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Thema: Fragen über Fragen

Fragen über Fragen
tonton
14.05.2013 22:06:38
Liebe Betroffene,

es tut gut den Schmerz teilen zu können. Meine Mutter, 73 Jahre , Diagnose Glioblastom. Sie sei austherapiert. Es geht nur um die Schmerzen! Was will ich eigentlich?? Keine Ahnung. Ich bin einfach nur leer! Ich möchte reden, aber was soll ich schreiben? Ich warte auf den unvermeidlichen Tag!!! Habe ich noch Hoffnung?? Jein. Jeder hier kennt das Gefühl der Machtlosigkeit denke ich. Kann der tot über Nacht kommen? Sie ist sehr inkontinent geworden. Das kurzzeitgedächtnis ist schlecht geworden. Sie wirkt so uninteressiert an allem. Ich vermisse meine Mutter, meine alte Mutter.
tonton
gramyo
14.05.2013 22:43:04
Liebe tonton,

was soll ich sagen. Der Tod, ich schreibe sehr gerne" der Weg ins Licht" muss nicht schwer sein. Wir , die eben hier bleiben und nicht in ein anderes "Sein" gehen, sind traurig.

Habe vor einiger Zeit mal geschrieben. Der Mensch wird hilflos und pflegebedürftig geboren und so verläßt er auch häufig die Erde. Das ist aber nicht schlimm. Er verliert nicht dadurch an Würde.

Deine Mutter kann vielleicht alleine in der Nacht gehen, weil sie nicht mehr hier auf Erden festgehalten werden will.

Ich habe sowohl zu meiner Mutter als auch zu meinem Mann gesagt, das sie jetzt gehen dürfen.

Sie gehen ja in ein besseres "Sein" , eine völlig neue Dimension umfängt sie und wir können ja immer noch mit ihnen auf der "Seelenebene " mit ihnen verbunden sein.

Denke ich absolut.

Tonton, fühl dich lieb umarmt und traurig sein ist jetzt völlig legitim.
Wir wünschen dir einen liebevollen und sanften Abschied deiner Mutter von dieser Erde.
Gramyo und Mann in anderem"Sein" der ja bei ihr ist , wie deine Mutter jetzt und immer , für alle Zeiten bei dir
gramyo
pietra
15.05.2013 07:17:49
Liebe(r) Tonton - auch von mir sehr viel Anteilnahme und Verständnis. Mein Mann ist auch in dieser Situation - ich kann Dich sehr gut verstehen. Ich habe in den letzten Tagen nicht mehr hier schreiben können, nur noch lesen und ein wenig Kraft daraus schöpfen. Die Beiträge, die man hier liest, sind so herzlich und verständnisvoll, so einfühlsam und überaus mitfühlend. Danke an dieser Stelle an alle Teilnehmer!

Mein Mann wurde im September 2012 operiert, anschl. Bestrahlung, keine Chemo. Er ist 73 Jahre alt. Die Bestrahlung hat ihm sehr schwer zugesetzt. Im Januar 2013 beim ersten MRT kein Befund - im April 2013 zwei neue Tumore an anderen STellen - inoperabel. Ab Karfreitag wird sein Zustand schlechter, er bekommt hohe Kortisongaben - der Zustand wird wieder etwas besser. Ab 24.04.2013 versuchen die Ärzte eine kleine Mini-Chemo - anschließend geht es täglich bergab... Viel zu viel Chemie! ab dem 10. Tag geben wir auf, keine Chemo mehr.

Dank Gramyo, Tausendfüßler und anderen Teilnehmern weiß ich von Palliativmedizin und deren Betreuung. Ich habe mich darum bemüht und ab Anfang Mai werden wir von einem Palliativteam ganz herzlich betreut. Dazu gehört eine feste Ärztin, rund um die Uhr erreichbar, kommt zweimal die Woche - wenn sie mal frei hat, kann man unter ihrer Nummer einen Bereitschaftsarzt erreichen. Außerdem kommt dazugehöriger Pflegedienst mit Krankenschwestern und Pflegern, Blutzucker wird ebenfalls regelmäßig gemessen. Die Ärztin beantragte einen Toilettenstuhl (kam am nächsten Tag - können wir aber nicht mehr nutzten), ein Pflegebett - kam zwei Tage später und ist wirklich sehr zu empfehlen. So kann ich meinen Mann ständig anders lagern - wie er es möchte. Ich bekomme demnächst Beratung von einem ambulanten Hospiz und Hilfe von ehrenamtlichen Mitarbeitern und erhalte - wenn nötig - auch eine Hospizstation. Ich möchte gerne, dass mein Mann von zu Hause aus "in den Himmel kommt". Aber er war für drei Tage im Krankenhaus (plötzliches vermehrtes Darmbluten - es war schrecklich für ihn, dort zu sein). Jetzt kam er gestern mit dem Krankentransport wieder nach Hause und fragte anschließend - bin ich zu Hause? Ich weiß das nicht, wo ist mein zu Hause?

