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Funny

Liebes Forum,
Es ist mein erster Besuch in diesem Chat, der Grund ist das Schicksal meines Bruders (57 Jahre). Er wurde vor drei Wochen an einem Glioblastom (5 cm, rechts am Hirnstamm auch in den Frontallappen hineingehend) operiert. Das Ganze kam überraschend, ohne viel Vorwarnung. Zwei Wochen zuvor begannen die Kopfschmerzen und Übelkeit, die von den Ärzten als Infekt eingeschätzt wurden. Erst als die Ausfallerscheinungen links begannen wurde er ins Krankenhaus eingeliefert und mittels MRT als Tumorpatient diagnostiziert. Zwei Tage später fand schon im Uniklinikum Essen die OP statt, weil uns gesagt wurde, dass er sonst nur noch wenige Wochen zu leben hätte. Die OP verlief gut, ohne Schlaganfälle oder Blutungen. Leider bildete sich im Verlauf der folgenden Woche eine Zyste, die zu einer Mittellinienverschiebung führte und zu einer erneuten OP. Der Zustand meines Bruders ist körperlich geschwächt, er hat links Blickfeld und Wahrnehmungsausfälle. Mit anderen Worten er sieht links nichts und nimmt auch nicht seine linke Seite wahr. Eigentlich ist er nicht wirklich mobil, mit Hilfe der Pfleger schaffte er es immerhin vor zwei Tagen den Gang entlang zu gehen, allerdings ist er sehr fallgefährdet. Ansonsten ist er klaren Verstandes, aber der Klinikalltag ist sehr anstrengend für ihn. Sich selber mit seiner Erkrankung und Prognosen als auch Therapien auseinanderzusetzten schafft er noch nicht. Deshalb habe ich dies übernommen und ihn auch am Freitag in die Neuroonkologen Sprechstunde begleitet. Da die Marker-Analyse des Tumors IDH1 Wildtyp, ATRX Wildtyp und MGTM Promoter unmethyliert ist, wurde als Therapie stationäre Bestrahlung, 6 Wochen, in Kombination mit Temozolomid empfohlen. Dann vier Wochen Pause, in die man schon Reha legen könnte und dann 6 Zyklen Temozolomid begleitend mit Tumorfeldtherapie.
In Essen laufen zur Zeit drei Studien, in die kann mein Bruder aber nicht aufgenommen werden, da sein Karnofsky Index zu schlecht ist (ich würde diesen mal zwischen 30 und 40 ansiedeln, der Neuroonkologe nannte diesen nicht genau). Während der Neuroonkologen-Sprechstunde wurde wir, auf meine Fragen hin auch noch über die Möglichkeit der erweiterten Diagnostik des Tumorgewebes informiert (Genfusionsanalyse, CDKN2A/B Amplifikation, Tert-Promotor Mutation, EGFR+MET Amplifikation, mTOR Immunhistochemie, PD-L1Immunhistochemie). Diese muss vom Patienten selber getragen werden. Findet man hier mögliche Ansatzstellen für eine spezifische Chemotherapie, würde mit großer Wahrscheinlichkeit die Krankenkasse (mein Bruder ist kein Privatpatient) diese auch nicht tragen. Es ist uns auch bewusst, dass noch ein zweites Set an molekularen Markern zur weiteren Analyse zur Diskussion stehen würde, sollte das erste Set keine verwertbaren Informationen liefern. Beide Analysen würden jeweils um die 3000 € kosten. Aus diesem Grund würde ich gerne die Frage an das Forum stellen, wie viele Patienten auch diesen Weg beschritten haben (mit der erweiterten Tumordiagnostik) und welche Kosten in Bezug auf die dann eventuell zum Einsatz kommenden Medikamente zu erwarten wären.

Vielen lieben Dank
Funny

Prof. Mursch

Schwer zu beantworten.
Diese Untersuchungen sind nicht Standard.
Fragen Sie einmal die Onkologen, wie groß denn die Wahrscheinlichkeit wäre, das etwas herauskommt, das man anders therapiert.
Dann fragen Sie, ob das bei Ihrem Bruder mit Karnofski von 40 eine reale Option ist.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

tom9845

Guten Morgen Funny,

du schreibst in deinem Beitrag

"in E laufen zur Zeit drei Studien, in die kann mein Bruder aber nicht aufgenommen werden,..."

Was sind das für Studien? Kann man die Beschreibung dazu im Netz finden?

