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Thema: Fahrsperre nach mutmaßlichem Krampfanfall

Fahrsperre nach mutmaßlichem Krampfanfall
Asteri
17.06.2013 23:45:29
Hallo,

brauche ich eigentlich eine schriftliche Freigabe von einem Neurologen oder darf ich nach einem Jahr ohne Krampfanfall einfach so wieder fahren? Gibt es weitere Einschränkungen und/oder Bedingungen? Hat jemand vielleicht den Gesetzestext hierzu parat?

Die Historie, warum ich es einen mutmaßlichen Krampfanfall nenne: Während einer Urlaubsreise hatte ich eine Art Krampfanfall, d. h. ich konnte währenddessen den linken Arm und das linke Bein nicht mehr bewegen und nicht sprechen, hatte aber keine Zuckungen und war jederzeit bei vollem Bewusstsein. In Südamerika habe ich keine Unterlagen bekommen und es ist mir bisher auch nicht gelungen, diese aufzutreiben. Zurück in Deutschland wurde vermutet/beschlossen, das es sich um einen Krampfanfall gehandelt haben muss, ausgelöst durch eine Schwellung um den großen Tumor.

Die Diagnose 2 Hirntumore, 1 großer (8x7x7) und 1 kleiner mit 1,5, wurde bereits vor Ort gestellt. Zwischen erster Diagnose, Rückreise,
Bestätigung der Diagnose, Warten auf OP-Termin und OP vergingen gerade mal knapp 13 Tage. Das kleine Konvexitätsmeningeom, links fronto-dorsal, konnte vollständig entfernt werden, das große, rechts
frontale parasigittale Falxmeningeom leider nicht; es gibt noch Reste des illegalen Untermieters, auch Mistkerl genannt, im Sinus sagittalis superior. Histologisch waren beide Meningeome WHO I.

Ich hatte bzw. habe das große Glück, das ich nach der OP aufgewacht bin, alles funktionierte (die linksseitige Einschränkung als Folge von dem sog. Krampfanfall war bereits nach knapp 2 Wochen Physiotherapie in der Reha behoben) und ich mich an alle Passwörter etc. erinnern konnte und es mir von Anfang an so richtig gut ging und immer noch geht - auch wenn involvierte Mediziner davon überrascht sind/waren und es nicht jeder von ihnen ganz glauben kann oder will.

Ich muss Levetiracetam 1000 in 1-0-1 nehmen.


Viele Grüße,
Asteri
Asteri
Dr. Orchidee
18.06.2013 08:25:39
Wer eine Hirnverletzung /OP etc. erleidet, hat zwar keine Meldepflicht gegenüber der zuständigen Behörde, wird aber von der Straßenverkehrszulassungsordnung mit der allgemeinen Formulierung in die Pflicht genommen in diesem Fall in "geeigneter Weise Vorsorge zu treffen"( §2Abs.1FeV ),
heißt: - Antrag bei der zuständigen Führerscheinstelle
- Verkehrsmedizinisches Gutachten.
Die Straßenverkehrsbehörde entscheidet, ob ein MPU, oder TÜV- Fahrgutachten o.ä. erforderlich ist.
Werden diese gesetzlichen Auflagen nicht vorgenommen, kommt es bei einem Unfall zum Verlust des Versicherungsschutzes.( §11 und 46 und Anlage 4 FeV)
Grüße, Orchidee
Dr. Orchidee
cindra
18.06.2013 22:04:42
Ich kenne es ein wenig anders.

Der Arzt, in aller Regel der Neurologe, notiert in deiner Krankenakte dass dir ein Fahrverbot erteilt wurde.
Nach dem anfallsfreien Jahr teilt er dir mit dass du wieder fahren darfst und vermerkt auch das wieder in der Krankenakte.
So habe ich es schon zwei Mal erlebt. Sowohl beim Neurologen als auch in der Epilepsieambulanz.

