Hallo Mac76,
auch wenn es kein großer Trost ist, das was du schilderst, haben viele von uns erleben müssen. Irgendwie habe ich so das Gefühl, dass man nach einem gutartigen Tumor maximal ein Jahr Probleme haben "darf". Bleibt man weiterhin eingeschränkt, dann ist es psychisch. So einfach ist das. Dann heißt es, man habe eine Depression und müsse nur das richtige Antidepressivum nehmen und schon wäre alles wieder in Butter. Ich will ja auch gar nicht ausschließen, dass man nach so einer Erkrankung eine Depression entwickeln kann und sicherlich wird die Psyche auch in Mitleidenschaft gezogen, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Aber alles nur noch auf die Psyche zu reduzieren, ist aus meiner Sicht schlicht und einfach falsch. Die organische Seite wird geleugnet.
Ich habe immer gesagt: Würde ich im Rollstuhl sitzen, würde auch keiner zu mir sagen, ich solle aufstehen und wieder gehen. Glücklicherweise sitze ich nicht im Rollstuhl, da ich aber auch keine Krücke am Kopf trage, muss ich mit der Ignoranz, Intoleranz oder auch Dummheit meiner Mitmenschen leben. Das ist offenbar so bei "unsichtbaren" Krankheiten. Wenn medizinische Laien so reagieren, kann ich es ja sogar noch nachvollziehen, wenn aber Ärzte / Gutachter so reagieren, dann ist das echt heftig. Da wird einem tatsächlich unterstellt, man simuliere seine Probleme, vielleicht um nicht mehr arbeiten zu müssen oder um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen oder was weiß ich.
Letztendlich hilft es da wohl nur, sich eine dickere Haut zuzulegen. Und sich die Hilfe zu suchen, die man braucht. Wenn du im Krankenhaus eine Neuropsychologin hattest, die dir die körperlichen Zusammenhänge erklären konnte, dann kann sie dir evtl. Kollegen empfehlen, einen Versuch ist es doch wert.
Mit Antidepressiva habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht, keine Wirkung, aber eine Menge Nebenwirkungen. Aber selbst das wird einem nicht unbedingt geglaubt, da wird einem sogar unterstellt, man würde die Nebenwirkungen nur erfinden oder sich einbilden.
Glücklicherweise habe ich einen hervorragenden Neurologen, der die Dinge ähnlich sieht wie ich und Medikamente in meinem Fall für nicht erforderlich hält. Und absolut anerkennen kann, dass ein großer Tumor im Frontalhirn durchaus für Probleme bei Planung, Organisation, Konzentration etc. verantwortlich sein kann, auch Jahre nach der Entfernung.
Auf viel Verständnis würde ich nicht hoffen. Mir sagte erst kürzlich eine "begnadete Ärztin", wenn ich Verständis bräuchte, solle ich eine Therapie machen. Ich habe das dann so im Raum stehen lassen. Es gibt Diskussionen, auf die ich mich nicht mehr einlasse.
Wobei ich dazu sagen muss, dass ich vor Jahren eine Therapie gemacht habe und die mir durchaus gut getan hat. Jeder von uns trägt neben der Erkrankung so das eine oder andere Päckchen mit sich rum und es kann sehr gut tun, diesen Ballast bei einer neutralen Person abzuladen. So ging es jedenfalls mir, auch wenn sich an meinen Konzentrationsproblemen nichts geändert hat. Trotzdem hat mir die Therapie damals gut getan. Vielleicht wäre das auch für dich eine Möglichkeit.
Alles Gute!
Bruja