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Charly17

Hallo liebe Mitglieder! Ich bin erst seit gestern angemeldet und die ganze Nacht habe ich gegrübelt ob die Anmeldung richtig war… DOCH! Die war und ist richtig!!!!! Schon alleine deshalb dass man mit jemanden sprechen und sich austauschen muss….. Wenn man so alleine ist wie ich…...
Zu unserer "Geschichte": wir (ich 45 und mein Mann 58) sind verheiratet, kinderlos und berufstätig. Am 29.11 wurde mein Mann, wegen Sprachstörungen direkt von der Firma ins Krankenhaus geliefert mit dem Verdacht auf einen Schlaganfall. Es ging alles sehr schnell: am gleichen Tag CT, am nächsten Tag MRT und die Diagnose: Gehirntumor!!! Am 1.12. wurde mein Mann in eine neurochirurgische Klinik verlegt. Die Ärzte wussten sofort: der Tumor muss raus. Der Tumor ist zwar sehr schwierig zu operieren und auch ungewöhnlich die Symptome (Sprachzentrum soll normalerweise auf der anderen Seite des Hirns sein), aber nach allen möglichen Untersuchungen (auch von den Logopäden) wurde es akzeptiert dass in dem Falle meines Mannes liegt das Sprachzentrum auf der rechten Seite. Eine Wachoperation wurde ausgeschlossen weil die Sprachstörung zu sehr betroffen ist.
Am 07.12 war es so weit: die OP hat 5 Stunden gedauert, die Aufwachfase 3 Stunden. Alle Ärzte waren sehr zufrieden. Alles verlief gut und ohne Komplikationen. Am 08.12. ein Tag nach der OP hat mein Mann einen epileptischen Anfall bekommen. Er war 6 Stunden ohnmächtig. Die Ärzte haben gesagt dass es leider sehr häufig nach so einer OP vorkommt. 2 Tage später haben wir die Laborergebnisse bekommen:
RECHTS FRONTALES GLIOBLASTOM WHO GRAD IV, UNMETHYLIERTER MGMT-PROMOTOR, WILDTYP-STATUS VON IDH1 UND WILDTYP-STATUS VON IDH2.
Für mein Mann bricht die ganze Welt zusammen….. Er bekommt Keppra 1000 mg 1-0-1 heisst: kein Auto fahren und eine Strahlen/Chemotherapie:
30x2Gy (6 Wochen) und Temodal 1x140mg+2x5mg durchgehend jeden Tag. Danach (4 Wochen später) die adjuvante Chemotherapie mit Temozolomid über 6 Zyklen.
Heute waren wir in der neurologischen Ambulanz, bei der Ärztin die uns betreut weil mein Mann unerträgliche Muskelschmerzen hatte. Die ganze Nacht haben wir keine Sekunde geschlafen. Die Ärztin hat uns sofort Medikamente gegeben die die Muskelspannung lösen, Schlaf und Schmerzmittel mit der Begründung: mein Mann muss sich bis zu den Therapien erholen und Kraft tanken…..
Wir fühlen uns sehr gut betreut bei den Ärzten in der Klinik. Die nehmen sich wirklich Zeit für uns und versuchen uns zu helfen.
Ich werde Euch sehr dankbar für eine Nachricht, Eure Erfahrungen und vielleicht auch für die Erklärung von den Arztbegriffen (Diagnosen) die ich nicht ganz verstehe………
Viele liebe Grüße
Kallcha

alma

Hallo Kallcha,

der Schreck ist riesengroß, das wissen hier viele.
Jetzt geht dein Mann erstmal durch das Stupp-Protokoll, die bewährte Standardtherapie, und es stellt sich die Frage, wie gut er sie verträgt. Dann kommen Nachkontrollen, also immer wieder die Aufregung, ob die Therapie für längere Zeit anschlägt.
Und immer wieder ist man mit Symptomkontrolle beschäftigt.
Ihr werdet ärztlich gut betreut, das ist schon mal die halbe Miete. Im Verlauf der Zeit könnt ihr euch mit mehr Ruhe ein Betreuungsnetz nach Bedarf knüpfen: Physiotherapeuten, Psychoonkologen, Beratungstelefone, Pflegedienst, evtl. Zweitmeinungen. Selbsthilfegruppe.
Legt euch eine eigene Krankenakte an, das macht unabhängiger.
Die gute Nachricht: der Tumor ist rechts frontal. Das macht nicht so viel Schaden.
Der Schreck ist riesengroß, wie schon gesagt, aber so bleibt es nicht. Die Angst kommt und geht auch wieder. Man gewöhnt sich in gewisser Weise, ändert seine Haltung zum Leben und macht weiter, so gut es geht. Die Chance, dass es eine ganze Zeit gut geht, ist auch beim Glioblastom da.
Ich kann mit der Lebenszeitverkürzung inzwischen ganz gut leben. Hätte ich nicht gedacht. Aber man entdeckt Ressourcen, von denen man vorher nichts wusste, nichts wissen konnte. Woher auch?

Liebe Grüße, Alma.

