Unterstützen Sie unsere Arbeit für Hirntumorpatienten. Jeder Beitrag hilft.

Jetzt spenden

La_Capi

Liebes Forum,

ich war hier seit einer ganzen Weile stiller Mitleser und habe dadurch von euren Erfahrungen und Berichten profitiert. Nun möchte ich meine mit euch teilen.

Bei meiner Mutter wurde wurde im Juli 2020 im Alter von 62 Jahren ein Glioblastom diagnostiziert. Klinische Auffälligkeiten hatte sie zu diesem fast nicht- nur ständig einen "komischen Geschmack" im Mund, der völlig ohne Zusammenhang kam und ging. Daraufhin wurde ein MRT gemacht und da war dann der (ziemlich große) Tumor sichtbar.
Meine Mutter war bis zu diesem Zeitpunkt vollkommen gesund und stand voll im Leben.

Es schlossen sich die üblichen Therapien an: Operation (der Tumor konnte komplett entfernt werden), Bestrahlung und Chemo mit Temozolomid. Meine Mutter hat alles gut mitgemacht und hatte quasi keine Nebenwirkungen durch die Therapien. Wir hatten die Hoffnung, dass sie uns noch eine Weile erhalten bleibt.

Vier Wochen nach der Radio-Chemo-Therapie dann das erste Kontroll-MRT: Der Tumor war zurück und bereits 2x2cm groß. Er saß direkt hinter dem rechten Auge und hatte sich um den Sehnerv und Gefäße gebastelt. Es hätte die Möglichkeit zur erneuten Operation bestanden, diesmal wären die Risiken für einen Schlaganfall und Blindheit auf dem Auge aber deutlich größer gewesen, sodass meine Mutter sich (nach eingehender Beratung und langen Gesprächen mit uns Kindern) dagegen entschieden hat.
Wir haben ihre Einstellung zu keinem Zeitpunkt infrage gestellt und sie zu 100% unterstützt.
Sie hatte zu diesem Zeitpunkt (Oktober 2020) fast keine Einschränkungen und wir wollten ihr ihre Lebensqualität so lang wie möglich soweit wie möglich erhalten.
Die palliative Chemo mit Temozolomid wurde weitergeführt.

Im Januar kam das nächste Kontroll-MRT: Der Tumor hatte sich als richtiges A***loch erwiesen und war unter Chemo regelrecht explodiert. Er war einfach vollkommen unbeeindruckt von der Therapie gewachsen und hatte sich bereits im gesamten Gehirn ausgebreitet.
Meine Mutter hatte zu diesem Zeitpunkt seit etwa 4 Wochen zunehmende Symptome: Sie hat eine Gangschwäche entwickelt, hatte einen zunehmenden Neglekt (d.h., sie hat ihre linke Körperseite zunehmend ignoriert) und Merkfähigkeitsstörungen.
Sie konnte sich oft nicht mehr alleine anziehen und hat im Haushalt Hilfe gebraucht.
Ende Januar haben wir das SAPV Team bekommen.

Bis April, also noch etwa 3 Monate lang, war der Verlauf recht stabil. Sie kam mit ihren Einschränkungen durch unsere Hilfe einigermaßen zurecht.
Wir haben den Haushalt, die Einkäufe und das Kochen übernommen.

Ab April ging es dann deutlich bergab und wir konnten die Pflege nicht mehr alleine bewerkstelligen: Wir haben einen Pflegedienst eingeschaltet.
Ende April hat meine Mutter ihren letzten (kleinen) Spaziergang gemacht.
Anfang Mai hat sie das letzte Mal ihre Wohnung gehend verlassen.
Anfang Juni war sie komplett bettlägerig.
Mitte Juli am sie ins Hospiz.
Anfang September ist sie an meinem Geburtstag dort verstorben.

Ihre letzten Wochen waren grauenhaft. Sie war seit Mitte/ Ende Juni, also knappe 12 Monate nach Diagnosestellung, nicht mehr sie selbst. Sie hat in einer völlig anderen Welt gelebt.
Sie war sehr verängstigt und hatte starke Schmerzen, die auch durch sehr hohe Dosen Morphin nicht mehr gelindert werden konnten. Sprechen konnte sie die letzten Wochen auch nicht mehr.
Durch den zunehmenden Hirndruck ging es ihr oft sehr schlecht.
Meine Mutter hat 12 Tage vor ihrem Tod das Essen und Trinken eingestellt. Dass ein Mensch es so lange ohne Flüssigkeitszufuhr schafft, hat selbst die erfahrenen Mitarbeiter im Hospiz überrascht.
Sie ist 5 Tage vor ihrem Tod eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht.
Für uns waren die letzten Wochen mit ihr sehr schlimm. Wir konnten nichts anderes tun, als ihr beim langsamen Sterben zusehen.
Sie war einfach eine Kämpferin. Bis zum Schluss.

Ihr Tod war zwar für uns wahnsinnig schlimm, aber es war schön zu sehen, dass sie endlichen ihren Frieden gefunden hatte.
Ich wünsche euch allen viel Kraft für diese schwere Zeit.

Es gibt bereits 11 Reaktionen auf diese Frage

Diese sind nur für eingeloggte Nutzer sichtbar. Bitte loggen Sie sich ein oder melden Sie sich mit einem neuen Account an.