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Hariboo

Hallo,
unserem Sohn wurde im Oktober 2015 (wohl vollständig) ein Gangliogliom entfernt, das als WHO Grad I eingestuft wurde. Der Tumor war klar abgegrenzt und von einer großen Zyste umgeben.

In der neuropathologischen Begutachtung des Arztbriefes sind jedoch Aussagen zu finden, die ich in diesem Zusammenhang nicht verstehe.

Dort steht:
"Anteile eines hirneigenen Tumors, der morphologisch und immunphänotypisch für ein Gangliogliom spricht. Wegen der etwas erhöhten proliferativen Aktivität ist die Graduierung schwierig. Der Fall wurde an das Referenzzentrum...... zur Mitbegutachtung weitergeleitet."

Das Referenzzentrum wiederum schreibt:
"In Übereinstimmung mit der Einsenderdiagnose sehen auch wir Anteile eines glioneuralen Tumors im Sinne eines Ganglioglioms mit einer glialen Tumorkomponente überwiegend in Form eines pilozytischen Astrozytoms und einer neuronalen Komponente mit dysmorphen Ganglienzellen. Sehr auffällig ist das Vorliegen einer deutlich gesteigerten proliferativen Aktivität des Tumorgewebes, und es finden sich auf leicht vermehrte Mitosen. Allerdings liegen eindeutige Anaplasiezeichen unseres Erachtens nicht vor und wir klassifizieren das Tumorgewebe als Gangliogliom WHO Grad I, wobei aber aufgrund der erhöhten mitotischen proliferativen Aktivität engmaschigere klinische Befundkontrolllen empfehlenswert erscheinen."

In der Beurteilung des cMRT steht:
Die soliden Tumoranteile zeigen eine Difusionsrestriktion und stellen sich in der T2w nicht besonders hyperintens dar, was wiederum für einen zellreichen Prozess sprechen würde. Die MRS zeigt ein relativ hohes Cholin vergl. zum erniedrigten NAA, wobei die Qualität der MRS allerdings nicht ausreichend ist für eine korrekte Evaluation.

Sind das nicht alles Komponenten, die für einen höhergradigen Tumor sprechen würden? Ich weiß, dass es besser wäre, dies direkt mit den behandenden Ärzten zu besprechen, doch auf meine Nachfrage hin meinte die Ärztin der onkologischen Tagesklinik nur, das sei eine sehr schwammige Aussage. Somit bin ich nun leider auch nicht schlauer. Zu den Neurochirurgen hat man hier bei den Befundbesprechungen keinen Kontakt mehr.

LG
Hariboo

alma

Hallo Hariboo,

blöde Situation. Kommt aber vor, dass nicht gleich Klarheit herrscht.
Zur Histologie kann ich nichts sagen, nur so viel: wenn der geringste Verdacht bestünde, dass der Tumor höhergradig ist, würden die Ärzte ihn auch so einstufen. Findet man z.B. bei einem Zweier auch nur eine einzige Dreierzelle, wandert er komplett ins Dreierfach. Mit allen Behandungskonsequenzen.
Ich würde mich auf den Satz "engmaschigere Befundkontrollen" konzentrieren.
Sorry für die späte Antwort, habe deinen Beitrag erst jetzt gesehen.

LG, Alma.

martin30

Das ist ein Einser.

Das MRT ist nicht ausschlaggebend, sondern immer die Histo.


Die Radiologen formulieren teilweise sehr schwammig und verquast.
Das ist ein bekanntes Problem. :D "Es könnte unter anderem vereinbar sein mit, aber nicht zwingend" Manche Radiologen sagen NICHTS in ihren Befunden aus.

Das mit der Mitose bedeutet, der Tumor ist ein Stück weit aktiver-
man sieht mehr Zellen die sich gerade teilen-, als es für normales Gewebe
üblich ist.


Je niedriger die Stufe (I), desto ähnlicher sieht der Tumor dem Ursprungsgewebe. Er verhält sich dann auch unauffälliger.

Das Gegenteil von "Gutaussehend" ist anaplastisch. Bis man das Ursprungsgewebe nicht mehr erkennen kann. Das hast dein Sohn NICHT.


