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Serena

Hallo,

ich werde bald einen neuen Job beginnen und dafür aus meinem Elternhaus ausziehen. Meine Eltern haben mich seit der Diagnose unglaublich toll unterstützt. Ich bin schon lange ungeduldig, endlich wieder selbstständig zu leben. Jetzt bin ich auf einem guten Weg. Werde in ein WG Zimmer ziehen. Natürlich bin ich trotzdem noch finanziell abhängig, da ich mir Geld für Kaution zb von meinen Eltern leihen musste. Jetzt ist es aber so, dass ich meinen Eltern gesagt habe, dass ich es nervig finde, dass sie mich zur neuen WG fahren. Ich fühle mich mit dem Gedanken daran, total abhängig und wie ein kleines Kind. Das habe ich ihnen gesagt, sie haben es aber nicht verstanden. Kennt jemand ähnliche Situationen? Habt ihr auch das Gefühl, durch eure Diagnose emotional abhängiger zu sein? Ich war schon jahrelang selbstständig, wurde durch die Diagnose total zurückgeworfen und habe jetzt das Gefühl, dass es viel schwieriger ist, sich abzunabeln.

Würde mich über Erfahrungsberichte sehr freuen!

LG Serena

KaSy

Liebe Serena,
ich war bereits 37 Jahre und hatte drei Kinder, die ich allein erzog, war unheimlich gern in meinem Beruf tätig - und dann kam die "Katastrophe", als die ich sie damals empfand.

Ich musste meine Eltern einbeziehen, was eben seine zwei Seiten hat.

Ich brauchte sie wirklich sehr und war enorm dankbar, dass ich sie hatte.

Irgendwann ging es mir besser, ich schaffte nach und nach mehr allein, ging wieder arbeiten, aber meine Eltern halfen mir weiter. Sie wussten, dass ich es allein schaffen wollte, aber sie wirkten trotzdem in meinem Garten. Ich kam von der Arbeit nach Hause, hätte etwas Ruhe gebraucht, konnte aber doch meine Eltern, die längst Rentner waren, nicht allein ackern lassen.

Es fiel mir wirklich schwer, diese Hilfe so anzuerkennen wie sie gemeint war, nämlich als wirklich ganz lieb gemeinte Hilfe. Es war ein innerer Widerspruch, den ich empfand. Sie meinen es wirklich gut.
Aber ist "gut gemeint" auch immer "gut"?

Ich war eifersüchtig, wenn sie meinen Kindern zum Geburtstag, zu den Jugendweihen, Schulabschlüssen Geld schenkten, mir aber nie sagten, wieviel sie ihnen gaben. "Es sind doch auch unsere Enkel."
Gut gemeint.
Gut?

Ich redete mir immer wieder ein, dass sie das Beste für meine Kinder und mich wollen. Es ist auch wirklich ein sehr großes Glück, eine so gut funktionierende und zusammenhaltende Familie zu haben.
Das hat nicht jede/r.

Und doch kann diese "aufgedrückte" Hilfe und Liebe mitunter auch erdrücken.
Weil man - so wie Du es schreibst - emotional betroffen ist.
Man kann nicht einfach sagen, "Ich will Eure Hilfe nicht!".
Ich will sie doch nicht emotional verletzen. Ich liebe sie doch sehr und schätze sie enorm.
Gespürt haben sie es.
Einiges an "Hilfe" geschah dann heimlich.
Erst Jahre später erzählten mir meine bereits erwachsenen Kinder ganz selbstverständlich, was sie mit Oma und Opa alles gemacht haben.
Das so sehr lange im Nachhinein zu erfahren, war auch nicht leicht. Ich musste akzeptieren, dass es richtig war. Aber ich hätte es gern damals bereits gewusst.
Aber es ging nicht anders.
Immerhin war ICH ja krank.

Für unsere Eltern bleiben wir immer ihre Kinder. Die Familie ist der Halt, den wir haben. Dort finden wir einfach so Gehör und Verständnis.
Und das habe ich sehr viel und sehr gern genutzt.
Die Familie ist ein Schatz, den wir hüten sollten.
Aber Abgrenzung ist genauso wichtig.

Dieses "dankbar sein müssen" lade ich bei meinem Psychotherapeuten ab, denn irgendwo muss man auch darüber reden dürfen.

Meine Kinder habe ich auch so erzogen, dass sie immer ihr "Nest" hatten, aber für ihren "Flug" in die Welt gut vorbereitet waren. Und das ist gut gelungen - für sie.

