Unterstützen Sie unsere Arbeit für Hirntumorpatienten. Vielen Dank!

Jetzt spenden

Jandia

Hallo erstmal!
Zu meiner Geschichte: Bin 35 Jahre alt und wurde Ende August 2012 operiert. Kann noch nicht richtig laufen, das Schlucken fällt immer noch schwer und meine linke Gesichtshälfte ist nahezu gelähmt. Finde niemanden mit Paralelen zu mir,
Würde mich sehr freuen mich mit jemandem auszutauschen

Pomperipossa

Hallo Jandia,

haben Dir die Ärzte gesagt, ob postoperativ eine Fazialisparese festgestellt wurde? Es gibt eine Klassifikation nach House/Brackman, welche Lähmungen zu welcher Stufe gehören. Dazu gehören auch die Schluckbeschwerden. Kannst Du links Kauen? Was ist mit Deinem Augenlid? Hast Du einen Lidschluss?

Gab es im Krankenhaus keine Behandlung durch eine Logopädin? Nach einer OP wird in der Regel die erste Zeit mit Eis therapiert. Dies erzeugt den stärksten Reiz für den Nerv.
Dazu kommen spezielle Übungen für das Gesicht (z.B. Stirn in Faltren legen, Nase rümpfen, Mund spitzen). Der Fazialisnerv bewegt 48 Muskeln. Diese Übungen sollten immer vor einem Spiegel gemacht werden, damit die gesunde Seite den "Lerneffekt" an die erkrankte Seite weitergeben kann. Ist wie bei einem Schlaganfall.

Die spezielle Therapie für eine Gesichtsnervenlähmung wird in der Regel durch den Neurologen verordnet.

Da bei Akustikusneurinomen/Vestibularisschwannomen postoperativ häufig eine Fazialisparese entsteht, hat die VAN (Vereinigung der AN und NF2 Betroffenen) eine sehr gute Patienten-Broschüre erstellt (mehr unter www.akustikus.de).

Seit meiner Hirntumor-Operation habe u.a. eine Fazialisparese der Stufe V, ohne Lidschluss, mit Zungenlähmung usw..
Seit 3 Jahren trainiere ich täglich. In der Reha habe ich gute Erfahrungen mit Elektroakupunktur gemacht. Der Arzt hat meine Wange dadurch wieder aufgebaut. Inzwischen habe ich noch eine Steigerung gefunden: Laserakupunktur. Wellness pur!
Mit Lichtnadeln wird das Gesicht beklebt und durch das Laserlicht (Augen werden durch eine Brille geschützt), werden die unbewegten Muskeln stimuliert, trainiert und gewärmt. Zu meinem Bedauern übernimmt die Kasse diese Therapie nicht. Die meisten Ärzte, die diese Technik anwenden, werden in der Deutschen Gesellschaft für Akupunktur in München geführt.

Würde mich freuen, wenn Dir diese Infos weiterhelfen.

Jandia

Guten Morgen Pomperipossa!

Danke für Deine Antwort!
Muß mich entschuldigen, war gestern unter Zeitdruck und konnte nicht richtig schreiben was genau mit mir passiert ist.
Also nochmal in Ruhe: Am 27.08.2012 wurde ich in der Uniklinik Essen an einem Gangligliom WHO I operiert.Die OP dauerte 9 1/2 Stunden und nachher war nichts mehr wie vorher- hatte vorher wenig/fast keine Symtome. Nach 2 1/2 Wochen Intensivstation kam ich noch intubiert in die Reha nach Hagen Ambrock. Ende Oktober konnte die TK gezogen werden, aber an essen war nicht zu denken. Erst Mitte November bekam ich den ersten Brei. Am 21.12 durfte ich dann nach Hause. zu dem Zeitpunkt lief ich am Rolator. Ab dem 14.01.2013 ging es in die ambulante Reha nach Essen, die jetzt seit 3 Wochen beendet ist. Seit 1 Woche werde ich zur Therapie nach Haan gefahren und bekomme dort Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie. Desweiteren mache ich dort auch dieses Irenaprogramm mit.
Ach ja, zur Akupunktur fahre ich auch.
Wegen meiner FP werde ich alle drei Monate in der Uniklinik in Kön untersucht. Dort wird immer ein EMG gemacht. Vor 2 Wochen konnte am Mund und im Nasenbereich auch deutlich was gemessen werden. Aber man sieht halt nichts.
Die Übungen mach ich natürlich alle. Nur nicht vor dem Spiegel, da ich mich schlecht ertrage.
Ab dem 8.4 nehme ich in diesem Therapiezentrum an einem Bobatkurs als Versuchsobjekt teil und hoffe das mein Laufen dadurch besser wird.

So, leider muß ich jetzt zur Therapie, würde Dir aber gerne später nochmal schreibe. Meine Geschicht ist halt etwas länger!

Liebe Grüße

Pomperipossa

Guten Morgen Jandia,

Geduld, Geduld, Geduld - das ist das oberste Gebot.
Mein NC hatte damals zu mir gesagt:
"Nerven sind wie Diven. Sie sind launisch, zickig, leicht zu erschrecken und schnell beleidigt."

