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Thema: Enttäuschung durch Familie

Enttäuschung durch Familie
plasmatimama
23.11.2015 09:31:44
Mit 18 Jahren erhielt mein Junge die Diagnose Hirntumor. Ein Astrozytom Grad 3 am Hirnstamm. OP, Bestrahlung, Chemo, Rebestrahlung, Shunt OP, Shunt verstopft-neue Shunt OP, Portanlage, Antikörpertherapie...mit Folgen und Nebenwirkungen...und dann durfte er doch nur 19 Jahre alt werden und mußte diese Welt verlassen.
In dem ganzen Jahr hatte man das Gefühl alleine zu sein...die Vertrautesten kamen am wenigsten zurecht und hielten sich sehr im Hintergrund. Es hat viele zusätzliche Tränen und Wut gekostet. Viele Dinge passierten, viele Sätze fielen....alles sehr verletztend.
Das Kind im Hospiz im Sterben liegt, die Oma nach Mallorca fliegt....unsere zwei anderen Jungs allein zu Haus, mit dem Wissen, das der Bruder sterben wird. Auch wenn sie nach 5 Tagen doch den Urlaub abbrach und es ihr "leid tut" ...ich kann es einfach nicht verzeihen....

Ich äußerte furchtbar traurig zu sein, weil kaum jemand sein Grab besucht...mein Bruder machte diese Aussage: "Ich halte nichts von Gräbern, dort liegt nur die Hülle, ich kann auch so an ihn denken, da muß ich nicht an IRGENDEIN Grab gehen! Und wenn ich mal sterbe, braucht ihr keinen Aufriss machen, verbrennen, Asche verstreuen und gut!"
Drei Wochen war der Tod gerade her. Ich bin zutiefst enttäuscht und brach zu beiden den Kontakt ab, ich hatte nur die beiden...
Ich bereue diesen Schritt nicht.
Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?
plasmatimama
Kuline
23.11.2015 11:53:25
Liebe Plasmatimama, es ist traurig wenn die eigene Familie so reagiert- bei uns ist es ganz anders ( ich hoffe es bleibt so) . Obwohl jeder mit der Trauer anders umgeht . Ich habe im letzten Jahr meinen Vater , um den ich immer noch trauere verloren . Ihnhabe ich jahrelang während seiner Krankheit begleitet und umsorgt und ich muss sagen , am Ende war nicht mehr DER große Schmerz. Ich konnte nichts mehr für ihn tun. Während der Krankheit waren meine Geschwister , auswärts lebend , auf Ansage immer zur Stelle. Mein Vater hatte alles mit mir besprochen und wir hatten uns verabschiedet. Er starb 2 Tage nachdem ich in den "Urlaub" gefahren bin, der schlimmste aller Zeiten . Ich hätte ihn nicht gehen lassen können , wie schon so oft und er wollte doch nicht mehr. Also bin ich gefahren.
.. du hast alles getan ,für dich hätte er sich noch länger gequält und er ist nicht allein ..... - Aussage meiner Schwester.
Auch ich gehe wenig zum Friedhof bzw. nur wenn ich es möchte , vermissen tue ich meinen Vater täglich. Der Friedhofsbesuch ist , verstehe nicht falsch , nicht so wichtig wenn dein Bruder für Dich und deine Kinder da ist. Deine Mutter ....... aber ebend auch die Oma deiner anderen Söhne . Teilen sie deine Entscheidung?

Nun seid einiger Zeit ist mein Liebster am Glio 4 erkankt und ich stehe wieder da...... . Halt geben mir nach wie vor unsere Freunde - die Familie wie schon bei meinem Vater . Nein ich kann mich nicht beklagen und freue mich über die Selbstverständlichkeiten der Hilfe die mir dar gebracht werden- Anruf zum Spaziergang, kurzes Hallo sagen und viele kleine Dinge die mich entlasten . Wir reden viel miteinander und lassen Teilhaben .
Richtig ist auch , dass sich nun die Spreu vom Weizen getrennt hat und ich auch Enttäuschungen erleben musste. Ehrlich: von den Enttäuschungen halte ich Distanz und freue mich über die wahren Freunde.

Ich schreiben heute meinen ersten Text , Leser bin ich schon lange . Da wir so sehr familiär sind , hat mich deine Erfahrung zu tiefst berührt.

