Ich würde hier gern etwas erklären.
Durch die Operation wurden sichtbare Zellen des Tumors entfernt.
Die einen nicht sichtbaren und die anderen, die man nicht entfernen konnte, mussten dort bleiben. Die einen befinden sich innerhalb des Hirngewebes und können unter dem OP- Mikroskop nicht gut genug von den gesunden Zellen unterschieden werden. Die anderen sind möglicherweise zu nah an wichtigen Funktionsbereichen des Gehirns.
Das ist der Grund dafür, dass diese restlichen Zellen, aus denen Rezidive werden können, nachbehandelt werden müssen.
Nach der OP ist eine "Tumorresthöhle" entstanden. In diesem Raum, an dessen Rändern sowie darum herum geschehen diese Veränderungen.
Gesunde und restliche Tumorzellen können sich in diese "Höhle" hinein bewegen, weil dort jetzt Platz ist.
Außen befand sich ein Ödem, das ist eine Wasseransammlung, die das Immunsystem erzeugt hat, um den Tumor, der als Feind erkannt wird, zu umgeben, damit er dem Gehirn keinen Schaden zufügen kann.
Auch die Handlungen der Neurochirurgen werden vom Gehirn als "feindliche Angriffe" gedeutet und können nach der OP auch zu einem solchen Ödem führen.
Diese "Umbauprozesse" können unterschiedlich lange dauern. Wie sie ablaufen, das kann niemand vorhersagen.
Nun beginnt nach dem Abheilen der äußeren Schnitte die Bestrahlung mit dem Ziel, die Tumorzellen während ihrer Teilungsphase so zu stören, dass eine erfolgreiche Teilung in zwei neue Tumorzellen nicht mehr möglich ist.
Es wird die Tumorresthöhle und etwa 2 cm darum herum bestrahlt, das sind die Gebiete, wo sich Tumorzellen befinden können, die daran gehindert werden sollen, sich zu teilen und so zu Rezidiven zu werden.
Diese Zellen bleiben jedoch im Kopf. Es sind "tote" Zellen. Je mehr Zellen auf diese Art getötet werden, um so größer ist der "Zellhaufen aus toten Zellen" Ihn bezeichnet man als "Nekrose".
Die Bestrahlung sieht das Gehirn aber auch als feindlichen Angriff an und es kann ein Ödem entstehen.
Nun gibt es also schon drei Möglichkeiten im Kopf, wo das MRT-Kontrastmittel aufgenommen werden kann, Ödeme, (tote) Nekrose, (lebende) Tumorrestzellen.
Im Verlauf der Bestrahlung geschieht das aber nicht "von jetzt auf gleich", sondern die Immunabwehr-Ödeme, dieses "Abtöten" und das möglicherweise "Lebenlassen" zieht sich unterschiedlich lange hin, mitunter mehrere bis viele Monate. Und in dieser langen Zeit sehen die MRT-Bilder immer ein wenig unterschiedlich aus.
Ich selbst habe diese Bestrahlung eines Resttumors erlebt und da ich nach mehreren OPs und 2 Bestrahlungsserien wusste, was zu erwarten war, wurde bereits 2 Monate nach dem Ende der Bestrahlung die erste MRT gemacht und dann alle drei Monate. Der Tumor (WHO-III-Meningeom) schien erst größer zu werden und das, was zuvor gleichmäßig Kontrastmittel (KM) aufgenommen hatte, sah wie eine aufgelockert Wolke aus. Ich wusste durch die Gespräche mit meiner Radioonkologin, dass es sich um einen so genannten "Pseudoprogress" handelt. Das hätte ein Tumorwachstum sein können, aber auch die normale Reaktion nach OP und Bestrahlung, wo auch von der Nekrose noch KM aufgenommen wurde. Weder die Radiologin noch die Radioonkologin und auch die Neurochirurgin konnten deuten, was es wirklich war, auch in den folgenden MRT-Bildern nicht. (Ein Ödem hatte ich nicht.)
Bei Euch kommt nun noch die Chemotherapie hinzu. (Gegen Meningeome gibt es das nicht.) Diese bewirkt aus den gleichen Gründen auch Nekrose und Ödeme und lässt vielleicht auch noch einige Tumorzellen "am Leben".
Man sollte sich in dieser Zeit der intensiven dreifachen Therapie darauf verlassen, dass alle Therapien gemeinsam bzw. nacheinander so viele Tumorzellen wie möglich entfernen bzw. abtöten.
Dabei ist die OP am effektivsten, da so viele Tumorzellen wie möglich entfernt werden, die sind dann nicht mehr da.
Die Bestrahlung halte ich für die zweit-effektivste Methode, da sie genau dort wirkt, wo der Tumor war bzw. seine Reste sind. Die gesunden Zellen, die von den Strahlen durchquert werden müssen, haben die Fähigkeit, sich selbst zu reparieren, falls ihre DNS geschädigt wurde. Das können Tumorzellen kaum oder nicht. Dennoch kann es Strahlenschäden geben.
Die Chemotherapie hat eine gleichwertige Wirksamkeit, falls das passende Mittel gewählt wurde. Der Nachteil ist die "systemische" Wirkung, also dass diese Medikamente auf den gesamten Organismus wirken, Nebenwirkungen haben (müssen) und das Immunsystem schwächen. Die Chemotherapeutika sollen ja die "Blut-Hirn-Schranke" überwinden, die dazu da ist, das Gehirn vor Störungen ("feindlichen Angriffen") zu schützen. Deswegen muss das Immunsystem "heruntergefahren" werden.
So viel Angst die fehlenden und aus nachvollziehbaren Gründen nicht durchgeführten MRT-Kontrollen auch erzeugen mögen, weil die wertvolle Lebenszeit davon läuft, man muss jetzt darauf vertrauen, dass die "geballte Kraft" der Therapien wirkt.
Ja, es kann sich ein Tumorwachstum dahinter verstecken. Auch ich musste das erleben. Aber ich hatte 3 Jahre Zeit gewonnen und dann war eine OP des wieder gewachsenen Resttumors notwendig und er wurde erfolgreich teiloperiert.
Bei Glioblastomen kann diese gewonnene Zeit bis zum Rezidiv kürzer sein, aber dann werden die Ärzte rasch handeln. Sie wissen dann mehr darüber, wie die Chemotherapie gewirkt hat und es kann sogar neue Forschungsergebnisse geben.
Habt jetzt Vetrauen in die Ärzte und in die Therapien und nutzt die Lebenszeit!
KaSy