Lady_Like

Hallo,

ich kann Alma nur zustimmen. So eine Nachricht platzt plötzlich ins Leben und alles ist anders. Was aber auch stimmt: Die Angst und das Gefühl der Ohnmacht werden weniger. Es kommt die Zeit, da "gewöhnt" man sich an dieses neue Leben - was nicht heißt, dass die Angst hin und wieder doch mal durchbricht. Aber es wird oft ruhiger insgesamt - zumindest auch bei mir. Bei den medizinischen Begriffen fuchse ich mich selbst gerade noch ein. Aber vielleicht kannst du hier schreiben, welche Begriffe du nicht verstehst. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass einem hier gut geholfen wird. Ich gebe auch alles, was ich schon kann ;-).

Ganz liebe Grüße
Lady_Like

Sillika

Hallo Charly 17
Das ist erstmal ein riesiger Schock...warum wir ? Warum so was? Warum nur
Aber nach dem Schock kommt das Funktionieren .
Alles für den Menschen zutun ihm zu helfen .
Mein Papa war auch daran erkrankt und es ist und war eine harte Zeit... ihm und uns das Gefühl zu geben er ist keine Last.
Glaube ...erstmal alles ist unwichtig aber man lehrt damit umzugehen..
Es wird nicht einfach aber seid für ihn da ...das ist ganz doll wichtig .
Ohhh ja die Fachwörter ....habe oft gegoogelt...bin etwas vom Fach aber war nicht einfach.
Bin auch einfach nochmal zum Arzt und habe mit ihm die einzelnen Wörter besprochen....
Wünsche euch viel Kraft.
LG
Silvana

alma

Noch eine Ergänzung:
sollte es während des Stupp-Protokolls oder kurz danach zu einem Rezidiv kommen, ist der Standard natürlich nicht mehr die richtige Therapie. Dann werden sich die Ärzte einen individuellen Behandlungsplan für die Besonderheiten des Patienten überlegen und es damit erneut versuchen.

Und noch eine:
hier gibt es einen Thread über das Für und Wider von Antidepressiva. Als Krebskranker bekommt man schnell die Diagnose Depression, ohne eine klinische Untersuchung, einfach als Projektion des Arztes von seinen wahrscheinlichen Reaktionen auf den Patienten.
Natürlich muss eine Depression behandelt werden, aber es gibt auch gute Möglichkeiten jenseits der Antidepressiva
Meditation, alle Arten von Entspannungstechniken, von Unterbrechung des Gedankenkreisens und von Angst- und Panikattacken.
Vermittelt werden diese Techniken z.B. in Bereichen wie der onkologischen Naturheilkunde. Die gibt es in manchen Kliniken.
Ich hoffe, jetzt nicht zu viel geschrieben zu haben. Ihr seid ja noch ganz am Anfang und werdet euch euren eigenen Weg bahnen.

LG, Alma.

Charly17

Ich danke Euch allen für die nette Antworten!
Es tut einfach gut weil man nicht so einsam ist..... Mit meinem Mann kann ich nicht reden, er ist seit dem epileptischen Anfall (nicht seitdem wir die Diagnose bekommen haben) nicht der selbe. Es liegt wahrscheinlich an der Keppra.... Entweder schläft er, oder ist am lesen. Jede Versuch mit ihm zu sprechen endet mit einem Wutanfall seiner Seits.... ich erkenne ihn einfach nicht mehr..... Vor allem frage ich mich was passiert wenn wir im Januar mit den Therapieen anfangen und es ihm dann wirklich nicht gut geht...? Jetzt außer Muskelschmerzen und Schlafstörungen hat er keine Beschwerden und er ist jetzt schon so verändert.
Liebe Grüße Kallcha

alma

Menchen reagieren sehr unterschiedlich auf eine solche Diagnose. Und keiner kann sagen, wie er selbst reagieren würde.
Ich hatte einige Krankheitsschübe und mein Verhalten war jedesmal ein anderes.
Ich würde ihn lassen, wie er gerade ist. So fängt er sich am besten. Es ist wahrscheinlich seine Art, wieder zur Normalität zu finden und damit zur Stabilität. Dass diese Normalität nicht mehr vollständig erreicht werden kann, wird ihn jetzt überfordern.
Das Problem in einer Ehe ist nur, dass die verschiedenen Reaktionsweisen etwas Trennendes haben, und das verstärkt die Angst. Aber man kann sich wieder finden, weiß nur noch nicht wie.

LG, Alma

Charly17

Danke für eure Antworten,
da ich niemanden habe mit dem ich darüber sprechen kann freue mich wirklich sehr über jede „mentale“ Unterstützung.
Wie ich schon geschrieben habe fängt die Bestrahlung und Chemotherapie am 3 Januar. Die Muskelschmerzen sind etwas besser geworden aber mein Mann ist nicht mehr zu erkennen! Er trinkt seit 3 Tagen fast ununterbrochen (Wein) und ist entweder aggressiv oder unansprechbar. Ich komme gar nicht mehr an ihn ran! Heute habe ich ihm gesagt wie sehr ich ihn liebe und seine Antwort war nur: ich glaube dir nicht. Zu meiner Schwägerin hat er am Telefon gesagt dass er weiß dass ich ihn verlassen werde. Das stimmt überhaupt nicht! Meine Schwägerin (obwohl sie selbst im Rollstuhl sitzt und sehr krank ist) kommt am kommenden Samstag zu uns um mit meinem Mann zu sprechen. Er hat zu ihr gesagt dass er sie nicht sehen will und sie soll bleiben wo sie ist (120 km weit weg). Ich weiß wirklich nicht weiter. Es geht mir inzwischen auch nicht gut weil ich sehr unter diesen Umständen leide. Am kommenden Freitag habe ich Termin bei einem Neurologen der auch mein Mann betreut. Ich werde mit ihm sprechen und fragen was ich machen soll? Am 11 Januar hat mein Mann auch Termin bei dem Arzt, vielleicht schaffe ich ein früheren Termin für mein Mann zu bekommen.
Was kann ich sonst noch machen?????
Liebe Grüße

verzweifelte Kallcha

Schnupfel

Liebe Charly17,

@alma hatte dir schon geschrieben, dass es vielleicht am besten wäre, ihn mal "zu lassen".....

