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Thema: Erfahrung anderer mit Medulloblastom

Erfahrung anderer mit Medulloblastom
Ämchen
11.05.2019 19:35:46
Hallöchen,

Ich bin 22 Jahre alt und vor vier Wochen wurde ich am Kopf operiert, da sich im MRT unter Kontrastmittel ein Tumor im Kleinhirn zeigte. Nach der OP wurde mir gesagt, dass es sich um ein Medulloblastom handelt, aber noch genau erforscht werden muss, ob es sich um einen gut- oder bösartigen Tumor handelt. Ich warte seit dem auf ein Ergebnis. Mir wurde gesagt, dass in beiden Fällen sowohl der Kopf, als auch die gesammte Wirbelsäule bestrahlt werden müsse, obwohl ein MRT meiner Wirbelsäule nichts aufwies.
Ich bin derzeit echt verwirrt, da ich sowohl kein richtiges Ergebnis habe, als auch die Bestrahlung meiner Wirbelsäule nicht verstehe. Zudem kommt Angst auf bei dem Gedanken bestrahlt zu werden.

Ich würde mich über einige Erfahrungsberichte freuen, wenn jemand damit schon Erfahrung hat.

Liebe Grüße
Ämchen
Prof. Mursch
11.05.2019 20:17:36
Mit einem Medulloblastom sollten Sie sich am ehesten an einem Zentrum (Uniklinik) behandeln lassen.
Der Tumor kann (muss nicht), wenn im Kleinhirn wachsend, Zellen in den Rückenmarkskanal verlieren, die sich dort absiedeln (Abtropfmetastasen), Deshalb bestrahlt man dort vorbeugend (prophylaktisch). Der Tumor ist heilbar, aber mit einer oft anstrengenden Nachbehandlung.
Nach einem Monat sollten Sie oder Ihr Hausarzt nachfragen.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
Sabse07
11.05.2019 20:19:32
Hallo Ämchen.
Mein Sohn (damals 18 Jahre) bekam im Juni 2016 die Diagnose Medulloblastom. Leider ist diese Tumorart immer bösartig und hat WHO Grad 4. Mein Sohn wurde nach dem Noa07 Protokoll behandelt. Erst OP, dann Bestrahlung mit kombinierter Chemo und dann noch 8 Blöcke Erhaltungschemo. Im ganzen ca. 1 Jahr Behandlung. Ich glaube, dass die Behandlung auch heute noch so abläuft. Es wird auch immer Kopf und Wirbelsäule bestrahlt. Um ganz sicher zu gehen, dass nicht doch ein paar einzelne Tumorzellen vom Kopf in die Wirbelsäule gewandert sind.
Sebastian war 7/2017 fertig und hat regelmässig alle 3 Monate MRT und Nachsorge.
LG Sabine
Sabse07
Ämchen
11.05.2019 21:37:36
Danke Prof. Mursch für die Antwort. Das habe ich mir gedacht, aber die Frage ist, ob es von Nöten wäre die Wirbelsäule prophylaktisch zu bestaunen.

Danke auch Sabse07 für die offene Antwort und den Erfahrungsbericht über deinen Sohn. Ist dieser Tumor auch im Erwachsenenalter immer bösartig? Und wie hat dein Sohn die Behandlung gut vertragen? Geht es ihm jetzt gut?

LG Amelie
Ämchen
Sabse07
11.05.2019 22:49:20
Ja, leider ist der Tumor auch bei Erwachsenen bösartig.
Sebastian geht's gut. Bis auf eine defekte Schilddrüse und dem fehlenden Haarwuchs hat er momentan keine weiteren Spätfolgen . Die OP ist gut gelaufen. Bestrahlung war allerdings für ihn sehr anstrengend ( müde, abgeschlagen, appetitlosigkeit, wundheilstörung durch extrem trockene Haut, ..). Die Begleitchemo hat er gut vertragen. Die Erhaltungschemo war schon sehr lange und die letzten 3 Blocks auch wg. Schlechter Blutwerte und dem Allgemeinzustand sehr beschwerlich.
Sabse07
AnnikaK
12.05.2019 09:46:53
Ja, es muss unbedingt die Wirbelsäule mitbestrahlt werden.
Frag nach Protonenbestrahlung, die ist schonender als die herkömmliche Bestrahlung.
Außerdem sollte die Bestrahlung jetzt wirklich langsam mal losgehen, 4 Wochen warten find ich schon sehr lang. Zudem das genaue histologische Ergebnis auch nichts an der Behandlung mit Bestrahlung ändert.

