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Thema: Ganzhirnbestrahlung - Vergeßlichkeit - Nebenwirkung?

Ganzhirnbestrahlung - Vergeßlichkeit - Nebenwirkung?
Jule23
22.12.2013 23:04:55
Hallo, mein Mann (61) erhielt Mitte November 2013 die Diagnose "Bronchialkarzinom (Plattenepithelkarzinom)", das schon ins Hirn gestreut hatte. Insgesamt 3 Metastasen. Die größte - zirka 3,5cm - rechts temporooccipital wurde per OP entfernt, die beiden anderen (3mm links frontal) und 17mm infratentoriell cerebellär mit Kompressions des 4. Ventrikels (schreibe Arztbrief ab, die Metastase sitzt im Kleinhirn und kann nicht operiert werden) ist in einem Monat um 5mm angewachsen. Uns wurde geraten, möglichst rasch Ganzhirnbestrahlung zu beginnen (Einzeldosis 3 Gy, Gesamtdosis 30Gy). Ab Mitte Januar soll dann Chemo folgen. Gestern war die 3 Bestrahlung.

Mein Mann schläft mehr, wirkt müder. Was mich sehr beunruhigt: Er vergisst oder bringt Dinge, die erst vor kurzem passiert sind oder besprochen wurden, durcheinander. Nicht immer, aber heute hatte ich einige Situtationen. Er selbst merkt es nicht - oder hat immer eine Erklärung. Dass die Konzentration und Gedächtnisleistung abnehmen kann, weiß ich. Wird es nach Abschluss der Bestrahlung wieder besser? Wie gehen andere Angehörige damit um? Habt ihr Persönlichkeitsänderungen bemerkt - so etwas hatte ich schon stärker vor der OP bemerkt, auch jetzt fällt es mir wieder auf. Außenstehende würden das nicht mitbekommen, es sind ganz feine Veränderungen, aber für mich ganz deutlich spürbar.

Danke für alle Antworten. Das ist meine erste Frage, die ich hier stelle. Mich würde natürlich auch interessieren, ob es hier noch mehr Leute gibt, deren Primärtumor auch ein Plattenepithelkarzinom in der Lunge war.

Herzliche Grüße, Jule23
Jule23
Harry Bo
23.12.2013 06:58:52
Hallo Jule und willkommen im Forum,

leider kenne ich mich mit Hirnmetastasen vom Lungenkrebs nicht aus und ich bin auch kein Mediziner, aber eine Ganzhirnbestrahlung ist meiner Meinung nach weder effektiv noch besonders schonend.
Die Nebenwirkungen können Deine genannten Symptome noch verschlimmern und Bestrahlung mit der Gießkanne wird nicht nur die 2 verbliebenen Metastasen treffen.
Ich rate Dir deshalb dringend zu einer 2. Meinung. Kann natürlich Quatsch sein, was ich hier erzähle, aber bei primären Hirntumoren, die die meisten hier haben, ist Ganzhirnbestrahlung in keinem Fall angewandt worden.

Gruß Harry
Harry Bo
Jule23
23.12.2013 10:05:04
Hallo,
die Notwendigkeit ist unumstritten - wir haben insgesamt 3 Meinungen eingefordert. Schulmedizinische fühlen wir uns gut betreut.
Vielleicht bin ich im falschen Forum, wenn hier die Ganzhirnbestrahlung eher eine untergeordnete Rolle spielt? Naja, vielleicht kommen ja noch ein paar Antworten. Sonst muss ich mal eher auf Lungenkrebs-Foren gucken.
Euch allen eine schöne Weihnachtszeit! Und viel Kraft, Hoffnung und liebe Menschen um euch im nächsten Jahr.
LG Jule
Jule23
Malati
23.12.2013 22:41:11
Hallo Jule,
ich bin schon länger hier. Mein Mann hatte als Primärtumor einen Plattenepithelcarcinom in rechten Lungenflügel gehabt,wurde daran 2010 erfolgreich operiert.Komplette Entfernung des gesamten Flügels.
Dann Chemo und 2012 im Februar die erste Hirnmetastase mit OP,dann Ganzhirnbestrahlung.
Darauf folgte 2. Op im September 2012,weil wieder nachgewachsen- dann Teilhirnbestrahlung.
Erneute und 3. OP dieses Jahr im April,da wieder nachgewachsen. Jetzt keine Bestrahlung mehr möglich,da Höchstdosis erreicht.
Seine Metastasen saßen günstig für die Op.Rechts frontal.
Er hat Persönlichkeitsveränderungen, Vergesslichkeit,kann wenig planen, seit der letzten Op auch insgesamt viele Einschränkungen,links Parese.Zittern. Hirnorganisches Psycho Syndrom.
Welche Folgen durch Bestrahlung und durhc die vielen Ops kommen,ist schwer zu sagen.
Wir haben schulmedizinisch alles gemacht,was geraten würde.
Wir haben Hilfe ubers Palliativnetz und einen ambulante psychiatrischen Pflegedienst.
Es ist alles sehr schwer,mein Mann hat sehr abgebaut,ist erst 51 Jahre und es geht oft geistig nur wenig,Demenzähnlich...
Bin auch häufig am Verzweifeln aber ich muss ja durchhalten.