Obwohl wir "Angehörige" eines Glioblastom-Patienten sicher dicht dran sind, können wir trotzdem nicht die Gefühle des unmittelbar Betroffenen fühlen.

Wir meinen vieles gut und glauben ganz fest, es ist nur im Sinne des 'Patienten' und dann reagiert der doch nicht so wie wir uns das vorstellen.....fühlen uns dann noch verletzt und halten eventuell auch noch den Patienten für undankbar?

Diese "Begleitumstände" sollte man auf gar keinen Fall persönlich nehmen. Es ist schwer aber so lange du sicher bist in deinem Tun für deinen Mann, gibt es keinen Grund, das als Verletzung zu sehen.....

Er hat diese furchtbare Diagnose und wird definitiv Zeit brauchen, damit umzugehen.
Männer sind von Natur aus nicht die Gefühlsdusel und manchmal werden sie verbal grob wenn sie jemanden nicht an ihre verletzten Gefühle ranlassen wollen. Sie "schubsen" weg um (vermeintlich) den anderen auf Abstand zu halten......wenn du dich über ihn ärgerst, leidest du nicht mit ihm......so in etwa benehmen sich Männer mitunter.....

Versuche Emotionen und Rationalität in der Angelegenheit auf ein Level zu bringen. Das könnte helfen, nicht mitzuleiden denn das kostet Kraft , Nerven und Energie, die du auf jeden Fall noch brauchen wirst.
Wenn du schon gute Ärzte der verschiedenen Fachgebiete hast, ist das die halbe Miete.
Ob aufgedrängte Gespräche deinem Mann helfen zur Zeit, mag ich bezweifeln......man kann es versuchen, sollte aber nicht übertreiben und den Patienten dann auch noch überfordern - das kann seinen seelischen Zustand auch verschlechtern. ER könnte den Eindruck haben, tatsächlich läge es nur an ihm, dass er diese Krankheit hat und nun auch noch völlig versagt - denn er macht ja alles falsch und du fühlst dich auch schlecht dabei...... doch er weiß nicht, was er tun kann, damit es anders wird - weder für dich noch für ihn.....die Diagnose kann er nicht wegzaubern und die letztes Konsequenz muss er ertragen......

Sillika

Hallo
Es ist eine scheiß Situationen...aber das für jeden !! ...meine Mama hatte Papa trotzdem mal rund gemacht...er war zu den Enkeln, die gerade 7 Jahre sind , sehr unfair und wurde richtig böse...da hat meine Mutter mit ihm ein ernstes Wörtchen gesprochen das er es bitte lassen soll sonst würde keiner mehr kommen und das sie alleine es nicht schafft....es haben sich sowieso schon viele zurück gezogen und sie braucht etwas Kontakt....die Enkel wussten das opa dolle krank war und haben ihn es zwar nicht ganz so dolle übel genommen...
Aber denke man muss den betroffenen auch mal klar machen wie es ein selber mit der Situation geht und er es auch verstehen müsste ...glaube schon das er darüber vielleicht nicht nachdenkt das auch andere leiden außer er.
Ganz viel Kraft weiterhin ihr werdet es schaffen
LG
Silvana

Schnupfel

Zitat @Sillika
"aber denke man muss den betroffenen auch mal klar machen wie es ein selber mit der Situation geht und er es auch verstehen müsste ...glaube schon das er darüber vielleicht nicht nachdenkt das auch andere leiden außer er. "

Wow.....bösartiger Hirntumor ist leider kein Wunschprogramm und wir als Laien wissen definitiv NICHT, wie welche Hirngebiete tatsächlich betroffen sind, wie diese normalerweise funktionieren..... aber klar, für den Patienten ist es ganz leicht, einfach nur mal nachdenken, dann fällt ihm schon ein, was er falsch gemacht hat......

Dass Menschen mit solch einer Erkrankung mitunter nicht bewußt agieren wie sie agieren, ist noch nicht in den Sinn gekommen?

Schön wenn man als Anhang "mitleidet" aber vielleicht sollte man sich mal eine ruhige Minute gönnen und versuchen sich in die Situation eines mit der Todesstrafe verurteilten zu begeben - mal ganz ernsthaft , kommt man dann auch auf die Idee, der soll sich mal nicht so haben?

Grünes Haus

Hallo Schnupfel,ich glaube, so war es nicht gemeint.Vielleicht brachte es die Situation in Bezug auf die Kinder mit sich,die im Spiel waren...und schon spielen Dünnhäutigkeit,Emotionen und die besondere Lage,in der sich alle befinden auch den Angehörigen mal einen Streich bei der Reaktion.Denn alle Seiten können auf Dauer irgendwann keine gezielten bzw kontrollierten Dinge sagen, vor allem spontan nicht.

