Hallo ihr Lieben,
mein Name ist Johanna, ich bin 20 Jahre alt und habe im Januar diesen Jahres die Diagnose Glioblastom bekommen. Jetzt, gut ein halbes Jahr später, dachte ich es wäre an der Zeit meine Erfahrungen zu teilen und dem einen oder anderen Mut zu machen.
Also fange ich von vorne an...
Letztes Jahr im Dezember bekam ich die ersten Beschwerden, ich hatte fürchterliche Kopfschmerzen die den ganzen Tag anhielten. Darauf ging ich zu meinem Hausarzt der mir immer stärker werdende Schmerzmittel verschrieb, doch nichts wirklich hat mir geholfen. Ich war irgendwann wirklich verzweifelt und weinte oft weil ich ziemliche Schmerzen hatte.
Als meine Augen anfingen sich zu verschlechtern hatte meine Mutter schnell einen Verdacht und schickte mich gleich den nächsten Tag zum Augenarzt, der erkannte die Not und überwies mich gleich nach Göttingen ins Krankenhaus. Ich kann dazu nur sagen, man sollte nie zu lange warten die Schmerzen sind ziemlich eindeutig und unterscheiden sich von normalen Kopfschmerzen, eventuell steckt doch mehr dahinter als man denkt. Jedenfalls wurde im Krankenhaus gleich ein MRT verordnet da ich ja eigentlich kein Notfall war, wartete ich geschlagene dreizehn Stunden auf mein MRT.
Das Ergebnis sollte mir dann erst am nächsten Tag gesagt werden da es schon mitten in der Nacht war. Meine Eltern sind bis zum Schluss bei mir gewesen und haben mich unterstützt und haben mir Mut gemacht. Es muss fürchterlich sein das eigene Kind so traurig zu sehen. Nach dem MRT wurde ich gleich auf die Neurologie verlegt, dort verbrachte ich nur eine Nacht. Am nächsten Morgen kamen meine Eltern schon früh zu mir und wir warteten zusammen auf die Ärzte. Als sie kamen brachten sie uns die Hiobsbotschaft. Sie sagten das ich einen Hirntumor habe und möglichst schnell operiert werden muss. Meine Eltern fielen aus allen Wolken, ich jedoch hatte so etwas in der Art schon geahnt, denn solche Kopfschmerz waren definitiv nicht normal.
Ich wurde also gleich den selben Tag auf die Neurochirurgie verlegt und wurde von meiner Operateurin über meine Operation aufgeklärt die am 05.01.2016 stattfinden sollte. Mir wurde gleich gesagt das der Tumor eher bösartig ist. Also verbrachte ich Neujahr in der Klinik.Meine Geschwister sagten mir das war das traurigste Neujahr was sie jemals hatten, generell hatte ich immer das Gefühl das meine Familie mehr unter dem Tumor litt als ich.
Die Operation wurde dann planmäßig den Tag durchgeführt und es verlief alles gut. Es hat mir ungemein geholfen das ich ein uneingeschränktes Vertrauen in meine Ärztin hatte und ich bin ihr wirklich sehr dankbar, dass sie einen so guten Job gemacht hat. Nach der Operation war ich natürlich erst einmal ziemlich durcheinander und unter Schmerzmittel gesetzt, ich erkannte meine Familie nur schwer. Heute kann ich mich auch nur noch verschwommen an die Zeit nach der Operation erinnern, ich war einfach nur unendlich froh das es vorbei war.
Es hat ca. drei Tage gedauert bis ich die Ergebnisse der histologischen Untersuchungen bekommen habe. Ich bekam also die zerschmetternde Diagnose Glioblastom, da ich noch ziemlich weggetreten war hatte ich nichts wirklich verstanden und meine Geschwister sagten mir, dass sie das Gefühl hatten ich stehe unter Drogen. Vielleicht tat ich das auch ich kann es nicht sagen. Jedenfalls wusste ich mit dieser Diagnose wirklich nichts anzufangen und war hoch motiviert dagegen anzukämpfen und unterdrückte das Verlagen im Internet darüber zu recherchieren. Im Nachhinein war es ganz gut das ich ca. einen Monat unwissend lebte, das gab meinem Körper Zeit sich zu regenerieren.
Eine Woche nach der Operation durfte ich schon nach Hause, was ich ziemlich erstaunlich fand aber nach ungefähr drei Wochen Krankenhaus war ich ganz froh endlich nach Hause zu dürfen.
Zuhause war ich dann wieder wie ein kleines Kind ich konnte nichts wirklich alleine. Ich weinte sehr viel und hatte Panikattacken. Ich brauchte immer jemanden aus meiner Familie in meiner Nähe.Wir litten alle zusammen, besonders meine Eltern.
