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mawewi

Hallo,
bei meinem Sohn wurde 2008 ein pilozytisches Astrozytom Grad I entdeckt, er hatte mehrere Operationen und eine Chemotherapie (1,5 Jahre). Der Tumor liegt am Sehnerv, es gibt weiter solide Anteile, kontrolliert wird jährich, die Ärzte sprechen von einer stabilen Erkrankung. Als der Tumor nicht gewachsen ist, ist dafür die Zyste gewachsen, er hat einen Kathter gelegt bekommen der die Flüssigkeit der Zyste in ein Hirnventrikel leitet. Der Katheter ist mit einem Knopf auf dem Kopf unter der Haut fest. Der Tumor hat den Sehnerv so geschädigt, dass das Gesichtsfeld auf beiden Augen zur linken Seite halbseitig eingeschränkt ist. Er kann also zur linken Seite nichts! sehen. Jetzt ist mein Sohn 17 Jahre, macht Abitur und plant seine Zukunft. Jetzt steht fest, dass er keine Fahrerlaubnis machen darf, Radfahren ist schon absolut grenzwertig. Im Berufsleben wird er keine Verantwortung an Maschinen oder in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen übernehmen können.
2008 wurde ihm ein GdB von 100% zuerkannt, unbefristet. Dieser Grad wurde vor ein paar Jahren überprüft und auf 40% reduziert.
Jetzt haben wir es erneut probiert einen höheren GdB zu bekommen, aber auch mit der Versagung zum Führen von Kraftfahrzeugen bleibt der GdB bei 40%.
"Die Gesundheitsstörung supraselläres pilozytisches Astrozytom kann nicht in die Bewertung des GdB einbezogen werden weil sie keinen Einzel GdB von wenigstens 10 bedingt", so heißt es im Bescheid.

Gibt es andere Erfahrungen/Urteile auf die man sich berufen kann? Lohnt sich ein Widerspruch und an wen kann ich mich wenden? Aus der Kinderklinik ist er raus zur Erwachsenenklinik gehört er noch nicht.

Birgit

lotte98

Liebe Birgit, lege auf jeden Fall Widerspruch ein. Vielleicht kann der Augenarzt hinzugezogen werden? Mit 50% kann man ja was anfangen, mit 40 glaube ich nicht. Meine Tochter hat 100%, ebenfalls befristet.
Liebe Grüße,
Lotte

fasulia

Widerspruch hat Erfolg, wenn ihr nicht nur die Diagnose" supraselläres pilozytisches Astrozytom" angebt- wichtig ist, dass euch ein Arzt die Gesichtsfeldeinschränkung plus weitere Einschränkungen wie: "eingeschränkte Mobilität, Teilhabe am sozialen Leben erschwert"
die daraus resultieren und dass er "Shunt-Träger" ist bescheinigt.
Er könnte auch Anspruch auf das Merkzeichen G haben.

Ab 30% Schwerbehinderung KANN er in einem Arbeitsverhältnis einem sog. Schwerbehinderten ( ab 50%) gleichgestellt werden und erhält mehr Urlaubstage & größerer Freibetrag bei der Steuer und der Arbeitgeber erhält Vergünstigungen.

Schon bei der Bewerbung hat er( ab 50%) bei öffentlichen Arbeitgebern einen Anspruch auf ein Vorstellungsgespräch, wenn er die geforderte Qualifikation erfüllt.

Sozialverbände wie VdK oder sovd kennen sich gut damit aus.

Marsupilami

hast Du Dir die Liste einmal angeschaut, was für den GdB anerkannt wird?
(http://www.gesetze-im-internet.de/versmedv/anlage.html)

4.5 Gesichtsfeldausfälle
Vollständige Halbseiten- und Quadrantenausfälle
ergibt ein Maximum von 40%

Bitte beachten, dass beim GesamtGdB nicht einfach Einzelprozente aufaddiert werden. 40% plus 10% wegen etwas anderem können weiter 40% Gesamt-GdB ergeben

Wenn ein 17jähriger richtig angenervt ist, weil er keinen Führerschein machen darf, kann ich das völlig verstehen
mit "Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit" für das Merkzeichen "G" ist aber nicht gemeint, ob jemand Auto fahren kann.

wo also in dem Fall Deines Sohnes Einschränkungen vorliegen, könnte neben dem Augenarzt noch eine sinnvolle Frage an einen Neuropsychologen und Neurologen sein.


