Was du beschreibst, kommt mir bekannt vor:
Bei mir trat vor anderthalb Jahren auf dem linken Ohr plötzlich eine Hörminderung, eine Geräuschüberempfindlichkeit (Überschreiten der Schmerzgrenze schon bei gewöhnlichen Lautstärken, starke Verzerrungen) und ein Druckgefühl auf. Verdacht auf einen Hörsturz, nach zweiwöchiger Behandlung (u.a. mit Prednisolon, das ist ein ähnlicher Stoff wie Dexametason, welches z.B. bei Hirnödemen eingesetzt wird) besserte sich die Hörfähigkeit wieder, es kamen aber Ohrgeräusche und gelegentlich ein leichtes Schwindelgefühl hinzu. Die Symptome verstärkten und verminderten sich ein dreiviertel Jahr lang in regelmäßiger Folge. Dabei stellte sich langsam und schleichend auch auf dem rechten Ohr eine Hörminderung und ein Tinnitus ein. Dazu kamen an den Tagen, an denen ich schlechter hörte, allgemeine Kozentrationsprobleme.
Da ich vor 5 Jahren bereits einen Hörsturz hatte (plöztlicher Gehörausfall links, sonst keine Symptome, und nach drei Wochen Therapie ebenso plötzlich wieder ein intaktes Gehör) sagte ich immer wieder beim HNO, dass es dieses Mal irgendwie anders sei, und - weil es mir "irgendwie auch auf´s Denken gehe" - nur schwer zu beschreiben sei. Vor einem halben Jahr wurde schließlich ein Kopf-MRT gemacht, bei dem ein links frontal gelegener Tumor entdeckt wurde (dorsolateral). Der Tumor - vermutlich ein Astro II - ist nicht operiert, da das Ödem seit der Entdeckung unverändert aussieht.
Die Neurochirurgen, die ich darauf angesprochen hatte, waren der Meinung, dass kein Zusammenhang zwischen dem Tumor und meinen Hörproblemen bestehe. In der Literatur habe ich Folgendes gefunden:
Verletzungen des Frontalhirns können beim Gehör Symptome verursachen, sie werden meist als Verringerung der Aufmerksamkeit für Geräusche beschrieben. Ist die Läsion rechts, dann ist das linke Ohr beteinträchtigt, ist die Läsion links, dann sind beide Ohren beeinträchtigt. Vielleicht nimmt man die reduzierte Aufmerksamkeit beim Hörsinn als Betroffener ja manchmal so wahr, als wäre alles etwas weiter entfernt.
Der so genannte "Partyeffekt" tritt vor allem bei links frontalen Schädigungen auf: man hat in einer Kneipe mit lauter Gesprächskulisse Schwierigkeiten, herauszufiltern, was das Gegenüber sagt (ich selbst bin seit anderthalb Jahren davon betroffen).
Es gibt ein Regulationssystem im Gehirn, das bei der Bewußtwertung die lauteren Geräusche dämpft und die leiseren verstärkt. Fällt dieses System aus, so "überhört" man die leiseren Töne, und die lauteren liegen ganz schnell über der Schmerzgrenze. Vor einiger Zeit hat hier eine Patientin einen Eintrag gemacht, die einen links frontal gelegenen Tumor hatte und nach der Operation u.a. sehr unter einer Geräuschüberempfindlichkeit litt.
Da deine Hörprobleme vor allem bei Stress auftreten, könnten sie unter Umständen auch etwas mit dem Innenohr zu tun haben. Bei Stress steigt der Blutdruck, und das mag sich schon mal so auswirken, dass man Ohrgeräusche bekommt oder kurzzeitig schlechter hört. Ich würde dir auf jeden Fall empfehlen, zur Sicherheit einen HNO-Arzt zu konsultieren. Ergänzend könntest du deinen Neurologen oder Neurochirurgen fragen, ob er Patienten mit vergleichbarer Lage des Tumors und mit ähnlichen Beschwerden kennt. Vielleicht hilft es auch, regelmäßig etwas zum Stressabbau zu tun (z.B. Musikhören, Sport, Meditation, autogenes Training usw.).