Wurde nur ein MRT von der Wirbelsäule gemacht? Eigentlich wird auch eine Lumbalpunktion durchgeführt und der Liquor auf Tumorzellen untersucht. Die können auch da sein, obwohl man im MRT nichts sieht.

Ein Medulloblastom ist immer WHO IV, also sehr bösartig. Es kann sein, das dein Tumor genetisch zu der WNT-Gruppe gehört, die hat bei Medulloblastomen die besten Prognosen. Vielleicht meinten die Ärzte das.

Mein Sohn war 12 bei der Diagnose und hatte schon Metastasen im Spinalkanal, deswegen wurde er anders behandelt als die meisten hier.
AnnikaK
Ämchen
12.05.2019 10:45:54
Danke für die Erfahrungsberichte!
Ich hoffe euren Söhnen geht es soweit gut.
Von der Protonenbestrahlung habe ich schon mal gelesen, da werde ich mich weiter informieren.

Über weitere Erfahrungen würde ich mich natürlich freuen.

LG Amelie
Ämchen
Bina26
12.05.2019 12:09:53
Hallo liebe Ämchen,

auch ich hab letztes Jahr im April mit 26 die Diagnose Medulloblastom bekommen und war diese Woche bei meiner ersten Nachsorge.
3 OPs, 33 x Bestrahlung von Schädel und Wirbelsäule und 5 Zyklen Chemotherapie liegen aber hinter mir. Bin auch nach dem NOA07 Protokoll behandelt worden in etwas angepasster Form bei mir.
Ich wünsch dir alles alles Gute und wenn du noch Fragen hast, darfst du dich natürlich gerne melden :)

LG Bina
Bina26
Kesi
12.05.2019 23:20:40
Hallo,

Meine Tochter hat auch ein Medulloblastom, sie hat OP und chemo bekommen, Bestrahlung wegen ihres Alters noch nicht. Die Behandlung ist erst vor kurzem abgeschlossen worden, aber es geht ihr gut. die Therapie war natürlich kein Spaziergang, aber viel weniger schlimm, als ich es im Vorfeld befürchtet hatte.

Ich finde es auch komisch, dass du noch kein richtiges Ergebnis und noch keinen konkreten Plan für die Therapie bekommen hast. Da würde ich einmal nachfragen und gegebenfalls auch eine Zweitmeinung einholen. Wenn es ein Medulloblastom ist, dann wird eine Behandlung mit Bestrahlung und Chemo leider nicht vermieden werden können. Es gibt verschiedene Formen von Medulloblastom.

Ich wünsche dir alles gute für die Behandlung!
Kesi
Ämchen
13.05.2019 00:07:59
Hallo Bina und Kesi,

Danke für die offenen Berichte.Ich hoffe ich bekomme morgen oder übermorgen endlich ein Ergebnis. Ich werde mich mal mit dem NOA07 Protokoll auseinandersetzen. Das Problem welches ich momentan habe ist, dass meine Mutter daran festhält dass ich keine Bestrahlung brauchen werde und es noch andere Möglichkeiten gibt. Wenn irgendjemand Erfahrungen mit anderen Methoden hat, würde ich mich auch sehr über Berichte freuen.

LG
Ämchen
smutje
13.05.2019 00:10:36
Guten Abend,

bei meiner Frau (37 Jahre) liegt eine ähnliche Situation vor. Erstbefund nach erfolgreicher OP war ein Medullablastom Grad IV. Nun sind sich die Pathologien an zwei unterschiedlichen Standorten in Deutschland nicht ganz einig und haben unterschiedliche Befunde abgegeben. Insofern liegt nach rund 6 Wochen nach der OP immer noch kein abschließender Befund vor. Die Vorbereitungen auf die Behandlung nach NOA7 werden dennoch vorgenommen, um nicht weiter Zeit zu verlieren. Die Bestrahlung des Kopfes und des Rückenmarkskanals, begleitender und anschließender Erhaltungschemo ist, sollte es bei dem Befund des Medullablastoms bleiben, der Ablaufplan.