Im Februar konnte ich meinem Verlangen, Informationen über den Tumor zu suchen, nicht mehr standhalten und so suchte ich im Internet nach Antworten auf meine Fragen. Das was ich las war natürlich nicht das was ich lesen wollte, es war das genaue Gegenteil und ich verfiel in einen schock-artigen Zustand und die Angst und die Panik nahmen exponentiell zu. Ich war nicht mehr in der Lage die leichtesten Dinge auszuführen, ich war gelähmt vor Angst.
Die meiste Zeit weinte ich und suchte Zuflucht bei meiner Familie. Sie waren die einzigen Menschen die ich in der Zeit sehen wollte, ich hatte abgeschlossen mit meinem Leben ich fragte mich ob ich wirklich den Löffel mit 20 abgeben muss.
Ab diesem Zeitpunkt habe ich versucht mich an jeden Funken Hoffnung zu hängen den ich bekommen konnte, ich suchte verzweifelt nach Studien und alternativen Behandlungsmöglichkeiten. Ich steckte all meine Hoffnung in jede Methode die kleine Erfolge erzielt hatte und war zutiefst verzweifelt das, egal was ich las, mir keine Heilung versprochen werden konnte. Es ist frustrierend eine Therapie angeboten zu bekommen welche nur eine „lebensverlängernde Maßnahmen“ genannt wurde. Ich verlor das Vertrauen in die Behandlung und in die Medizin. Heute weiß ich, die Medizin wirkt nur so gut wie ich es zulasse. Ich stelle mich nicht gegen die Chemotherapie, ich mag sie nicht sonderlich aber ich nehme sie weil ich glaube sie kann mir helfen.
Ich weiß nicht genau wie ich es geschafft habe aus diesem Loch zu entfliehen aber ich weiß das ich ohne meine Familie heute nicht hier sitzen würde. Sie sind das wichtigste in meinem Leben und der Grund warum mein Leben trotz dieser Diagnose lebenswert ist. Ich hab dem Krebs den Kampf angesagt und möchte jetzt Menschen Mut machen. Es ist verlockend aufzugeben und es ist verlockend sich der Trauer hinzugeben aber wenn ich in meinen jungen Jahren eins gelernt habe dann das das Leben ein Geschenk ist und jeder selbst dafür verantwortlich ist was er daraus macht.
Ich sehe diese Krankheit nicht mehr als Feind ich habe gelernt mit ihr zu leben und sie zu akzeptieren. Sie ist, wie der Tod, mein ständiger Begleiter und das ist in Ordnung. Ich wollte vier Monate niemanden sehen und mit niemanden reden und für mich war das gut, denn ich wusste das mir niemand helfen kann, das war ein Kampf mit mir selbst.
Ich fing also nach der Zeit langsam an mich wieder aufzubauen ohne das ich irgendwas brauchte an dem ich mich festhalten konnte, es dauerte weitere vier Monate bis ich hier sitze kann und so über die Krankheit schreiben kann.
Die Frage nach dem Warum beschäftigt mich schon lange nicht mehr, es bringt nichts sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Es ist in Ordnung das gesamte Universum zu verfluchen, ich habe es auch getan, doch ich denke ich habe meinen Frieden gefunden und habe keine Angst mehr vor dem was jetzt noch kommt. Ich habe meine Ausbildung begonnen und bin hochmotiviert diese zu beenden! Egal was die Prognose sagt ich werde das schaffen, ich habe es mir fest vorgenommen.
Ich möchte das diejenigen die betroffen sind nicht den Mut verlieren, die Diagnose ist nicht das Ende, eventuell ist es ein Anfang. Ich weiß das alles nach hinten losgehen kann aber ich möchte am Ende sagen das ich es wenigstens versucht habe. An die Angehörigen: Seid immer für eure Liebsten da denn ihr seid die einzigen Menschen die helfen können in einer solch aussichtslosen Situation.
Ich möchte hier meiner Familie danken, meinen Eltern meinen Geschwistern und meinen Großeltern, ich habe sie noch nie so sehr geliebt wie ich es jetzt tue.
Meinen Freunden möchte ich danken weil sie ein fester Bestandteil meines Lebens sind.
Außerdem danke ich meinem wunderbaren Freund der immer hinter mir gestanden hat egal wie schlecht es mir ging, der mir eine Schulter zum anlehnen gab als ich sie brauchte.
Es tut mir leid wenn der Text schwer zu lesen ist, ich habe mir alles von der Seele geschrieben und somit ist es eventuell etwas unsortiert.
Mit ganz viel Glück an euch
Johanna