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Thema: Ende der Fahnenstange nach gut 7 Jahren?

Ende der Fahnenstange nach gut 7 Jahren?
GabrielaV
15.07.2018 23:51:44
Mein Mann lebt seit 7 Jahren und 3 Monaten nach der Teilresektion eines Glioblastoms multiforme frontotemporal links. Im August des vorigen Jahres wurde im PET-CT ein Rezidiv entdeckt. Im März diesen Jahres wurde eine Re-Op durchgeführt. Leider hat sich der Tumor in inoperablem Gebiet ausgebreitet. Er betrifft das Sprachzentrum. In der Histologie fand man ein mutiertes Glioblastom, das nicht ganz entfernt werden konnte. Nach der Op gab es eine vorübergehende Verbesserung seiner bereits bestehenden Sprachstörungen. 12 Wochen später war der Tumor förmlich explodiert. Der erneute Therapieversuch mit einer Kombi-Therapie aus CCNU, Natulan und einer dritten Substanz, die mir gerade nicht einfällt, schlug leider fehl und wurde nach 12 Wochen eingestellt.
War´s das jetzt?
Wie wird das Ende sein?
Eigentlich hat er keine Schmerzen und fühlt sich körperlich wohl. Aber seit gestern fallen ihm viele auch sehr einfache Begriffe nicht mehr ein. Vor dem Aufstehen versteht man gar nichts von dem, was er sagen will. Das vergisst er aber auch gleich wieder.
Für mich ist das schon schlimm, aber seine Mutter 83 lebt auch noch und sein Vater 86, die leiden extrem.
Klar, wir greifen gerade nach jedem Strohhalm und versuchen alternativ noch was. Ich wünschte gerade ich hätte eine Hoffnung.
Er ist noch viel zu jung (51) und hat gerade angefangen zu leben.
Die letzten Jahre waren sehr schön, das hat vielleicht nicht jeder. Er konnte tun was er wollte und lassen was er wollte.
Kommunikation ist jetzt schon erschwert. Er versteht auch nicht immer, was ich von ihm will. Ich muss jetzt immer wie einem Kind alles erklären und vereinfachen und immerzu aufs Neue.
Ich habe gerade furchtbare Angst.
Ich will nicht, dass er leidet, Schmerzen hat oder sich selbst zur Last wird.
Ich wünschte, wie sicher alle hier, es gäbe ein Wunder.
Wäre der Tumor vll langsamer gewachsen ohne die OP?
Gleich was man macht, es kommt einem immer falsch vor, sobald es keinen Erfolg aufweist.
Ich drücke weiterhin allen Betroffenen und Angehörigen die Daumen, dass sie schöne Zeiten noch haben oder ein Wunder erleben.
GabrielaV
Schnupfel
16.07.2018 02:46:08
liebe Gabriela,
ich kann dich sehr gut verstehen - auch wenn 'unsere' Angst nur etwas über ein Jahr andauerte! Du/Ihr ward sicher über die Jahre immer unterbewußt in Sorge und trotzdem ging es 7 Jahre!

Deine Einstellung, dass dein Mann nicht noch mehr Sorgen haben und dadurch nicht noch mehr leiden muss, kann ich gut nachvollziehen.

Mein Mann hatte sich entschieden in ein Hospiz zu gehen, dort hat er noch 9 Wochen verbracht - und das war für ihn eine sehr gute Zeit! Wir waren jeden Tag dort - immer abwechselnd und so, dass es nicht zu anstrengend für ihn wurde. ER hatte dort auch Kontakt mit anderen Gästen und eigentlich allem Personal - was unglaublich unterstützt hat.
Auch unserer ganzen Familie hat es gutgetan, sie waren immer für uns da und selbst seinen Geburtstag durften wir dort feiern - ganz nach seinen Wünschen - alles war erlaubt.


Sie haben auch uns viel von der Angst 'aufgefangen' und ihm das Gefühl gegeben, dass er dort richtig und gut aufgehoben war - ohne für jemanden eine Belastung zu sein. So konnte man sogar noch etwas Spaß haben - das tat allen gut und hat weitergeholfen.

