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Thema: Gefühls Caos in meinem Kopf nach OP

Gefühls Caos in meinem Kopf nach OP
Mac76
06.12.2017 22:59:27
Hallo,
ich heiße Mac bin 41 Jahre und bin vor 2 Jahren an einem zwar gutartigem Gehirntumor (Golfball groß) im rechten Temporallapen operiert worden aber seid dem geht es mir nicht gut.. ich hatte nach der OP das Gefühl als würde ich neben mir stehen und es fühlt sich alles unrealistisch an.. ich bin leichter reizbar und doch immer sehr traurig und mache mir immer sorgen.. ich fühle mich so im stich gelassen kein Arzt zeigt nur annähernd verständniss ich versuche alle so zu erklären wie ich fühle aber sie speisen mich als Depressiv ab mit Tabletten die nur Nebenwirkungen haben aber nicht wirken.. ich bin so verzweifelt ich kann doch nichts dafür das ich so fühle .. meine Frau hat mich nach 18 Jahren verlassen weil sie mit mir nach meiner OP nicht zurecht kam.. mein Leben ist einfach nur noch ungerecht keiner hat verständniss selbst mein Chef mit dem ich schon 18 Jahre zusammen arbeite zeigt nur unverständniss es ist als wär ich mit einem Fluch belegt ich bin Krank und nur weil man mir es äusserlich nicht ansieht ist man ein ganz normaler Mensch ?? Hätte ich eine Protese oder lähmung würden alle sagen ohh nein der arme Mensch den müssen wir helfen.. und wer hilft den dene es schlechter geht weil im Kopf passiert..ich möcht einfach nur Verständniss es ist nicht fair...
Vielleicht geht es jemanden ähnlich ich freue mich auf jede Antwort Viele liebe Grüße
Mac
Mac76
fasulia
06.12.2017 23:58:41
warst du schon bei einem Neuropsychologen?
ich denke diese Art von Fachmann/Fachfrau wäre der richtige Ansprechpartner und hätte das Verständnis das dir ( verständlich!) fehlt

bei der Gesellschaft für Neuropsychologie e.V. ( gnp bei google) gibt es eine Behandlerliste nach PLZ sortiert und wenn die alle "voll" sind , können sie evtl. Kollegen, die dort nicht gelistet sind, nennen.
Auch die Krankenkassen bieten einen FacharztsuchService-in diesen Bereich fallen auch die Neuropsychologen.

Verständnis von der "Umwelt" wirst du eher nicht bekommen, es ist an dir zu lernen mit der Reizbarkeit und den Stimmungsschwankungen umzugehen... auch zu sehen, wann du dich besser aus dem "Verkehr" ziehst bzw. Rückzug brauchst... oder wahrzunehmen, wann es dir besser geht und wie du davon "mehr" bekommen könntest

ist nicht einfach...
fasulia
Mac76
07.12.2017 06:56:18
Hallo fasulia,

Vielen Dank für deine Antwort,
ich hatte schon mit zwei Neuropsychologen gesprochen,
die eine war in der Klinik wo ich die OP hatte sie hat mich verstanden und mir
erklährt warum ich so sehr traurig, ängstlich und reizbar bin sie meinte es liegt daran weil der Tumor sehr groß war und sehr nahen am Hippocampus und der Amygdala gelegen hat und teile der bereiche ( die für unsere Gefühle zuständig sind) in mitleidenschaft gezogen worden sind bei der entfehrnung des Tumors mein sie und ich damit leben müsste.. und der andere Neuropsychologe wollte es auf eine Depression schieben und ich habe ihn gesagt das die andere Neuropsychologin mir erklärt hat das es keine Depression ist sonern Organisch ..darauf sagte er mir Wortwördlich .... "Wenn sie schon alles wissen was wollen sie dann von mir" und das hat mir gezeigt das ich es annehem muss und versuchen alleine damit klar zu kommen ...und ich mehr auf mein körper hören muss und nich auf Verständniss anderer ,es kosten viel zu viel kraft von der ich nicht mehr viel habe .. Vielen Lieben Dank für deine Antwort
Mac76
Bruja
07.12.2017 08:35:03
Hallo Mac76,