Wenn die Nerven bei der OP nicht bewusst durchtrennt wurden (wichtig ist auch der Ort), dann dauert es mindestens 6 Monate bis sich eine klarere Diagnose ergibt. Nerven wachsen in der Regel 1 mm pro Monat. Das ist "Schneckentempo". Genesung lässt sich nicht erzwingen, sondern ist auch harte Arbeit. Das ist mein Fazit seit meiner OP.

Wenn beim EMG festgestellt wurde, dass wieder "Leben in der Bude" ist, ist es an der Zeit, ein prickelndes Getränk zu öffnen (je nach Medikamentenlage) und zu feiern! Ich weiß noch, wie toll es war, auf die Schnabeltasse nach 8 Wochen zu verzichten, von 20 Servietten auf 1 beim Essen sich herunter zuarbeiten (ca 1 1/2 Jahre), nach 18 Monate den Kiefer wieder so weit öffnen zu können, um in eine Körnerbrötchenhälfte beißen zu können, (also nicht in Streifen oder in kleine Stückchen geschnitten), und nach 2 Jahren 10 Monaten schaffe ich es mit den Lippen einen ganzen Apfel so zu umfassen, um ein Stück abzubeißen.
Gib die Hoffnung und Dein Selbstwertgefühl nicht auf!

Wenn Du Deine persönliche Bilanz ziehst oder eine Liste erstellst, wie Dein Leben sich nach der OP gestaltet, frustriere Dich nicht mit den Dingen, die Du verloren hast (weil sie nicht mehr gehen oder aktuell nicht gehen), sondern konzentriere und erfreue Dich an den Dingen, die funktionieren und Dich erfreuen. Bestimmt ist Jandia - Version 2.0 - ein wunderbarer Mensch.

Von Betina Hüß stammt dieser wunderbare Spruch: "Habe keine Angst vor langsamen Schritten. Wichtig ist nur, dass Du sicher ankommst."


Jandia

Vielen Dank für Deine Worte!

Habe mir noochmal alles durchgelesen und festgestellt, daß ich Deine Fragen garnicht beantwortet habe. Mein Auge schließt aktuell nicht ganz und kauen links funktioniert. Probleme habe ich beim Sehen. Habe zwar Doppelbilder mehr, aber es verschwimmt manchmal sehr.
Mein linker Arm und das linke Bein sind ataktisch.
Hast Du auch so Gangunsicherheiten und derartige Ausfälle gehabt? Habe immer nur Menschen kennen gelernt, denen es deutlich besser geht oder ging als mir. Habe wirklich Angst wie es weiter geht.
Wünsche mir so sehr Normalität.
Wie ist es bei Dir? Ist je schon eine Weile her.
Ich weiß, Gedud muß man wirklich haben, aber es ist ja sooooo schwer. Das kennst Du mit Sicherheit.
Wenn ich wüßte, es wird gut, wäre ich ein ganzes Stück weiter.
Du scheintst sehr stark zu sein!

Danke

Pomperipossa

Guten Morgen Jandia,

Deine Antwort hat mich an eine Phase meines Trauerprozesses erinnert.
Mit welcher Prognose bist Du in die OP gegangen? Und wie nah bzw. wie weit entfernt ist Dein aktueller gesundheitlicher Status?

Ich wusste vor der OP, dass ich für die Chance weiter zu leben einen Preis bezahlen muss (das vollständige Gehör auf der betroffenen Seite).
Als acht Wochen nach der OP meine begleitende HNO Ärztin von einem Antrag auf Schwerbehinderung sprach, habe ich mich aufgeplustert wie eine nasse Henne. Das hätte ich mir nie träumen lassen.

Auch ich kenne Mitpatienten, die sogar vollkommen geheilt und ohne bleibende Schäden die OP überstanden haben. Aber es hilft nichts.
Ich allein muss mit meinem Körper weiterleben. Ich habe akzeptiert, dass die vielen Schäden auch deswegen entstanden sind, weil der nächste Millimeter des Tumors am Hirnstamm der Allerletzte für mich gewesen wäre.

Was heißt für Dich "Normalität"?
Leider kann niemand sagen, "es wird gut", weil was bedeutet es? Ist es nicht gut, dass der Tumor entfernt wurde und die damit verbundenen negativen Folgen gestoppt sind?
Im Sommer traf ich eine Mitpatientin, die vor 20 Jahren an einem Hirntumor operiert wurde. Da war die medizinische Technik noch ganz anders. Eine Aussage von ihr habe ich in meine Geduld-/Motivationskiste gepackt " Auch nach 20 Jahren passiert noch was. Gebe die Hoffnung nie auf."

Oder um Viktor Frankl zu zitieren "trotzdem JA zum Leben sagen".

Jandia

Entschuldige bitte, das ich mich erst jetzt melde, aber dieser Kurs hat ja angefangen und das ein ziemlioches hin und her.
Aber es ist wirklich toll, was die da mit mir machen. Fühle mich aufgehoben und verstanden.
Muß jetzt leider wieder los zur Akupunktur und dann arbeiten.
Das nächste Mal berichte ich genauer.
Wünsche einen schönen Tag!!

Antworten nur für eingeloggte Benutzer möglich

Nur angemeldete Nutzer können eine Antwort erstellen. Bitte loggen Sie sich ein oder erstellen Sie einen Account.