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paulasch

Zunächst zu den grausamen Fakten. Bei meiner Schwester wissen wir seit ca. 4 Wochen von der Diagnose Glioblastom.Meine Schwester ist 57, geschieden, hat zwei erwachsenen Söhne und drei kleine Enkelkinder, die leider weit entfernt wohnen, sich aber wunderbar kümmern, im Rahmen dessen was möglich ist.Vor Ort lebt unsere älteste Schwester, ich ca. 100km entfernt, aber sehr mobil.Wir Schwestern hatten und haben ein sehr enges emotionales Verhältnis. Wir haben auch noch unsere demente Mutter, für die das natürlich auch schwer zu fassen ist. Die Diagnose haben wir im engsten Familienkreis ( die Söhne und wir 2 Schwestern) erhalten. Die Ärztin vor Ort hat "gut" und offen über die Prognose gesprochen, vor allem das es darum geht ihr so lange als möglich glückliche Momente zu schaffen. Eine lebensverlängernde Behandlung mit Strahlen und Chemo wäre ambulant zu empfehlen, solange sie es gut verträgt und die Lebensqualität nicht zu stark darunter leidet. Ich dachte, das hätten alle "verstanden" und habe mich daran gemacht dafür zu sorgen, dass sie nach Hause kommen kann. Wir haben in der Familie besprochen einen Plan zu erstellen in dem jeder eintragen kann, wann er das Dasein übernehmen kann..nach nur einem Wochenende zu Hause ( wo sie sehr glücklich war) haben ihre beiden Söhne dann entschieden, dass sie diese Art von angedachter Betreuung nicht übernehmen können...die Gründe dafür sind stark emotinaler Art und ich will sie keinesfalls schlecht reden. Jedenfalls haben sie durchgesetzt, dass ihre Mutter stationär Strahlen-und Chemobehandlung bekommt und so ist sie derzeit im Krankenhaus und es geht ihr "GUT "! Sie ist voller Hoffnung und Zuversicht. Alle tun nun so, als ob es die Diagnose nicht gegeben hätte! Sie hoffen eben, dass die Therapie anschlägt und sie glauben ihre Mutter dort gut aufgehoben und das ist sie wirklich...aber eben nur kurzfristig! Ich fühle mich nun als Außenseiter in der Familie, da ich die Einzige bin, die der grausamen Realität ( ich arbeite im medizinischen Bereich) ins Auge blickt. Wir hatten vereinbart alle Entscheidungen zu viert zu treffen..ich werde jetzt raus gelassen und meine Schwester vor Ort einfach überstimmt! Davon bekommt meine kranke Schwester natürlich nichts mit, das darf auch nie geschehen...sie ist förmlich beseelt ( mir fällt kein treffenderes Wort ein) von der Liebe und Fürsorge, die ihr von der ganzen Familie entgegengebracht wird. In Zeiten wo sie gut sprechen kann sagt sie immer wieder, sie habe die beste Familie der Welt und sie weiß ihr kann nichts schlimmes passieren. Auch zu den Ärzten hat sie grosses Vertrauen, dass sie ihr helfen werden!
Ich weiß, dass wir ja erst am Anfang eines sehr schweren Weges stehen . Alle sind ja irgend wie hilflos! Ich weiß nicht wie lange ich mich zurück halten soll, ich würde gern Ausschau halten nach Möglichkeiten der ambulanten Betreuung, aber die Familie pfeift mich zurück...und gibt mir das Gefühl , dass ich die Einzige sei, die schon aufgegeben hat! Vielleicht braucht es für die Familie einen solchen "Buhmann", damit die negativen Gefühle abgelenkt werden? Vielleicht hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht und jemand kann mir einen Rat geben?

Mit meiner kranken Schwester habe ich "glückliche Stunden"...und ich weiß, dass das das wichtigste ist!

alma

Hallo Paulasch,

die traurige Realität wird von den Angehörigen erstmal abgewehrt, so hört es sich an. Da ist man schnell der Rufer in der Wüste.
Ich kenne das aus der Zeit, als mein Bruder starb. Noch als er auf der Palliativstation lag, bleich und abgemagert, dachte die Verwandtschaft, er wird wieder gesund. Da kommt man als Einzelner schwer gegenan
und fühlt sich an den Rand gedrängt.
Ich würde meine Kräfte im Moment schonen und für mich selbst recherchieren, was am besten zu tun ist. Wenn deiner Familie klar wird, dass die Krankheit fortschreitet, ändern sich vielleicht die Meinungen.

LG, Alma.