VG Kuline
Kuline
plasmatimama
23.11.2015 13:02:55
Vielen Dank für Deine Antwort.
Weißt du, natürlich trauert jeder auf seine Weise, aber wenn ein jeder sich fern hält von seinem Grab, wie traurig ist das bloß? Es ist doch auch ein Zeichen der Anteilnahme.
Jedesmal wenn ich sehe, das dort ein Blümchen liegt, dann laufen mir die Tränen, ich weiß, es war jemand bei meinem Engel, hat sich extra nur für ihn auf den Weg gemacht. Es ist doch auch ein Zeichen für mich. Und es ist doch nicht irgendein Grab, es ist seins. Er liegt dort unten und ich glaube fest, er sieht es, wenn wir bei ihm sind.
Meine Mutter flog in den Urlaub und ließ uns alle mit dem Schmerz allein, natürlich konnte sie für meinen Jungen nichts mehr tun, aber so sehr viel für uns, da sein..einfach da sein....und vor allem für die beiden anderen Enkelkinder, die zu Hause allein waren mit all ihrem Kummer.
Am 8. August ist er für immer gegangen, ja er war erlöst...das war er, aber er wollte doch noch nicht gehen, er hatte noch so viel vor.
plasmatimama
GabrielaV
23.11.2015 15:29:36
Hallo Liebe,
zuerst mal möchte ich dir sagen, wie leid es mit tut, dass du das Wertvollste verloren hast, das dir gegeben wurde. Das Schicksal ist manchmal viel zu hart, das hat keiner verdient.

Vielleicht solltest du deiner Mutter doch verzeihen, sie hat versagt, und das weiß sie auch. Du kannst nicht in sie hineinschauen, vielleicht war sie über ihre eigenen Gefühle verwirrt und hat versucht, denen zu entfliehen, nur um wenige Tage später festzustellen, dass man nicht vor sich selber und den Umständen fliehen kann. Es ist ein Zeichen, dass sie weder mit der Situation, noch mit sich selber umgehen konnte.
Ich selber habe einen Mann, der 3/11 an einem Glioblastom erkrankte, in einer Phase, in der ich selber in einer tiefen Depression steckte, die es nicht zuließ, dass ich meine Arbeit zufriedenstellend machen konnte und dadurch große Probleme hatte. Ich wurde auf Grund meiner Depression nach einem Gutachten berentet (das nur zu meiner Entschuldigung). Dennoch habe ich mit ihm einen schweren Kampf gegen seine Erkrankung geführt.
Im November 2012 fiel mir ein merkwürdiger Geruch an meiner Stiefmutter auf. Ich kam darauf, dass sie Krebs haben müsse und so teilte ich es auch meinem Mann mit. Im Februar 2013 kam dann die Diagnose Brustkrebs. Meine Mutter machte 1/2 Jahr eine sehr schwere Zeit durch und ich hatte keine Kraft ihr in irgendeiner Weise zu helfen. Meine Eltern standen auch sehr allein damit da, meine Schwester war gerade 500km weit weg gezogen und ich versagte. Ich kann nicht ermessen, was sie durchmachten, ich war nicht für sie da und das tut mir unendlich leid. Aber ich hatte kaum noch die Kraft, mit mir selber klar zukommen. Sie halten es mir nicht vor, aber unser Verhältnis hat sich sehr gedehnt, die gerade gewonnene Enge ging wieder verloren. Unser Verhältnis war früher einmal sehr gespannt.
Das nur zum Thema, Rückenhalt durch die Familie. Man weiß nicht was dahintersteckt, vielleicht würde deine Mutter das gern wieder gut machen.
Ich liebte auch meine Großeltern sehr, aber ich kann nicht auf den Friedhof gehen, dann sitze ich vor dem Grab und heule nur, obwohl es schon so verdammt lange her ist. (1998 und 2003).Außenstehende mögen mir Gleichgültigkeit vorwerfen. Sie haben nicht Recht, ich wünschte alles wäre anders verlaufen. Ändern kann ich es jedoch auch nicht mehr.
Ich denke, es ist auch für dich gut, wenn du versuchst wieder ein Band zu knüpfen, man hat ja nur eine Mutter und Verwandte meistens auch nicht zu viele. Jedenfalls ist das bei uns so, unsere Familie ist sehr klein und es läuft auch nicht immer alles harmonisch.
Aber die Situation kennst du am besten, lass dein Bauchgefühl entscheiden, denn eine weitere Enttäuschung würde ich dir keinesfalls wünschen.
Fühle dich gedrückt , alles Liebe für dich und die Deinen, Gabriela
GabrielaV
Paul60
23.11.2015 16:09:33
Hallo plasmatimama,