Mit dem Ablauf des Antrages habe ich gute Erfahrungen mit dem VDK gemacht. Auch der VdK kann nur beantragen, was die behandelnden Ärzte bestätigen. Sie haben jede Menge Routine, was die Schwierigkeiten dann in Prozenten bedeuten kann .
Meine Neurologin damals meinte, ich würde nie 50% und erst recht keine Merkzeichen anerkannt kriegen. Der Bearbeiter beim VdK blinzelte noch nicht einmal und beantragte 80% mit G und B.

Nach einmaligen Widerspruch wurden 70% mit Merkzeichen G und B bewilligt. Nach fristgemäßer Überprüfung -wieder mit ein Mal Widerspruch- das gleiche Ergebnis ohne weitere Befristung
( Nur als Beispiel: ich gehe kaum raus- viel zu viel Unruhe- und muss mich beim Rollstuhlfahren im Supermakt sehr konzentrieren. "Frührentnerin"...)


Gruß vom Marsupilami

KaSy

Liebe Birgit,
Ihr habt als Eltern so Schweres durchgemacht und nun schien sich alles auf einem mittleren Level eingependelt zu haben und dann das!

Es ist auf jeden Fall sinnvoll, einen Widerspruch einzulegen.

Bei mir tauchen einige Fragen auf, wo ich die Entscheidung nicht ganz verstehe und die Euch bzw. Eurem Sohn vielleicht helfen.

2008 erhielt er den GdB 100 unbefristet. Warum gab es überhaupt eine Überprüfung? (Und - die Frage ist rückwirkend, also sinnlos - warum habt Ihr auf die Anfrage des Amts geantwortet?)

Den GdB 100 erhielt er mit derselben Diagnose, für die jetzt laut Bescheid nicht einmal der GdB 10 gerechtfertigt ist. Wie wurde dieser extreme Unterschied (100 <--> unter 10) begründet?

Könnte es sein, dass im Bescheid von 2008 von einem "kindlichen Hirntumor" die Rede war und dass der GdB doch befristet war? Lest Euch unbedingt den Bescheid von 2008 noch einmal genau durch, denn irgendwie muss der GdB 100 begründet worden sein. Was davon trifft heute noch zu?

Was steht im Bescheid von vor ein paar Jahren, als der GdB 40 festgestellt wurde. Was habt Ihr für Befunde eingereicht und welche Dauerfolgen habt Ihr beschrieben, dass er überhaupt den GdB 40 bekam, obwohl im Bescheid die Aussage enthalten ist, dass der Hirntumor nicht einmal den GdB 10 rechtfertigt?

Ganz wichtig ist es jetzt, nicht nur (aber auch), aktuelle Arztbefunde einzufordern, die die Dauerfolgen bestätigen. Ich glaube, sie dürfen nicht älter als 3 oder sogar 1 Jahr im Land BB sein.

Euer Sohn ist weder in der Kinder- noch in der Erwachsenenklinik, aber irgendwo wird er doch behandelt. Er hat die jährlichen Kontrollen, für die er zu einem Facharzt gehen muss. Er hat einen Hausarzt, Augenarzt, evtl. noch einen Neurologen!

Sprecht mit diesen Ärzten, damit sie Euch (!) die Befunde im Interesse des höheren GdB schreiben und aushändigen.

Als auf den GdB 40 herabgestuft wurde, hat das Amt vermutlich die Ärzte, die Ihr genannt habt, angeschrieben und diese haben ohne Eure Kenntnis Befunde geschrieben und an das Amt geschickt. Das wird das Amt wieder tun, wenn Ihr nicht direkt auf die Ärzte zugeht.