Ich hoffe, Ihr habt schon eine Pflegestufe?
Du kannst mir auch gern eine Nachricht schreiben.Werde aber sicher erst nach Weihnachten antworten können.

Fühl Dich umarmt- und trotzdem oder erstrecht- Frohe Weihnachten für Euch
Liebe Grüße

Marion
Malati
Prof. H. Strik
26.12.2013 17:17:50
Selbstverständlich ist bei Metastasen die Bestrahlung des gesamten Hirns Standardtherapie der Wahl, die bislang trotz einiger neuerer Daten nicht verlassen wird. Die Nebenwirkungen sind schon stärker als bei einer gezielten Behandlung, aber die Zeit bis zum Auftreten neuer Metastasen ist länger als ohne Ganzhirnbestrahlung. Die kognitiven Störungen können zum Teil von den Metastasen mit verursacht sein. Unter der Bestrahlung kann aber auch die Schwellung zunehmen, so dass evtl. eine höhere Kortisondosis erforderlich ist. Das Kortison sollte aber bald nach Bestrahlungsende wieder reduziert werden, um Langzeitnebenwirkungen zu vermeiden.
Prof. H. Strik
Jule23
27.12.2013 21:10:23
Hallo, liebe Malati,
ich hoffe, du hattest trotz der schlimmen Erkrankung zu Weihnachten einige schöne Stunden!
Ich bin seit einigen Tagen doch zum Teil recht verzweifelt. Wir wissen ja erst seit zirka 5 Wochen von der Erkrankung (Lungenkrebs plus multiple Hirnmetastasen) und diese rapiden Veränderungen sind besorgniserregend.
Derzeit ist mein Mann mobil, läuft herum, fährt in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Taxi und wenn ihn Bekannte danach fragen, wie er die Bestrahlung verkraftet, sagt er: Keine Probleme! Ich selbst allerdings merke die Wesenveränderung. Er reagiert ungehalten, ungeduldig, ja zum teil aggressiv, schon bei Kleinigkeiten.
Wie schnell gingen die Veränderungen bei deinem Mann, nachdem du sie das erste Mal bemerkt hast? Sind diese Wesenveränderungen oder auch Verwirrtheitszustände unter Glioblastom und unter Hirnmetastasen miteinander vergleichbar? Oder gibt es da generelle Unterschiede?

Du fragtest nach Pflegestufe - ich weiß, dass das vermutlich auf uns zukommt. Aber momentan besteht kein Grund dafür, mein Mann kann sich ja komplett selbst versorgen. Körperlich hat er manchmal etwas Probleme mit den Beinen (Krämpfe, Tapsigkeit beim Gehen, Gangunsicherheit), etwas Zittern in den Händen, aber sonst nichts.

LG Jule
Jule23
Poldimaus
07.01.2014 14:01:59
Hallo Jule23,
ich kann dir kurz von meiner Mutter berichten, die im Juni 2013 verstorben ist.
Sie war Mitte Oktober 2012 bei einer Darmvorsorge, ohne Vorbeschwerden.
Dabei wurde Darmkrebs festgestellt. Dieser konnte vollständig entfernt werden. Im Krankenhaus stellten wir dann eine leichte Wesensveränderung fest und dachten zunächst an einen Schlaganfall. Es wurden dann leider 8 kleinere Hirnmetastasen festgestellt und sofort mit der Ganzhirnbestrahlung + 2 Wochen später mit Chemo begonnen.
Durch die Chemo ist die Darmnaht wieder aufgegangen. Es musste erneut operiert werden.
Danach war meine Mutter ein Pflegefall. Unser Meinung nach hat die 2. OP das Wachstum der Hirnmetastasen befeuert. Die Bestrahlung hat bei meiner Mutter leider nicht angeschlagen, es sind die Haare ausgegangen und ihr war zunehmend schwindelig.
Vor Weihnachten erzählten uns dann die Ärzte mit großen Augen, dass uns schon klar sein müsse, dass es das letzte Weihnachten sein wird, welches wir mit meiner Mutter verbringen werden.
Mit der körperlichen Verfassung ging es dann auch stetig bergab. Sie konnte irgendwann nicht mehr gehen, reden, die Augen öffnen.... nur essen das konnte sie zum Glück bis zum Schluss.
Wir stellen uns oft die Frage was nur ohne Chemo und Bestrahlung gewesen wäre ....Vielleicht wäre dann die Naht nicht aufgegangen und meine Mutter hätte in der verbleibenden (vielleicht dann kürzeren Zeit) mehr Lebensqualität gehabt. Man weiß es nicht.
Was aber vielleicht auch gut so ist ........ denn ohne Hoffnung kann man diese schreckliche Zeit sowie so nicht überstehen.

Liebe Jule gib bitte die Hoffnung auf Besserung NIE auf. Ich wünsche dir und deinem Mann viel Kraft in der bevorstehenden Zeit.

LG
Andrea
Poldimaus
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