ich kann ähnlich nachempfinden, da mein Sohn mit 24 am Hirntumor gestorben ist. Man erwartet Hilfe von welchen, die es aber nicht können, weil sie damit nicht fertig werden oder weil sie nicht wollen oder können. Das ist auch bei den nächsten Angehörigen so. Verwandte hat man und kann sie sich nicht aussuchen.
Jeder Mensch trauert auch anders. Eine Freundin hat vor 6 Jahren ihren Mann verloren (Krebs). Sie hat bis heute Probleme zum Grab zu gehen.

Natürlich ist man enttäuscht von denen, wie in deinem Fall. Du legst da vielleicht zu hohe Maßstäbe an - das ist bei mir auch der Fall gewesen. Jeder Mensch hat andere Ansichten. Hast du denn mit deiner Mutter vor ihrem Urlaub gesprochen, ob du sie brauchst oder hast du von ihr erwartet, dass sie nicht verreist?

Wir haben aber durch Bekannte, die wir bis dahin nicht so gut kannten, eine menschliche Unterstützung erfahren, die uns gut tat. Andere Freunde haben sich seit der Verschlechterung bei meinem Sohn gar nicht mehr gemeldet.

Gerade in schlechten Zeiten erkennt man die Menschen, die helfen wollen. So hat sich unser Freundeskreis geändert.

Du bist durch das Schicksal verbittert - das geht mir auch so. Die Trauer um den Verlust lässt nicht nach. Das Fassungslose zu verarbeiten, ist ein schier unüberwindlicher Weg, der vor einem liegt, zumal du auch noch 2 Kinder hast, für die du da sein musst.

Ich fühle mich so, als wäre mir der Boden unter den Füßen weggebrochen. Ich habe noch einen Sohn, für den wir da sein müssen. Das ist unsere Aufgabe jetzt und die muss neben der Trauer bewältigt sein.

Wir, die wir durch die Erlebnisse traumatisiert sind, erfahren aber auch wie hier im Forum Unterstützung durch uns unbekannte Menschen, das uns zeigt, das wir nicht alleine sind. Das ist ein wichtiger und nicht zu unterschätzender Faktor bei unserer Bewältigung. Man kann sich austauschen, man wird verstanden, man kann verstehen.

Ich wünsche dir und deinen Kindern Kraft und Zuversicht in dieser schweren Zeit.

LG
Paul
Paul60
kaho
23.11.2015 17:14:49
Hallo plasmatimama,
ich muss gestehen, dass Verhalten Deiner Mutter kann ich auch nicht recht verstehen. Doch vielleicht ist es auch ein Ausdruck von völliger Hilf- und Planlosigkeit.

Viele wissen schlicht nicht, wie sie sich verhalten sollen und sind komplett überfordert. Soll man den lang geplanten Urlaub absagen? Wird Hilfe gebraucht oder bin ich nur im Weg? Man ist selbst völlig gaga - eigentlich wünscht man sich Unterstützung und hat das Gefühl, nix geben zu können. Aber jetzt soll ich auch noch helfen - ein Unding! Andere sind wie ferngesteuert und leben weiter nach dem Motto "Kopf in den Sand" - ich lass die anderen entscheiden und beweg mich nicht.

Ich denke, es ist wichtig in dieser Zeit klare Worte zu finden. Wer Hilfe und Beistand möchte, sollte sie einfordern. Das erleichtert allen den Umgang und hinterher gibt's weniger Bedauern und Vorwürfe. Oft sind Angehörige oder Freunde sogar dankbar, wenn sie genau gesagt bekommen, wie sie helfen können.

Das nicht jeder das Grab als Ort zum Trauern wählt, finde ich persönlich in Ordnung. Die Weltanschauungen und Einstellungen hierzu haben sich nunmal verändert. Viel wichtiger ist doch, dass Dein Sohn in den Herzen weiterlebt und sich alle mit Freude an ihn erinnern.

