Liebe Birgit,
Ihr habt als Eltern so Schweres durchgemacht und nun schien sich alles auf einem mittleren Level eingependelt zu haben und dann das!
Es ist auf jeden Fall sinnvoll, einen Widerspruch einzulegen.
Bei mir tauchen einige Fragen auf, wo ich die Entscheidung nicht ganz verstehe und die Euch bzw. Eurem Sohn vielleicht helfen.
2008 erhielt er den GdB 100 unbefristet. Warum gab es überhaupt eine Überprüfung? (Und - die Frage ist rückwirkend, also sinnlos - warum habt Ihr auf die Anfrage des Amts geantwortet?)
Den GdB 100 erhielt er mit derselben Diagnose, für die jetzt laut Bescheid nicht einmal der GdB 10 gerechtfertigt ist. Wie wurde dieser extreme Unterschied (100 <--> unter 10) begründet?
Könnte es sein, dass im Bescheid von 2008 von einem "kindlichen Hirntumor" die Rede war und dass der GdB doch befristet war? Lest Euch unbedingt den Bescheid von 2008 noch einmal genau durch, denn irgendwie muss der GdB 100 begründet worden sein. Was davon trifft heute noch zu?
Was steht im Bescheid von vor ein paar Jahren, als der GdB 40 festgestellt wurde. Was habt Ihr für Befunde eingereicht und welche Dauerfolgen habt Ihr beschrieben, dass er überhaupt den GdB 40 bekam, obwohl im Bescheid die Aussage enthalten ist, dass der Hirntumor nicht einmal den GdB 10 rechtfertigt?
Ganz wichtig ist es jetzt, nicht nur (aber auch), aktuelle Arztbefunde einzufordern, die die Dauerfolgen bestätigen. Ich glaube, sie dürfen nicht älter als 3 oder sogar 1 Jahr im Land BB sein.
Euer Sohn ist weder in der Kinder- noch in der Erwachsenenklinik, aber irgendwo wird er doch behandelt. Er hat die jährlichen Kontrollen, für die er zu einem Facharzt gehen muss. Er hat einen Hausarzt, Augenarzt, evtl. noch einen Neurologen!
Sprecht mit diesen Ärzten, damit sie Euch (!) die Befunde im Interesse des höheren GdB schreiben und aushändigen.
Als auf den GdB 40 herabgestuft wurde, hat das Amt vermutlich die Ärzte, die Ihr genannt habt, angeschrieben und diese haben ohne Eure Kenntnis Befunde geschrieben und an das Amt geschickt. Das wird das Amt wieder tun, wenn Ihr nicht direkt auf die Ärzte zugeht.
Besonders wichtig finde ich eine aktuelle Einschätzung des Neurologen. Es ist so, dass bei der Einstufung in einen GdB die psychische Situation des Betroffenen eine wesentliche (Mit-)Bedeutung hat.
Das ist einerseits durch die Diagnose und die dauerhafte Behandlung gegeben. Dadurch ist es ja (denke ich und Ihr solltet es auch so schreiben) eine chronische Erkrankung, die dauerhaft psychisch belastet.
Aktuell kommen versagte Pläne für die Zukunft hinzu. Er darf nicht Auto fahren, er darf mehrere seiner Wunschberufe nicht ausüben. Er hat dadurch möglicherweise dauerhaft die Befürchtung, eine Familie mit Kindern zu gründen.
Das sollte er alles seinem Neurologen erzählen. Als Eltern dürft Ihr ja dabei sein und aus Eurer Sicht ergänzen.
Bittet dann um einen Befund, der diese psychischen Dauerfolgen mit beschreibt.
(Ich will damit keinesfalls sagen, dass Euer Sohn sein Leben nicht meistern wird, das wird er! Aber er hat - und das ist von Bedeutung für den GdB - im Unterschied zu den "normal gesunden" Menschen - Einschränkungen, die durch den GdB ausgeglichen werden sollten.
Er kann ja vielleicht nicht den Beruf ausüben, der ihm ein seiner Ausbildung (Abitur!) angemessenes Gehalt sichert. Er kann z.B. nicht Lehrer werden, der ein hohes Gehalt bekommt. Und dann wären z.B. die Steuervergünstigungen für ihn wichtig.)
Außer den Befunden, die Ihr mit dem Widerspruch einschickt, solltet Ihr und Euer Sohn ganz persönlich schreiben, worin die Probleme "im Unterschied zu den Gesunden" bestehen.
Ihr könnt das aus Eurer Sicht schreiben.
Er kann es im ,Vergleich zu der Situation und den Zukunftsaussichten seiner Klassenkameraden schreiben.
Schreibt alles so real wie möglich.
Aber schreibt nicht, was er alles geschafft hat, sondern, was ihn daran gehindert hat oder wo er mehr als andere leisten bzw. sich bemühen musste, um das Gleiche zu erreichen. Der GdB ist als "Nachteilsausgleich" gedacht. (Das ist das Fachwort dafür.)
Nehmt Euch etwas Zeit, aber achtet darauf, dass der Widerspruch vor seinem 18. Geburtstag eingereicht wird, damit Ihr als Eltern mitreden dürft. (Vielleicht ist das später auch noch möglich, aber das weiß ich nicht.)
Ich wünsche Euch und vor allem Eurem Sohn, dass eine Höherstufung gelingen wird.
Sollte es nicht gelingen, dann besteht die Möglichkeit, eine "Gleichstellung" zu beantragen, das geht über Behindertenbeauftragte.
Vielleicht sucht Ihr Euch auch Hilfe. Der VDK ist jetzt auch hier aktiv, aber auch Behindertenverbände oder so können "wissend" helfen. (Aber da kenne ich mich nicht aus.)
Beste Grüße und viel Erfolg für den Widerspruch und vor allem für eine erfolgreiche Entwicklung Eures Sohnes.
KaSy