Schnupfel

Das kann gut möglich sein. Glücklicherweise hatten die Kinder noch ihren gesunden Menschenverstand und haben es dem schwer krankn Opa nicht übel genommen.
Und natürlich kann man in der Situation dünnhäutig reagieren, im Nachgang darf man auch drüber nachdenken in wie fern ein Mensch mit einem Hirntumor in der Lage ist der angeblichen Vernunft von selbsternannten Gesunden Folge zu leisten....manche Erkrankungen bringen es mit sich, dass da einiges nicht "normal" funktioniert.... Selbst "gesunde" sind ungerecht zu Kindern und/oder anderen Zeitgenossen.....

Ich wollte lediglich mal darauf aufmerksam machen, dass es genau so "grausam" ist, einem schwer kranken Menschen noch derartige Vorwürfe zu machen ohne ein schlechtes Gewissen dabei zu haben wenn man nicht drüber nachdenkt ob der Kranke eventuell gar nicht dafür kann....nur ein kleiner Hinweis zum überlegen.....

alma

Es kann aber auch als grausam empfunden werden, wenn das Umfeld sog. oder vermeintliche Ausfälle der Gehirnkrankheit zuschreibt. Dann ist es für den Betroffenen schwer, sich selbst als normal anzusehen. Wut ist doch ein ganz normales Gefühl. Wir brauchen es zur Selbstverteidigung.

Sillika

Hallo Schnupfel,
Ohhhh wen das so rüber gekommen ist sorry. Aber ich kann mir sehr gut ein Urteil erlauben, habe mein papa von anfang bis zum letzten Atemzug gepflegt und war dabei wie er sich verändert hat ....natürlich für den betroffenen ist es ein todeskampf aber für uns angehörigen um so schlimmer ihn so leiden zu sehen. Die Zeit war hart und waren mit unseren Kräften am Ende .
Natürlich konnte er nichts dafür ...er war nicht mehr er selbst...aber haben versucht ihm ganz normal zu behandeln...das wollte er auch ....
Schon schlimm genug das mit zu erleben aber bin mir sicher wir haben alles richtig gemacht
LG
Silvana

Schnupfel

@Sillika

Ich habe ja nicht umsonst dein Zitat extra eingestellt....schade, die deutsche Sprache ist so schön präzise und trotzdem kommt es zu einem Missverständnis (?)

So auch dein neuer Beitrag.....deraus meiner Sicht wieder die Angehörigen zum eigentlichen Opfer machen....

Aber egal, jeder hat offensichtlich andere Betrachtungsweisen.
Mir war nur wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir Laien nicht entscheiden können ob der Hirntumor-Patient in einigen Situation nicht kann oder ob er nicht will und, dass ich zumindest da vorsichtiger in der Reaktion dem Kranken gegenüber wäre.....Da hat jeder wohl andere Prioritäten.

Löwin

Hallo Kallcha,

neben der Tatsache, dass sowohl man selber als Angehöriger als auch der erkrankte Partner erstmal irgendwie die Diagnose verarbeiten müssen (was jeder auf sehr unterschiedliche Weise und in anderem Tempo macht), kann aggressives Verhalten tatsächlich auch eine recht häufige Nebenwirkung vom Keppra sein. Ich würde das mit dem Neurologen mal besprechen.
Bei uns hat eine Umstellung der Antiepileptika das Familienleben wieder deutlich entspannt, worüber ich sehr glücklich bin. Mein Mann war unter Keppra oft sehr aufbrausend und aggressiv.

LG

Zeitblume

@all , ich glaube da sind so unendlich viele Emotionen auf allen Seiten, dass es aus meiner Sicht ganz normal ist, dass es Momente gibt die für alle Beteiligten schwer sind. Vor allem aber auch schwer den "richtigen" Umgang damit zu finden. Aus meiner Sicht gibt es hier kein Richtig und kein falsch.
Ich habe meine Freundin vor vielen Jahren sehr intensiv begleitet. Dieses Jahr ist eine andere Freundin verstorben. Beide waren sehr verschieden im Umgang damit. Aber beide wollten auch nur eines. Nämlich soweit wie möglich einen "normalen" Umgang mit ihnen. Dazu gehört eben auch mal ein Streitgespräch. Das gibt den Betroffenen aus meiner Sicht auch die Möglichkeit und Chance im Frieden mit der Umgebung zu bleiben. Das halte ich für sehr wichtig. Ansonsten gibt es keine Chance etwas gut zu machen. Natürlich verändern Medikamente, die Krankheit selber und die Tatsache, dass Gefühle entstehen die mit viel Trauer, Wut, Aggression verbunden sind den Betroffenen total. Hier ist viel Geduld, Verständnis u.s.w gefragt. Dennoch sind wir alle nur Menschen und jeder begrenzt belastbar. Zum Opfer wird der Betroffene nur, wenn man ihm alles nimmt. Und dazu gehört eben auch ein Streitgespräch.

LG Zeitblume

Hopeness

Das vielen Patienten mit Keppra die Pferde durchgehen ist kein unbekanntes Phänomen. Dafür lässt es sich recht schnell aufdosieren und ist nicht zuletzt deshalb das Mittel, welches zuerst zum Einsatz kommt.
Mir wurde Lamictal aufdosiert, hat wesentlich weniger unangenehme Nebenwirkungen, wenn man nicht gerade eine Hautreaktion bekommt und es hellt die Stimmung des Patienten auf, was in solch einem Fall wohl kaum Schaden kann.