KaSy

Rehsis

Wunderbar ge- und beschriebenen von KaSy , genau so war es bei mir auch. Drei Kinder, allein, sie haben geholfen wo es nötig war und oft auch darüber hinaus. Und ich würde es bei meinen Kindern wohl ähnlich machen. Nicht ganz so doll über den Kopf hinweg und öfter mal fragen, ob es erwünscht ist, aber schon gerne immer ein bisschen zu viel. Es sind halt die Kinder. Du kannst als Mutter kaum anders. Ich bin froh, dass ich meine Eltern habe und auch um die Erfahrungen, die ich gemacht habe. Dann kriegt man die Balance vielleicht besser hin. Woher sollen deine Eltern wissen, ab wann es zuviel ist und wie sagt man es, ohne zu verletzten?

der Meister

Hallo zusammen,
auch ich habe das Glück, dass meine Eltern mich und meine Familie unterstützten, denn 9 Monate mit ca. 68 % vom Nettolohn kann in einem Teuren Wohnumfeld schon richtig ans ersparte Geld gehen, aber auch diese Reserven sind irgendwann Aufgebraucht.
Toll wenn man Endsprechend Unterstützung bekommt.
Hier bin ich natürlich sehr dankbar.
Konsequenz daraus ist, dass wir in eine andere Gegend umziehen.
Wer weiss was noch alles kommen kann.
Und so werde ich wieder zum Pendler.

LG Klaus

Harte Nuss

Hallo zusammen,
ja die Emotionen mit unseren lieben Eltern kennen ja viele. Wir bleiben immer die Kinder und wenn wir dann auch noch krank sind oder waren ist es noch "schlimmer". Auch wenn ich heute meine Eltern selber aus Altersgründen betreue und pflege erzähle ich ihnen nicht jedes Mal, wenn ein neues MRT oder ein Neurologentermin ansteht. Mich nervt es, diese ständigen Fragen. Es reicht doch wenn mein Mann und ich uns Gedanken machen, warum sollte ich die Senioren noch ängstigen.
LG Renate

Aziraphale

Emotionale Abhängigkeit ist etwas, das man selbst in den Griff bekommen kann. Bei emotionaler Erpressung sieht das anders aus.

Ja wir sind durch die Krankheit meines Mannes sehr auf Hilfe von meinen Eltern angewiesen. Kind zur Schule bringen und holen, meinem Mann helfen beim Ofen schüren (wobei er das mittlerweile lieber selbst macht mit einer Hand), meinen Mann zum Arzt fahren und meine Ma bügelt für uns die Wäsche... aaaaber...

Vorgestern hatte ich ein Gespräch mit meiner Mutter, es ging um Gas-Verbrauch, in dessen Verlauf hat sie behauptet, dass mein Mann mind. 2x die Woche ein Vollbad nimmt. Auf meine Antwort, dass das nicht stimmen könne, bekam ich zu hören: Woher willst Du wissen, was er macht, Du bist ja auf Arbeit. Nach kurzer Zeit bin ich dann gegangen. Gestern wollte ich nochmal mit ihr reden da kam folgendes: "Du bist unverschämt, ihr braucht uns und Deinen Bruder doch, wie kannst Du da dann dagegen reden und meinen Bruder unterstellen, er würde jeden Tag eine Wanne einlassen?" Das ganze mit Tränen in den Augen. Die hat sie komischerweise nie wenn es um meine Sorgen und Ängste und um meine Belastung geht...

Rehsis

Hallo alle miteinander,
Bei all diesen Beiträgen sieht man doch deutlich, wie schmal der Grad ist, auf dem sich alle Beteiligten bewegen. Wo ist Hilfe nötig und erwünscht, wo fängt Übergriffigkeit an. Wo bleibe ich mündig und erwachsen und wo fühle ich mich bevormundet. Bis zu welchem Punkt bin ich froh und dankbar und ab wann ersticke ich. Es ist nicht leicht. Für alle.
@Serena: auf welchem Weg würdest du denn gerne den ersten Schritt in dein neues Leben machen. Hast du ein eigenes Auto, öffentliche Verkehrsmittel, Freunde? Du hast doch bestimmt auch einiges an Zeugs, welches von A nach B getragen werden muss. Deine Eltern meinen es gut und fühlten sich wahrscheinlich vor den Kopf gestoßen. Wie du ja lesen konntest, sind wir alle mehr oder weniger von der Problematik betroffen. Was hältst du denn davon, wenn du deinen Eltern diese eine Freude noch lässt und erst nach dem Einzug dein neues, selbstständiges Leben anfängst. In dem Moment, wo du nicht mehr unter ihren Fitichen lebst, kannst du ja auch viel freier entscheiden, inwieweit du sie an deinem Leben teilhaben lässt und wo du selbst um Hilfe bittest, die du dann auch ohne Probleme annehmen kannst.
@Aziphale, diesen Konflikt welchen du mit deiner Mutter hast, finde ich schlimm. Ihr habt euch diese Lebenssituation nicht ausgesucht und auch nicht fahrlässig verschuldet. Da sind Vorwürfe fehl am Platz. Ich habe in einer ambulanten Psychotherapie gelernt, solche Konflikte zu lösen. Vielleicht wäre das auch eine Option für dich. Es schläft sich besser, wenn man jemanden hat, bei dem man frei sprechen kann und der einem dann auch noch hilft, sich Lösungsstrategien zu erarbeiten.
Viel Kraft und stabile Nerven an alle Mitstreiter!

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