Liebe(r) Tonton - auch von mir sehr viel Anteilnahme und Verständnis. Mein Mann ist auch in dieser Situation - ich kann Dich sehr gut verstehen. Ich habe in den letzten Tagen nicht mehr hier schreiben können, nur noch lesen und ein wenig Kraft daraus schöpfen. Die Beiträge, die man hier liest, sind so herzlich und verständnisvoll, so einfühlsam und überaus mitfühlend. Danke an dieser Stelle an alle Teilnehmer!
Mein Mann wurde im September 2012 operiert, anschl. Bestrahlung, keine Chemo. Er ist 73 Jahre alt. Die Bestrahlung hat ihm sehr schwer zugesetzt. Im Januar 2013 beim ersten MRT kein Befund - im April 2013 zwei neue Tumore an anderen STellen - inoperabel. Ab Karfreitag wird sein Zustand schlechter, er bekommt hohe Kortisongaben - der Zustand wird wieder etwas besser. Ab 24.04.2013 versuchen die Ärzte eine kleine Mini-Chemo - anschließend geht es täglich bergab... Viel zu viel Chemie! ab dem 10. Tag geben wir auf, keine Chemo mehr.
Dank Gramyo, Tausendfüßler und anderen Teilnehmern weiß ich von Palliativmedizin und deren Betreuung. Ich habe mich darum bemüht und ab Anfang Mai werden wir von einem Palliativteam ganz herzlich betreut. Dazu gehört eine feste Ärztin, rund um die Uhr erreichbar, kommt zweimal die Woche - wenn sie mal frei hat, kann man unter ihrer Nummer einen Bereitschaftsarzt erreichen. Außerdem kommt dazugehöriger Pflegedienst mit Krankenschwestern und Pflegern, Blutzucker wird ebenfalls regelmäßig gemessen. Die Ärztin beantragte einen Toilettenstuhl (kam am nächsten Tag - können wir aber nicht mehr nutzten), ein Pflegebett - kam zwei Tage später und ist wirklich sehr zu empfehlen. So kann ich meinen Mann ständig anders lagern - wie er es möchte. Ich bekomme demnächst Beratung von einem ambulanten Hospiz und Hilfe von ehrenamtlichen Mitarbeitern und erhalte - wenn nötig - auch eine Hospizstation. Ich möchte gerne, dass mein Mann von zu Hause aus "in den Himmel kommt". Aber er war für drei Tage im Krankenhaus (plötzliches vermehrtes Darmbluten - es war schrecklich für ihn, dort zu sein). Jetzt kam er gestern mit dem Krankentransport wieder nach Hause und fragte anschließend - bin ich zu Hause? Ich weiß das nicht, wo ist mein zu Hause?
Mich erkennt er noch, er ist ganz lieb, sehr dankbar, lobt mich - unser gemeinsames "Highlight" ist, Händchen halten, in den Armen liegen. Das Pflegebett steht unmittelbar neben dem Ehebett - auf gleicher Höhe. Ich habe nur ein Gitter hoch gemacht, daran kann er sich zur Not festhalten und eventuell drehen. Die Seite am Ehebett ist offen, die Lücke wurde mit Decken vollgestopft, sodass ich ohne Weiteres neben ihm liegen kann - wie immer.
Tja, Ewigkeit ist ein schönes Wort. Es gewinnt an Bedeutung, wenn ich in seinen Armen liege. Dann verliert der Begriff "Zeit" an Kraft, es legt sich ein Glücksgefühl in meine Brust, ich genieße es (ähnlich einer Meditation) und versuche dabei, es für meine kleine Ewigkeit zu speichern (wie eine Solarzelle). Falls mein Mann vor mir sterben sollte, habe ich die Hoffnung, daraus zu "tanken".
Liebe Tonton - vielleicht geht es Dir mit Deiner lieben Mutter auch so. Lege Dich zu ihr, genieße diese Zeit und lasse zu, dass es in unseren aller Leben ein "Ende" gibt. Wir haben das Glück, solch tolle Menschen getroffen zu haben, viel Zeit mit ihnen verbringen zu dürfen und wir haben bis zu unserem eigenen Tod die Möglichkeit, diese Erinnerungen abzurufen - ohne Trauer - der Mensch, der gehen muss, hatte viel Freude und Glück in seinem Leben und wollte bestimmt nicht, dass wir traurig sind.
Ich drücke Dich und alle die es lesen - Eure Petra