Was die Verarbeitung einer solchen Diagnose angeht, ist es schwierig sich in einen Betroffenen zu versetzen. Ich glaube jedoch, dass viele mit Wut ihren Schmerz über die Endgültigkeit ihrer Diagnose zum Ausdruck bringen und Gesunde Menschen dafür neiden, vielleicht sogar hassen und ihnen das Verständnis dafür absprechen. Eine unsäglich schwierige Situation, bei der es viel Fingerspitzengefühl braucht.

Alles Gute

Zeitblume

@Hopeness
Ich glaube jedoch, dass viele mit Wut ihren Schmerz über die Endgültigkeit ihrer Diagnose zum Ausdruck bringen und Gesunde Menschen dafür neiden, vielleicht sogar hassen und ihnen das Verständnis dafür absprechen. Eine unsäglich schwierige Situation, bei der es viel Fingerspitzengefühl braucht.

Dem kann ich nur zustimmen.

LG Zeitblume

alma

Es muss doch nicht immer gleich Neid sein. Und dann noch Hass auf die Gesunden.
Missverständnisse entstehen nach meiner Erfahrung aus den unterschiedlichen Lebenslagen. Und sicher auch daraus, dass sich die Betroffenen angesichts ihrer Belastung verändern. Man versteht sich nicht mehr.

Zeitblume

Hallo Alma,

ich glaube schon, dass auch diese negativen Gefühle Ausdruck einer Krankheitsverarbeitung sind und dazu gehören.
Bei meiner Freundin hatte ich Reaktionen mitbekommen, die sicherlich auch mit Neid und vielleicht auch ein wenig Hass behaftet waren. Denn es entsteht auch ganz viel innere Einsamkeit. Das Gefühl nicht mehr dazu zu gehören. Das ist noch nicht einmal gewollt. Und darf auch sein. Das ist das Leben...

LG Zeitblume

Harte Nuss

Hallo Charly 17. du schreibst am 25. das er fast den ganzen Tag Wein trinkt. Jeder von uns weiß, dass Alkohol zusammen mit Medikamenten (oder auch ohne) nicht immer gut ist. Auch Alkohol alleine und ohne diese Diagnose und die Angst vor dem was kommt kann aggressive Schübe auslösen. Ich würde dir raten auf alle Fälle dem Arzt davon zu berichten. In meinen Augen ist das Trinken immer eine Art Hilferuf und des vergessen wollen. Auch ich nehme Keppra (seit 15 Jahren) und trinke ab und zu Alkohol in maßen. Aber ihr habt zur Zeit noch so viel zu lernen alleine mit der Diagnose, dass ich lieber darauf verzichten würde. Spätesten wenn Chemo und Bestrahlung anfängt, darf Alkohol nicht mehr den Körper belasten. Ich drücke euch ganz fest die Daumen, dass ihr den richtigen Weg findet. Die harte Nuss

alma

Hallo Zeitblume,

Neid wird häufig unterstellt, statt nach anderen Motiven zu suchen. Das stört mich. Man weiß es wirklich erst, wenn man mit dem Betroffenen darüber geredet hat. Nur wird Neid ungern zugegeben, gerade wenn die Lebenschancen so ungleich verteilt sind. Der Eine ist das Opfer und muss sich noch ein verpöntes Gefühl vorwerfen.
Dann bleiben die Beweggründe eben im Dunkeln, was immer noch kein Grund ist zu spekulieren.
Wozu muss man auch wissen, ob der andere neidisch ist? Um sich besser zu fühlen?
Krankheit bringt einen Verlust sozialer Rollen mit sich. Aber wer sagt dir, wie sehr dieser Verlust einen anderen schmerzt?
Für mich ist es eher so, dass die Verluste sich in Befreiung verwandelt haben. Ich muss ganz vieles nicht mehr tun, auch weil ich es gar nicht kann. Was ich noch kann, tue ich. Das muss reichen.

Zeitblume

Ich bin davon überzeugt, dass Neid aufkommen muss. Das ergibt sich ganz automatisch und hängt mit den Umständen zusammen.
Ich bin mir aber auch sicher, dass es ein Prozess ist. Irgendwann sieht man auch in dem was einem geschieht viel positives. Für mich ist das nichts was beständig ist, sondern einem Wandel unterlegen ist.
Das was Du jetzt als Befreiung fühlst, kann irgendwann im Verlauf der Erkrankung auch mal anders gewesen sein.
Ich habe dieses Jahr mehrere schwere Momente gehabt. Meine Gefühle waren zwischendurch nicht nur positiv. Ich habe die anderen beneidet in ihrer Freiheit tun und lassen zu können was sie wollen. Mich ertappt wie abgeschieden ich mich gefühlt habe. Nach wie vor habe ich Schwierigkeiten. Dennoch kann ich diesem ganzen ganz viel positives abgewinnen. Also alles ist im Wandel.