LG Anna
cindra
Dr. Orchidee
18.06.2013 22:16:39
na dann hast Du doch " in geeigneter Weise" Vorsorge getroffen.
Wenn Du das dann noch bei der zuständigen Führerscheinstelle geltend machst kann dir anschließend im Falle eines Unfalls auch keine Versicherung den Versicherungsschutz verweigern.
Für den Straßenverkehr sind immer noch die Straßenverkehrsbehörden und nicht die Ärzte zuständig.
Der Arzt notiert das Fahrverbot zur eigenen Absicherung. Fährst Du doch und baust einen Unfall kann er nachweisen Dir das Gegenteil geraten zu haben .
Dr. Orchidee
Prof. H. Strik
19.06.2013 14:38:08
Wir sollten hier nichts durcheinander bringen: Der Neurologe beurteilt die Fahrtauglichkeit und teilt mit, wenn diese nicht gegeben ist. Solange der Patient verantwortlich handelt (was fast immer der Fall ist) und nicht fährt muss das keine Führerscheinstelle wissen. Sonst müsste ich denen ja jedesmal melden, wenn ich zu viel Rotwein getrunken habe und dadurch fahruntauglich bin.....
Wenn der Patient nach ausreichender Warte- und Beobachtungszeit anfallsfrei ist kann ich als Neurologe die Fahrtauglichkeit bescheinigen und der Patient ist abgesichert (und ich übernehme Verantwortung). Die Führerscheinstelle sollte nur informiert werden, wenn trotz fehlender Fahrtauglichkeit - ob nun wegen Alkohol oder körperlicher Erkrankung - gefahren wird. Solange also der Patient sich an die Regeln hält bleibt die Führerscheinstelle außen vor - wie im richtigen Leben auch.
Prof. H. Strik
cindra
19.06.2013 16:52:51
Genau diese Vorgehensweise kenne ich von meinem Neurologen als auch von der Epilepsieambulanz. Nie hat da jemand etwas von einer Meldung bei der Straßenverkehrsbehörde gesagt.
cindra
Asteri
19.06.2013 23:38:16
Vielen Dank für die Infos. Die Fahrerlaubnisstelle möchte ich natürlich (schlafende Hunde wecken) nicht unbedingt involvieren. Auch wenn es mir zugegebenermaßen wirklich schwer fällt und ich kurz davor bin, ein Foto von meinem Auto auf den Schreibtisch zu stellen (schön blöd), bin ich nicht gefahren und habe auch die "Vorschläge" anderer, mal eben mein oder ein anderes Auto in die Garage oder im Ausland zu fahren (sieht/merkt doch keiner) ignoriert. Ich bin aber davon überzeugt, dass bei den meisten der Patienten auf Fahrentzug, nicht das "ich darf nicht Auto fahren" das Problem ist, sondern die Abhängigkeit von Fahrplänen und/oder Mitfahrgelegenheiten und das man nicht mal eben was erledigen kann und Standard-Wege das 3-fache an Zeit kosten. Zumindest ist es bei mir so. Nicht mehr ich entscheide, wann und ob ich wohin fahren will, sondern der Fahrplan von Bus & Bahn - und das ist sozusagen ein Eingriff in meine persönliche Entscheidungsfreiheit und sabotiert meine Unabhängigkeit. Wenn ich lesen, welche Probleme andere hier haben, ist das natürlich ein Luxusproblem - aber es nervt mich trotzdem!
Asteri
Pomperipossa
20.06.2013 11:56:11
Hallo Asteri,

mein Auto und ich waren 18 Monate voneinander getrennt - durch die OP war postoperativ u.a. ein Lagophthalmus entstanden und die Sehkraft war auf 10 % gefallen. Erst nach 2 weiteren Operationen und beim 4. Goldmann-Gesichtsfeld-Test wurde die ärztliche Freigabe erteilt (Ihren Autoschlüssel wollte mir die Augenärztin aber nicht überlassen).

Ich war die ersten 6 Monate nach der OP durch die "Zwangsentschleunigung" vollkommen auf fremde Hilfe angewiesen, um irgendwo hinzukommen. Das ist nicht mein Stil.

Dann folgte ein 5 wöchiges Bus-Bahn-Training - in Begleitung - und ich fühlte mich sicher genug, die Welt wieder allein zu erobern, trotz der Einschränkungen. Ich fühlte mich richtig frei!

Natürlich sind die eigenen Freiheitsgrade durch den ÖPNV eingeschränkt, aber auch damit kommst Du ans Ziel, stehst nicht im Stau und musst keinen Parkplatz suchen. Außerdem sind Zugverspätung als Entschuldigung (höhere Gewalt) akzeptiert, mit dem Auto ist es die eigene Schuld.

Noch ein Tipp: Vielleicht bist Du eine bessere Beifahrerin als ich. Der absolute Horror: Beifahrerin im eigenen Auto. Das war auch für meine Chauffeure belastend.

Beste Grüße
Pomperipossa
Pomperipossa
Asteri
21.06.2013 23:10:37
Hallo Pomperipossa,

klar, ich komme auch mit Bussen & Bahn ans Ziel, aber vieles, was sich mit Auto locker organisieren lässt, funktioniert ohne nicht. Man kann nicht einfach mal etwas in den Kofferraum packen und den nächsten Punkt auf der Liste abarbeiten ... Familie und Freunde würden chauffieren und wundern sich auch, das ich äußerst selten fragen (Wasserkästen & jede Menge Pflanzen brauchen eben doch ein Auto zum Transport) - aber da kommt mal wieder der Sturkopf durch ... ich bekomme das auch so hin, Abhängigkeit war noch nie mein Ding.

Leider bin ich keine bessere Beifahrerin, war ich noch nie. Beifahrer wie mich würde ich ehrlich gesagt sogar aus dem Auto werfen ! Vielleicht bin ich ein Kontroll--Freak, aber ich konnte und kann einfach nicht gut daneben sitzen und nichts tun - auch bei Menschen, die ich für gute und sichere Fahrer halte nicht. Und Du hast so recht, Beifahrer im eigenen Auto ist der Horror pur. MEIN Auto und ich sitze auf einem Gastplatz, aber schließlich muss der Kleine ja bewegt werden.

Einen schönen Abend,
Asteri
Asteri
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