trotz international mehrfacher wissenschaftlicher Bestätigung, positiven Erfahrungen bei Betroffenen und Ärzten und erfolgreicher Petition.

Wir sind einfach nicht in der Position, dass wir uns die lukrativsten Ideen heraussuchen und Ansätze ohne Lobby liegen lassen können, wenn wir den Kampf gegen Krebs tatsächlich ernst nehmen. Aber hier spielt viel Politik und Lobbyismus hinein – was dann zu solchen merkwürdigen PR-Aktionen wie mit Loperamid führt, das im Grunde Methadon bestätigt, aber selbst noch viele ungelöste Probleme lösen muss, um vielleicht eine Wirkung am Menschen zu entfalten …
AMüller
Eris
04.02.2021 15:49:57
Es ist tatsächlich eine PR-Luftnummer, weil die Meldung sehr früh (in Bezug auf die Forschung) eine Wirksamkeit suggeriert. Die Fachgesellschaften haben sich in der Zwischenzeit mit einer Stellungnahme vom Inhalt der PR-Meldung distanziert. Sie warnen vor dem Einsatz von Loperamid bei Hirntumoren bzw. außerhalb der Indikation Durchfall. Loperamid soll neben Darmträgheit vor allem bei höherer Dosierung schwere und lebensbedrohliche Nebenwirkungen verursachen. Irgendwie erinnert einen dies an Methadon.
Eris
Bergkamerad
04.02.2021 17:05:04
Alle meine Lieben, ihr habt recht. Ich musste dies auch so erfahren, wie ihr es beschreibt. Das was man wollte, und das wie es ist, liegt leider weit auseinander. Die Realität führt es mir knallhart vor die Augen und das ist bitter.

Gegen ein Glioblastom gibt es seit 2005 nur eine Standardtherapie, die auf den Krebs gar nicht, oder gering anspricht. Seither gibt es kein einziges Medikament das den Krebs in Schach hält. Ohne OP die ja nicht immer möglich ist und ohne Bestrahlung, die man am Gehirn auch nicht beliebig durchführen kann, sind solche Krebsarten unbesiegbar. Die Forschung hinkt da leider Jahre hinterher. Vielleicht sollten sich mal die ganzen Forscherkapazitäten zusammensetzen? Die finanzielle Ausbeute ist natürlich in keinem Verhältnis wie bei den Corona Impfstoffen.
Bitte versteht mich nicht falsch, trotz allem bin ich für die heutigen Möglichkeiten und den Einsatz der Ärzte unendlich dankbar.
Bergkamerad
rawa
04.02.2021 18:13:09
Es gibt eine Standardtherapie beim neu diagnostizierten Glioblastom aber für das Rezidiv gibt es nicht einmal eine Standardtherapie und ein Rezidiv kommt fast immer.
rawa
jürgen
05.02.2021 10:13:35
Hey,
bin voll bei Euch.

@Eris: Du schreibst, Loperamid erinnere Dich ein wenig an Methadon. Passt ja auch, nur dass es bei Methadon keine lebensbedrohlichen Nebenwirkungen gibt. Ich bin überzeugt von der Wirkung. Durch die Admins in der FB-Gruppe, die direkten Kontakt mit Frau Dr. Friesen haben, bin ich sehr gut aufgeklärt worden und nehme nun schon seit fast zwei Jahren täglich Methadon. Bin auch Mitglied im Verein "Methadon in der Krebsbehandlung". Sofern Interesse besteht, kann ich Dir die Web-Seite nur empfehlen.
Alles Gute, Jürgen
jürgen
Eris
05.02.2021 11:19:48
Bei Methadon wurde auch mit lebensgefährlichen Nebenwirkungen argumentiert. Probleme hat der Arzt beim Thema Methadon aber aufgrund der fehlenden Zeit. Er kann nicht jeden Krebspatienten zusätzlich über die Methadonanwendung aufklären und Off-Label-Use ist ein rotes Tuch. Ein Onkologe, der über seine Erfahrungen mit dem Thema Methadon berichtete, begann seinen Vortrag mit der Addition von Minuten, aus denen täglich schnell zusätzliche Stunden für Beratung wurden.
Eris
AMüller
05.02.2021 12:30:11
@Eris, jedes Medikament hat - falsch dosiert - Nebenwirkungen. Ich wäre froh, wenn die Onkologen über die Standardtherapien mit Vor-/Nachteilen und Nebenwirkungen wirklich aufklären würden. In Eigenrecherche stellt man als Betroffener schnell fest, dass viele wichtige Infos zur Entscheidung und Therapie selbst schnell unter den Tisch fallen. Bei Therapien, die viele tausende von Euro kosten. Jeder Autokauf hat teilweise eine bessere Beratung.

Es kann auch nicht sein, dass zusätzlicher Beratungsaufwand eine Entscheidungsgrundlage pro/contra für eine lebensrettende Therapie ist. Bei Leben und Tod sollte letztendlich der Patient entscheiden dürfen. Und viele Ärzte, die Methadon praktizieren, haben diese Probleme nicht.

Fakt ist, dass viele Ärzte und Onkologen nicht über Methadon aufgeklärt sind und sich an falschen Aussagen und Publikationen festhalten, die wissenschaftlich keine Grundlage haben. So werden heute immer noch Todesfälle zu Methadon aufgeführt, obwohl diese juristisch längst widerlegt sind. Und viele bekannte Nebenwirkungen aus Leitlinientherapien werden bequemerweise schnell dem Methadon zugeschoben. Ich sehe es als Pflicht der Ärzte an, sich im Sinne der Patenten zu informieren. Die Gesellschaft für Schmerzmedizin DSG hat inzwischen Methadon in die Leitlinien aufgenommen, auch um die zunehmenden Patientenwünsche zu berücksichtigen. Das steht in der Onkologie noch aus …

Umgekehrt wird dagegen ein Medikament Loperamid in den Fachmedien als Durchbruch gepusht, das die Wirkweise und das Potential von Methadon exakt bestätigt – aber aufgrund seiner Eigenschaften nicht wirklich funktioniert bzw. grundlegende Probleme ungelöst sind. Muss man nicht wirklich verstehen.
AMüller
Blubbblubb
06.02.2021 10:39:00
@AMüller, du hast (leider) mit jedem Wort so recht....
Blubbblubb
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