Vielleicht kann die Zeit den Schmerz lindern und Deine Familie findet wieder einen Weg zueinander. Ich würde mich immer fragen, "Was hätte mein Sohn gewollt?"
kaho
Lara
23.11.2015 18:46:46
Liebe Plasmatimama,

Eigentlich fehlen mir wie vielen anderen die richtigen Worte.
Keine Mama sollte sein Kind so früh verlieren. Es ist traurig und unfair aber trotzdem ist es dir passiert.
Ich weiß nur dass die Psyche eines jeden von uns schwer zu verstehen ist.

Hast du sie um Hilfe gebeten?
Man weiß manchmal nicht, wie die eigenen Handlungen von den Außenstehenden verstanden werden...vielleicht hast du unbewusst signalisiert ich will keine Hilfe obwohl du genau das Gegenteil wolltest...
evtl. hast du irgendetwas gesagt was sie verärgert hat und sie ist beleidigt in den Urlaub gefahren....hat im Urlaub festgestellt das war jetzt unangebracht beleidigtbzu sein....???
Warum oder wieso sie in Urlaub gefahren ...keine Ahnung.

Was für mich zählen würde dass sie wiedergekommen ist.

Redet miteinander, streitet euch, schreit euch an aber vertragt euch wieder und weint gemeinsam.
Man sagt doch Gewitter reinigt die Luft ; )

Das beleidigt sein kostet dich sicherlich auch viel zu viel Kraft....
Diese Kraft un Energie brauchst du für deine Familie.

Verzeihen kann eine Erleichterung für die Seele sein. Deine anderen Jungs brauchen dich.

Ob ich dem Friedhofsbesuch so viel Wert beimessen würde weiß ich nicht.

Mein Mann musste mit 10 Jahren an der Beerdigung seiner Mutter teilnehmen. Sie haben ihn schreiend,weinend auf den Friedhof gezerrt.

Sein Vater hat sich nach der Beerdigung in seiner trauer versteckt.
War nicht für seine 3 Kinder da. Er hatte somit Mutter und Vater verloren.

Für meinen Mann ist ein Friedhof bis jetzt etwas ganz schlimmes. Er begleitet mich, wenn es im Freundes und Verwandtenkreis eine Beerdigung gibt, aber es kostet ihn wahnsinnig viel Überwindung.
Er möchte auch nicht so gerne auf einem Friedhof beerdigt werden. Er stellt es uns aber frei, wenn uns der Weg zum Friedwald zu weit wäre.
Hier zwischen Köln und Düsseldorf gibt es leider keine.
Wenn wir es brauchen seine Hülle dort oft zu besuchen dürfen wir ihn auf dem örtlichen Friedhof beerdigen. Ich weiß im Moment nicht ob die Kinder oder ich diesen Ort brauchen.

Vielleicht sagst du deinem Bruder, dass es dich aufbaut wenn ein Blümchen oder ähnliches am Grab liegt...
Dann könnte er dir statt dessen schreiben....ich habe heute beim...an deinen Sohn gedacht ...darf ich mit den anderen Beiden was schönes machen? (Kino, Fußball...) das würde deinen Söhnen sicher auch helfen.
Du musst leider auch dran denken...wie oft im Jahr hat er deinen Sohn zu Lebzeiten gesehen? Was erwartest du jetzt mehr als vorher?
Ich denke hier vermisst ein Onkel seinen Neffen im Alltag nicht so sehr oder es dauert länger um es tatsächlich zu begreifen.

Ich wünsche dir Zeit für deine Trauer, Zeit für deine anderen Kinder, deinen Mann, deine Mutter, deinen Bruder....

Ich hoffe deine Familie gibt dir die Kraft und Unterstützung die du brauchst. Bitte sag ihnen was du brauchst.
Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden.

Ein Packet Mut, Hoffnung und Kraft schicke ich dir.

LG

Lara
Lara
Hoffnung21
23.11.2015 19:18:32
Hallo liebe Plasmatimama!
Ich war sehr geschockt das dein Junge so schnell gestorben ist, es tut mir unendlich leid! Ich habe im August deine Beiträge gelesen und den Zustand deines Sohnes verfolgt, ich konnte es nicht nachvollziehen! Warum ging es ihm so schlecht, ich finde keine Worte dafür.