Morgensonne

Hallo Paulasch,
hat es denn eine OP gegeben?
Du mußt aufpassen, dass Du nicht mehr u. mehr der Buhmann wirst. Denn wenn es nun doch für einige Zeit keine Verschlechterung gibt, fühlt sich Deine Verwantschaft mehr u. mehr bestätigt u. man muß sich leider immerwieder vor Augenhalten, dass kein Fall mit einem anderen vergleichbar ist. Meine Frau hat mit der Diagnose immerhin 7 Jahre überlebt, wobei ca. 6 Jahre (vielleicht auch etwas mehr) garantiert als lebenswert einzustufen waren.
LG. Gernot

paulasch

Danke schonmal für die Antworten. Es tut gut wahr genommen zu werden und es mal auf zu schreiben auch.
Siche rhat Gernot Recht, dass kein Fall dem Anderen gleicht und Statistiken nützen nichts und jeder hofft ja auch irgend wie zu dem 1% zu gehören, die als Langzeitüberlebende gelten...nichts würde ich meiner Schwester mehr wünschen als das...sie hatte bisher kein besonders gutes Leben, gerade ging es irgend wie aufwärts, sie hat sogar nochmal eine Berufsausbildung zur Altenpflegerin angefangen und sie hat endlich Enkelkinder...allein dafür, sie aufwachsen zu sehen lohnt sich jeder Tag! Aber ( dieses blöde Aber, das mir immer hochkommt) der Tumor ist inoperabel, weil viel zu tief im Gehirn und es sind inzwischen 5 Tumore, gewachsen in einem viertel Jahr...Macht es da Sinn die Augen zu verschließen?
LG Paula

alma

Man kann es auch so sehen: ein Glioblastom ist eine Schockdiagnose, die eine Anpassungsleistung erfordert und dafür braucht man Zeit, die man vielleicht nicht mehr hat.
Wenn deine Schwester es nicht wahrhaben will, ist das eine vorläufige Schutzmaßnahme. Das steht ihr zu. Für sie (und ich glaube, es ist gar keine freie Entscheidung) macht es Sinn, die Augen zu verschließen, gerade wo es endlich aufwärts gegangen ist. Und die Familie zieht mit, jeder vielleicht aus anderen Gründen.
Ich würde da nichts forcieren. Das Problem dabei ist aber, dass du dann mit deinem Wissen allein bist. Du brauchst Unterstützung, um die schwere Zeit zu überstehen. Dass die Familienmitglieder sich gegenseitig stützen, ist eher eine Idealvorstellung. Häufig ist es nicht so und jeder ist auf seine Weise durch den Wind.

LG, Alma.

paulasch

Ja, Alma genau so ist das. ich bin mit dem Wissen allein! Und ich weiß auch, dass meine Schwester jedes recht der Welt hat alles genau so zu sehen, wie sie es sehen will...hauptsache es tut ihr Gut! Und jeder sagt, dass es doch schön ist, dass sie so viel Hoffnung hat! Und nichts würde ich tun ihr diese Hoffnung irgend wie zu nehmen...aber :
Meiner kranken Schwester drückt das Hirnödem auf das Konzentrations und somit das Sprachzentrum...anfangs konnte sie kaum sprechen, weil sie einfach den Gedanken nicht behalten konnte, sie war völlig durcheinander und nur, wenn jemand länger mit ihr allein war und sich völlig auf sie eingelassen hat und beruhigend wirkte wurde es fast minütlich besser..in dieser Phase war ich oft bei ihr und es hat uns beiden gut getan zu spüren, dass es aufwärts geht. Manchmal nahm und nehme ich meine Mutter mit zu Besuch, dann ist sie ganz anders drauf, versucht sich auf zwei zu konzentrieren und das geht einfach nicht, sie ist dann schnell erschöpft und unzufrieden und dann ist es besser wieder zu gehen. Wenn anderer Besuch kommt, kommt der auch nie allein, unsere ältere Schwester braucht immer einen Chauffeuer, weil sie selbst nicht Auto fährt...ihre Kinder bringen die Enkel mit ( was durchaus schön ist). Einzig ich bin regelmäßig allein bei ihr uund wir reden über den Alltag, ich bringe Bilder mit, erzähle ihr von den Kindern und der Mama...und dann kommt immer von ihr ihre Krankheit zur Sprache..nicht allumfassend, aber dennoch irgend wie klar. Und sie sagt mir Dinge, wie z. B wo sie sein möchte, wenn...dass wir dafür sorgen sollen, dass ihre Kinder nicht zu sehr belastet sind, wer dieses und jenes bekommen soll..und Keiner glaubt mir das! sie sagen , ich würde mir da was zusammen reimen, denn sie kann sich ja gar nicht klar ausdrücken, wer sie erlebt, erlebt eine hoffnungsvolle Frau, die nur davon aus geht, dass alles wieder gut wird! Sie sieht bsw. in der Tatsache, dass sie nicht operiert wird, dass es ja bei ihr gar nicht so schlimm ist und der Tumor mit Strahlen quasi eingeschrumpft wird!
Ich will aber auch kein falsches Bild von mir zeichnen..allein fühle ich mich in der Familienkonstellation dieser Ursprungsfamilie...ich selbst habe ja auch einen Eigene und die stützen mich, wo sie können, aber sie sind auch "Betroffene" und ich muss sie trösten! meine drei Töchter drängen darauf ihrer Tante etwas Gutes zu tun, sie wollen sie gern besuchen und Zeit mit ihr verbringen, aber ich muss sie immer wieder vertrösten..
Ich hoffe wir haben alle noch genug Zeit !
Lg Paula

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