auch wenn es kein großer Trost ist, das was du schilderst, haben viele von uns erleben müssen. Irgendwie habe ich so das Gefühl, dass man nach einem gutartigen Tumor maximal ein Jahr Probleme haben "darf". Bleibt man weiterhin eingeschränkt, dann ist es psychisch. So einfach ist das. Dann heißt es, man habe eine Depression und müsse nur das richtige Antidepressivum nehmen und schon wäre alles wieder in Butter. Ich will ja auch gar nicht ausschließen, dass man nach so einer Erkrankung eine Depression entwickeln kann und sicherlich wird die Psyche auch in Mitleidenschaft gezogen, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Aber alles nur noch auf die Psyche zu reduzieren, ist aus meiner Sicht schlicht und einfach falsch. Die organische Seite wird geleugnet.

Ich habe immer gesagt: Würde ich im Rollstuhl sitzen, würde auch keiner zu mir sagen, ich solle aufstehen und wieder gehen. Glücklicherweise sitze ich nicht im Rollstuhl, da ich aber auch keine Krücke am Kopf trage, muss ich mit der Ignoranz, Intoleranz oder auch Dummheit meiner Mitmenschen leben. Das ist offenbar so bei "unsichtbaren" Krankheiten. Wenn medizinische Laien so reagieren, kann ich es ja sogar noch nachvollziehen, wenn aber Ärzte / Gutachter so reagieren, dann ist das echt heftig. Da wird einem tatsächlich unterstellt, man simuliere seine Probleme, vielleicht um nicht mehr arbeiten zu müssen oder um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen oder was weiß ich.

Letztendlich hilft es da wohl nur, sich eine dickere Haut zuzulegen. Und sich die Hilfe zu suchen, die man braucht. Wenn du im Krankenhaus eine Neuropsychologin hattest, die dir die körperlichen Zusammenhänge erklären konnte, dann kann sie dir evtl. Kollegen empfehlen, einen Versuch ist es doch wert.

Mit Antidepressiva habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht, keine Wirkung, aber eine Menge Nebenwirkungen. Aber selbst das wird einem nicht unbedingt geglaubt, da wird einem sogar unterstellt, man würde die Nebenwirkungen nur erfinden oder sich einbilden.

Glücklicherweise habe ich einen hervorragenden Neurologen, der die Dinge ähnlich sieht wie ich und Medikamente in meinem Fall für nicht erforderlich hält. Und absolut anerkennen kann, dass ein großer Tumor im Frontalhirn durchaus für Probleme bei Planung, Organisation, Konzentration etc. verantwortlich sein kann, auch Jahre nach der Entfernung.

Auf viel Verständnis würde ich nicht hoffen. Mir sagte erst kürzlich eine "begnadete Ärztin", wenn ich Verständis bräuchte, solle ich eine Therapie machen. Ich habe das dann so im Raum stehen lassen. Es gibt Diskussionen, auf die ich mich nicht mehr einlasse.

Wobei ich dazu sagen muss, dass ich vor Jahren eine Therapie gemacht habe und die mir durchaus gut getan hat. Jeder von uns trägt neben der Erkrankung so das eine oder andere Päckchen mit sich rum und es kann sehr gut tun, diesen Ballast bei einer neutralen Person abzuladen. So ging es jedenfalls mir, auch wenn sich an meinen Konzentrationsproblemen nichts geändert hat. Trotzdem hat mir die Therapie damals gut getan. Vielleicht wäre das auch für dich eine Möglichkeit.

Alles Gute!