Zu deinem Thema kann ich nur beitragen das ich von meiner Familie auch enttäuscht bin. Als mein Sohn operiert wurde sah ich von meinen Eltern niemand im Krankenhaus!! Sie sagten sie sind halt alt. Das hat es nicht rausgerissen, das Verhältnis ist bis heute abgekühlt und ich habe mir abgewöhnt irgendwelche Ansprüche zu haben! Auch was Freunde von meinem Sohn betrifft bin ich ziemlich enttäuscht, es lässt sich kaum jemand blicken und nachfragen tut auch niemand, es ist erschreckend.
mein Mitgefühl ist dir sicher, alles Liebe Jutta
Hoffnung21
plasmatimama
23.11.2015 20:30:00
Herzlichen Dank erstmal an alle, die sich die Zeit nahmen und mir so umfangreich und liebevoll geantwortet haben.
Zeit, das ist doch genau das, was ich mir so wünschte und es auch immer wieder sagte. Ich wünschte mir die Zeit meiner Mutter, für uns und ganz besonders für unseren Jungen.
Als wir die Diagnose erhielten, habe ich ins Telefon geweint, ich bräuchte ihre Hilfe, ich schaffe es nicht allein, ich brauche sie an meiner Seite....sie konnte nicht oder wollte nicht....Wie oft nur habe ich mir gewünscht, sie ist einfach nur bei uns. Ich sprach es aus. Ich sagte so oft:"Sei einfach hier, für unseren Jungen! So viel Zeit wie möglich, weil wir nicht wissen, wielange er noch bei uns ist!" Sie tat es einfach nicht. Sie konnte es nicht ertragen, ihn so krank zu sehen, sagte sie.


4 Wochen mußten wir warten auf die OP, sein Zustand verschlechterte sich und auch in dieser Zeit flog sie in den Urlaub. Ich konnte es nicht verstehen. Im April 15 wuchs der Tumor so rasant, das man keine Chance mehr sah, ein Shunt gab ihm etwas Zeit, aber ihm ging es Stück für Stück schlechter bis der Shunt verstopfte, danach ging es nur noch Bergab. Aber der Urlaub wurde nicht abgebrochen..."Sie könne ja eh nichts mehr für ihn tun"...Nein, ich kann das nicht verzeihen, weil es nur der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte, es gab so viel mehr, alles zu erzählen ist unmöglich! Das mein Bruder nicht zum Grab geht liegt nicht daran, das er nicht kann. Für ihn ist da nichts, er hält nichts von Gräbern. Die Aussage, die er machte und die Worte, die er benutzte verletzten mehr, als die Tatsache, das er es nicht tut. Eine Bekannte konnte erst jetzt und nur mit weichen Knien zu ihm, ich habe dafür vollstes Verständnis. Dafür ja...
Meine beiden Jungs halte ich da raus, sie müssen für sich selbst entscheiden, in wieweit sie den Kontakt pflegen möchten. Sie ist und bleibt die Oma, aber großes Interesse ist da kaum...
Sie ist eine junge Oma von Mitte 50, am Alter kann es nicht liegen...
"Du musst leider auch dran denken...wie oft im Jahr hat er deinen Sohn zu Lebzeiten gesehen? " Mein Bruder ist vier Jahre älter als mein verstorbener Sohn, wohnt in einer anderen Stadt, es stimmt, sie sahen sich nicht oft, aber sie sind quasi zusammen groß geworden.

Für mich fühlt es sich gerade richtig an, so wie es ist. Ich hege keinen Groll, bin mir treu und mit mir im Reinen und schon gar nicht "beleidigt". Je weniger ich höre und sehe, desto weniger ärgert es mich und so kehrt Ruhe ein. Das ist mir gerade das Wichtigste...
plasmatimama
Lara
23.11.2015 22:43:18
Liebe Plasmatimama,

Es tut mir so leid. Fühl dich ganz lieb gedrückt.

Allein die Vorstellung von so wenig Einfühlungsvermögen, Anstand mit Mitte 50 .... Da fehlen mir die Worte.

Vielleicht gibst du deinem Bruder noch ein bisschen Zeit. Er hat ja mit seiner Mutter kein gutes Vorbild.

Aus deinen Worten entnehme ich eine Akzeptanz dieser Situation.
Das ist gut so.

Du musst mit dir im Reinen sein egal was alle anderen denken.

Sorry, ich wollte dir keinen Groll unterstellen. Obwohl der absolut nachvollziehbar wäre.

LG

Lara
Lara
ihreWorte
23.11.2015 23:12:21
Hallo plasmatimam,

ich habe meine Tochter letztes Jahr an einen Ponsgliom verloren.