Besonders wichtig finde ich eine aktuelle Einschätzung des Neurologen. Es ist so, dass bei der Einstufung in einen GdB die psychische Situation des Betroffenen eine wesentliche (Mit-)Bedeutung hat.
Das ist einerseits durch die Diagnose und die dauerhafte Behandlung gegeben. Dadurch ist es ja (denke ich und Ihr solltet es auch so schreiben) eine chronische Erkrankung, die dauerhaft psychisch belastet.
Aktuell kommen versagte Pläne für die Zukunft hinzu. Er darf nicht Auto fahren, er darf mehrere seiner Wunschberufe nicht ausüben. Er hat dadurch möglicherweise dauerhaft die Befürchtung, eine Familie mit Kindern zu gründen.
Das sollte er alles seinem Neurologen erzählen. Als Eltern dürft Ihr ja dabei sein und aus Eurer Sicht ergänzen.
Bittet dann um einen Befund, der diese psychischen Dauerfolgen mit beschreibt.

(Ich will damit keinesfalls sagen, dass Euer Sohn sein Leben nicht meistern wird, das wird er! Aber er hat - und das ist von Bedeutung für den GdB - im Unterschied zu den "normal gesunden" Menschen - Einschränkungen, die durch den GdB ausgeglichen werden sollten.
Er kann ja vielleicht nicht den Beruf ausüben, der ihm ein seiner Ausbildung (Abitur!) angemessenes Gehalt sichert. Er kann z.B. nicht Lehrer werden, der ein hohes Gehalt bekommt. Und dann wären z.B. die Steuervergünstigungen für ihn wichtig.)

Außer den Befunden, die Ihr mit dem Widerspruch einschickt, solltet Ihr und Euer Sohn ganz persönlich schreiben, worin die Probleme "im Unterschied zu den Gesunden" bestehen.
Ihr könnt das aus Eurer Sicht schreiben.
Er kann es im ,Vergleich zu der Situation und den Zukunftsaussichten seiner Klassenkameraden schreiben.

Schreibt alles so real wie möglich.
Aber schreibt nicht, was er alles geschafft hat, sondern, was ihn daran gehindert hat oder wo er mehr als andere leisten bzw. sich bemühen musste, um das Gleiche zu erreichen. Der GdB ist als "Nachteilsausgleich" gedacht. (Das ist das Fachwort dafür.)

Nehmt Euch etwas Zeit, aber achtet darauf, dass der Widerspruch vor seinem 18. Geburtstag eingereicht wird, damit Ihr als Eltern mitreden dürft. (Vielleicht ist das später auch noch möglich, aber das weiß ich nicht.)

Ich wünsche Euch und vor allem Eurem Sohn, dass eine Höherstufung gelingen wird.

Sollte es nicht gelingen, dann besteht die Möglichkeit, eine "Gleichstellung" zu beantragen, das geht über Behindertenbeauftragte.

Vielleicht sucht Ihr Euch auch Hilfe. Der VDK ist jetzt auch hier aktiv, aber auch Behindertenverbände oder so können "wissend" helfen. (Aber da kenne ich mich nicht aus.)

Beste Grüße und viel Erfolg für den Widerspruch und vor allem für eine erfolgreiche Entwicklung Eures Sohnes.

KaSy

mawewi

Hallo,
herzlichen Dank allen für die hilfreichen Antworten.

Mit dem VdK habe ich schon gesprochen und sie werden uns helfen den Widerspruch einzureichen. Ich weiß schon, dass unser LASV besonders "hart" ist. Das sind wir allerdings auch...
In den Bescheiden habe ich nochmal nachgelesen, dass die Überprüfung des GdB fast jedes Jahr erfolgte. " Das LASV ist nach §48 ...SGB X-unabhängig von der Gültigkeitsdauer des Schwerbehindertenausweises- gehalten zu prüfen, ob eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten ist."
Die Erkrankung des Gehirns ist nicht mehr anerkannt worden.

Ich finde die Hinweise wirklich sehr gut und auch mein Sohn war gestern, von euren Antworten sehr beindruckt! Dankeschön!!!

Viele Grüße
Birgit

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