Bruja
Bruja
Pomperipossa
07.12.2017 09:57:27
Hallo Mac,
beim HT-Tag in Köln 2014 habe ich mit einem Glioblastom Patienten in den Zwanzigern gesprochen. In seinem Sportclub habe jemand ständig darüber geklagt, dass er "Rücken habe" und es ihm soooo schlecht gehe.
Irgendwann hat er ihn zur Seite genommen und ihm mitgeteilt, wie dieses sterbenskrank Gejammere auf ihn als GB Betroffener wirke. Das Resultat: der "Rücken" war total eingeschnappt und schneide ihn jetzt.
Und dann kam von Sverige ein sehr bemerkenswerter Satz:
"Für die Schwere unserer Erkrankung sehen wir einfach zu gut aus!"

Bekanntlich kann man den Leuten nur vor den Kopf schauen. Wie Du Dich fühlst, kannst nur Du empfinden und wissen. Ein HT ist kein Schnupfen.
Du hast viele Umbrüche und auch Enttäuschungen in den letzten Jahren erlebt und Du musst für Dich auch neu lernen und vielleicht auch definieren "Das bin ich, das kann ich und das geht nicht!.

Im Herbst habe ich eine Foto-Ausstellung besucht. 10 Frauen und Männer, die an einem Projekt zur beruflichen Integration nach schweren Erkrankungen teilgenommen haben, lernten 14 Tage unter Anleitung eines professionellen Fotografen ihre Umwelt und ihr Umfeld neu zu entdecken.
Herausgekommen sind ganz eindrucksvolle Bilder (Vor der Tür II). Im Buch zur Ausstellung fanden sich Sätze von ihnen wie diese:
- "Toll, ich wusste gar nicht, dass ich so etwas kann.",
- "Das Projekt gibt mir Kraft, neue Wege zu beschreiten".

Bruja und fasulia haben Dir schon einige Tipps gegeben, vielleicht bietet das Integrationsamt in Deiner Umgebung auch Projekte an, um Dein eigenes Selbstwertgefühl neu zu entdecken.

Ich wünsche Dir viel Kraft, Geduld und Zuversicht.
Beste Grüße
Pomperipossa
Pomperipossa
Hopeness
07.12.2017 12:31:59
Eine Hirntumor Erkrankung beinhaltet nunmal in all seinen Facetten eine Traumatisierung, vor allem im seelischen Bereich. Um diese Wunden zu heilen und das Trauma selbst zu überwinden, dauert seine Zeit.
Der ganze Alltag ist quasi belegt mit der eigenen Krankengeschichte. Hochs und Tiefs geben sich die Klinke in die Hand und man fällt immer wieder in das selbe Loch. Diesen Teufelskreis zu durchbrechen schafft nicht jeder aus eigener Kraft und dich gibt es viele die aus Schamgefühl und dem gefühlten Verlust der eigenen Stärke nach aussen vertagen und sich nicht in eine Behandlung begeben.

Tatsächlich ist das so, dass am Kopf nur eine für die meisten unsichtbare Narbe bleibt, die Narben auf der Seele aber sieht niemand. Man will sie ja selbst nicht einmal sehen...
Hopeness
Karin jako
07.12.2017 18:50:51
tja, habe die Antworten sorgsam gelesen und hoffe lieber Mac, das es Dir etwas Trost gibt. Ich kenne das Gefühl nur zu gut. Absichtlich habe ich mein Profilbild geändert, man sieht es mir auch nicht an. Im Gegenteil, als ich in den Rehas war, wurde ich stets als Äerztin oder Therapeutin Physio, Ergo oder auch Psychologien gehalten. In meiner letzten Reha war ich leider vier wochen lang ein Exot, zumal auf der Neurologie ich mit meinen 47 Jahren locker zwanzig Jahre zu jung war. Überwiegend Schlaganfall, im Speisesaal kam ich kaum zum Büffet weil überall Rollatoren und Gehstöcke den Weg versperrten und der Geräuschpegel...boah unglaublich. Naja, ob gut- oder bösartig, es bleibt...Hirntumor ist scheiße. Ich wünsche Dir sau viel Kraft, Geduld und Vertrauen zu Dir selbst. Finde Deine innere Ruhe und Gelassenheit. Es wird nicht einfacher. Ich lebe seit 2004 mit der Diagnose und nein, es wird nicht leichter. Lg Karin
Karin jako
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