Ich kann das Verhalten Deiner Mutter nicht nachvollziehen. Ich glaube Du hast vollstes Recht von Deiner Mutter enttäuscht zu sein. Dass dich in der schwersten Zeit deines Lebens so etwas beschäftigen muss, ist einfach nicht richtig. Das verletzt nur zusätzlich und ist das Letzte was man gebrauchen kann in dieser Zeit.

Meine Mutter hat 1 Monat mit uns im Krankenhaus gelebt. Sie hat sich einfach ein Klappbett organisiert und hat uns keinen einzigen Tag alleine gelassen.... Teilweise hat sie in dem Spielzimmer des Krankehauses geschlafen, wenn kein Platz im Zimmer war, Wäre sie nicht da gewesen, hätte ich glaube ich die ganzen Monate über nur Kaffee getrunken. Ich habe nur noch 50 Kilo gewogen und sie hat mich dazu gebracht wenigsten einmal am Tag zu essen. Ich war bockig, zickig,kaum ansprechbar und trotzdem war sie immer für mich da. Ich habe mich sogar gegen ihre Hilfe gewährt, weil mir der Anblick meiner Mutter in dem Krankenzimmer noch mehr Schmerzen bereitet hat. Ich wusste ihr geht es genauso schlecht wie mir. Die Zeit verlief mehr oder weniger wortlos. Jedes Wort war für mich zu viel, Ich wollte einfach bei meiner Tochter sein und ihre Herzschläge hören. Heute bin ich dankbar, dass sie trotzdem geblieben ist. Sie hat mir einen Teil der Last abgenommen und ich konnte dank ihr für einige Momente auch Schwäche zeigen.

Mir kommen die Tränen, wenn ich daran denken muss, dass Du diese Hilfe erst einfordern musstest. Das hätte ich gar nicht gekonnt.

Heute geht meine Mutter fast täglich zum Grab meiner Tochter, Sie ist berufstätig und findet dennoch die Zeit. Sie hat in dem letzten Jahr viele Male das Grab zusammen mit meinem Vater umgepflanzt, Brennt mal keine Kerze am Grab oder stehen dort keine frischen Blumen kümmert sie sich direkt darum.

Ich weiß, ich hab unglaubliches Glück, dass ich solche Eltern habe. Dies gilt auch für den Rest meiner Familie. Umso unverständlicher ist für mich das Verhalten Deiner Familie. Für Deine Enttäuschung habe ich vollstes Verständnis.

Ich hoffe Du hast einen tollen Mann, der dir Halt gibt und Deine Kinder, die auch hoffentlich noch eine lange Zeit für Deine Trauer Verständnis haben.

Liebe Grüße
ihreWorte
plasmatimama
24.11.2015 08:13:26
Und wieder einmal zeigt es mir, das es auch anders gehen kann...Unterstützung ist so verdammt wichtig in dieser Zeit, man unterstützt sich doch gegenseitig und gibt sich Trost. Augen schließen hilft da nicht.
Es ist so wunderschön zu lesen, das Deine Mutter Dich so herzlich unterstützt hat, Du so tolle Eltern hast.

Ich bin mittlerweile an einem Punkt, wo es aufhört weh zu tun. Weil ich weiß, das es größeren Schmerz gibt. Das Kind beim Sterben begleiten und ihm nicht helfen (RETTEN) zu können, das ist das Schlimmste, was ich erleben mußte. Und ihn zu vermissen ist der größte Schmerz.

Dieses eine Jahr des Kampfes, wie oft wurde ich bewundert für meine Kraft, woher ich sie hatte, weiß ich nicht. Ich blendete aus, das es im Tod enden wird. Mein Sohn war so tapfer, ich war stark für ihn!!
Dieses eine Jahr war so heftig intensiv, voller Liebe, Kraft und Hoffnung. Mein Junge wollte mich nicht weinen sehen, er sagte, er weine ja auch nicht, also lachten wir und das ganz oft!!! Haben aber auch viel zusammen geweint.
Ich habe einen wundervollen Mann an meiner Seite, den mein Junge seit seinem 3. Lebensmonat kennt. In dem Jahr der Krankheit hat er ihn sogar adoptiert! Mein Mann und meine Kinder sind ja auch in Trauer, jeder auf seine Weise, aber wir geben uns gegenseitig Halt.