Kurzfassung: Der Tumor sieht spitze aus für einen Tumor (Grad I), ist er ein kleines Stück weit aktiver als gesundes, durchschnittliches Gewebe (Mitose, ist ok) und er wächst schnell. (Proliferation = Wachstum)
Es ist zwar schnell gewachsen, aber sehr gutartig.


Beim Tumor ist wichtig:

Lage
Vollständige Entfernung
Grad

schnelles Wachstum spielt eine Rolle, wenn der Tumor nicht entfernt werden konnte. Dann wächst "nettes" Gewebe an schlechten Stellen.
Das betrifft deinen Sohn NICHT.

Die Empfehlung zur engmaschige Kontrolle bedeutet, daß aufgrund des schnellen Wachstums ein mikroskopischer Rest schnell nachwachsen KÖNNTE, falls vorhanden. Und weil dein Kind noch jung ist, geht man auf Nummer sicher.

Statt jährliche wird man halbjährliche oder alle 3 Monate MRTs anberaumen. Das will der Pathologe ausdrücken.

Hariboo

Hallo,
vielen lieben Dank an euch für die Erklärungen! Das beruhigt mich jetzt doch ungemein. Das erste MRT nach der OP ist für Ende Januar angesetzt, also nach 3 Monaten. Somit wird dann wohl auch der engmaschigen Nachkontrolle Rechnung getragen - zumal der Tumor im Bewegungszentrum lag und man dort ja auch nicht "munter drauf losschnippeln" könnte
LG
Hariboo

Hariboo

Hallo,

nachdem nun das MRT durchgeführt wurde und wir uns den OP-Bericht haben geben lassen, muss ich noch einmal nachfragen, ob jemand von euch mir hierzu weiterhelfen kann:

Das MRT war wohl unauffällig, es gab zwar eine Kontrastmittelaufnahme, die jedoch als Narbengewebe interpretiert wird. Dann war lt. Neurochirurg noch eine Stelle zu sehen, wo man lt. seiner Aussage denken könne, das das etwas sein könnte, wenn man aber die MRT-Bilder in einer anderen Sequenz betrachtet, leuchtet dort nichts mehr - und dann ist da lt. NC auch alles ok.. Soweit - so gut.
Wir gingen immer davon aus, dass der Tumor klar abgegrenzt war - so stellte er sich auch im MRT vor der OP dar, und so wurde es uns auch gesagt. Jetzt haben wir aber im OP-Bericht folgendes gelesen:

"Bei der Ultraschalllokalisation im Bereich der erwarteten Zentralregion ist die Abgrenzung zum Normalhirngewebe schwierig. Im mesialen Anteil lässt sich daher nicht eindeutig beurteilen, inwieweit hier eine komplette Tumorexstirpation gelungen ist, zumal die in den übrigen Bereichen klare Abgrenzung zwischen Tumor und Normalhirn hier deutlich erschwert ist. Es gibt zahlreiche fingerförmige Ausdehnungen des Tumorgewebes in das normale Hirnparenchym. An Stelle der Lokalisation wird jedoch entschieden, die Präparation zu beenden, insbesondere, da auch im Ultraschall keine größeren Tumoranteile mehr dargestellt werden können."

Muss man jetzt damit rechnen, dass doch nicht alles entfernt wurde? Aber dann hätte man das doch jetzt im Kontroll-MRT gesehen, oder? Leider war der NC etwas genervt, als wir ihn danach fragten, und er meinte nur, dass ja jetzt auf dem MRT alles sehr gut aussieht.
Die Proliferationsrate lag bei 5,4. Ist das nicht auch sehr hoch für ein Gangliogliom WHO ° 1? Auch hier meinte der Neurochirurg, das wäre nicht hoch, alles ist ok.. Ich denke, der NC wird es ja wohl besser wissen als wir, aber in den Berichten, die man im Internet dazu findet, werden zu einem 1-er Gangliogliom immer Proliferationsraten von 1-2% angegeben, darüber hinaus sind die dann immer höhergradig.
Ich will mich nicht in etwas hineinsteigern, was vielleicht gar nicht so ist, mache mir aber Sorgen. Daher meine Hoffnung, dass mir hier jemand näheres dazu sagen kann.
Vielen Dank und LG
Hariboo