Mich erkennt er noch, er ist ganz lieb, sehr dankbar, lobt mich - unser gemeinsames "Highlight" ist, Händchen halten, in den Armen liegen. Das Pflegebett steht unmittelbar neben dem Ehebett - auf gleicher Höhe. Ich habe nur ein Gitter hoch gemacht, daran kann er sich zur Not festhalten und eventuell drehen. Die Seite am Ehebett ist offen, die Lücke wurde mit Decken vollgestopft, sodass ich ohne Weiteres neben ihm liegen kann - wie immer.

Tja, Ewigkeit ist ein schönes Wort. Es gewinnt an Bedeutung, wenn ich in seinen Armen liege. Dann verliert der Begriff "Zeit" an Kraft, es legt sich ein Glücksgefühl in meine Brust, ich genieße es (ähnlich einer Meditation) und versuche dabei, es für meine kleine Ewigkeit zu speichern (wie eine Solarzelle). Falls mein Mann vor mir sterben sollte, habe ich die Hoffnung, daraus zu "tanken".

Liebe Tonton - vielleicht geht es Dir mit Deiner lieben Mutter auch so. Lege Dich zu ihr, genieße diese Zeit und lasse zu, dass es in unseren aller Leben ein "Ende" gibt. Wir haben das Glück, solch tolle Menschen getroffen zu haben, viel Zeit mit ihnen verbringen zu dürfen und wir haben bis zu unserem eigenen Tod die Möglichkeit, diese Erinnerungen abzurufen - ohne Trauer - der Mensch, der gehen muss, hatte viel Freude und Glück in seinem Leben und wollte bestimmt nicht, dass wir traurig sind.

Ich drücke Dich und alle die es lesen - Eure Petra
pietra
Tausendfüßler
15.05.2013 07:47:51
tonton
pietra
was für ein Glück solche Begleitung zu erfahren ,die Liebe durch die
Partner ,Gefährten KInder,
als Betroffener ziehe ich vor euch den Hut,was euch gegeben ist ,zu lieben ,dazusein, sich zu halten und Halt zu geben.
Nichts kann -im Leben -jemals so tief in einem sein.

""Geheimnis""
Die Liebe allein versteht das Geheimnis
andere zu beschenken
und dabei selber reich zu werden
-augustinus-

Die Kraft, die ihr aufbringt anstrengend aber auch beglückend,habe selber jemanden im Hospiz begleitet --das Hospiz war von ihr gewählt und sie war da daheim--,es war eine so ergreifende Erfahrung,es klingt komisch ,ich konnte so sehr loslassen ,dass ich sie vollkommen in ihrem anderen Sein sehe
((Gramyo das kann man nicht besser ausdrücken))
wir begegnen uns nicht mehr,sie ist erlöst und ich"" :auch:""
Liebe Glaube Hoffnung
euch alles Gute auf diesem Weg
LG
T.__F.
so möchte ich es selber erleben aber viel viel später,
Tausendfüßler
gramyo
15.05.2013 08:52:00
Liebe Petra,

Du beschreibst so liebevoll, mitfühlend und voller zärtlicher Gefühle euer Zusammensein in dieser Zeit der Erkrankung, dass es dich immer halten und trösten wird. Da bin ich mir sicher.

Es ist eine so wertvolle, auch wunderbar intensive Zeit einer Partnerschaft, die über alle "Zeitenräume" gehen wird.Ja, kann nur noch einmal schreiben ; die Liebe, die Verbundenheit, selbst das Gefühl der "Einheit" bleibt.

Es findet eben nur auf der "Seelenebene", auf einer anderen Dimension statt.

Medizinisch, palliativ pflegerisch, hast du das wirklich hervorragend organisiert.

Petra, natürlich fände ich auch, wenn er zu Hause "ins Licht " gehen könnte , am schönsten für uch beide..

Aber du bist, egal wo, ja bei ihm und wirst ihn sanft "hinüberleiten".

Sie verlassen uns ja nicht. "Ihr Sein" und "unser "Sein", liegen ganz dicht beieinander, glaube, fühle ich mittlerweile.

Fühlt euch ganz lieb umarmt und unser Mitgefühl sei dir gewiss
von Gramyo und Mann, im "nahen Sein"
gramyo
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