Unser erstes Weihnachten ohne ihn steht uns bevor...
wie ich es überstehen soll, weiß ich noch nicht.
plasmatimama
Sigrid
25.11.2015 19:09:53
Liebe Plasmatimama,
ich kann dich nur zu gut verstehen wie du dich fühlst und denkst. Mir geht es genauso wie dir. Mein Mann ist vor über 3 Jahren an ein Glioblastom erkrankt. Seitdem meister ich mein Leben alleine mit meiner 13 jährigen Tochter. Es sind keine Nachbarn da , die mich mal fragen ob ich Hilfe brauche, es sind keine Freunde mehr da , weder noch Verwandte. Alle haben mich im Stich gelassen.
Mit meiner Mutter habe ich auch den Kontakt abgebrochen. Ich bin jetzt eine Einzelkämpferin geworden. Mein Mann ist seit fast 3 Monaten im Hospiz. Es geht ihn schlecht. Besuchen tut ihn auch niemand. Es glaubt auch niemand daran, dass mein Mann stirbt. Irgendwie wird alles nur ins lächerliche gebracht. Sollte mein Manm sterben , so werde ich meinen Mann alleine beerdigen. Ohne Verwandte , Nachbarn und .....
Ich werde es auch vorher niemanden sagen, sondern erst nach der Beerdigung , dass mein Mann gestorben ist. Ich habe von allen die Schnauze voll. Die können mich alle mal. Wenn dann reden sie nur klug daher und haben von allem gar keine Ahnung. Geholfen hat mir all die Zeit niemand. Doch eines muss ich dir sagen. Ich bin dadurch stärker geworden und die Leute können über mich reden was sie wollen. Ist mir alles egal. Ich werde auch für niemanden mehr da sein.
Liebe Plasmatimama,
du wirst sehen , irgendwann wird es uns auch wieder ein bisschen besser gehen und dann haben vielleicht die anderen eine schlechte Zeit. Ich weiß das ist kein Trost.
Ich drück dich ganz fest und sende dir ganz viel Kraft.
Machs gut.
Glg Sigrid
Sigrid
plasmatimama
26.11.2015 07:21:44
Liebe Sigrid,
vielen Dank für Deinen sehr offenen Beitrag.
Das Du mit allem ganz allein da stehst, tut mir unendlich leid. Ich habe meinen Mann an meiner Seite und meinen Onkel mit seiner Frau, die waren immer!!! für uns da und ohne sie wäre alles sehr sehr schwer gewesen. Sie kümmerten sich auch um unseren Hund in all der Zeit, den wir erst kurz vorher aus dem Tierschutz hatten. Er kam aus schlechten Verhältnissen und sollte es bei uns besser haben, konnte die Welt nicht verstehen, warum bei uns so ein "Chaos" war.
Auch will ich nicht behaupten, das meine Mutter für uns gar nicht da war, sie hat sich schon auch mal gekümmert, Essen gekocht, Wäsche gewaschen oder aufgeräumt.
Was ich vermisste, war ZEIT. Sich Zeit nehmen, zusammen sein, gemeinsam Zeit zu verbringen, zusammen kämpfen, zusammen informieren, einfach an unserer Seite zu sein! Das hat mir schmerzlichst gefehlt.
Aber Du hast vollkommen Recht, es macht auch stark!! Und man selbst hat mehr Kraft als man glaubt.