LG Zeitblume

alma

"Einem Wandel unterlegen" - das trifft wie du sagst auch auf das Gefühl des Neids zu. Und den Wandel macht auch der andere durch. Dann kann man von "automatisch" nicht mehr sprechen, wie anfangs behauptet.
Ich möchte jedenfalls niemanden an meinem Kranken- oder Sterbebett sitzen haben, der mich für neidisch und hasserfüllt hält. Das wäre eine völlige Verkennung meiner Lage.
Dass ich das jetzt als Befreiung fühle, liegt an den derzeitigen Umständen. Unterlasse bitte weitere Deutungsversuche in meine Richtung. Du kennst mich nicht.
Im übrigen hat es sich bei der Begleitung Sterbender gezeigt, dass diejenigen leichter aus dem Leben gehen, die sich die für sie wichtigen Freiheiten genommen, also ein eigenes Leben geführt haben.

Hopeness

Ist es nicht ein ganz normaler Vorgang wenn man andere Menschen beneidet die gesund sind und Planungssicherheit für ihr leben haben? Und fragen wir uns nicht alle irgendwann einmal, warum es gerade uns erwischt hat?
Ist es nicht auch so, dass wir in schweren Stunden unser Schicksal hassen und deshalb mit der ganzen Welt in Konflikt kommen?

Es muss kein Dauerzustand sein, aber wir alle durchlaufen immer wieder Phasen, in denen es uns schwer fällt unser Umfeld so wahrzunehmen wie es ist. Nach der ersten Diagnose fällt jeder Betroffene in ein tiefes Loch. Aber wie tief ist das Loch, wenn man den endgültigen Befund bekommt und man im Internet nachliest, was auf einen zukommt?

Und ganz wichtig, was geht in uns vor wenn ein gesunder Mensch einem das Gefühl vermitteln möchte, dass er unsere Situation versteht?

Es ist unmöglich zu verstehen, was in einem Menschen vorgeht der eine WHO IV Diagnose hat. Welches Ventil ist uns gegeben ausser Tränen und Wut?

Der Ehemann von Charly17 dürfte sich im Moment in der Phase Tränen und Wut befinden. Aber ich hoffe für ihn dass er sich irgendwann selbst die Frage stellt, ob er die Zeit die ihm bleibt nur mit Angst, Rausch und Zwietracht verbringen will, oder sich einen Plan zurecht macht was er in der verbleibenden Zeit für sich und andere noch erleben möchte. Es fällt einem ja leider erst dann ein, wenn das Leben endlich wird, das man noch so vieles machen möchte.

Ich wünsche es ihm und Charly 17

Und doch ist es schwer, so kurz nach einer solchen Botschaft mit OP und Stresssyndromen, so zu tun als wäre alles in Ordnung. Es braucht Zeit!

Und wegen des Ertränkens der Angst im Alkohol, wird das vermutlich kein neues Phänomen bei ihm sein. Sowas hat meistens Tradition.

Zeitblume

@alma
Ich glaube Du hast mich nicht richtig verstanden. Vor allem habe ich im allgemeinen geschrieben. Letztendlich wollte ich Dich nicht verletzen und bin auch nicht davon ausgegangen, dass du oder wer auch immer (denn das betrifft jeden, niemand ausgenommen) hasserfüllt oder mit viel Neid irgendwann sterben muss. Das war nicht meine Absicht.
Wäre an dem, wäre es schlimm. Ich glaube nämlich schon auch daran, dass es wichtig ist mit sich und seiner Umgebung im Reinen zu sein, wenn man geht.
Ich denke Hopeness beschreibt es ganz passend.

LG Zeitblume

alma

@Hopeness:
"Warum gerade ich?" - diese Frage habe ich mir nie gestellt. Warum nicht ich?
Ich scheine in einem anderen Universum zu leben.

@Zeitblume:
Du hast mich nicht verletzt, nur verärgert. Und auch nicht verstanden.
Ich wünsche es niemandem, dass an seinem Kranken- oder Sterbebett einer sitzt und von ihm glaubt, ich empfände Neid oder Hass gegen ihn, weil er nicht krank ist. Man weiß doch gar nicht, was der andere noch vor sich hat.

Ob mein Befreiungsgefühl mal anders war, ist gleichgültig. Es ist da und das ist die gute Seite an der Scheißkrankheit, wie sie jetzt ist, denn es hängt damit zusammen. Ich bin dankbar, das so fühlen zu können.

Und ich glaube nicht, dass es wichtig ist, dass man mit seiner Umgebung im Reinen ist. Mit sich schon. Aber wie mit sich ins Reine kommen, wenn es nicht geht, das mit der Umgebung zu tun? Es muss allein gehen. Ich spreche dabei nur für mich.

Hopeness

@ Alma
Nicht jeder kommt gleich gut mit seinem Schicksal zurecht, deshalb bewundere ich alle die, welche damit so gut zurecht kommen umso mehr. Es ist ein Privileg so mit sich im reinen zu sein. Und doch ist und fühlt jeder Mensch anders. Mir ist es kurz nach meiner Diagnose oft passiert, dass ich in grossen Menschenmengen stand. Die Leute beobachtete und das erste was mir einfiel war "Die sind alle gesund, ich nicht". Ob sie es nun waren oder nicht, ich empfand das so und oft schämte ich mich dafür.