VG
Tom

Funny

Guten Morgen Tom,
folgende Studien hatte ich mir im Gespräch mit dem Neuroonkologen aufgeschrieben und nachgeschaut:

NCT Neuro Master Match (N2M2) bei Patienten mit MGMT unmethyliertem Gioblastom (https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/neurologische-klinik/neurologie-und-poliklinik/behandlungsspektrum/schwerpunkt-neuroonkologie)

GLORIA: Einarmige Phase 1/2-Dosiseskalationsstudie mit Olaptesed Pegol (NOX-A12) in Kombination mit Bestrahlung in inoperablen oder partiell resezierten, neu diagnostizierten Glioblastoma-Patienten mit unmethyliertem MGMT-Promotor (https://www.orpha.net/consor/cgi-bin/ResearchTrials_ClinicalTrials_Simple.php?lng=DE&LnkId=3752&Typ=Pat&fdp=y&from=rightMenu)

PriCoTTF: A phase I/II single-arm trial of Tumor Treating (TTF) Fields prior and concomitant with radiotherapy and temozolomide in newly diagnosed glioblastoma. (https://www.translationale-neuroonkologie.org/forschung/translationale-klinische-studien/)


Viele Grüße
Funny

tom9845

Hallo Funny,

herzlichen Dank für die schnelle Antwort auf meine Frage.

Am Thema der vollständigen Sequenzierung den Befundes sind wir auch gerade dran. Bis dato haben wir jedoch noch niemanden gefunden, der dies übernimmt. Unsere behandelnden Ärzte sind diesem Thema nicht aufgeschlossen, da Sie keinen Sinn in der Analyse sehen. Es gäbe Ihrer Auffassung nach keine Therapie für diese man die Daten verwenden könne. Wir werden jedoch weiter recherchieren.

VG
Tom

Funny

Hallo Tom,

ich habe nächste Woche einen Termin bei der Firma CEGAT in Tübingen. Die führen diese zusätzliche Analysen durch. Das Klinikum Essen würde das zum Teil auch können. In E kostet die Analyse wie erwähnt 3000€. Ich hoffe bei Cegat ist es günstiger. Mal schauen. Mein Bruder hat eh schon schlechte Prognosen und wünscht sich diese zusätzlichen Informationen. Da Hoffnung und die Psyche ein wichtiger Faktor der "Heilung" (wenn man es denn so nennen möchte) ist, versuchen wir dies für ihn zu ermöglichen. Ich habe mir jetzt ein Buch bezüglich Nahrungsergänzungsmitteln bestellt, ebenfalls soll es eine Misteltherapie geben. Man versucht letztendlich was man kann.

viele Grüße
Funny

tom9845

Hallo Funny,

vielen Dank für die weiterführenden Informationen. Sofern es möglich ist, würde ich mich freuen, wenn du mir vom Ergebnis des Gesprächs berichten könntest und ob CEGAT eine Möglichkeit darstellt.

Ja die Psyche spielt eine große Rolle. Wir haben gemerkt, dass psychologische Beratung hilft mit der Situation besser umzugehen. Dennoch ist es ein ständiges Auf und Ab in welchem manchmal nur Medikamente zur Verbesserung der Stimmung oder eben zur Beruhigung helfen.
Parallel haben wir noch die Klinik in England wegen dem COC Protokoll angesprochen (findet man auch hier im Forum).

Alles Gute
Tom

Funny

Hallo Tom,
mein Bruder wurde gestern leider überraschend das dritte Mal innerhalb von vier Wochen operiert. Das erste Mal zur Tumorentfernung, das zweite Mal vor 2 Wochen zur "Zysten"-Entfernung da sich Hirnwasser aufgestaut hatte und gestern zur Legung eines Shunts. Dabei wurde diesmal an einer anderen Stelle als zuvor operiert, Tumorgewebe gefunden (nach Anfärbung mit 5-ALA). Das bedeutet, dass der Tumor sehr aggressiv ist, da an dieser Stelle vor vier Wochen noch nichts auf dem MRT zu sehen war. Trotzdem hoffen wir, dass er wenigstens die Strahlentherapie in 10 Tagen beginnen kann. Ich hoffe ich kann den psychoonkologischen Dienst in der Klinik aktivieren. Das COC Protokoll werde ich mir auch ansehen, lessen gerade im Buch von Jane McLelland. Vom CEGAT Termin werde ich berichten.

Viele Grüße
Funny

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