Ich wünsche Dir für den weiteren schweren Weg mit Deiner Tochter zusammen ganz viel Kraft und Mut und Zuversicht.
Gern darfst du mich auch persönlich anschreiben, wann immer Dir danach ist. Eine herzliche Umarmung sendet Dir
Plasmatimama
plasmatimama
GabrielaV
02.12.2015 18:42:30
Liebe plasmatimama.
So gesehen, lag der Fehler wohl bei deiner Mutter. Sie kann es nicht ertragen....aber was war mit euch, wie solltet ihr das ertragen, das war wohl reichlich selbstsüchtig. Es war keinen Anruf und keinen Besuch wert. Das geht gar nicht. Auch wenn ich für meine(Stief)Mutter nicht so da sein konnte, wie sie es sich gewünscht hätte, so rief ich doch regelmäßig an und besuchte sie, wie immer ich mich in der Lage sah. Alles andere hätte ich mir nicht verzeihen können.( Zum Glück ist sie ja noch da und kann wieder ein gutes Leben führen. )
Nun verstehe ich deine Enttäuschung. Ich wünsche dir viel Kraft für das Verarbeiten deines Verlustes, auch wenn es nie ganz vorbei geht, so wird es doch allmählich besser.
GabrielaV
twinsmom
02.12.2015 23:15:24
Hallo zusammen,
ich dachte schon, dass ich die einzigste bin, der so etwas passiert ist.
Ich kann wohl verstehen, dass manche Leute mit dem Verlust eines nahe stehenden Menschen nicht umgehen können. Aber ich denke, dass sie damit leben müssen denjenigen im Stich gelassen zu haben.
Bei mir war es der Vater meiner Tochter.
Meine Tochter erkrankte an einem Ponsgliom. Wir bekamen die Diagnose Feb. 2013 (sie war da gerade mal 5 Jahre alt) mit der Prognose von höchstens einem Jahr, eher weniger. SIe schaffte es bis zum 08.01.2015.
Als sie starb war ihr Vater in seiner Heimat Urlaub machen. Mit seiner neuen Frau und seinem neuen Kind, das er während unserer Ehe einfach mal so zeugte (habe ich ein paar Wochen nach dem Tod meiner Tochter erfahren).
Dass er mich mit seinen Zwillingen alleine lässt war ich ja schon gewöhnt, aber dass er eine davon sterben lässt, ohne für sie, oder für den anderen Zwilling da zu sein kann und will ich nicht verstehen. Ich verachte ihn zutiefst und ich habe auch seit dem Tod meiner Tochter kein Wort mehr mit ihm gewechselt und werde das auch nicht mehr. Meine Tochter und meine Familie waren an ihrem Sterbebett. Ich versuche alleine klar zu kommen. Ich habe mich um mein Kind gekümmert und sie gepflegt bis fast zum Schluss. Auch ihre Schwester war immer für sie da.
Ich hätte mir gewünscht, dass ihr Vater einfach mehr für sie da gewesen wäre.
twinsmom
plasmatimama
03.12.2015 08:37:46
Liebe GabrielaV,
meine Mutter war schon auch da...ich behaupte nicht, das sie es nie war. Nur eben nicht genug. Und als es ganz schlimm war, eben gar nicht. Und das ist das, was mich zusätzlich sehr belastet hat.
Das wir keinen Kontakt haben, stört mich nicht, es ist gut so wie es ist.

Liebe twinsmom,
auch Du wurdest enttäuscht und ich sehe es gibt so viele andere Menschen mit ähnlichen Geschichten und es ist doch immer das Gleiche: Die Enttäuschung und der Schmerz, die Wut....
Aber eins sei gewiß: Wir können uns nichts vorwerfen, wir haben alles gegeben und das allein zählt.
Ich suche mir für mein Leben aus, wer mir gut tut und wer eben nicht....das ist der Beste weg.
Euch allen wünsche ich alles alles Gute <3 <3
plasmatimama
2more
04.12.2015 09:11:41
Liebe Plasmatimama,

bisher habe ich hier nur gelesen. Es ist traurig, dass Du Dich angesichts dieses unfassbaren Verlustes so allein gelassen fühlst.
Ich könnte mir das innerhalb meines engsten Familienkreises gar nicht vorstellen, weil wir einen so intensiven Kontakt miteinander haben, der uns erst recht zusammengeschweißt hat, als meine Schwester wegen eines Hirnaneurysmas um ihr Leben kämpfte.
Darum mein Gedanke, dass Euer Verhältnis vielleicht schon vor der schlimmen Erkrankung Deines Sohnes einen Riss bekommen hatte?
Ist nur meine Vermutung, weil ich so eine Gleichgültigkeit Deiner Mutter, der Großmutter, nicht begreifen kann.
Kopf hoch, Du wächst an diesen traurigen Erfahrungen.

LG
2more
2more
plasmatimama
04.12.2015 13:36:10
Liebe 2 more,
ja das ist wohl wahr. Es war vorher schon nicht alles gut. Ich bat vorher schon um mehr gemeinsame Zeit und Aufmerksamkeit.
Ich weiß nicht, warum sie es nicht kann. Immer versuche ich das Verhalten zu verstehen, aber ich bin es wirklich leid...
Vielen Dank für Deine aufmunternden Worte
Liebe Grüße
plasmatimama
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