Heute sehe ich vieles anders, bin mit und an der Erkrankung gewachsen, weil ich es besser weiss. Damals wusste ich nichts und war allein mit mir und meiner Diagnose, obwohl ich jede Menge gute Menschen um mich herum hatte, die mich auch heute noch treu begleiten. Und doch ist jeder mit seiner Krankheit für sich, denn die nimmt einem niemand ab.

Ich hatte aber auch "nur" ein Meningeom WHO I, aber so hat es sich eben für mich angefühlt. Je länger man damit konfrontiert ist und je mehr Zeit man hatte sich mit seinem Schicksal zurecht zu finden, desto mehr hat man sich auf sein neues Leben eingestellt. Jeder braucht seine Zeit, niemand ist darauf vorbereitet und kaum jemand ist so sattelfest, das ohne Nebenwirkungen auf sich und seine Mitmenschen zu bewältigen. Jeder für sich, die einen so, die anderen anders.



Allen alles Gute und eine rezidivfreie Zeit!

Likiniki

@Alma
Dann bist du in diesem Universum nicht allein. Ich habe mir diese und andere Fragen auch nie gestellt. Und noch viel weniger habe ich Andere beneidet. Auch nicht still und heimlich. Und ich glaube so gehen viele von uns Betroffenen damit um.

@all
Natürlich gibt es auch die Gegenseite, jene die in Selbstmitleid und Frust, erstmal oder auch länger ertrinken. Und die Welt für Ihr Schicksal verfluchen. Ich habe solche Menschen in der Klinik kennen gelernt.

Aber dies zu verallgemeinern und zu meinen jeder der eine schwere Zeit durchmacht müsse irgendwann mal neidisch auf Andere sein finde oberflächlich und eher ein Klischee.

Aber solche Diskussionen, auch Meinungen von Angehörigen bestreben mich dann doch immer wieder in meiner Entscheidung mich definitiv nie von Angehörigen pflegen oder betreuen zu lassen. Das Leiden der Angehörigen wird oft als so grausam, schmerzhaft und belastend beschrieben, dass ich es meinem Mann und meinen Kindern nicht antun möchte. ;-)

Hopeness

Du bist meine Heldin ;-)

Zeitblume

@ verärgern will ich niemanden. Das war nicht meine Absicht.
Ich selber habe Neid empfunden und das ist in Ordnung. Hass oder die Frage nach dem Warum kam nie auf. Das hat mit meiner allgemeinen Einstellung zu tun.
Ich war zu allgemein bezogen und lerne hier, es war falsch.

LG Zeitblume

alma

Ich sitze seit einem halben Jahr 10 Tage im Monat vormittags bei meinem Onkologen im Infusionszimmer zur Chemotherapie, um mich herum nur Krebskranke.
Man kann natürlich nicht sagen, wie sie sich zu Hause benehmen, aber meiner Erfahrung nach sind es friedliche, freundliche Menschen, die bemüht sind, ihre Last zu tragen.
Familiäre Verhältnisse, um die es zumindest eingangs gegangen ist, sind komplexer. Bei Krankheit lässt sich zunächst schwer sagen, ob da vorher schon etwas nicht in Ordnung war und ob das der Grund für die Wut ist. Vielleicht wäre es gut, das herausfinden, bevor man dem anderen die eigenen Gefühle auch noch auflädt.
Das ist einer der Gründe, warum ich es falsch finde, wie selbstverständlich von Neid und Hass bei dem Kranken auszugehen.
So ist es schwer, gemeinsam Frieden zu finden.
Der andere Grund: wir Krebskranken können vielleicht mehr tragen, als man uns zutraut. Auch das ist eine Projektion, denn der andere geht davon aus, was er selbst zu tragen imstande wäre. Das nun kann sich aber im Verlauf einer Krankheit ändern.
Die erste Diagnose und/oder auch der erste Rückfall werden von den Betroffenen als der schwerste Schock beschrieben.
Einen Schock muss man verdauen. Das braucht Zeit, oft Monate, wenn nicht Jahre. Die Zeit sollte man seinem Angehörigen geben. Immerhin ist es ja auch möglich, dass die Wut daher kommt, sich bedrängt zu fühlen oder tun zu sollen, als wäre das Leben wieder ganz normal.

Karin jako

Liebe Alma, mit großem Interesse lese ich deine Zeilen. Ich wünsche dir weiterhin ganz viel Kraft. Krebs ist einfach totale scheiße. Bei meiner Erstdiagnose hatte ich stets das Gefühl meinem Umfeld Positive Wertungen, so wie: ach ich Pack das schon etc. Mitteilen zu müssen. Ich musste alle trösten. Es war furchtbar. Bei dem Rezidiv konnte ich erst begreifen wie endlich mein Leben tatsächlich ist. Bis dato dachte ich immer ich sei ne Art Medizin. Wunder, da ich zeitlich gesehen schon gar nicht mehr leben durfte. Seit dem habe ich aufgehört anderen "gesunden" Hoffnung zu geben, denn das ist nicht meine Aufgabe, sollte sie nicht sein. Ich versuche heute, trotz miesser Prognose, jeden Moment, jeden guten Tag...aufzusaugen. ich will für keinen eine Belastung sein. Wenn der Tag irgendwann kommt, soll niemand denken: boah hat die gelitten, nee , nee, .... mein Ziel wäre dass alle Freunde Familie etc. mit einem Lächeln nach oben schauen. Das wäre schön. Aber noch ist es nicht soweit, denn jeder Tag zählt.