LG
Schnupfel
GabrielaV
17.07.2018 17:58:02
Danke!

Auch für ihn kommt kein Hospiz in Frage. Ich bin ja zu Hause und lasse ihn keinen Tag mehr allein. Es wäre nur eine Option, wenn ich mal selber nicht gesundheitlich kann. Ich hoffe ich bleibe stark genug, das mit ihm durchzustehen.

LG Gabriela
GabrielaV
GabrielaV
17.07.2018 18:47:08
Heute morgen schien alles halbwegs okay zu sein. Doch als ich vom Einkauf nach Hause kam, war die Sprache weg. Er hat nur noch gestammelt und krampfhaft nach Worten gesucht. Er wollte mir mitteilen, dass die Krankenkasse den Klinikaufenhalt in Thüringen abgelehnt hat, weil sie mit denen keinen Vertrag hat. Aber das habe ich dann erst im Gespräch mit dem Bearbeiter ermitteln können. Er konnte gar nicht verstehen, dass ich ihn nicht verstanden habe.
Jedenfalls werden wir die Klinik so oder so aufsuchen, dann bezahlen wir eben selber.
Erst vor einer Stunde kam die Sprache halbwegs wieder, obwohl er die Worte ständig verwechselt. Ich dachte schon an einen Schlaganfall, aber der Test war negativ. Am Sonntag hat er Geburtstag, da wird er 51 Jahre alt. Ich fürchte, dass er sich dann schon gar nicht mehr verständigen kann.
Ich dachte immer ich kenne ihn gut genug um erraten zu können was er will. Weit gefehlt....ich setze mich so sehr unter Druck, dass ich ihn kaum verstehe, wenn er es noch halbwegs richtig ausdrückt, als hätte ich das Problem nicht er. Ich stehe gerade ziemlich neben mir und kann mich gar nicht konzentrieren...das ist wohl der Schock?
Ich war zwar halbwegs darauf gefasst, dass es kommt, aber so plötzlich, das ist schrecklich. Man hat gar keine Zeit hineinzuwachsen in die neue Situation, so hatte ich es mir nicht vorgestellt.
Zum Glück hat er keine Schmerzen.
GabrielaV
mery 1406
22.07.2018 14:37:09
7 Jahre, das ist eine super Zeit, seit glücklich darüber, das schaffen sehr wenige....glg
mery 1406
mery 1406
22.07.2018 14:38:18
es geht dann leider sehr schnell...alles alles gute
mery 1406
GabrielaV
22.07.2018 23:03:56
Er hatte heute einen wunderschönen 51. Geburtstag und war auch gut drauf. Trotz vieler Sprachfehler konnte er sich einigermaßen verständigen. Er hat jetzt Cortison zu den Antiepileptika, das macht sehr viel aus. vll geht es noch ein paar Tage mehr gut. Ansonsten versuchen wir noch dies und das, auch wenn ich weiß, dass man ein mutiertes Glioblastom nicht besiegen kann.
Er hat heute noch einmal alle Menschen, die ihm wichtig sind um sich gehabt , bis auf eine seiner Töchter, die gerade in den Prüfungen steckt.
Auch habe wir in den letzten drei Tagen noch geschafft, einige wichtige Dinge zu klären, die ich wissen muss. Nun müssen wir sehen, wie es kommt.
Ich werde alle meine Kraft bündeln, um ihm das Ende zu erleichtern.
Ja, er hat gute 7 Jahre gehabt, mehr als mancher gesunde Mensch für sich beanspruchen kann. Das ist wahr.
Unsere Familie ist sehr klein, aber sie hält zusammen. In den letzten Jahren ist sie echt zusammen gewachsen. Das hätte ich auch mal nicht gedacht.
Rückblickend hatte selbst diese Erkrankung viel Gutes. Er hat 7 Jahre schön gelebt. Er hat einen festen Familienverband um sich und hatte niemals finanzielle Not. Ja, das ist schon was.
Trotzdem fällt es mir schwer, seine Uhr läuft ab und er lebt so gerne , er ist so positiv und so lebensbejahend.
Ich will gar nicht fragen: Warum er? Die Frage ist bekloppt.....niemand kann es verhindern, niemand sucht es sich aus. Es ist, wie es ist. Trotzdem liegt sie mir manchmal auf den Lippen.
Ach was.... ihr kennt das.