alma

Das kann man wirklich von hier aus und als Laie nicht beantworten.
Ich kann dir nur einen Hinweis geben: die Proliferationsrate ist nicht das einzige Indiz. Es geht auch um die Zellstrukturen. Je maligner, desto degenerierter ist die Zelle. Und um den Tumor insgesamt: Nekrosen, Gefäßproliferationen, Biomarker ...
Entweder du arbeitest dich da rein (z.B. mit Hilfe von youtube) und kannst dann präziser fragen oder du vertraust den Ärzten.
Warum sollte man dir eine wichtige Auskunft unterschlagen, zumal du doch sicher nicht signalisiert hast, dass du es nicht wissen willst? Die Ärzte sind verpflichtet, dich aufzuklären. Und du hast es ja auch schriftlich.

LG, Alma.

Hariboo

Hallo Alma,
danke für deine Antwort! Doch, den Ärzten vertrauen wir schon sehr. Und die werden bestimmt auch wissen, was sie tun. Ich finde es nur etwas ungünstig, wenn man 4 Monate nach der OP - mehr oder weniger zufällig, weil wir uns den OP-Bericht geben ließen - dann Zuhause liest, dass der Tumor teilweise infiltrativ gewachsen war und es nicht sicher ist, ob der Tumor vollständig entfernt werden konnte. Da hätten wir uns schon gewünscht, dass uns das jemand nach der OP gesagt hätte. So führt das eben nämlich dazu, dass man sich aus dem Bericht Dinge zusammenreimt, die so vielleicht gar nicht zutreffen, und die Unsicherheiten wären wahrscheinlich gar nicht so aufgetreten, wenn uns nach der OP ein Arzt informiert hätte.
LG
Hariboo

alma

Dann mach doch einfach mit dem NC einen Termin und lass dir die Bilder noch mal zeigen. Wenn er es euch nach der OP nicht gesagt hat, dann hat er eben jetzt mehr Arbeit.
Es geht ja eigentlich auch nicht um Vertrauen (eh ein zu großes Wort), sondern um Aufklärung auf Augenhöhe.
Kostet einfach unnötig Kraft, in einer wichtigen Frage im Dunkeln zu tappen. Muss doch nicht sein.


LG.

Hariboo

Da hast du recht. Wir waren aber erst letzte Woche zur MRT-Besprechung beim NC, wo er uns dann obige Antworten gegeben hat. Da wird er nicht begeistert sein, wenn wir schon wieder bei ihm "aufschlagen", und ich bezweifle etwas, dass er uns diesmal mehr erklären würde, weil er das letzte Mal schon etwas genervt klang. Deshalb habe ich versucht, mir die fehlenden Antworten im Internet zusammenzusuchen, was aber irgendwie auch schwierig ist.
LG Hariboo

alma

Ich weiß auch nicht genau, was ich täte. Aber es erscheint mir als der beste Weg.
Vielleicht hatte er einfach einen schlechten Tag und bei einem erneuten Termin einen besseren.
Ich würde mir wohl ein gutes Argument für eine erneute Konsultation überlegen. Große Angst, Sorge, so in der Art. Mit dieser Ungewissheit müsst ihr sonst bis zur nächsten Kontrolle warten. Und es ist ja auch das eigene Kind.
Man ist so abhängig, aber ein Arzt sollte das auch verstehen können. Wissen ist Macht, Unwissen Ohnmacht.

Hariboo

Hallo Alma,
ich denke, es wird wohl darauf hinauslaufen, dass wir noch einmal Kontakt mit dem NC aufnehmen, denn das nächste MRT ist erst in einem halben Jahr - und so lange nicht richtig zu wissen, wo man steht, wäre sehr belastend.
Danke und liebe Grüße
Hariboo

martin30

Der Neurochirurg wird dafür bezahlt "nervige Fragen" zu beantworten.

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