Efeu

Ich versuche etwas von dem zu schreiben, was ich sagen möchte. Bitte seht mir Ungeschicklichkeiten nach, es geht mir nicht gut, ich kann nicht klar denken, Demenz ist einfach keine lustige Sache.

"Und doch ist jeder mit seiner Krankheit für sich, denn die nimmt einem niemand ab."
Hopeness, das ist für mich wesentlich, was du sagst: Es ist meine Verantwortung, mit der Krankheit einen Weg zu finden, einen Weg, mein Leben, mich! zu leben, was bei mir heisst, dass ich schwerbehindert bin und so isoliert / einsam lebe, dass ich wochenlang niemanden sehen kann ausser meinem Mann, und ihn nur dosiert.
Um kognitiv überhaupt etwas erfassen und daraus entscheiden, etwas zu tun, brauche ich diese Reizarmut. Dass ich ganz viel nicht kann - anyway.

Ich lebe, was ich vermag, ich entdecke im Kleinen das Grosse. Für mich ist "Krise Chance".
Ich kann sagen: Das Glas ist halb leer - oder, das Glas ist halb voll.

Noch lebe, ich, auch wenn die Prognose sauschlecht ist, in den letzten 3 Monaten haben sich alles Einschränkungen verschlechtert. Ich muss mich jeden Tag neu erfinden, herausfinden, was geht, wie es geht und fdann, was ich möchte. Die Frage "warum ich" habe ich mir nie gestellt, sondern: Wie kriege ich das hin, wie kann es gehen?
Interessanterweise war die Frage für mich da, als im frühjahr einer meiner Kinder 6 Wochen im Koma lag und wir nicht wussten, ob er überlebt, und auch heute kommt mir manchmal diese Haderfrage, weil auch nach 8 Monaten unklar ist, wie behindert er bleiben wird.

Ja, Karin, jeder Tag zählt!
Auf ein gutes Neues Jahr für uns alle.

fefele

Weiß zwar nicht, was die Reaktion auf Leid mit der Ausgangsfrage (Erklärung von Arztbegriffen) zutun hat,
aber zum Thema Leid ertragen bzw. tragen, hab ich vor und nach der 1. OP viel gelernt.

Es hat wirklich ein Jeder seine Päckchen zu tragen. (Mögen sie anderen noch so nichtig erscheinen. Leid kann man nicht messen und vergleichen. So meine Erfahrung.)

Am Tag vor der OP hatte ich nochmal Besuch. Alle Besucher waren gestresst und durch irgendwas angegriffen.
Nur zwei Beispiele:
Der Eine klagte lange über einen Kratzer im Auto - es schien ihm wirklich weh zu tun.
Die Andere litt so schwer an ihrem Schnupfen (- dabei war es noch nicht einmal ein Männerschnupfen ;) :)) ....
Mein Tumor und die bevorstehende Op war nur genau einen Satz lang Thema, als ich erwähnte, dass ich Angst vor der OP habe. Das Verstummen und die betroffenen Gesichter brachten mich sofort in die tröstende Rolle. (Karin da ticken wir ähnlich)

Dann lag ich nach der OP in einem 4-Bett-Zimmer mit drei frisch an den Bandscheiben operierten Frauen, die sich wirklich nicht ohne Schmerzen bewegen konnten. Sie taten mir echt leid. Wenn irgendwas außerhalb den Betten erledigt werden musste, hab ich das für alle gemacht. (Ein Teil des Krankenhauspersonals war in der Woche in den Streik getreten) Schnell hatten die anderen vergessen, dass auch ich eine OP hinter mir hatte.
(Und eine lebensbegrenzende Diagnose)
Mich hat das aber nicht gegrämt, sondern ich war heilfroh, dass ich in dem Moment dazu in der Lage war, zu helfen. Es half mir wieder in meine Kraft zu kommen.

Efeu hat es so schön formuliert: "Ich muss mich jeden Tag neu erfinden, herausfinden, was geht, wie es geht und dann, was ich möchte."
Das geht mir auch ohne große Ausfälle so.

Ich brech mir auch heute noch keinen Zacken aus der Krone,
wenn ich jemand mit Schnupfen tröste.
Und ich hoffe ich kann meinen Angehörigen noch lange (authentisch) Mut machen. Und sei es nur den Mut, zu einem würdevollen Leben bis in den Tod. Es ist so ein großes Geschenk ein Sterben in Würde begleiten zu können.

Wünsche uns allen (Betroffenen und betroffenen Angehörigen)
ein gutes Neues Jahr - mehr Verbindendes als Trennendes -
und viele lichtvolle Momente!

fefele
Diagnose Astro 2
ED 2009, 1 Rezidiv 2016

Ein Kranker soll nicht ein "Gezeichneter",
sondern ein "Erwachender" sein.
Dr. Ebo Rau

alma

@fefele
Lies den ersten Beitrag noch mal, dann siehst du, dass nach einer Erklärung von Arztbegriffen nicht gefragt wurde, sondern es v.a. um den Zustand des Mannes nach OP und Anfall ging. Und im weiteren Verlauf um seine psychische Veränderung.
Darauf wurde geantwortet. Damit ist nur die Überschrift irreführend. Sie ist auch im Nachhinein entstanden, vorher hieß der Thread anders. Warum, weiß ich nicht.

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