Macht das Beste aus eurer Zeit die ihr habt. Mehr kann man nicht tun.
LG an euch alle
Gabriela
GabrielaV
Jassi89
08.01.2019 14:36:08
Hallo Gabriela,

wie geht es euch inzwischen?
Jassi89
GabrielaV
08.01.2019 17:58:49
Danke, dass du fragst. Am 06.11.2018 verstarb mein geliebter Mann. Es ging plötzlich alles sehr schnell, die Kraft versiegte zunehmend. Nachdem wir noch einmal im Kurzurlaub waren, und er alle seine Freunde noch einmal sehen durfte, verließ ihn sofort nach dem letzten Abschied die Kraft und schon am nächsten Tag setzte der Sterbeprozess ein. Es hat 4 Tage gedauert, er durfte zu Hause in seiner vertrauten Umgebung gehen. Es waren schreckliche 4 Tage ich will sie hier nicht beschreiben. Ich habe es ihm so leicht wie möglich gemacht, ich hatte ein starkes Team zur Seite. Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung des Palliativteams aus Erfurt. Die Krankheit ist einfach unbarmherzig. Trotzdem, wir hatten schöne Jahre noch, daran halte ich mich zur Zeit fest. Ich konnte in den letzten Stunden für ihn da sein, ich habe mein möglichstes getan. Auch seine Kinder und Eltern waren da. Mehr ging einfach nicht.
An alle die Anteil nehmen, an alle die Betroffen sind oder selbst schwere Pakete tragen müssen:
Nehmt euch Zeit füreinander, seht die schönen Dinge auch im Kleinen. Glück ist gar nicht teuer. Nur wer nicht zusieht das Beste aus der Situation zu machen, nur wer nicht alles gegeben hat, nur wer nicht geliebt hat, wird sich am Ende Vorwürfe machen müssen. Unsere Angehörigen haben wir nur dieses eine Mal, keiner ist ersetzbar, jeder ist einzigartig. Genießt das in vollen Zügen, solange ihr euch habt, egal unter welchen Umständen.
Qualität vor Quantität, manche haben sehr viel weniger Zeit , aber diese muss toll sein. Helft einander so gut ihr könnt und nehmt diese Hilfe an , auch so gut ihr könnt. Das ist in meinen Augen die Passion.
Das Beste was ich hatte musste ich hergeben, aber ich hatte es und damit war es nicht umsonst.
Ich wünsche allen eine schöne Zeit !
Eure Gabriela
GabrielaV
mery 1406
08.01.2019 18:43:11
Sehr schön und richtig gesagt Gabriele..Mein Beileid .
mery 1406
LinaK
08.01.2019 23:58:03
Liebe Gabriele, mein herzliches Beileid! Schön, dass ihr das gemeinsam tragen könntet! Lina
LinaK
Jassi89
10.01.2019 13:56:00
Danke für deine Worte. Du bist eine starke Frau.
Mein herzliches Beileid für deinen Verlust und alles Gute für deine Familie.
Jassi89
Florentine
10.01.2019 19:01:36
Mein Beileid, die Worte sind so passend und man versteht sie erst ganz ,wenn man diesen Weg gehen musste.Es ist so schwer es dann zu ertragen. Jedes kleine Teil der Erinnerung wird so extrem wichtig und man klammert sich an alles. Ich wünsche dir und alle die das erleben mussten viel Kraft und Geduld.
Florentine
GabrielaV
10.01.2019 19:03:29
Herzlichen Dank euch allen
GabrielaV
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