Erfahrungsbericht – Behandlung eines Oligodendroglioms WHO Grad 3
Ich würde gerne meinen ehrlichen und detaillierten Erfahrungsbericht mit euch teilen.
Ich hatte mich, auch aufgrund den hier oft recht negativen Erfahrungsberichten auf eine extrem harte Zeit eingestellt. Diese Befürchtung wurde in meinem Fall zum Glück nicht wahr und deshalb möchte ich hier ein etwas positiveres Bild der Therapie zeichnen.
- Bitte nicht falsch verstehen, die Zeit war fordernd und ansträngend, sowohl psychisch als auch körperlich. Dennoch hatte ich abseits der Behandlung noch ein Leben und konnte an vielem teilhaben.
Patientenprofil:
Jahrgang: 1991
Geschlecht: männlich
Lebensstil: sportlich, fit und aktiv
Ausgewogene Ernährung, vorwiegend Vegetarisch
Molekulare Klassifikation: IDH1-mutiert, 1p/19q-codeletiert, MGMT-promotor methyliert, CDKN2A/B intakt.
1 Erstmanifestation, Diagnose und Operation
Im Juni 2024 kam es mehrfach zu kurzen Episoden mit flimmernden „Flecken“ im Gesichtsfeld beider Augen. Zudem hatte ich auch wiederkehrende "Verwirrungszustände" für einige Minuten. Dies geschah kurz vor der Diagnose ca. 1-2 im Monat. Diese Symptome wurden rückblickend neurologisch als fokale epileptische Anfälle eingeordnet.
Im anschließenden MRT zeigte sich eine ca. golfballgroße Raumforderung im linken parietookzipitalen Bereich.
--> Resektion:
Am 25.07.2024 wurde der Tumor mikrochirurgisch entfernt (OP-Dauer ca. 8 Stunden). Der stationäre Aufenthalt betrug rund eine Woche. Postoperativ zeigte sich ein vorübergehender Gesichtsfelddefekt rechts unten, der sich jedoch vollständig zurückbildete. In den ersten Wochen nach der Operation traten noch zwei bis drei milde visuelle Flecken auf, seither besteht Anfallsfreiheit. Nach ärztlicher Empfehlung wurde zunächst eine antiepileptische Medikation vorgeschlagen, die aber bewusst nicht begonnen wurde – rückblickend ohne negatives Ergebnis.
Ich habe wenige Tage nach der OP wieder Angefangen mich sanft zu bewegen und dies auch kontinuierlich gesteigert mit dem Ziel maximal Fit in die Weiteren Therapieabschnitte zu starten.
--> Bestrahlung
Die Bestrahlung fand vom 14. Oktober bis 27. November 2024 statt, mit insgesamt 59,4 Gy in 33 Fraktionen à 1,8 Gy.
Die meiste Zeit über konnte ich während der Bestrahlung sehr aktiv bleiben, was mir sowohl psychisch als auch physisch sehr gut getan hat.
In der Letzten Woche der Strahlentherapie traten leider zunehmende Fatigue und ein leichter hirndruckbedingter Symptomenkomplex auf, weshalb zweimal eine Stoßtherapie mit hochdosiertem Dexamethason durchgeführt wurde. Diese Phase war für etwa ein bis zwei Wochen körperlich sehr belastend. Weitere Nebenwirkung: lokaler Haarausfall im Bestrahlungsfeld, mit beginnendem Nachwachsen ab Frühjahr 2025.
--> Chemotherapie (PC-Schema)
Die PC-Chemotherapie begann im Januar 2025 mit CCNU (Lomustin) an Tag 1 und Procarbazin (100 mg täglich) von Tag 8 bis 21. Insgesamt wurden bislang vier Zyklen durchgeführt.
Auch hiervor habe ich mich vorbereitet und war beim Start in meiner körperlichen Höchstform und fitter wie die letzten 10 Jahre davor.
Der erste Zyklus startete am 08.01.2025 mit 160 mg CCNU. Leider hatet ich das Pech mich bei einem Freund mit einer leichten Grippe anzustecken. Das hat den ersten Zyklus ansträngender gemacht wie er sein musste. Ich hatte leichtes Fieber, konnte aber nach Rücksprache mit der Ärztin den Zyklus wie geplant beenden.
Der zweite Zyklus begann am 04.03.2025 mit 200 mg CCNU und verlief vollständig nebenwirkungsfrei.
Auch der dritte Zyklus (Start 22.04.2025) war unauffällig bis auf die erste woche in der ich mich "matschig" gefühlt habe aufgrund des CCNUs
Der vierte Zyklus konnte am 10.06.2025 begonnen werden. Allerdings habe ich das CCNU stark gespürt und meine Lymphozyten werte sind kurzfristig in den Keller gerauscht. Das hat sich glücklicherweise nach einigen Tagen wieder erholt und der Zyklus wie geplant weitergeführt werden.
Typische Nebenwirkung nach CCNU war jeweils eine ausgeprägtere Müdigkeit in der ersten Woche. Übelkeit oder Erbrechen traten nicht auf. Procarbazin wurde an allen Tagen gut vertragen.
Ich habe die Medikamente immer morgens nüchtern eingenommen und bin als Magenschutz mit Ondansetron gut gefahren.
- Ondansetron, 30 min Warten und dann CCNU oder Procarbazin hinterher.
Ich konnte während der gesamten Therapie körperlich aktiv bleiben. Sportliche Aktivitäten wie Snowboarden, Surfen, Radfahren und Krafttraining wurden bis auf einzelne Pausen kontinuierlich fortgeführt. Vor jedem Zyklus erfolgte eine bewusste körperliche und psychische Vorbereitung. Rückblickend schätze ich diese aktive Haltung als mitverantwortlich für den insgesamt gut verträglichen Verlauf ein.
Dennoch werde ich vermutlich die Chemotherapie nach dem 4. Zyklus vorerst als beendet ansehen.
--> Aktueller Status (Stand 06 / 2025)
Neurologisch bestehen keine Defizite, und es kam zu keinen weiteren epileptischen Ereignissen. Eine antikonvulsive Therapie wurde bislang nicht begonnen.
Das letzte MRT vom 08.04.2025 zeigt stabile therapiebedingte FLAIR-Veränderungen um die Resektionshöhle ohne Kontrastmittelaufnahme. Ein weiteres Kontroll-MRT ist für den 07.2025 geplant.
*Wenn mir jemand zeigt wie ich Dateien oder Bilder hier teilen kann kann ich meine Blutwertverläufe gerne als Grafiken Teilen.