Interessanter und leider auch recht quälend finde ich die Entscheidungsfindung, ob man sich nun gezielt nach einem Zentrum umschauen sollte, welches die Protonentherapie anwendet. Für einen Nicht-Experten überzeugen die positiven Eigenschaften der Technik. Doch erst jetzt geht eine Studie (GliProPh-Studie) der Frage auf den Grund, welche der Therapien "Protonen vs. Photonen" langfristig für die Patienten verträglicher ist.
Wonach habt ihr entschieden? War es das Bauchgefühl, wurde euch von Medizinern die Behandlung durch Protonen oder Photonen ans Herz gelegt, habt ihr nach behandelten Fallzahlen der in Frage kommenden Kliniken recherchiert? Die von Herrn Prof. Mursch erwähnten Uni-Kliniken bieten nicht alle Therapien gleichermaßen an.

Wie dem auch sei, @Ämchen, die Behandlungsstrategie scheint bei unseren Fällen recht klar zu sein. Auf die "richtige" Wahl der behandelnden Klinik (Protonen- oder Photonentherapie) kann man ein wenig Einfluß nehmen. Wie wirst Du dazu beraten?

Habt alle eine geruhsame Nacht !
smutje
Kesi
13.05.2019 07:21:01
Hallo Ämchen,

Also bei meiner Tochter wurde statt Bestrahlung ein Teil der Chemo direkt ins Gehirn gespritzt. Das wird soweit ich weiß aber nur bei kleinen Kindern gemacht um die Bestrahlung zu umgehen, da die Gehirnentwicklung sonst zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden kann, weil ja alles noch wächst. Und es geht auch glaube ich nur bei bestimmten Formen des Medulloblastoms.

Warum ist deine Mutter so gegen die Bestrahlung? Ich persönlich würde eine zweite Meinung einholen und die Behandlung durchführen lassen, die am vielversprechendsten ist. Ich schätze dass eine Bestrahlung plus Chemo bei dir empfohlen wird. Evtl je nachdem wie euer Verhältnis ist, kannst du deine Mutter ja auch mitnehmen zu dem Beratungsgespräch. Dann kann sie sich es auch selber noch einmal von den Ärzten erklären lassen.
Kesi
AnnikaK
13.05.2019 07:40:10
Wir wurden von unserer Klinik aus nach Essen ins WPE zur Protonenbestrahlung geschickt. Bei Kindern wird die Protonenbestrahlung bevorzugt, da die Spätfolgen geringer sind.
Die „normale“ Bestrahlung geht durch den ganzen Körper, wenn also die Wirbelsäule bestrahlt wird, werden auch Lunge, Magen, Darm etc. mitbestrahlt und dort können dann Schäden entstehen.
Bei der Protonenbestrahlung dringen die Strahlen nur bis dahin vor, wo sie wirken sollen.
Mein Sohn wurde dort 2x täglich bestrahlt, 34 Tage.

Ich würde auch als Erwachsener immer die Protonenbestrahlung bevorzugen.

Vorher hatte er Chemo, die unter anderem auch in den Kopf gegeben wurde und nach der Bestrahlung dann noch die Erhaltungschemo.

Dort in Essen waren auch viele Kinder unter 4, die bestrahlt wurden, sowie viele Erwachsene.

Sag deiner Mutter, sie soll mit den Ärzten sprechen. Die sagen ihr dann schon, das eine Bestrahlung sein muss und es keine andere Möglichkeit gibt.
AnnikaK
Bina26
13.05.2019 13:31:57
Ich hab mich auch mit Protonen in Heidelberg bestrahlen lassen und hatte zu dem Zeitpunkt und auch jetzt danach kaum Nebenwirkungen. Würde mich jederzeit wieder dazu entscheiden & kann dir das nur empfehlen.
Bina26
Ämchen
13.05.2019 14:17:13
Hallo ihr Lieben,

Das mit der Protonenbestrahlung hört sich ja ganz gut an. Ich denke wenn dann werde ich das in Erwägung ziehen.
Meine Mutter ist so dagegen, weil sie viele kennt die schon eine Bestrahlung hinter sich haben und immer wieder erwähnt, was für Probleme die während der Behandlung hatten und vor allem die Spätfolgen, die dann auftreten. Das will sie für mich natürlich nicht. Klar mache ich mir auch Sorgen und habe Angst davor, aber ich sage mir immer wieder, wenn das der einzige Weg zur "Heilung" ist und ich das dann los bin, dann ist es so.
Ämchen
AnnikaK
13.05.2019 15:31:44
Ich kann verstehen, das deine Mutter sich Sorgen macht, aber wenn die Alternative zur Bestrahlung keine Heilung ist (also der Tod), dann hat man keine große Wahl.
Und du hast das Glück, das Protonenbestrahlung in Betracht kommt, das ist nicht bei jeder Krebserkrankung der Fall!
AnnikaK
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